1
Wenn man einen Menschen weh getan hat bzw. verletzt hat und man diese Person um Vergebung bittet kann diese Person einem überhaupt vergeben oder sollte man nur Allah um Vergebung dafür bitten ?
es gibt sowohl das Menschenrecht (Kul Hakki) als auch das Gottesrecht. Dies bedeutet, dass wir sowohl den Menschen den wir verletzt oder gekränkt haben als auch Allah um Vergebung bitten sollten. Entschuldigen wir uns bei der Person und sie vergibt uns, so sind wir mit ihr im reinen. Das heißt, dass wir ihr gegenüber keine Gewissenbisse mehr haben müssen. Entschuldigen wir uns bei Allah für unser menschliches Versagen, so wird Er uns diesen Fehler insaAllah (so Gott will) ebenfalls verzeihen.
Es heißt dass Allah alle Sünden verzeihen könnte, aber das Unrecht was zwischen zwei Menschen stattgefunden hat muss zwischen diesen beiden Menschen ausgemacht werden. Das bedeutet, wenn ich einem Menschen Unrecht an tue (z.B.: ich beklaue ihn), dann kann Allah mir diese Tat nicht vergeben ehe dieser von mir beklaute Mensch mir nicht verziehen hat, weil es hier um das Menschenrecht geht. Einer Überlieferung nach sagt Allah zu den Gläubigen (Menschen):
" Kommt zu Mir mit allen Sünden die ihr habt (die kann Ich euch verzeihen), aber kommt Mir nicht mit Menschenrechtsverletzung (die kann ich euch nicht verzeihen)." [Buhari]
In Angesicht der Tatsache das Allah der Allgerechte ist, kann und darf Er nicht über Zwischenmenschlich begangenes Unrecht hinwegsehen und der Unrecht begehenden Person (so fromm sie auch sein mag) einfach vergeben. Das wäre Widersprüchlich und würde gegen seine Gerechtigkeit sprechen. ER wäre als erhabener Schöpfer in Seiner Vollkommenheit nicht mehr authentisch. Wir als Muslime sollten stets bemüht sein niemandem Unrecht an zu tun.
2
Ist die künstliche Befruchtung im Islam erlaubt?
diese Frage können wir nicht mit einem einfachen „Ja“ oder einem schlichten „Nein“ beantworten. Wir möchten lediglich Argumente und Denkanstöße herbeiführen.
• Wenn die eigenen Samen- und Eizellen auf normalem Weg nicht fruchten, warum sollten sie dann bei einer künstlichen Befruchtung miteinander verschmelzen?
Eine künstliche Befruchtung im Islam wäre zulässig, wenn dass gespendete Spermium und die gestellte Eizelle auch den tatsächlichen und geehelichten Eltern gehören würde. Hierbei stellt sich die Frage, warum wir Menschen eine künstliche Befruchtung befürworten, wenn Samen und Eizelle im Mutterleib nicht verschmelzen wollen, aber genau dieselben dann im Reagenzglas auf einmal doch verschmelzen? Ein weiterer Aspekt wäre der ungeduldige Kinderwunsch, der nicht auf sich warten lassen will, weil es auf natürlichem Weg nicht möglich oder nicht sofort möglich ist!
Nahezu alle muslimischen Gelehrten betrachten die künstliche Befruchtung der mütterlichen Eizelle mit dem väterlichen Sperma als zulässig. Die Bedingung ist, dass die Samen- und Eizellenspender, also die Eltern, miteinander nach islamischem Recht verheiratet sein müssen. Darüber hinaus muss es zu 100% ausgeschlossen sein, dass sowohl die Eizellen als auch die Samenzellen nicht von einer dritten (fremden) Person stammen. Das wiederum ist nahezu ausgeschlossen, denn wenn der Mann oder die Frau, oder sogar beide Unfruchtbar sind, wessen Samen- oder Eizellen werden dann benutzt um den Kinderwunsch gegen viel Geld auch zu erfüllen? In solch einem Fall ist es nicht zulässig sich einer künstlichen Befruchtung zu unterziehen, denn das daraus entstehende Kind wäre ein uneheliches Kind.
Es ist eine der Grundprinzipien der islamischen Religion, das ein Kind von miteinander geehelichten Eltern (Imam Nikah) abstammen sollte. Bei der Einfügung von fremden Sperma oder einer fremden Eizelle ist die Bedingung der Ehe nach islamischer Sicht nicht (mehr) gewährleistet und das daraus sich entwickelnde Kind wäre somit nicht das leibeigene und unehelich. Zusätzlich wäre der Stammbaum unterbrochen und der Familienbaum gefällt.
