Kommt ein Muslim, der das Pflichtgebet nicht regelmäßig verrichtet, jedoch Gott gegenüber dankbar ist und gut zu seinen Mitmenschen ist, aufgrund des Unterlassens seiner Gebete in die Hölle ?

Antwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

das Unterlassen des Pflichtgebets („ṣalāt“) zählt zu den großen Sünden und macht einen zum Sündiger, aber nicht zum Ungläubigen. Wenn Allah (c.c.) es wünscht vergibt er, wenn er es wünscht bestraft er dies.

Das Verrichten des Pflichtgebets hat gleich nach dem Glauben („Īmān“) die höchste Priorität. Daher wird im gnadenreichen Koran an nahezu 100 Stellen das Gebet thematisiert. Keiner gottesdienstlichen Handlung wird so viel Wert beigemessen, denn das Gebet stellt die nächste Beziehung zwischen dem Gläubige und seinem Herrn dar. Wer das Gebet unterlässt, der schwächt diese Beziehung und liefert sich seinem triebgesteuertem Ego und dem Teufel aus, was eine große Gefahr darstellt.

Alle Koranverse die das Gebet thematisieren, regen die Menschen zum beten an. Im Folgenden sollen einige Koranverse in ihrer ungefähren Bedeutung exemplarisch aufgeführt werden:

„Dieses Buch, an dem es keinen Zweifel gibt, ist eine Rechtleitung für die Gottesfürchtigen, die an das Verborgene glauben, das Gebet verrichten und von dem ausgeben, womit Wir sie versorgt haben.“ (Sura al-Baqara 2:2-3)

„Und sucht Hilfe in der Standhaftigkeit und im Gebet! Es ist freilich schwer, nur nicht für die Demütigen.“ (Sura al-Baqara 2:45)

„Verlies, was dir vom Buch (als Offenbarung) eingegeben wird, und verrichte das Gebet. Gewiß, das Gebet hält davon ab, das Schändliche und das Verwerfliche zu tun. Und das Gedenken Allahs ist wahrlich größer. Und Allah weiß, was ihr macht.“ (Sure al-Ankabūt 29:45)

„(…) und denjenigen (Gläubigen), die ihre Gebete einhalten.“ (Sura al-Muʾminūn 23:9)

„Sag zu Meinen Dienern, die glauben, sie sollen das Gebet verrichten und von dem, womit Wir sie versorgt haben, heimlich und öffentlich (als Spende) ausgeben, bevor ein Tag kommt, an dem es weder Verkaufen noch Freundschaften gibt.“ (Sura Ibrahīm 14:31)

Auch in den Überlieferungen werden wir oft über die Vorzüglichkeit und den Nutzen des Gebets informiert. Andererseits gibt es auch ermahnende Überlieferungen wie:

„Wahrlich, zwischen einem Menschen und dem Unglauben liegt das Verlassen des Gebets.“ (Muslim, Īmān, 134; Abū Dāwūd, Sunna, 15)

„Der Vertrag zwischen uns und ihnen (den Heuchlern bzw. Ungläubigen) ist das Gebet.“ (Tirmiḏī, Īmān, 9; Nasāʾī, Ṣalāt, 8)

Zur Erläuterung derartiger Überlieferungen erklären die islamischen Gelehrten, dass hierbei jene gemeint sind, die die Verpflichtung zum Pflichtgebet nicht akzeptieren beziehungsweise das Unterlassen des Gebets als legitim ansehen.

So heisst es sinngemäß im Radd al-Muḥtār von Imām Ibn ʿĀbidīn, dem großen hanafitischen Gelehrten, dass „derjenige, der die Pflicht des Betens leugnet, zum Ungläubigen („kāfir“) wird, wohingegen derjenige, der aus Fauhlheit und Beachtungslosigkeit das Gebet bewusst unterlässt, als Sündiger und Frevler („fāsiq“) gilt.“

Es ist also eine große Sünde das Gebet zu unterlassen. Dass das Ausführen von großen Sünden einen zum Ungläubigen („kāfir“) macht, wird nur in falschen, irrenden Strömungen außerhalb der ahl as-sunna wal-ǧamāʿa vertreten. Dennoch kann anhand des Prinzips „In jeder Sünde steckt ein Weg, der zum Unglauben („kufr") führt.“ gesagt werden, dass das dauerhafte Unterlassen des Gebets mit der Zeit zu negativen Einflüssen auf den Īmān, also den Glauben führen kann.

