Wie können wir unser niederes Ego (Nefs) mäßigen? Wie können wir den verführerischen Überlistungen des Teufels widerstehen?

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Wie können wir unser niederes Ego (Nefs) mäßigen? Wie können wir den verführerischen Überlistungen des Teufels widerstehen?

Antwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

es ist unverkennbar, dass das niedere Ego (Nafs) der Erziehung bedarf um nicht in Irrtümer zu verfallen. Das Wichtigste in der Selbsterziehung ist immerwährend gegen sein niederes Ego entgegenzuarbeiten. Mawlana Djalaladdin Rumi äußerte folgende Worte bezüglich dieser Thematik:„Lasst uns demonstrieren und es verjagen, dieses dunkle Angesicht, dieses schlechtartige Ego, lasst es uns zerstören! Jedoch ist dieser Kampf sehr schwierig; denn eine Götzenfigur zu zerbrechen ist einfach, das Ego zu erziehen hingegen als ein leichtes zu betrachten ist Unwissenheit in größter Form.“

Aus diesem Grund ist es auch erforderlich einen gesunden und beständigen Willen zu besitzen, um einen lebenslangen und niemals endenden Widerstand gegen das Ego überhaupt führen und bestenfalls gewinnen zu können. Um eine mögliche und realistische Chance gegenüber seinem niedern Ego zu haben, bedingt es die Folgenden Punkte zu beachten:

1. Nichtbeachtung seines niederen Egos (Nafs)
Das Nafs ist das niedere Ego, welches einen Menschen zu jeglichen Verruchtheiten verleitet und anregt das Unrichtige zu tun. Es wird oft und gerne als die rechte Hand des Teufels im Menschenwesen gesehen. Um sein niederes Ego disziplinieren zu können ist es strengstens erforderlich nicht auf dessen Verlangen zu reagieren. Dies ist die schnellste und effektivste Art sich von den Schlechtigkeiten seines Egos zu wahren und Es zu erziehen. Mevlana empfiehlt von dessen Gelüsten abzusehen und dessen Begierden auszublenden, um nicht in Sünden zu versinken. Somit sei laut Mevlana vielen Widerwärtigkeiten vorgebeugt.

2. Den Willen festigen
Ein Mensch sollte den trügerischen Begehrlichkeiten seines niederen Egos entgegenwirken. Um dessen Unheil bringende Begehre abzubremsen, bedarf es einem starken Willen. Des Weiteren sollte man sein niederes Ego nicht unterstützen, in dem man auf seine Verlange blind folge leistet. Man sollte drauf beharren das Schlechte zu unterlassen. Mevlana vergleicht das Eigenbewusstsein eines Menschen mit einer Kerze, die es vor den vielen Naturgewalten mit einem Schutzwall (starken Willen) zu beschützen gilt. Das Ego verleitet Einen zum Falschen und manchmal weiß man nicht mehr zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. In solchen Situationen sollte man nicht auf seine Triebe (welche einen vom Rechten Weg abbringen könnten) Acht geben, sondern sich zum ehrlichen und aufrichtigem Handeln bemühen. Man sollte sich stets fordern das Richtige zu akzeptieren und sich vorschreiben das Gute zu befolgen, was einen letztendlich vor den meisten Falschheiten bewahren wird. Ein Mensch, der sich selbst nicht erzieht und seinen Willen nicht aktiv zur Abwehr von Schlechtigkeiten trimmt, der begibt sich in einen Teufelskreis der Irrtümer, in dem er dann zum darin verweilen verdammt ist.

„…wenn im Inneren keine Akzeptanz und Einsicht besteht, nutzen tausend mahnende Worte nichts. Wenn zum Beispiel ein Baum von Innen nicht mehr feucht ist, dann nützt es ebenfalls nichts, wenn man ihn von Außen mit tausenden Litern Wasser übergießt…wenn die gesamte Welt mit Licht durchflutet wäre, aber im geistigen Auge des Betrachters keine Erleuchtung ist, wird er zu keiner Zeit das Licht zu sehen bekommen…“