Eine andere kritische Betrachtungsweise ist die folgende: Bei der künstlichen Befruchtung werden in der Regel immer mehrere Eizellen befruchtet, um die Trefferwahrscheinlichkeit zu erhöhen. Nun gibt es auch eine ganze Reihe von religiösen Geistlichen und Wissenschaftler, die das Menschenleben ab dem Zeitpunkt der Befruchtung auch als solches betrachten und ihm sämtliche Rechte zuschreiben. Somit auch das Recht auf Leben, was durch die Tötung der anderen befruchteten Eizellen dann u. a. gegen die ethische und moralische Vorstellung der Menschenrechte verstoßen würde. Die Zerstörung der anderen befruchteten Eizellen (Zygoten) kommt einer Abtreibung gleich, was wiederum im Islam absolut verboten ist. Allgemein können wir sagen, dass die Inanspruchnahme einer künstlichen Befruchtung der Natur widerspricht und nicht zu empfehlen ist, weil sehr wahrscheinlich und unumgänglich doch fremdes Erbgut zur Erfüllung des Kinderwunsches benutzt wird.
3
Darf man sich ins Schlafzimmer Suren und oder Verse aus dem Qur´an als Bild an die Wand hängen?
das Aufhängen von Schrifttafeln, Postern, Bildern usw. mit Versen aus dem edlen Qur´an im Schlafzimmer ist islamisch zulässig und demgemäß auch keine Sünde. Man sollte allerdings aus Respekt gründen nicht seine Füße in die Richtung dieser Suren oder Verse entgegenstrecken. Ebenso ist es islamisch zulässig Tafeln und oder Bilder mit den Namen des Allmächtigen Gottes an Wände in der Wohnung anzubringen. Darüber hinaus gibt es den Qur´an in Miniaturform zum Aufhängen im Auto und oder ebenfalls im Haus. Es ist ebenfalls gestattet diese Aufzuhängen, allerdings sollte man nicht seine Füße den heiligen Schriften entgegenstrecken, zum Beispiel, wenn man sich im selben Zimmer hinlegt. Darüber hinaus gilt es weiterhin, dass man die Verse ohne rituelle Waschung (Vudu, Abdest) nicht berühren darf. Das gegenteilige Handeln (d.h. das Berühren ohne der rituellen Waschung) ist verboten (haram). Es heißt, dass man ohne die Waschung nicht einmal ein Blatt (Tafel, Schild) anfassen darf, wo auch nur ein einziger Vers oder nur Abschnitte (Suren) aus dem Qur´an niedergeschrieben sind. (Ömer Nasuhi Bilmen, Büyük Islam ilmihali, 2.Kitap, 137)
Wir empfehlen besonders aus gründen der Hochachtung gegenüber dem Wort Gottes so etwas nicht zu machen, insbesondere im Schlafzimmer, weil dort nicht immer nur geschlafen wird. Wenn man sich sicher ist in direkter Gegenwart solcher Heiligkeiten keinerlei Unbeherrschtheiten zu begehen, dann kann man sie anbringen. Sollte man dieses aber nicht garantieren können, dann sollte man davon absehen. Mit Unbeherrschtheiten sind natürliche Bedürfnisse und Abläufe gemeint, wie sich hinlegen, sich an und ausziehen (Nackt sein, die Genitalien unverhüllt halten usw.), Geschlechtsverkehr, Blähen und alles andere was so in einem durchschnittlichen Schlafzimmer stattfinden kann. Bedenken wir, dass alleine die Füße in Richtung der Verse/Suren strecken eine Geringschätzung darstellt, so werden wir einsehen, dass so manche Natürlichkeiten eine noch größere Respektlosigkeit darstellen würden. Und manchmal begehen wir ganz unbewusst solche Natürlichkeiten, wie zum Beispiel sich hinlegen usw..
Aus der Liebe zum Islam und insbesondere aus der Liebe zum wahrhaftigen Qur´an entsteht innerlich das Bedürfnis die Wahrheit verkündenden Verse, welche neben ihrer Sonderbarkeit auch noch sehr ansehnlich (Kunstvoll) sind überall anzubringen. Jedoch bedarf es der Besonnenheit diese heiligen Schriften immerwährend zu respektieren, weil sie das Wort Gottes sind. Unseres Wissens nach hatte der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) bei Qur´an Rezitationen respektvoll auf seinen Unterschenkeln gesessen und aufmerksam zugehört und niemals gelegen.
4
Wer oder was ist ein Heuchler? Und wie ist solchen Leuten zu begegnen?
