Was mache ich wenn meine Eltern mich quasi zum Betrug verleiten oder es sich so anfühlt?

Details der Frage

Ich bin Vollzeit erwerbstätig. Dabei werde ich inshallah nächstes Jahr mit meiner Frau in einer eigenen Wohnung einziehen, wenn es mit ihrem Visum klappt. Dabei sagten meine Eltern, dass ich meine Wohnadresse wechseln soll, das habe ich auch gemacht seit 1,5 Jahren. Es hatte folgende Gründe: Erstens sind beide nicht erwerbstätig (mein Vater arbeitet in Teilzeit), also bekommen Bürgergeld und leben vom Staat seit mehreren Jahren, sodass sie die Miete usw. nicht zahlen können und es so bleiben soll derer Meinung nach. Zweitens sagten sie dass ich für meine Zukunft sorgen soll, sodass ich ein teil meines Gehalts für die Wohnung z.B. um die Ecke lege. Mein inneres Gefühl sagt, dass diese Methode nicht in Ordnung sei einfach die Adresse zu wechseln und dort nicht zu wohnen, wovor ich großen Angst habe, dass ich damit die Rechte anderer verletze. Ich habe meiner Eltern angeboten die Miete, andere Zahlungen usw. zu übernehmen, aber sie wollten es nicht und haben abgelehnt. Ich habe meinem Bruder angeboten die Miete des Elternhauses zusammen zu zahlen, aber er wollte es auch nicht. Mein Vater wollte auch nicht in Vollzeit arbeiten, weil er um vorsichtig zu sein nicht die Motivation besitzt und seit Jahren sich mit dieser Situation mit Hilfe vom Staat wohlfühlt. Meine Mutter hatte meinen Vater immer wieder angefordert Vollzeit zu arbeiten, aber er wollte es nicht, was islamisch nicht passt. Ich habe das Thema mehrfach meiner Eltern erläutert aber ohne Erfolg. Dabei könnte ich alleine umziehen und wohnen, aber meine Eltern würden dies als Geldverschwendung ansehen. Sie sagen nur dass ich über meine Zukunft denken und dabei gedulden muss, bis nächstes Jahr inshallah meine Frau kommt, aber ich bin besorgt etwas unfaires zu tun mit dieser Methode und habe Angst. In der anderen Seite will ich nicht gegenüber meiner Eltern respektlos ankommen. Also kann man vorsichtig sagen dass ich durch den Druck meiner Eltern das machen musste und Angst über Unrecht anderer habe.

Antwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

aus religiöser Sicht stellen sich hier zwei konkrete Fragen. 1. Kann man hier von Sozialbetrug reden oder ist die staatliche Hilfe gestattet? 2. belaste ich jemanden konkret, wenn ich durch eine staatliche Regelung einen Vorteil genieße.

Zu beiden Fragestellungen können wir eine Überlieferung heranziehen:

Der Gesandte Allahs (Friede und Segen Allahs seien auf ihm) gab mir etwas aus seinem Hab und Gut, und ich sagte:

„Gib es jemandem, der ärmer ist als ich.“ Einmal gab er mir sogar etwas, und ich sagte:

„Gib es jemandem, der ärmer ist als ich.“

Daraufhin sagte der Gesandte Allahs (Friede und Segen Allahs seien auf ihm):

„Nimm es. Nimm auch das, was dir zusteht, ohne dass du es begehrt oder verlangt hast. Begehre nichts, was dir nicht zusteht.“ (Buhârî; hadis no: 7164. Müslim; hadis no: 1045)

Denn dieses Gut gehört jemandem, der niemandem damit Schaden zugefügt und auch den Besitz von niemanden verringert hat. Aus diesem Grund gibt es keinen Grund, dieses Gut nicht anzunehmen.

Es macht keinen Unterschied, ob diese Hilfe von einem muslimischen oder einem ungläubigen Staat gewährt wird, solange dies nicht dazu führt, dass man in seiner Religionspraxis eingeschränkt wird.

Eine staatliche Hilfe zu beziehen ist also unkritisch und sie ist auch kein Geschenk, sondern eher als sozialer Ausgleich gedacht. Der Staat hat dafür ja auch seine Auflagen und Kriterien, nach dem er entscheidet. Man darf also davon ausgehen, dass der Staat denen hilft, denen diese Hilfe auch zusteht. Damit nimmt auch niemanden aktiv etwas weg, denn das würde bedeuten, wenn man die Hilfe bekommt, wird sie jemanden weggenommen, also von einer Hand auf die andere Hand gegeben. Das passiert hier nicht. Dass andere Menschen in anderen Teilen der Gesellschaft auch Hilfe benötigen könnten, bedeutet also nicht, dass man seine eigenen Ansprüche aufgeben muss, weil man z.B. an jemanden denkt, der noch bedürftiger ist. Aus islamischer Sicht ist das Recht des Anderen grundsätzlich erst verletzt, wenn man der Person aktiv etwas wegnimmt, was sonst anders geregelt ist. z.B. würde ein Nachbar das Recht seines anderen Nachbarn verletzten, wenn man den Zaun, der das Grundstück trennen soll, zu weit und damit im Grundstück des Nachbarn baut. Damit beeinträchtigt man den Nachbarn auf direkte Weise. Wenn wir nun aber z.B. an einen Schüler denken, der in einem Nachhilfeprogramm der Schule angenommen wird, weil er in einem Fach schlecht darsteht, nimmt er damit einen anderen Schüler, der vielleicht noch schlechter darsteht, nicht den Platz weg. Denn der erste Schüler hat ja auch Anspruch auf Hilfe. Dieser erlischt ja nicht durch den Bedarf der Anderen. 

Solange es also keine offensichtlichen Hinweise auf Lug und Betrug gibt, gibt es in dieser Fallkonstellation nichts, was man religiös als verboten deklarieren kann. Nach diesen Richtlinien kann man sich also in einer vergleichbaren Situation verhalten. In dieser konkreten Frage, stellt es also kein Problem dar, den Wohnsitz der Eltern anzunehmen, für eine entsprechende Periode.

Fragen an den islam

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