Wie sehen die Grenzen und Maßstäbe der Pflichten und Aufgaben in familiären Kreisen z.B. beim Besuch aus?

Details der Frage

In orientalischen Kreisen beobachten wir oft, dass es z.B. beim Besuch eine übermäßige und unverhältnismäßige Darbietung gibt. Vor allem scheint der Ehefrau bzw. der Schwiegertochter dabei eine große Rolle zu zukommen. Muss die Ehefrau überall wo sie ist, die Familie und Angehörige bedienen? Wenn die Eltern langsam altern, muss es dann immer die Ehefrau sein, die sie pflegt? Muss man bei Besuch so viele Speisen zubereiten? Kann man etwas allgemeines hierzu sagen?

Antwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

der Islam misst der Familie als begründendes Kernelement der Gesellschaft einen besonderen Wert bei. Denn eine Gesellschaft in der der Islam gelebt werden kann ist mit der Familie als Institution möglich. Daher werden in den Primärquellen Qurʾān und Sunna gewisse Beschlüsse und Ratschläge erteilt, um den gesunden Werdegang der Familienstruktur zu gewährleisten. Das Familienrecht, das auf diesem Fundament begründet ist, hat einen bestimmende Eigenschaft auf Sitte und Norm.

Aus soziologischer Sicht wird die Familie als eine biologische und gesellschaftliche Gruppe, hervorgehend aus mindestens zwei Erwachsenen und Kindern bestimmt, dies wird dann als Kernfamilie benannt. Nach islamischer Tradition ist es möglich die Familie als eine Gruppe bestehend aus den Eltern, der Kinder und den Großeltern zu bestimmen. Man beachte dass bei solch einer Bestimmung der Familie zwei oder auch drei Generationen zusammen leben können. Seit jeher verfügt der Islam nicht über ein Verständnis von Familie im Sinne einer Großfamilie und nicht als Kernfamilie. Der Qurʾān schildert die Familienstruktur und unsere Verantwortung gegenüber unserer Etern, die mitunter Grund für unsere Existenz sind folgendermaßen:

Und dein Herr hat bestimmt, daß ihr nur Ihm dienen sollt, und daß man die Eltern gut behandeln soll. Wenn eines von ihnen oder beide bei dir ein hohes Alter erreichen, so sag nicht zu ihnen: »Pfui!«, und fahre sie nicht an, sondern sprich zu ihnen ehrerbietige Worte. (17/23)

Diesem Vers entsprechend leben unsere Eltern mit uns und scheiden zuletzt in der Familie lebend vom Leben dahin. (Doç. Dr. Ramazan Altıntaş/Modernitenin İslam Ailesi Üzerine Etkisi, Mehir, 1997)

Dass die Frau und der Mann allem voran den Eltern der Gatten, sowie den Verwandten der Gatten Respekt zollt, ist eine religiöse und humanitäre Pflicht. Denn der Qurʾān gebietet;

Kann einer, der Gutes tut, anders entlohnt werden als dadurch, daß ihm Gutes getan wird? (55/60)

Und auch der Prophet (s.a.s.) gebietet;

Von den segensreichen Menschen ist der, der anderen Gutes tut. (Feyzu'l-Kadir, III/480)

Ausgehend von diesen grundlegenden Erklärungen nehmen wir Bezug auf die gestellten Teilfragen.

Die Gattin hat den Status eines Gastes, wenn sie zum Besuch bei der Familie des Gatten ist. Daher hat sie wie auch die anderen Gäste das Recht, dass man sie bedient und sie bewirtet, es wird jedoch als Anstandslosigkeit betrachtet, wenn die Frau im Haus der Schwiegereltern sitzt und darauf wartet, von ihren Schwiegereltern bedient zu werden.

Das Versorgen der Eltern liegt im Verantwortungsbereich des Sohnes, da dieser allerdings auch gleichzeitg arbeiten muss um auch die Versorgung des Haushaltes zu gewährleisten, kann sich dies als schwierig erweisen. Um für seine Eltern zu sorgen, müsste er evtl. seine Arbeit niederlegen. Dies würde dann dazu führen, dass er nicht mehr den Haushalt versorgen kann. Daher sollte um Gottes Wohlgefallen willen die Frau diese Aufgabe übernehmen. Die Frau sollte dies auch berücksichtigen während sie zur Ehe schreitet.

Man soll Gäste die einen besuchen, im Rahmen seiner Möglichkeit bewirten. Über Hz. ʿĀʾiša erreicht uns eine Überlieferung des Propheten (s.a.s.), diese lautet folgendermaßen;

Die Hausfrau wird bei der Darbietung der Speisen des Haushaltes, gegenüber der Familie und den Gästen (gemäß der Sitten und der Bräuche) ohne dass sie dabei verschwenderisch wird, mit Segnungen entlohnt. Der Mann wird durch das Erarbeiten dieser dargebotenen Güter und die Bediensteten werden durch das Wahren dieser Güter gleichermaßen entlohnt. Die Entlohnung der Einen, vermindern keinesfalls die Entlohnung der Anderen. (Buhari, Buyu', 12)

Wir sehen also dass je nach Brauch und Millieu die Darbietung ("Ikrām) elementar ist. Wir können jegliche zu erbingenden Aufwände mit diesem Maßstab vergleichen. Nun gilt es auch zu sagen, dass dies keiner der Fragen ist, die man im absolutem Sinne mit "ja" oder "nein" beantworten kann. Vieles hängt auch von den Empfindungen der jeweiligen Leute und von ihrem Dialog untereinander ab. Jedenfalls ist es für uns Muslime immer oberstes Ziel und Maxime nach dem Gefallen Gottes zu streben und danach zu leben sowie auf unsere Mitmenschen mit Barmherzigkeit zu schauen.

Fragen an den islam

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