zu Beginn möchten wir auf die wunderbaren und weisen Worte des ehrenwerten Propheten Muhammad (s.a.s.) hinweisen, die er bezüglich der Heuchler äußerte: „Die Zeichen eines Heuchlers sind drei: Wenn er spricht, dann lügt er, wenn er etwas verspricht, dann hält er es nicht ein, und wenn ihm etwas anvertraut wird, so handelt er treulos.“ – „Der schlimmste Mensch ist der Mensch mit zwei Gesichtern. Er begegnet dem Einen mit einem Gesicht und begegnet dem Anderen mit einem anderen Gesicht.“ (Hadith, Bukhari)
Ein Heuchler ist Jemand, der sich als engelsfrommer Gläubiger ausgibt, der in Wirklichkeit aber keinen Gottesglauben im Herzen trägt und somit überhaupt nicht religiös ist. (1) Die Heuchelei stellt somit einen Betrug am Glauben dar (Glaubensschwindelei). Ein Heuchler gleicht einem Chamäleon, das sich äußerlich immer seiner Umgebung anpasst, um nicht erkannt zu werden. (2) Ein Heuchler ist wie die Fahne im Wind, welche sich nach dem Wind einstellt. In welche Richtung auch der Wind bläst, in dieselbe Richtung richtet sich dann auch die Fahne aus. Das Religions- und Glaubensverständnis eines Heuchlers gilt seinem individuellen Vorteil. Sein profitgieriges Denken dominiert sein Religions- und Glaubensverständnis. (3) Der Heuchler ist wie ein kleiner weißer Stein in einer Tüte Reis, ehe man nicht auf ihn gebissen hat bleibt er unerkannt. Genau so ist auch ein Heuchler nicht zu erkennen bis er einen Schaden angerichtet hat. Es gibt generell zwei Hauptursachen, die einen Menschen in die Heuchelei treiben:
1. Um von den islamischen Wohltaten, den materiellen Gaben des Islam zu profitieren, oder um
2. die Muslime von innen heraus zu zerstören und den Islam dadurch in die Knie zu zwingen, d. h. aktiv am Untergang des Islam mitzuwirken.
Wenn die Heuchler innerhalb einer muslimischen Gesellschaft in Unterzahl sind, so sagen sie: „Wir sind auch Muslime“ und versuchen so ihre missliche Lage zu überstehen. Durch ihre äußerliche Ähnlichkeit mit den Muslimen, versuchen sie diese heimlich auszuhorchen und ihre Geheimnisse zu ergattern, um diese leichter vernichten zu können. Ihre Intention liegt darin die Burg von innen her zu zerstören, zu verletzen, damit man sie von außen leichter angreifen kann. Die Heuchler möchten innerhalb der islamischen Gemeinde Zwietracht sähen, das sich gleich einem Virus überall verteilt und ausdehnt.
Im Koran sind bezüglich der Heuchler sehr viele Verse, in denen diese Erwähnt sind. Zweifellos ist das nicht ohne Grund so. Denn wenn man seinen Feind nicht erkennt, kann dieser noch größeren Schaden anrichten. So lange der Feind innerhalb einer Gemeinschaft noch lauert, ist die Gefahr nicht gebannt und es herrscht höchste Alarmbereitschaft. Ein unsichtbarer und weiterhin lauernder Feind ist sehr viel gefährlicher als viele sichtbare Feinde. (4) Der allgerechte Gott gibt gegenüber solch einer schädlichen Volksschicht folgende Anweisung, wie in den nachstehenden Versen zu lesen ist:
„O Prophet, streite gegen die Ungläubigen und die Heuchler*. Und sei streng mit ihnen. Ihr Aufenthalt ist die Hölle, und schlimm ist die Bestimmung!“ (*Bezieht sich auf den Kriegszustand - Sure Taubah, Vers 73)
„O Prophet! Streite wider die Ungläubigen und die Heuchler; und sei streng gegen sie. Ihr Aufenthalt ist die Hölle, und eine üble Bestimmung ist das!“ (Sure Tahrim, Vers 10)
Der Prophet Muhammad (s.a.s.) hat gegenüber den Heuchlern jedoch keine Waffe gezogen, sondern deren Bekämpfung (Djihad) geschah in Form von Überzeugungsarbeit und Aufklärung, sowie Abschreckung und Ermahnung vor der bevorstehenden Höllenpein für Ungläubige und Heuchler. (5)
Der Koran beschreibt die Heuchler ohne ihre Namen zu nennen. Der Koran skizziert einen Rahmen, worin die Heuchelei und die Heuchler samt ihrer Merkmale definiert sind. Dieser Rahmen birgt sämtliche Erkennungsmerkmale der Heuchelei und der Heuchler, die zu jeder Zeit mit den Eigenschaften dieser unsympathischen Menschen bis aufs Detail übereinstimmen. Es ist als eine immerwährende und universelle Formel zur Erkennung von Heuchlern zu betrachten.
Der Prophet (s.a.s.) hat trotz seines Bescheidwissens über die Heuchler, niemals einen dieser samt Namen zur Schau (veröffentlicht) gestellt und entblößt. Solange eine Verschwörung nicht publiziert ist, d. h. im Stillen stattfindet, wird diese sehr wahrscheinlich nach einer Zeit verglühen und der Verursacher dieser Auflehnung wird alles Mögliche daran setzen dieses auch Geheim zu halten. Wenn jedoch die Auflehnung offensichtlich ist und es wird nichts dagegen unternommen, so wächst diese rasch an und wird unverschämter Weise in höchstem Ausmaß (nach dem Motto, wo kein Kläger da kein Richter) ausgeführt, (6).
