Was lässt sich allgemein zum Besuch christlicher Friedhöfe sagen?

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Was lässt sich allgemein zum Besuch christlicher Friedhöfe sagen?

Antwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

drundsätzlich gilt folgendes: Der Besuch von Grabstätten besänftigt und veredelt die Herzen derer, die ihre Verstorbenen mit tränenden Augen auf dem Friedhof aufsuchen. Darüber hinaus werden sie zwangsläufig auch mit ihrem eigen Tod und dem jenseitigen Leben konfrontiert. Der Gang zur Begräbnisstätte bietet eine gute Möglichkeit über sich und sein Leben nachzudenken und darüber zu reflektieren. Der Tod sorgt für Ehrfurcht und veranlasst Jene, die sogar vom Tod etwas dazulernen, ihren miesen Charakterzügen und schlechten Gewohnheiten wie Hass, Habgier, Neid, Begierde und Rache den Rücken zu kehren. Er führt zur Besinnung und zum ewigen Guten, zum Gottesdienst und zu Gehorsam gegenüber Allah. Das, letztendlich, führt zu irdischer und jenseitiger (ewiger) Glückseligkeit. Wenn der Besuch einer Begräbnisstätte derartig zum Guten führt, dann gibt es aus islamischer Sicht keine Einwände.

Der Islam, der dieser Menschheit den Ein-Gott-Glauben wiedergebracht hat verbietet lediglich die Vielgötterei, Blasphemie, Götzendienst, alle Formen von Un- und Aberglauben, sowie jegliche Verhaltensweisen, die solche Irrglauben aufleben lassen. Manche Brauchtümer, die während des Friedhofbesuchs vollzogen werden gehören in diese Kategorie.

Solange ein Muslim sich der Grundprinzipien des islamischen Glaubens nicht ganz sicher ist und zwischen islamisch und unislamisch nicht zu unterscheiden vermag, solange sollten auch nichtmuslimische Bräuche an Grabstätten sehr bedacht und vorsichtig eingehalten und umgesetzt werden. Ist man hingegen fest im Glauben und es besteht keine Gefahr der Verwechslung, Fehldeutung und oder Rückfall in alte unislamische Bräuche, so gibt es keine Einwände einen christlichen Friedhof zu besuchen. Dies dient allein zur Wahrung der islamischen Bräuche vor dem Einfluss fremder Bräuche und nicht zum herabsetzen der Toten Andersgläubiger. Folgende Überlieferung des ehrenwerten Propheten (sav) veranschaulicht diese Thematik: „ Ich hatte euch den Besuch der Grabstätten untersagt (nun erlaube ich es euch wieder). Besucht sie, denn dieser Besuch erinnert euch an das Jenseits.“ (Ebu Davud, Cenaiz 81. III, 558. Müslim, Cenaiz 106. I, 672. Tirmizî, Cenaiz 60. III, 380)
Der Prophet (sav) verkündet in seinen Überlieferungen, dass das Gedenken des (eigenen) Todes und des jenseitigen Lebens der Beweggrund sein sollte beim Besuchen von Grabstätten.

Kamil Miras (1874 – 1957), ein islamischer Gelehrter und Politiker der Türkei sagte bezüglich dem Besuch von Grabstätten folgendes: „Dem Besuch von Grabstätten ist uneingeschränkte Erlaubnis gewährt. Es ist vollkommen gleichgültig ob der Besucher männlich oder weiblich ist und ob das besuchte Grab das von einem Muslim oder Nichtmuslim ist. Die Besuchserlaubnis von Friedhöfen ist allgemeingültig.“ (Miras, Kâmil Sahih-i Buhari Tecridi Sarih Tercemesi ve Serhi, IV, .373. Diyanet Isleri Baskanlgi Yayinlari, Ankara, 1980)

Man stelle sich vor man reicht einem Freund der ins Meer gefallen ist und zu ertrinken droht die Hand zur Rettung. Der Besuch der Toten an ihren Grabstätten gleicht eben dieser Heldenhaften Situation. Das was für den Ertrinkenden die rettende Hand ist, so stellt das Aufsuchen der Toten an ihren Gräbern, das verrichten von Fürbitten und das rezitieren von Suren und Versen aus dem Qur´an das gleiche für den Verstorbenen dar. Damit kommt man den Toten zur Hilfe und so erleichtert man ihnen ihre Situation.

