Stimmt es, dass Ibn Teymiyye Allah mit den Geschöpfen vergleicht? Müssen die Verse im Qur`an wortgetreu ohne Auslegung akzeptiert werden?

Details der Frage

Stimmt es, dass Ibn Teymiyye Allah mit den Geschöpfen vergleicht? Müssen die Verse im Qur`an wortgetreu ohne Auslegung akzeptiert werden?

Antwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

„Nichts ist Ihm gleich. Und Er ist der Hörende, der Sehende.“ (Sure 42;11)

Diese prägnante Aussage im Qur`an verdeutlicht uns, dass jeglicher Vergleich in Bezug auf Allah absurd ist und als Irrglaube definiert werden kann. In dieser Ayet werden zwar Eigenschaften wie „der Hörende, der Sehende“ erwähnt, jedoch können diese Attribute nicht mit denen im nachhinein Erschaffenen verglichen werden, weil die Beschaffenheit einer absoluten Ewigkeit nicht mit etwas Vergänglichem und Irdischen vergleichbar ist (“muhalefetun lilhavadis“).

Obwohl Ibn Teymiye in seinem Werk “Serhu’l-Akideti’l-Vasitiye (1/67-samile) “ jeglichen Vergleich negiert, werden von ihm Textstellen bezüglich einiger Merkmale (wie z.B. „yad“, welches übersetzt Hand bedeutet) aus dem Qur`an und den Hadithen wortwörtlich und ohne Auslegung anerkannt und determiniert. Er betont bei dieser dogmatischen Festlegung aber auch, dass Allah nicht mit menschlichen Kriterien zu vergleichen ist (Quelle: “Serhu’l-Akideti’l-Vasitiye“, 1/119-126).
Durch diese doktrinäre Fixierung, die keine Auslegung von bestimmten Wörtern erlaubt, widerspricht er jedoch den islamischen Gelehrten und der Auffassung der Ahlus Sunnah vel Jamah, weil nicht alle Textpassagen wortwörtlich aufgefasst werden können.

Zum Beispiel:
In der Sure Al-Hidschr (15; 88) ist zu lesen „Sei auch nicht über sie betrübt. Aber senke deine Flügel über die Gläubigen.“. Die Gelehrten sind sich einig, dass der Inhalt dieser Ayet gedeutet werden muss und nicht wortwörtlich zu verstehen ist. Gemeint ist hier, dass der Prophet (s.a.s.) mit den Gläubigen nachsichtig und sanftmütig sein soll und nicht dass er Flügel hat. Ein weiteres Beispiel wäre aus der Sure Al-Fath (48; 10) „Die Hand Allahs ist über ihren Händen“. Auch hier sind sich die islamischen Gelehrten einig, dass al-yad (wörtlich übersetzt Hand) ein Synonym für Macht bzw. Wohltat oder dergleichen ist.

Ein weiteres Beispiel:
In einem Hadith, der von Ibn Abbas (r.a.) überliefert wurde, wurde der Prophet Muhammed (s.a.s.) gefragt, worauf die Erde sei.

Der Gesandte (s.a.s.) antwortete einmal »auf einem Stier« ein anderes Mal »auf einem Fisch«.

Bediuzzaman Said Nursi schreibt zu diesem Hadith:
„Nach der alten (geozentrischen) Kosmologie bewegt sich die Sonne (durch den Tierkreis). Und alle dreißig Grad durchläuft die Sonne jeweils ein Sternbild. Verbindet man die einzelnen Sterne eines Zeichens untereinander mit angenommenen Linien, so entstehen bestimmte Konstellationen und es formt sich hier die Gestalt eines Löwen, dort einer Waage, ein andermal erscheint die Form eines Stieres (Sevr), dann wieder die Form eines Fisches (Hut). Je nach den verschiedenen Konstellationen wurden also den Sternbildern diese Namen gegeben. Doch entsprechend unserer heutigen (heliozentrischen) Astronomie bewegt sich die Sonne nicht. Die Sternbilder wurden inhaltslos, nutzlos, arbeitslos. Denn anstelle der Sonne bewegt sich jetzt die Erde. Da dies aber nun einmal so ist, muss man nun an Stelle dieser hohlen, untätigen Sternbilder und an Stelle dieses nutzlos gewordenen Sternzeichens diese Sternbilder im kleinen Format auf dem Jahreskreis der Erde bilden. So werden die himmlischen Konstellationen vom Jahreskreis der Erde aus dargestellt und in jedem Monat befindet sich die Erde im Schatten und Gleichnis eines dieser himmlischen Bilder. Es scheint so, als ob die himmlischen Konstellationen im Jahreskreis der Erde wie in einem Spiegel dargestellt würden.
Deshalb also sagte nun der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, wie wir bereits oben erwähnt haben einmal:
»Auf dem Stier.«
und ein andermal sagte er »Auf dem Fisch. «
In der Tat sagte er in dieser wunderbaren Sprache seines Prophetentums, indem er eine überaus tiefe Wahrheit andeutete, die erst in künftigen Jahrhunderten verstanden werden würde, das eine Mal
»Auf dem Fisch.«
weil sich die Erde im Zeitpunkt der Fragestellung gleichsam im Sternbild des Fisches befand. Als man ihn zwei Monate später noch einmal befragte, sagte er:
»Auf dem Stier.«
So deutete er denn auf eine überaus erhabene Wahrheit hin, die erst in einer fernen Zukunft würde verstanden werden. Und indem er auf die Aufgaben der Erde verwies, ihre Bewegungen und ihre Reise und darauf, dass die Sternbilder im Hinblick auf die Sonne hohl und ohne Gäste sind, und dass die Sternbilder, die tatsächlich wirksam sind im Jahreskreis der Erde liegen, und dass es die Erde ist, die sich bewegt und ihre Aufgabe in den Sternzeichen verrichtet, sagte er: »Auf dem Stier und dem Fisch.«

Fragen an den islam

Verfasser:
Fragen an den islam
Kategorien:
Aufrufe 4.696
In order to make a comment, please login or register