In der Heuchelei gibt es ebenfalls wie im Glauben, als auch Unglauben unterschiedliche Ebenen der Entwicklung, bzw. der Vertiefung in die Materie. Denn einige der Heuchler leben alleine für sich, passiv und gleichgültig. Solche sollten auf ihre Situation hingewiesen und zum Glauben motiviert und gefördert werden, damit der Glaube von ihren Zungen (ihrem Munde) in ihre Herzen rutscht und dort gesichert wird. Andere jedoch wirken aktiv gegen den Islam, obwohl sie sich als Muslime ausgeben. Auf solche sollte man Acht geben und die anderen Gläubigen vor diesen ebenfalls warnen. Studiert man die sämtlichen Verse des edlen Qur´an, die es bezüglich der Heuchler gibt, so wird es einem Menschen leicht fallen solche auch zu erkennen.
„Und wenn Wir es wollten, Wir könnten sie dir zeigen, so daß du sie an ihren Merkmalen erkennen würdest. Und du sollst sie gewiss am Klang der Rede erkennen. Und Allah kennt euer Tun.“ (Sure Muhammad, Vers 31)
Wie dem Vers zu entnehmen ist verrät sich ein Heuchler selbst durch seine Worte. Wer Acht gibt wird keine Mühe haben einen Heuchler, dessen Worte nicht mit seinen Taten übereinstimmen, zu erkennen. Einem herzensreinen Gläubigen bleibt ein Heuchler samt seinem verfälschten Zustand nicht unerkannt, denn solche seelengute Gläubige „schauen mit dem Licht Gottes“, (7) womit die unverwechselbar hässliche Seele eines Heuchlers schon von weitem wahrzunehmen ist. Blicken wir auf den folgenden Vers und wir werden verstehen wie schwer es tatsächlich ist einen Heuchler zu identifizieren:
„Unter den Wüstenarabern, die um euch wohnen, gibt es auch Heuchler, wie unter dem Volk von Medina. Sie sind verstockt in der Heuchelei. Du kennst sie nicht; Wir aber kennen sie. Wir werden sie zwiefach (doppelt) strafen; dann sollen sie einer schweren Pein überantwortet werden.“ (Sure Taubah, Vers 101)
Die städtischen Heuchler sind in ihrer Heuchelei sehr starrsinnig, sie sind förmlich mit ihr verschmolzen. Sie wissen ihre Erkennungsmerkmale zu verstecken. Sie legen sich wie eine hauchdünne Schicht (klares) Öl auf das Wasser. Sie sind so sehr assimiliert, das sogar der Prophet (s.a.s.) sie nicht hätte erkennen können, wenn da nicht die Eingebung Gottes gewesen wäre. (8) Die Koranverse, welche die Heuchler beschreiben, trugen zu Zeiten des Propheten (s.a.s.) mit dazu bei, dass viele Heuchler einsichtig und im Nachhinein sogar zu ehrenhaften Muslimen wurden.
„Unter den Gläubigen sind Leute, die dem Bündnis, das sie mit Allah geschlossen, die Treue hielten. Es sind welche unter ihnen, die ihr Gelübde erfüllt haben, und welche, die noch warten, und sie haben sich nicht im Geringsten verändert;
Daß Allah die Wahrhaftigen belohne für ihre Wahrhaftigkeit und die Heuchler bestrafe, wenn es Ihm gefällt, oder Sich ihnen zuwende in Barmherzigkeit. Wahrlich, Allah ist allverzeihend, barmherzig.“ (Sure Ahzab, Vers 24-25)
In diesen Versen werden die ihren Worten loyal seienden Gläubigen gelobt. Den in ihrem Herzen erkrankten und abtrünnigen Heuchlern hingegen wird neben der angedrohten Strafe verkündet, dass Allah alles zu vergeben im Stande ist und es nicht zu spät ist bei Allah (einsichtiger Weise) zuflucht zu suchen und Busse zu tun. Dieser Vers bietet, den einsichtigen Heuchlern, einen Weg zur Rettung, und spendet ihnen neue Hoffnung und neuen Mut. Am meisten jedoch Grund zur Freude bietet die Tatsache, das der Vers mit den Eigennamen, der Allvergebende - der Allverzeihende - der Allbarmherzige endet, wodurch sehr viele den Weg zur Buße fanden und vollkommene Hoffnung erlangten.
