Sind Musikinstrumente haram?

Details der Frage

- (Abu Amir oder Abu Malik al-Ash'ari (Radiyallahu Anhuma) sagte: Bei Allah, der Prophet (Sallallahu Alaihi wa Sallam) sagte:
 „Es wird ein Volk aus meiner Ummah kommen, das Unzucht, Seide, Getränke und Musikinstrumente als rechtmäßig ansieht.“
Als ich suchte, fand ich in Sahih Bukhari einen Hadith des Propheten über Musik, in dem der Prophet (Friede sei mit ihm) sagte: „Es wird ein Volk aus meiner Ummah kommen, das Musikinstrumente für rechtmäßig hält.“ (Sahih Buhari 5590)

was sagen sie dazu

Antwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

zunächst ist festzuhalten, dass Gelehrte ein Urteil zu einem Thema stets auf Grundlage aller relevanten Verse und Hadithe fällen. Es existieren Überlieferungen, die darauf hindeuten, dass Musik in bestimmten Kontexten als halal anzusehen ist.

Imam al-Ghazali untersuchte diese Frage ausführlich in seinem Werk Ihya und kam zu dem Schluss, dass Musik, sofern sie nicht in den Bereich des Verbotenen fällt, als zulässig gilt.

Entscheidend ist dabei der Verwendungszweck des Instruments. Zwischen Werkzeugen wie Messern oder Computern und Musikinstrumenten besteht eine funktionale Parallele: Ihre moralische Bewertung hängt vom konkreten Einsatz ab. Ein Messer kann sowohl zum Kochen als auch zur Gewaltanwendung dienen – entsprechend ist auch Musik abhängig vom Kontext als erlaubt oder verboten zu beurteilen. Der Fokus liegt demnach nicht auf dem Werkzeug selbst, sondern auf seiner Verwendung.

Die massenhafte Nutzung eines Werkzeugs für sündhafte Zwecke kann auf eine gesellschaftliche Fehlentwicklung hinweisen. In diesem Zusammenhang verweist ein Hadith auf die Normalisierung verbotener Handlungen:

„Sie werden Unzucht, Seide, Getränke und Musikinstrumente als erlaubt betrachten.“

Der Hadith prognostiziert, dass Musikinstrumente – ähnlich wie andere verbotene Dinge – gesellschaftlich akzeptiert werden, obwohl sie bestimmten Verfehlungen dienen. Dies ist heute vielfach zu beobachten: Unzucht, Alkoholkonsum und ähnliche Handlungen werden oft als normal empfunden oder sogar gefeiert. Auch der Einsatz von Musik zur Förderung solcher Verfehlungen ist weit verbreitet. Der Hadith hebt damit soziale Fehlentwicklungen hervor und warnt eindringlich vor deren Verharmlosung.

Innerhalb der islamischen Gelehrsamkeit ist es üblich, dass Überlieferungen unterschiedlich interpretiert werden. Dies führt zu einer Vielfalt an Urteilen, die auf divergierenden Traditionen beruhen. Auch in der Wissenschaft – etwa im Gesundheitswesen – gelten abweichende Datenlagen als normal und wertvoll. Ähnlich ist es im religiösen Diskurs, wo unterschiedliche Interpretationen ein breites Spektrum darstellen. Die Existenz verschiedener Rechtsschulen ist ein Ausdruck dieser Vielfalt.

„Die Uneinigkeit der Rechtschulen: Sie entstehen aus dem eigenen Verständnis der Gelehrten über die Fragen der Theoriebildung und Methodologie, die in der Schariah angedacht sind. Die Prinzipien jedoch, die auch ‚Notwendigkeiten der Religion‘ genannt werden und festgeschrieben sind (Muhkamat), sind in keiner Weise auslegungsfähig und auch nicht Teil des Idjtihad...“
(übersetzt aus Bediüzzaman Said Nursi – Mektubat, S. 435–436)

Daher ist es problematisch, Urteile ausschließlich auf Basis eines einzelnen Verses oder Hadiths zu fällen. Die Aufgabe besteht darin, sich mit der Gesamtheit der Quellen und der bevorzugten Meinung der Mehrheit der Gelehrten auseinanderzusetzen.

Ein berühmter Hadith zeigt die differenzierte Betrachtung: Als zwei Konkubinen im Haus von Aishah sangen, rügte Abu Bakr sie:
„Benutzt ihr auch im Haus des Propheten die Mizars des Satans?“
Darauf entgegnete der Prophet (Friede sei mit Ihm):
„O Abu Bakr! Jede Gesellschaft hat ein Fest, und unser Fest ist heute.“ 
(vgl. Bukhari, Hadith-Nr. 952)

Diese Überlieferung aus Sahih Bukhari macht deutlich, dass der Einsatz von Musikinstrumenten unter bestimmten Umständen als unbedenklich gelten kann – entscheidend ist der Rahmen. Es müssen also mehrere Faktoren zusammenkommen, damit wir über Recht und Unrecht entscheiden können.

Einige Gelehrte vertreten die Auffassung, dass Musikinstrumente im Allgemeinen als sündhaft gelten. Diese Meinung stützt sich auf eine Hadith-Erzählung aus Bukhari. So vertrat z. B. ‘Izz ibn ‘Abdussalam – bekannt als „Sultan der Gelehrten“ – die Ansicht, dass dies auch die Meinung der vier Rechtsschulen sei. Allerdings sei die Verfehlung geringfügig. (vgl. V. Zuhaylî, el-Fıkhu’l-İslami, 9/6622)

Gleichzeitig gibt es Sahaba und Gelehrte wie Imam al-Ghazali, die Musikinstrumente für erlaubt halten – sofern sie nicht explizit verboten sind. (vgl. İhyau’l-Ulum, 2/272; V. Zuhaylî, a.g.y.)

„Wegen dieses Geheimnisses sind einige Lieder durch die Schari'ah erlaubt und andere verboten. Ja, die Klänge, die Sehnsucht nach und Liebe zum Schöpfer vermitteln, sind halal. Klänge, die eine Art melancholischen Kummer und egoistische Gelüste hervorrufen, sind verboten. Der Teil, der nicht durch die Schari'ah bestimmt ist, wird nach seiner Wirkung auf deine Seele und dein Gewissen beurteilt.“ (übersetzt aus „Bediüzzaman“ Said Nursi – İşaratü’l-i’caz, s. 70)

Fazit:
Die Bewertung von Musik im Islam hängt nicht vom Instrument selbst ab, sondern vom Kontext, Zweck und der Wirkung auf Herz und Gesellschaft. Bevor man Musik oder Musikinstrumente grundsätzlich verurteilt oder erlaubt, sollte man sich mit den Absichten, Inhalten und Auswirkungen beschäftigen – und sich dabei an den überlieferten Quellen sowie der Meinung vertrauenswürdiger Gelehrter orientieren. Maßstab ist nicht einzig die Form, sondern der moralisch-geistige Gehalt.

Fragen an den islam

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