Was mache ich wenn ich in der Schule oder Universität nicht beten darf?
Gespeichert von am Fr., 13/12/2019 - 19:22
Liebe Leserin, lieber Leser,
wir wollen diese Frage in drei Aspekte gliedern und entsprechend beantworten.
Der religiöse Aspekt:
Es ist nicht akzeptabel das ein Student für die Schule/Uni sein Pflichtgebet außer Acht lässt. Es gibt keine zulässige Entschuldigung für das Auslassen des Pflichtgebets. Es gibt in der Rechtslehre nur einige wenige Zustände, die mehr oder weniger eine Befreiung vom Pflichtgebet ermöglichen. Selbst im Krieg musste man die Pflichtgebete einhalten, so die islamischen Quellen. Der Schüler muss die Gebetszeiten im Auge behalten und wenn möglich sollte er schon seine Gebetswaschung gemacht haben, damit er zumindest den Pflichtteil des Gebetes verrichten kann. Dabei ist es zulässig, dass der Schüler bei passender Gelegenheit das Gebet verrichtet, auch wenn die Lehrer das nicht mitbekommen. Das Nachholen eines Gebets ist zwar möglich, aber auch an legitime Gründe gebunden. Sofern möglich sollte das Gebet verrichtet werden. Ein nachgeholtes Gebet ist nicht gleichrangig mit einem pünktlich verrichtetem Gebet.
Der gesetzliche Aspekt:
In Deutschland herrscht sowohl Religionsfreiheit als auch Schulpflicht. Das heißt, jeder Mensch in Deutschland darf seine Religion frei ausleben. Jeder Mensch muss aber auch bis zu einem gewissen Alter die Schule besuchen. Die Verwaltung der Schule ist Ländersache. Die einzelnen Bundesländer regeln also ihren schulischen Betrieb. So kommt es innerhalb der Schullandschaft zu unterschiedlichen Handhabungen in manchen alltäglichen Fragen. Bezogen auf das Beten in der Schule gibt es keine umfassende und überall gleich wirkende Handhabung. Während man sich auf die Religionsfreiheit berufen kann und somit auch auf die Möglichkeit des Gebets, kann eine Schule auch die Unterrichts- bzw. Schulpflicht in den Vordergrund stellen und sich gegen eine Befreiung des Unterrichts für den Schüler aufgrund religiöser Befindlichkeiten. Häufig wird vor Ort eine pragmatische Lösung im Dialog gefunden. Die Schule und die Universität sind als Ort dahingehend vergleichbar, dass es an beiden Standorten eine Hausregel gibt und eine Erwartungshaltung an das Verhalten. Es ist also durchaus möglich, dass die Regularien vor Ort und das Gesetz hinsichtlich der Verrichtung des Gebets zwei verschiedene Sprachen sprechen. Daher ist der Dialog auch in der Universität eine gute Strategie.
Der soziale Aspekt:
Viele Dinge innerhalb der Schule lassen sich innerhalb der zwischenmenschlichen Beziehungen regeln und oft findet man im Dialog eine Lösung mit der alle Parteien leben können. Als Schüler könnte man Vorkehrungen treffen und mit den Lehrern reden. Für das Gebet braucht es nicht viel; eine kleine Fläche die sauber genug ist und in der man für einige wenige Minuten relativ ungestört ist. Sogar eine Besenkammer würde z.B. dafür reichen. Da es innerhalb der Schulstunden immer kleine und große Pausen gibt und die Gebetszeiten in Zeitfenstern stattfinden, lässt sich eigentlich immer ein Moment finden, wo man das Gebet verrichten kann, ohne irgendwo zu fehlen. Wichtig ist dabei der Dialog mit dem Schulpersonal bzw. dem Lehrer. Denn die Schule muss sicherstellen, dass der Schüler sich nicht außerplanmäßig von dem Schulgelände und dem Unterricht entfernt. Die Schule muss auch möglichst alle Wege und Möglichkeiten dazu eliminieren. Es kann durchaus sein, dass mal Schüler die Religion missbrauchten und religiöse Befindlichkeiten angaben, nur um diese dann für eigene Zwecke auszunutzen. Vielleicht hat ein Lehrer so eine Erfahrung gemacht und ist dem Pflichtgebet abgeneigt, weil er den Schülern nicht vertrauen kann. Außerdem kennen Nichtmuslime das Pflichtgebet und dessen Ablauf sowie Bedingungen in der Regel nicht. Ohne das Einverständnis der Lehrer zu agieren kann also zu Irritationen und Missverständnissen führen. Oft gelingt es gut, den Lehrer zu schildern, warum das Gebet unabdinglich ist, wie es abläuft und dass dabei keinerlei Probleme für die Schule bzw. den schulischen Ablauf auftauchen, wenn man dem Schüler nur ein wenig entgegenkommt. Der Dialog mit dem Lehrer kann also auch Vorurteile abbauen und Vertrauen erwecken, da der Schüler damit zeigt, dass er an eine Lösung für beide Seiten interessiert ist und die Sache ernst nimmt. Oft findet man dann auch entsprechende Lösungen.
Wenn es nicht klappt, also die Schule sich gegen einen stellt:
Als Schüler kann man sich darauf berufen, dass die Schule zwingend ist und somit hat man keine weiteren Optionen mehr. In diesem Fall kann man das Gebet nachholen. Man kann auch das Gebet ohne Zustimmung mit entsprechender Vorkehrung innerhalb der Gebetszeit verrichten, sofern das nicht weiter negativ auffällt. Beide Lösungen sind zwar nicht ideal, aber aus religiöser Sicht zulässig und lösen somit das Problem. Ideal ist es stets den Dialog zu suchen und Konflikte im Vorfeld zu beseitigen. Als Student ist man in der Regel ein wenig flexibler mit seiner Zeit und kann vielleicht vorausschauend planen. Aber auch hier sollte man das Gebet nicht als Projektionsfläche für Konflikte benutzen und dabei sogar das Image einer sturren und unrealistischen Religion hinterlassen. Schöner wäre es wenn man durch Kompromissfähigkeit und Dialogkompetenz das Image hinterlässt, dass die Muslime ihre Gottesdienste ernst nehmen aber gleichzeitig und gerade deswegen feinfühlig und sensibel mit ihrem Umweld umgehen.
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