„Unter den Leuten sind solche, die sagen: „Wir glauben an Allah und an den Jüngsten Tag“, und sind gar nicht Gläubige. Sie möchten Allah betrügen und diejenigen, die gläubig sind; doch sie betrügen nur sich selbst; allein sie begreifen es nicht.“ (Sure Baqarah, Vers 9-10)
Qullen:
1-Sadik Kiliç, Kur'an'a Göre Nifak, Furkan Yay., Ist.,1982, s.,27
2-Ibnu Manzur, IV, 358-359
3-Kiliç, s. 54
4-Nursi, Isaratu'l-I'caz, s., 82-83
5-Razi, XVI, 135; Ibnu Kesir, IV, 119; Beydavi, I, 412; Yazir, IV, 2591
6-Nursi, Isaratu'l-I'caz, s.,83-84
7-Acluni, I, 41-42
8-Yazir, IV, 2611
9-Beydavi, II, 243
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Istikhara und Istishara - Zwei Wege zur Erkenntnis und Wahrheit
An sich ist die Frage wie man zur Wahrheit oder zur Erkenntnis kommt so tiefgründig, wie sie auch alt ist. In der Philosophie spricht man hier von Erkenntnistheorie oder auch Epistemologie. Auch für den gläubigen Muslim ist dies eine wichtige und komplizierte Fragestellung, die sich durch das ganze Leben ziehen kann, vor allem bei schwerwiegenden Entscheidungen die richtungsweisend für das Leben sind wie z.B. die Ehe oder der Beruf. Wie kann man sich sicher sein, dass das was man denkt oder plant auch richtig und gut für einen ist? Wie könnte man eventuelle Zweifel hierzu beseitigen? Wie könnte man sichere Schritte begehen? Diesbezüglich hat uns der ehrenwerte Prophet Muḥammad (S.A.S.) zwei überaus wichtige Geschenke hinterlassen mit deren Hilfe wir zur Wahrheit und zum Recht gelangen können. Diese sind die "Istiḫāra" und die "Istišāra". Wir wollen hier nun diese beiden "Werkzeuge" für das Zustandekomen von Erkenntnis und Wissen vorstellen und auf sie eingehen.
Istiḫāra als Begriff könnte man folgendermaßen erläutern; Das Erbitten des Segens von Gott. Es ist eine Bitte und eine Anflehung an Gott, um zu verstehen und das Herz in dieser Hinsicht zu beruhigen, ob das was man vorhat gut oder schlecht für einen ist oder ob es das bessere Resultat hervorruft wenn man es sofort oder später in Angriff nehmen sollte.
Die Istiḫāra ist ein Bittgebet gegenüber Gott in der Form eines ritualisierten Gebets mit zwei Rakaʿāt und einem anschließenden persönlichem Gebet, um erahnen zu können, ob eine Sache die man angehen will gut oder schlecht für einen ist. Somit könnte man zwischen Ṣalāh al-Istiḫāra und Duʿāʾ al-Istiḫāra unterscheiden, da im deutschen Sprachgebrauch für beide Arten von Gebet oft einfach das Wort Gebet verwendet wird, was im Kontext vielleicht nicht deutlich wird. Die Istiḫāra gehört zur Sunna des Propheten (S.A.S.), so unterwies er auch persönlich die Gemeinde wie man die Istiḫāra vollzieht und sie zu nutzen hat. Ferner hat der Prophet (S.A.S.) die Istiḫāra als eine Form des Gebets der Gemeinde empfohlen. Diverse Überlieferungen machen dies deutlich. Wir führen hier exemplarisch zwei Überlieferungen vor;
Der Prophet (S.A.S.) hat uns für all unsere Angelegenheiten, ob groß oder klein die Istiḫāra, wie eine Sura aus dem Qurʾān beigebracht und er gebietete hierzu folgendermaßen:
Sofern einer von euch vom Herzen eine Sache beschlossen hat, soll er zwei Rakaʿāt beten. (Buharî, Küsuf: 75.)
Yā Anas, sofern du beabsichtigst etwas zu machen, vollziehe die Istiḫāra bezüglich dieser Sache von neuem 7 mal. Schau dann auf die Tendenz deines Herzens. Denn der Segen liegt in der Bedeutung die sich im Herzen ausbreitet. (Tecrid Tercemesi, 4:143.)