Das Pflichtgebet zu verrichten ist keine Bedingung für den Īmān, es als verpflichtende Handlung zu akzeptieren hingegen, stellt eine Bedingung des Īmān dar.
„Das Gebet ist die Säule der Religion.“ heißt es in einer Überlieferung. Demnach errichtet der Betende seinen Glauben und festigt ihn gleichzeitig, während der Nicht-Betende seinen schwächt und zu Grunde richtet.

Der Prophet (s.a.s.) kritisiert diejenigen, die das gemeinschaftliche Gebet (in der Moschee) bewusst vernachlässigen, sinngemäß wie folgt:

„Bei Gott, ich wünschte ich würde gebieten, dass gebetet wird und dann zum Gebet aufgerufen wird (Iqāma), alsdann ich jemandem gebiete der Gemeinde vorzubeten. Anschließend ginge ich mit einigen Männern, die Holzbündel bei sich haben, zu denjenigen, die das gemeinschaftliche Gebet unterließen, sodass ich ihre Häuser über sie niederbrennen könnte.“ (al-Muwaṭṭaʾ, Ǧamāʿa, 3; Ibn Māǧa, Masāǧid, 17)


Normative Regelung über das Verlassen des Gebetes:

Es herrscht Konsens darüber, dass jeder Muslim, der die geistige und geschlechtliche Reife besitzt (und im Falle von Frauen auch rein von Menstruationsblutung und Wochenfluss ist), zum Verrichten der täglichen Gebete verpflichtet ist. Wer diese Pflicht verleugnet, tritt aus dem Glauben aus, denn das Gebet ist sowohl durch Koranverse als auch Überlieferungen und den Konsens („iǧmāʿ“) eindeutig und klar geboten und vorgeschrieben. Wer aus Faulheit und Ignoranz das Gebet unterlässt, gilt als Ungehorsamer und Frevler.

Das Pflichtgebet zu unterlassen ist Grund für Pein sowohl im Diesseits als auch im Jenseits. Diesbezüglich gebietet der erhabene Allah (c.c.):

„Sie werden sich in Gärten befinden, und sie werden einander fragen nach den Übeltätern:  "Was hat euch ins Saqar-Höllenfeuer geführt?“. Sie werden sagen: "Wir gehörten nicht zu denjenigen, die beteten.“ (Sura al-Mudassir, 74:40-43)

„Es folgten dann nach ihnen Nachfolger, die das Gebet vernachlässigten und den Begierden nachgingen. So werden sie den Untergang finden,  Außer denen, die umkehren und glauben und Gutes tun. Diese gehen ins Paradies ein - und ihnen wird in nichts Unrecht getan.“ (Sura Maryam 19:59-60)

„Wehe nun den Betenden, denjenigen, die auf ihre Gebete nicht achten.“ (Sura al-Mā’ūn 107:4-5)

Und vom ehrenwerten Propheten (s.a.s.) wird sinngemäß überliefert:

„Wer das Nachmittagsgebet unterlässt, dessen Taten sind erfolglos.“ (Buḫārī, Mawāqit,13, 34; Nasāʾī, Ṣalāt, 15)

„Wer bewusst das Gebet vernachlässigt, den verlässt der Beistand Gottes und seines Gesandten.“ (Aḥmad ibn Ḥanbal, IV/238; VI/461)

„Wer das Freitagsgebet drei Mal aus Nachlässigkeit verpasst, dem versiegelt Allah (c.c.) sein Herz.“ (Nasāʾī, Ǧumʿa, 2; Tirmiḏī, Ǧumʿa, 7; Ibn Māǧa, Iqāma, 93)


Solange der aus Bequemlichkeit sein Gebet unterlassende Muslim das Gebet an sich nicht leugnet und abstreitet, tritt er nicht aus dem Glauben aus, sondern gilt als Sündiger und Frevler. Allein für die seelische Gesundheit eines Gläubigen und für das Jenseits ist das Gebet also die wichtigste Säule. Daher sollte man das Gebet nicht als Last sondern als Entlastung betrachten.

Fragen an den islam

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