Ist es aus islamischer Sicht erlaubt ein Konto bei einer Bank zu besitzen, wenn es zur Erleichterung dient?

Details der Frage

Denn es wird ja mit Zinsen gearbeitet. Auch wenn man die Zinsen nicht abhebt, weiß man ja trotzdem nicht ob es nicht das verzinste Geld ist, was man benutzt.

Antwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

Nach Imam Azam Ebu Hanife und Imam Muhammad gilt folgendes Gebot: Einem Muslim ist es nicht gestattet einen anderen Menschen seines Eigentums zu enteignen, ihn zu beklauen und oder zu betrügen, geschweige denn sein Hab und Gut von ihm zu erzwingen. Dieses Gesetz ist universell und solch ein Verhalten ist absolut unzulässig. Es ist vollkommen egal ob solch ein Vergehen in einem Islamischen Staat oder Nicht – Muslimischen Land stattfindet und ebenfalls ist es gleichgültig ob es sich bei dem Geschädigten um einen Muslim oder Nicht – Muslim handelt. Ein Muslim stiehlt nicht und fügt Niemandem Schaden zu. Weil der Islam eine Religion der Toleranz und Tugenden ist, duldet er in keiner Weise unmoralisches Verhalten wie die Unterschlagung, den Betrug und ähnliches hässliches Verhalten zu jeder Zeit und an jedem Ort.

Einem Muslim der in einem Nicht – Islamischen Land lebt, wo das Bankwesen/ Zinsgeschäft ganz normal ist und ohne dieses der Alltag sehr erschwert wird, ist es erlaubt ein Bankkonto zu besitzen, weil meistens keine andere Wahl besteht. Weiterhin entsteht der Bank durch ihn als Kunden kein Nachteil, sondern gegenteiliges ist der Fall. Weil in diesen Ländern das Zinsgeschäft etwas Alltägliches ist und somit keine Straftat darstellt kann ein Muslim bedenkenlos ein Konto eröffnen und die damit verbundenen Zinsen kassieren. Allerdings sollten die entstandenen Zinsgewinne nicht zu Eigenzwecken genutzt werden, sondern sie können dann gespendet werden. Somit unterbindet der Kontoinhaber, dass er sich Zinsgeld zunutze gemacht hat. (Aus: el-Fikhu ale'l-Mezahebil arba'a, l.340.Fethu’l-vehhabc.2s.355)

Anderen islamischen Rechtschulen zufolge, sowie nach Ebu Yusuf, ist das Zinsgeschäft überall verboten. Das heißt, das Nehmen und Geben von Zinsen, sowohl in einem islamischen als auch Nicht – Islamischen Staat, ist strengstens untersagt. Sowohl im Einkauf und Verkauf, Groß und Einzelhandel müssen alle Menschen gleich behandelt werden. Es sollte niemand Bevorzugt, geschweige denn benachteiligt werden, weil er ein Muslim ist bzw. kein Muslim ist. (Aus: el-Fetâva'1-Kübrâ c. 2, s. 238, Bedâyi es-Senâyi' c. 9, s. 4378) Der Islam erfordert diese Gleichbehandlung. Wenn jemand z.B. auf Reisen geht und dort irgendwo etwas findet das irgendjemand anderem gehört, so ist dieser Reisende verpflichtet dem Eigentümer das zukommen zu lassen.

Anmerkung:

Die Auffassung von Imam Azam Ebu Hanife und Imam Muhammad, nach der man in einem Nicht islamischen Umfeld bzw. Land Zinsen nehmen darf, hat bezüglich der im Ausland* lebenden Muslime Vorrang, da sie ansonsten das kapitalistische Bankensystem stärken würden und selbst im Nachteil wären. (Halil GÜNENÇ, GÜNÜMÜZ MESELELERINE FETVALAR I.243-344) (* Nicht islamisches Umfeld, wo nicht islamische Gesetze gelten)
Die Auslegung von Imam Azam Ebu Hanife und Imam Muhammad erhält ihre Gültigkeit unter der Anlehnung an die Hadith, dass es im Darül Harp* kein Zinsgeschäft zwischen den Gläubigen und den Ungläubigen gibt. (Das bedeutet, dass dieses Gesetzt unter erschwerten Bedingungen Aufgehoben ist.) (Quelle: Zeylai, Nasbu’r-raye, IV. 44; Ibn Hümam, VII. 39) (* Nicht islamisches Umfeld, wo nicht islamische Gesetze gelten)
Generell gilt die Absicht bei der Tat. Eine Handlung wird nach ihrer Intention beurteilt. Eröffnet man ein Konto bei einer Bank der hohen Zinsen willen und der damit verbundenen höheren Zinserträge, also auf Gewinn bedacht, so ist dies unislamisch. Gründet man ein Konto um allen beteiligten und sich selber damit die Abläufe zu erleichtern unabhängig von der Zinshöhe, so ist dies im Sinne des Islam. Denn Profitgier ist eine sehr rücksichtslose und zugleich sehr hässliche Eigenschaft.
„Macht und Ruhm sind eine Falle zu Eitelkeit, Hochmütigkeit und Tyrannei. Die Ausübung von Macht ist wie das Reiten eines Löwen: An einem Tag wirst du ihn reiten und an einem anderen wird dich das Tier verschlingen.“ (Quelle, „Ein Gespräch mit meinem Freund dem Atheisten“, von Dr. Moustafa Mahmoud )
Die Im Ausland* lebenden Muslime, die sich nach der Ansicht der Imame Azam Ebu Hanife und Muhammad richten und wie oben erwähnt handeln, wirken nicht islamwidrig und somit Helal. (* Nicht islamisches Umfeld, wo nicht islamische Gesetze gelten)

Fragen an den islam

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