Die Istiḫāra besteht somit aus dem ritualisiertem Gebet und dem persönlichem Bittgebet. Man betet zunächst das Gebet der Istiḫāra wie ein normales Gebet, wäscht sich also rituell und spricht die Absicht ("Niya") zur Istiḫāra wörtlich oder gedanklich aus. Im ersten Rakaʿāt (im jeweiligen Teil wo man die Sura rezitiert) rezitiert man die Sura al-Kāfirūn, während man im zweiten Rakaʿāt die Sura al-Iḫlāṣ rezitiert. Im Anschluss öffnet man die Hände und neigt sich seinem individuellem Gebet zu. Oftmals folgen hier auch weitere Huldigungen auf den Propheten (S.A.S.). Da das Individuum hier mit seinen Wünschen/Ängsten/Hoffnungen etc. sozusagen direkt vor Gott steht und Gott an dieser Stelle anfleht hat dieser Abschnitt der Istiḫāra also eine individuelle Note. Dies ist insofern wichtig, da dies auch deutlich macht dass es sozusagen kein "falsches" oder "richtiges" Gebet für die Istiḫāra gibt oder anders ausgedrückt, es bedarf keine spezielle Ausbildung oder rhetorische Fertigkeiten, um in der Istiḫāra beten zu dürfen. Wichtiger ist vielmehr, dass man aufrichtig und reinen Herzens Gott anfleht und sich von dieser rechtleitenden Intention beim Beten leiten lässt. Dies impliziert auch dass es beim individuellem Beten ferner keine sprachlichen Barrieren herrschen. Gott anzuflehen ist also nicht den arabisch sprachigen exklusiv. Ein deutschsprachiger Muslim kann also an dieser Stelle natürlich auch auf deutsch zu Gott beten und Gott anflehen. Hier ist allerdings die "Duʿāʾ" nicht mit "Ṣalāh" zu verwechseln, da die "Ṣalāh" ein ritualisiertes Gebet, ein ritualisierter Gottesdienst ist. Dementsprechend müssen hier gewisse Bedingungen eingehalten werden. Da an dieser Stelle viele Menschen aber trotzdem unsicher werden oder hemmen, bilden wir hier beispielhaft ein Gebet des Propheten zur Istiḫāra ab. Dies könnte man an dieser Stelle rezitieren. Es ist mutmaßlich schöner dies auf arabisch zu tun, aber nicht zwingend. Das was mit "diese Sache" in diesem Gebet erwähnt wird, ist stellvertretend für das was das Individuum vorhat bzw. tun will.
اَللّهُمَّ إِنِّى أَسْتَخِيرُكَ بِعِلْمِكَ وَأَسْتَقْدِرُكَ بَقُدْرَتِكَ وَأَسْأَلُكَ مِنْ فَضْلِكَ الْعَظيمِ فَإِنَّكَ تَقْدِرُ وَلاَ أَقْدِرُ وَتَعْلَمُ وَلاَ أَعْلَمُ وَأَنْتَ عَلاَّمُ الْغُيُوبِ اَللّهُمَّ إِنْ كُنْتَ تَعْلَمُ أَنَّ هذَا اْلاَمْرَ خَيْرٌ لى فِى دينى وَمَعَاشِى وَعَاقِبَةِ أَمْرِى فَاقْدُرْهُ لى وَيَسِّرْهُ لى ثُمَّ بَارِكْ لى فيهِ وَإِنْ كُنْتَ تَعْلَمُ أَنَّ هذَا اْلأَمْرَ شَرٌّ لى فِى دينى وَمَعَاشِي وَعَاقِبَةِ أَمْرى فَاصْرِفْهُ عَنِّى وَاصْرِفْنى عَنْهُ وَاقْدُرْ لِى الْخَيْرَ حَيْثُ كَانَ ثُمَّ أَرْضِنى بِه
Die ungefähre Bedeutung; Yâ Rabb! Da du (über das Heilvolle/Segensreiche um mich) Kund bist, wünsche ich mir (von der Forte deiner Gnade) dass du mir das Gesegnete mitteilst. Und da du es bist, dessen Macht (für das Gesegnete) ausreicht, wünsche ich mir (von der Schatzkammer deiner Gnade) dass du mich stärkst. Yâ Rabb, über das Gesegnete will ich die Äußerung und Bestimmung deiner großen Tugend und deiner Darbietung. Yâ Allāh deine Macht (für alle Dinge) ist ausreichend, meine jedoch nicht. Du bist wissend, (über alle Dinge) ich bin jedoch nicht wissend. Unabdinglich weißt du bestens Bescheid über all jenes was unserem Bewusstsein fern ist. Yâ Rabb wie du weißt (und es gibt kein Zweifel darin) ist diese von mir beabsichtigte Sache im Hinblick für die Wirkung auf mein Diesseits und mein Jenseits segensreisch, so teil dies mir zu (lass mich hier erfolgreich sein) und erleichtere dies für mich. Segne diese Sache für mich, für dessen Gelingen du sie mir erleichterst und mich dazu fähig gemacht hast. Und wie du auch wieder weißt (und darin liegt kein Zweifel) ist diese von mir beabsichtigte Sache im Hinblick für die Wirkung auf meine Religion, mein Diesseits und mein Jenseits schlecht, so wende diese Sache von mir und mich (und meine Seele) davon ab. Und wo immer der Segen (von Zeit und Ort) ist, ordiniere diesen Segen für mich als bestimmt und erleichtert. Und bewirke dass meine Seele diesem bestimmten Segen einwilligt.
Das Schlafen bzw. das Träumen ist nicht die Essenz der Istiḫāra. Selbst wenn die Zeit begrenzt ist und man keine Zeit für den Schlaf hat entspricht es immernoch der Sunna die Istiḫāra zu vollziehen gegenüber einer vielversprechenden Sache. Nachdem die Gebete vollzogen wurden schläft man in die Richtung der Qibla in rituell reiner Waschung, wenn man dann im Traum weißes oder grünes sieht, kann dies positives (für die Sachlage) bedeuten, während schwarzes und rotes negatives bedeuten kann.