Unislamische Sitten und Bräuche an Grabstätten, die als Zeichen der Unwissenheit zu betrachten sind:
• Den Toten um Hilfe und Unterstützung bitten bei irdischen und weltlichen Angelegenheiten.
• Zu denken, dass der Tote aus seinem Grab heraus mit unsichtbaren Kräften Dinge erledigen kann.
• Fetzen, Lappen und oder Decken an das Grab hängen und oder binden.
• Kerzen anzünden (mit dem Gedanken das Grab des Toten (von innen) zu beleuchten.
• Den Grabstein streicheln, als würde man den Verstorbenen streicheln wollen usw.
• Am Grab lautstark heulen, sich selbst die Haare raus reißen und sich hin und her schmeißen usw.

Diese und ähnliche Verhaltensweisen sind nicht nur sinnlos und überflüssig, sie sind zudem islamisch Verboten (Haram) und sind Brauchtümer von Irr- und Aberglauben (Sirk). Sie sind als Zeichen der Unwissenheit zu betrachten und als Muslim möglichst zu unterlassen. Das Niederlegen von Kränzen und Blumen auf das Grab hingegen ist keine islamische Sitte. Blumen einpflanzen und das Grab pflegen hingegen ist empfehlenswert.

Wenn man den Friedhof betritt soll man leise die Toten begrüßen heißt es in einer Überlieferung vom ehrenwerten Propheten (sav). Darüber hinaus heißt es weiterhin, dass der Tote den Gruß erwidert und sich über den Besuch erfreut. Man sollte sich der Grabstätte von der Fußseite nähern, bzw. am Fußende stehen oder sitzen. Dann kann man (den muslimischen Verstorbenen) die Sure Yasin, die Sure Ihlas und alle anderen Suren die man so kennt rezitieren. Das ist islamisch zulässig und empfehlenswert. Anschließend kann man Gebete zur Vergebung der Verstorbenen machen und auch ebenfalls für alle umliegenden Toten. Ein weiterer beachtenswerter Punkt ist, das Respektieren der Totenruhe und das Nichtbetreten der Grabstätten. Über die Gräber zu laufen ist verpönt und stellt eine Respektlosigkeit gegenüber die Verstorbenen dar. Sofern man nicht gezwungen ist, sollte man dieses unterlassen. Und wenn man gezwungener Maßen über die Gräber laufen muss, dann sollte man für den betroffenen Toten Qur´an lesen und für seine Vergebung beten. In einer Überlieferung heißt es, dass es besser ist durch Feuer zu laufen als auf Gräbern zu treten. Die Bepflanzung auf dem Grab dürfen nicht abgerissen werden, es sei denn sie sind ausgetrocknet. Es wird empfohlen die Pflanzen ausreichend mit Wasser zu begießen. Intakte und noch blühende Pflanzen zu beschneiden ist rigoros untersagt. Die Grabstätten sollten an Donners- und oder Freitagen besucht werden. Insbesondere sollte man an Feiertagen seine Verstorbenen mit einem Besuch beehren. Besteht zeitlich und örtlich nicht die Möglichkeit seine Verstorbenen an ihren Grabstätten zu besuchen, dann kann man auch von zu Hause aus Qur´an lesen und für seine Toten beten und oder aber auch in deren Namen Almosen spenden und bedürftige Menschen mit Essen, Trinken und Kleidung versorgen. Wichtig hierbei ist, dass man sich mal bewusst aus dem strengen Alltag entzieht und mal an Allah denkt, sein eigenes Leben als Muslim, sein Tod und sein Leben nach dem Tod betrachtet. Grundlegend ist, dass man nie vergisst, dass man selbst eines Tages sterben und in einer Grabstätte liegen wird.

Eines Tages fragte ein Gefährte den Propheten (s.a.s.): „Oh du gesandter Gottes, wir spenden im Namen unserer Toten und beten regelmäßig für ihre Seelen. Gelangen all unsere Bemühungen denn an unsere Verstorbenen?“ Und der Prophet (sav) gab folgende bedeutungsvolle Antwort: „Ja sie gelangen. Sie erfreuen sich an ihnen, genauso wie sich eurer einer über ein geschenkten Teller voller Essen erfreut.“

Fragen an den islam

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