Darf man jemanden oder etwas anderen lieben, wenn man an Gott glaubt?
Es gibt viele Filme oder Bücher die eine quasi unendliche und alles überragende Liebe zwischen Mann und Frau darstellen. Manche Leute vernarren sich aber auch z.B. in ihren Sportwagen oder in ihre sportlichen Erfolge. Passt es dann in das Leben eines Gottesfreundes solche intensiven Gefühle für etwas anderes als Gott zu hegen? Begeht man damit einen Fehler und wie hütet man sich davor?
Gespeichert von am Mi., 09/05/2018 - 19:02
Liebe Leserin, lieber Leser,
ja, es ist Gott, der diese Liebe im Menschen platziert. Aber wo und wie wir diese Gefühle zur Geltung bringen ist uns überlassen.
Nachdem wir diese Gefühle dem wahren Besitzer, also Gott zeigen, kann man es auch als Gottesdienst betrachten, die Geschöpfe Gottes für Gott zu lieben. Es ist nicht richtig, diese Gefühle an falscher Stelle preiszugeben. Aber manchmal haben diejenigen, die sich in die Geschöpfe Gottes verliebt haben, mit der Zeit wahre Liebe im Gottesglauben gefunden und so haben sie gelernt, die Schöpfung Gottes als Gottesdienst und Verehrung des Schöpfers zu lieben.
Liebe benötigt Beziehung. Beziehung benötigt Vertrautheit. Liebe zeigt sich daher auf natürliche Weise beim Menschen, da der Mensch in seinem Gegenüber je nach Grad der Vertrautheit und der Beziehung liebenswerte Wesenszüge entdeckt und wertschätzt.
Der Mensch liebt nicht, was er nicht kennt. Die Ungläubigen sind respektlos gegenüber Gott und dem Gesandten Gottes (s.a.s.), weil sie sie nicht ausreichend kennen und nicht mit ihnen vertraut sind.
Wir unterscheiden zwischen Liebe in Form einer Zuneigung (z.B. auch familiär oder freundschaftlich) und Liebe im absoluten gesteigerten Sinne, wo die Emotionen quasi überkochen. Möglicherweise könnte man hier auch von Hingabe sprechen. Während bei einer gemäßigten Zuneigung dies eher nicht vorkommt, kommt es bei einer absoluten Hingabe durchaus zu irrationalen Situationen und Handlungen. Auf der anderen Seite sieht der Mensch, der sich dem Objekt seiner Liebe vollständig hingibt in diesem Objekt keine Makel, das Objekt füllt die Träume des Liebenden und schließlich platziert der Liebende in einer Art Tunnelblick das Objekt seiner Liebe über alles und jeden. Phrasen wie etwa „Das Paradies will ich nicht, wenn es dich nicht gibt“ hört man in entsprechender Literatur und sind überzogene Aussagen und Versprechen, die aus eben jener Irrationalität entspringen. Diese Art von absoluter Hingabe wird häufig romantisiert und als Grundlage von Märchen und Folklore genommen.
Es ist metaphorische/bildliche Liebe, jemandem außer Gott mit vollem Herzen zu lieben, Liebe und Zuneigung dieser Person zu schenken. Als Beispiel könnte man die eben erwähnten Folklore und Geschichten in Populärmedien nehmen. Es gibt aber auch Formen einer natürlichen Hingabe welche wir z.B. in Eltern beobachten können, die ihre Kinder mit bedingungsloser Barmherzigkeit lieben. Diese Barmherzigkeit entspringt schließlich der Barmherzigkeit Gottes.
Gott allein ist in absolutem Sinne anbetungswürdig und absolute Hingabe kann nur im Gottesglauben gefunden werden. Alle anderen Objekte der Hingabe verbleiben in einer diesseitigen und daher endlichen Hingabe. Erwähnenswert ist es, wie man Liebe darstellt. Man kleidet sich quasi mit den Verhaltensweisen und Tugenden des Geliebten und teilt diese intensiv. Wer also Gott liebt und dies zeigen will, der folgt seinen Gesandten, befolgt ihre Gebote und ehrt ihren Dienst. Die Intensität der Hingabe kann man daran augenscheinlich bemessen und so gibt es einige Gläubige die im Rang höher sind als andere, da ihre Hingabe, die der anderen weit übersteigt.