Sofern bei der ersten Istiḫāra keine deutlich vernehmbaren Zeichen auftreten, kann man die Istiḫāra wiederholen, in der bereits dargestellten Überlieferung zu Beginn dieses Textes wird erwähnt dass die Istiḫāra wenn nötig 7 mal vollzogen werden kann.
Wenn jemand vor der Unternehmung eines Handels, einer Eheschließung, einer Reise oder ähnliches steht und dabei in Zweifel verfällt, ob dies gut oder schlecht für ihn sein wird, würde er nach Wegen suchen wollen, diese Zweifel und sein Zögern zu beseitigen. Die Istiḫāra ist ein wichtiger Weg aber nicht gänzlich der einzige.
Das Erste was man in diesem Rahmen machen müsste, ist zu untersuchen ob das was man vorhat im Rahmen des Erlaubten steht und den religiösen Tugenden und Bestimmungen entspricht oder nicht. Wenn die Person hier nicht weiter kommt, ist der gesündeste Weg, jemand mit genügend Kompetenz zu konsultieren, ihn um seine Meinung/Rat zu bitten und wenn nötig die Sachlage intensiv zu diskutieren. Wir sprechen hier dann kurz gesagt vom Begriff "Istišāra" (übersetzt bedeutet Istišāra soviel wie Beratung oder Konsultation). Die Person die an der Istišāra teilnimmt müsste erfahren, wissend und zuverlässig sein.
Frage: Es hat sich etwas positives entwickelt (z.B. hier im Sinne einer Eheschließung) und man hat gesagt, vollziehe auch noch die Istiḫāra bevor du 'Ja' sagst. Da ich mir dies selbst nicht zutraute, habe ich eine alte Dame darum gebeten. Am darauf folgenden Morgen begegnete ich Kommentaren die besagten, dass es nicht gut aussieht und ich von meinem Weg abtreten sollte. Bei der Istišāra mit unseren Nächsten wurde jedoch gesagt, es wäre angebracht, es würde passen und es wäre ebenbürtig. So standen wir auch kurz davor 'Ja' zu sagen. Wie sollen wir uns nun verhalten? Sollen wir dem Resultat der Istiḫāra Folge leisten oder dem Resultat der Istišāra?
Zunächst sollten wir die Istiḫāra einer kleinen Analyse unterziehen. Impliziert das was man in ihr sieht ein Ja oder ist es ein Hinweis auf etwas positives, es ist nicht leicht dies zu bestimmen. Es ist in einer Beschaffung, die von der Interpretation abhängig ist.
Das Resultat der Istiḫāra ist nicht bindend. Es gibt keinen Zwang der bescheibt, dass man unbedingt dem Ergebnis der Istiḫāra Folge zu leisten hat.
Eine weitere Frage ist, ob das was man sieht einem teuflischem Einfluss entspringt oder einem göttlichem. Es ist mituner nicht leicht dies zu erahnen. Dafür müsste man über gewisse Kompetenzen verfügen.
Was die Istišāra angeht, so gibt es ein Resultat der umfangreichen Beratung der hierfür kompetenten Leute bzw. Teilnehmer der Istišāra. Dieses Resultat ist auf einer Ebene um der Rationalität, der Logik und der Wissenschaft entgegen zu treten. Somit bleibt nichts übrig als diesem Resultat Folge zu leisten.
Es gibt wichtige Faktoren deren Beibehaltung essenziell sind, für den gesunden Ablauf der Istišāra. Bereits im Qurʾān wird angesprochen, dass die Gläubigen sich bei ihren Angelegenheiten untereinander konsultieren. (vgl. Sura aš-Šūrā 38) Weiter wird dazu ermahnt sich mit entsprechend kompetenten Menschen zu konsultieren und Absprache zu halten, nicht aber etwa mit geistig sowie spirituell fremden Menschen.
O die ihr glaubt, nehmt keine Vertrauten außer von euch. Sie scheuen keine Mühe, euch zu verwirren, und möchten gern, daß ihr in Bedrängnis geratet. Schon wurde aus ihren Mündern Haß offenkundig, aber was ihre Brüste verborgen halten, ist (noch) schwerwiegender. Wir haben euch die Zeichen bereits klargemacht, wenn ihr begreifen wollt. (Sura al-Āl-i ʿimrān 118)
So sehen wir, dass der besonnene Gläubige eine persönliche Angelegenheit nicht willkürlich jedem offenbaren und jedem um Rat fragen sollte. Man muss dabei nämlich kalkulieren, dass während man auf der Suche nach einer helfenden Hand ist, oftmals und mehrmals mit solch einer Person (die einen helfen will) Absprache hält und dadurch evtl. in ein Irrtum verfällt. Denn manche Entscheidungen des Menschen können mitunter sein ganzes Leben beeinflussen und ihn binden, wie etwa die Ausbildung, die Ehe oder der Beruf.