3. Geduldig sein
Um sich nicht durch die Zuflüsterungen seines Egos vom Rechten Pfad zu entfernen bedarf es der Geduld während seiner Erziehung. Mevlana sagt: „Es beansprucht die Geduld auf diesem Weg, welche die Erschwernis erdulden muss.“ Denn Geduld ist ein Balsam das Abhilfe schafft. Sie ist der Schlüssel zur Größe. Eine Tugend, die einen schnell an seine ersehnten Ziele führt. „Wenn Du bei jeder Strapaze, bei jeder Mühsal erzürnst und hasst, wie willst Du dann glänzen und reflektieren?“, äußert sich Mevlana und betont sich als Mensch unbeirrt auf das Gute, Schöne und Richtige zu konzentrieren. Es gebietet die Geduld zu wahren, sich daraufhin fortzubilden und dahinzureifen. Mevlana sagt, „Resolute (Willensstarke) Menschen schmachten nach Geduld, sie mögen es Geduld geduldig zu sein.“ Damit meint Mevlana, dass das niedere Ego (Nafs) hastig ist und ununterbrochen alles Genüssliche sofort erhaschen will. Gegenteilige Charaktereigenschaften, die das Gute begründen sind Geduld, Bedachtsamkeit und Weitsichtigkeit. Erst das Ignorieren der Eigenwilligkeiten seines niederen Egos ermöglicht einem Menschen Tugenden wie die Weitherzigkeit, Toleranz und Sanftmut in seinem Wesen zu entdecken und zu fördern. Geduld ist die elementarste Grundlage dieser Charaktereigenschaften, welche einen Menschen noch authentischer, liebenswürdiger und nachahmenswerter machen. Strenge, Verständnislosigkeit und Widerspenstigkeit sind hingegen fast allen Menschen ein Groll.

4. Sich von seiner Ichbezogenheit lösen
Ein weiteres wichtiges Hilfsmittel bei der Zurechtweisung seines niederen Egos ist die Aufgabe seiner Selbstverherrlichung. Abstand nehmen vom Stolz und der Strebsamkeit sich in den Vordergrund zu drängen. Des Weiteren gilt es etwas von seinem hochgestochenen Selbstvertrauen aufzuopfern und dieses in Gottvertrauen umzuwandeln, also Allah in seinem Vorhabe nicht außen vor zu lassen. Mevlana sagt, dass es eine falsche Bescheidenheit ist, wenn Gebildete Menschen das ständige Bestreben haben sich behaupten und präsentieren zu müssen. Sie geraten dadurch nur in unnötige Ablenkungen, die sie in ihrer Selbstsucht bestätigen und vertiefen, wodurch ihnen keine Zeit bleibt für die Selbstkritik und die Selbsterkenntnis. Sie rauben sich selber ihre wertvolle Zeit und empfinden ihre eigenen Fehler als Standartabeichungen, wohingegen die Fehler anderer als anormal angesehen werden.

5. Selbstprüfungen durchführen, sich selbst zur Rechenschaft ziehen
Das aller wichtigste bei der Belehrung seines niederen Egos und der Abwehr von Irrtümern ist die Selbstkontrolle. Das sich selbst befragen, ob man etwas falsch gemacht hat oder jemandem Unrecht zugefügt hat, sei es durch ein unüberlegtes Wort und oder einer Tat. Die regelmäßige Selbstbeobachtung, ob man sich vielleicht doch in die falsche Richtung entwickelt, als man es sich ursprünglich vorgenommen hatte. Das Bemühen seine Fehler zu erkennen und rechtzeitig zu beheben, bevor diese zu einer Gewohnheit und somit auch zu einer unablässigen Geisteshaltung werden. Sein niederes Ego (Nafs) vor der Wahrheit zu beugen und Es ihr anzugleichen. Diese und ähnliche Verhalten kombiniert mit einer Portion Geduld wehren Schlechtigkeiten ab und führen einen direkt auf den geraden Weg zum Guten, Besseren und Gottesfürchtigeren Leben, was den wirklichen und immerwährenden Erfolg ausmacht. Sich selbst vor sich selber öffnen und sich selber anhören, also seinen Verstand zur Kontrolle und Beobachtung seines Selbst nutzen, ist der Anbeginn zum wirklich Guten. Es ist nichts Verwerfliches seine Geheimnisse vor Anderen zu wahren, allerdings ist es schon verwunderlich, dass man es sogar vor sich selbst verheimlicht. Bevor wir andere Leute um ihre Fehler und Sündhaftigkeiten bemitleiden, sollten wir zunächst uns selbst um unsere Untugenden und Laster bedauern. „O du mein andere Leute beweinendes Auge, komm’ und weile einen Augenblick und trauere um deiner selbst.“ Die Erziehung seines niederen Egos beginnt mit der Erkenntnis seiner eigenen Untugenden.