Eine wahrhaftige Hingabe zu Gott steht über allem und relativiert folglich alle Zuneigungen zu diesseitigen Dingen. Diesseitige Dinge verlieren plötzlich ihre Relevanz bzw. ihren Reiz. Die Hingabe zu Gott erfüllt nämlich den Menschen und gibt seiner Seele einen Zweck und eine Funktion, die mit nichts anderem erreicht werden kann. Das Herz findet nur im Gottesglauben absoluten Frieden und Glück.
Die Hingabe zu Gott ist schließlich auch die einzige Hingabe die über das Diesseits hinaus Bestand haben kann. Daher muss man sich ständig daran erinnern, dass sämtliche Objekte der Begierde im Diesseits früher oder später vergehen werden. Selbst wenn die Liebe im besten Falle erwidert wird, wird sie auch vergehen. Daher darf der gläubige Mensch sich nicht mit seinem ganzen Wesen nicht einer rein weltlichen Sache hingeben. Wenn man sich an diese Tatsache erinnert, haftet man sich umso mehr an seinen Schöpfer als ewige Konstante.
Als die Nacht über ihn hereinbrach, sah er einen Himmelskörper. Er sagte: "Das ist mein Herr." Als er aber unterging, sagte er: "Ich liebe nicht diejenigen, die untergehen (6/76)
Liebe, Zuneigung und Hingabe sind also natürliche Zustande des menschlichen Lebens. Es ist also nicht verwerflich diese Emotionen auch auszuleben. Die Quelle ist aber der Gottesglaube. Man muss sich daher davor hüten, diese besonderen Emotionen falsch zu investieren. Wenn man sich weltlichen Dingen gänzlich hingibt, wird man am Ende im Jenseits sozusagen leer ausgehen. Der Zweck der Seele ist es Gott zu dienen, wenn man diesen Zweck nicht erfüllt, verwelkt schließlich auch die Seele im Jenseits. Das muss jedoch auch nicht heißen, dass der gläubige Mensch sich konstant von alles und jedem distanzieren muss. Vielmehr sollten die Beziehungen zu allerlei Dingen und Menschen stets in diesem Paradigma eingebettet sein. Der Gottesglaube bildet die Konstante, das Fundament des menschlichen Lebens. Wir können dies als Kompass für unsere Lebensführung und unsere diesseitigen Beziehungen nutzen indem wir immer überprüfen ob unsere Lebensführung und unsere diesseitigen Beziehungen im Einklang mit den Geboten und Verboten Gottes stehen. Eine bewundernswerte Tugend des Gläubigen ist es, genau diese Aspekte seines Lebens nach dem Willen seines Schöpfers zu formen. Somit hebt der Gläubige auch seine diesseitigen Beziehungen empor und verleiht ihnen möglicherweise ewiges Leben im Jenseits, da er mit seinem Leben bewiesen hat, dass er auch diese Gott versprochen hat. Schließlich dient der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) als perfektes Beispiel um diese vielleicht abstrakte Balance zu veranschaulichen. Als Ehemann war der Prophet (s.a.s.) stets achtungsvoll, barmherzig, liebevoll, zärtlich und engagiert. Dies tut er allerdings im Namen des Gottesdienstes, denn Gott lobt diese Tugend des Propheten im Familienleben. Gott dient also als unbeweglicher Anker für Moral und Ethik. Der Prophet (s.a.s.) war somit ein überaus liebevoller Ehemann, aber seine vollste Hingabe galt primär seinem Schöpfer. Beide Zustände müssen also nicht in Konkurrenz oder Diskrepanz stehen.
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