6. Geisteskraft
Zu der Erziehung seines niederen Egos gehört ebenfalls das Wissen, dass seinerseits überwiegend Schlechtigkeiten herrühren. Damit man die Wahrheiten und die Weisheiten Gottes erkennen kann, sollte man laut der Philosophie Mevlana’s seine eigene Geisteskraft erkennen und entwickeln. Gegenüber den Verleitungen seines niederen Egos überlegen sein zu können sollte man sich regelmäßig mit seinem gesamten Wesen Allah zuwenden und Ihn um Seine Unterstützung bitten. Jemand der ernsthaft Allah anfleht und Ihn aufrichtig um Schutz vor den Einflüsterungen des Teufels und der seines niederen Egos bittet wird ganz gewiss Hilfe bekommen. Allah wird ihn in Seine Obhut nehmen, ihn beschützen und ihn kräftigen, so dass Beschwerlichkeiten ihm leichter vorkommen.

Der Mensch ist täglich sehr vielen Unwahrheiten und Täuschungen gegenübergestellt. Grundsätzlich ist fast jeder Mensch sich seiner Fehler, Untugenden und Laster im groben bewusst. Das Wesentliche jedoch ist es diese Fehler nach ihrer Erkennung zu korrigieren. Um diesen seelischen Heilungsprozess überhaupt Angehen zu können ist es unabdingbar sein niederes Ego (Nafs) und dessen Genusslust zu beherrschen. Mit dem Begriff „Genusslust“ ist nicht nur das Speisen von Leckereien gemeint, sondern auch das Genießen von Unsittlichkeiten, sowie seelischen und oder körperlichen Hartherzigkeiten. Daher ist es für jeden einzelnen Gottgläubigen Menschen notwendig sich und sein Ego kennen zu lernen und es heranzubilden. Der kürzeste Weg hierbei ist es seiner Begierde und seinen Lüsternheiten zu widerstehen und nicht auf sein niederes Ego hereinzufallen. Eine Abgewöhnung seiner verderblichen Leidenschaften und die Einordnung von förderlichen Regsamkeiten. Die Erziehung seines niederen Egos ist sehr langwierig und umfangreich, was wirklich sehr viel Geduld und Kraft anfordert. Das niedere Ego ist zu vergleichen mit einem Kleinkind, dass alles was es sieht haben will, ohne zu wissen und ohne zu überlegen ob es gut oder schlecht für einen ist. Weil es nicht vorausschauend ist, kann es die Resultate und die möglichen Konsequenzen seiner Maßlosigkeit nicht ersehen und begreifen. Genauso wie ein Kleinkind Werte und Normen beigebracht bekommen sollte, so sollte jeder Gläubige (Mensch) auch seinem niederen Ego Werte und Normen beibringen. Daher ist die Schulung seines niederen Egos (Nafs) mindestens genauso notwendig, wie die Anlernung von kleinen Kindern, damit ihre Zwanglosigkeit (Natürlichkeit) sie selbst und andere nicht in unwiderrufbare Unglücke stürzt, sowohl im Dies- als auch im Jenseits.

„Wer sich selbst nicht erziehen kann, der vermag keineswegs andere zu erziehen.“
(Bediuzzaman Said Nursi)


Quellen:
Mevlânâ, Macâlis-i Seb’a (Yedi Meclis), , Konya, 1965, s. 54; Mevlânâ, Mesnevî, , M.E.B. Yay., Istanbul, 1991, C. i, s.62, B.778) Mevlânâ, Dîvân, C. VII, s. 626, B. 8336; Mevlânâ, Dîvân, C. V, s. 408, B. 5425.; Mevlânâ, Fîhi Mâ Fîh, s. 88-89.; Mevlânâ, Mesnevî, C. IV, s. 38, B. 466.; Mevlânâ, a.g.e. , C. II, s. 391, B. 4913; C. I, s. 150-151, B. 1841. 1846, ;1854.; Mevlânâ, a.g.e. C. I, s. 290, B. 2980.; Mevlânâ, a.g.e. C. I, s. 128, B. 1601.; Mevlânâ, Fîhi Mâ Fîh, s. 9.; Fîhi Mâ Fîh, s. 28-29.; Fîhi Mâ Fîh, s. 37.; Mevlânâ, a.g.e. C. II, s. 37, B. 479.;

 

 

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