Sofern man vor Beginn eines Projekts nicht alle Faktoren gänzlich und gründlig abwegt, könnte dieses Projekt scheitern, man könnte somit sein ganzes Kapital verlieren. Dies hat entsprechend großen Einfluss auf das materielle sowie spirituelle Leben dieses Menschen.
Um sich vor solch einer Gefahr abzusichern müssen wir den Wert der Istišāra gut verstehen, sie zur Gewohnheit machen und selbst bei kleinsten Entscheidungen erst zur Tat schreiten, nachdem wir jemand erfahrenes und kompetentes konsultiert haben.
Der ehrenwerte Prophet Muḥammad (S.A.S.) der in allen Lebensabschnitten ein perfektes Modell für die Muslime war, beratete sich im Rahmen der Istišāra bezüglich jeder Angelegenheit mit seinen Nächsten und Gefährten, er hörte ihre Ideen an, kam so zu einen Entschluss und schritt dann zur Tat. Obwohl er selbst ein Prophet ist und entsprechend der Empfänger von Überlieferungen ("Waḥiy") war und darüber hinaus scharfsinniger, intelligenter, tiefsinniger und gesünder als alle anderen Menschen denken konnte, wich er nicht von der Istišāra ab. Bei so gut wie allen Belangen (die nicht durch die göttlichen Überlieferungen bereits bestimmt wurden) beruf sich der Prophet mit seinen Gefährten auf die Istišāra. Selbiges empfiehlt der ehrenwerte Prophet auch seiner Gemeinde bzw. allen Muslimen und ermahnt dazu, ohne die Istišāra nicht die jeweilige Sache anzugehen und dass die, die die Istišāra nutzen niemals Reue oder Schaden verspüren werden. (vgl. Tecrid Tercemesi, 4:135) Selbst wenn der Prophet nachweislich Recht behalten würde, weicht er nicht von der Istišāra ab. Dies wird am deutlichsten in der Schlacht von Uḥud im Jahre 625. Zusammen mit der Schlacht von Badr, ein Jahr zuvor bilden diese beiden Geschehnisse einen wichtigen Einschnitt in der Geschichte des Islam, da hier auch viele Gläubige bzw. Gefährten gefallen sind, könnte man grob davon sprechen dass es in diesen beiden Schlachten um das Fortbestehen oder dem Ende des Islams ging. In der Schlacht von Uḥud unterwies der Prophet die Gefährten strategisch darin wie sie sich positionieren sollten und dass sie ihre Position um jeden Preis beibehalten sollten. So verlief die Schlacht zunächst zu Gunsten der Muslime durch die strategisch effektive Positionierung der Gefährten, sie wurden sich jedoch siegessicher und veließen allmählig ihre strategisch wertvolle Position. Dies führte dazu, dass die Gegner sie ausmanövrieren konnten, wodurch eine Niederlage der Muslime zu Stande kam. Letztendlich widersetzten sich die Gefährten den klaren Befehl des Propheten (S.A.S.) was zu dieser Wende führte. Doch selbst zu solch einem Moment positioniert sich der Prophet (S.A.S.) nicht etwa als diktatorischer Führer der Gemeinde und beharrt nicht auf sein Recht. Er fügt sich stattdessen dem Beschluss der Istišāra der Gemeinde und geht sanft mit den reumütigen Gefährten um. Ein überaus wichtiger Vers wird mit diesen Geschehnissen in Verbindung gesetzt;
Durch Erbarmen von Allah bist du mild zu ihnen gewesen; wärst du aber schroff und hartherzig, so würden sie wahrlich rings um dich auseinandergelaufen. So verzeihe ihnen, bitte für sie um Vergebung und ziehe sie in den Angelegenheiten zu Rate. Und wenn du dich entschlossen hast, dann verlasse dich auf Allah! Gewiß, Allah liebt die sich (auf Ihn) Verlassenden. (Sura al-Āl-i ʿImrān 159)
Es geht also weniger darum, Recht zu haben oder die genau richtigen Entscheidungen zu treffen, sondern es geht viel mehr darum, sich der Gemeinde fügen zu können. Denn der Wille Gottes liegt auf der Istišāra und auf dessen Ergebnis.
Dass die Teilnehmer der Istišāra bei der Untersuchung eines Sachverhalts mit ihren Augen sehen, ihrem Wissen beobachten und ihrem Verstand nachdenken, entspricht wohl einer stichfesten und daher erstrebenswerten Herangehensweise. Einer kann sich dabei irren, dem anderen fällt einiges vielleicht nicht. Es ist aber unwahrscheinlich dass alle genau die selben Fehler begehen.
Wichtig ist außerdem dass man bei der Istišāra die jeweilige Sachlage oder Thematik tiefgründig erörtert, d.h. dass der Gedanke jedes einzelnen Teilnehmers sehr wertvoll sein kann und daher erhört werden muss. Keiner sollte daher übergangen werden, dies könnte man sichern indem man z.B. den Beschluss via Votum abschließt somit hat auch jeder die Gelegenheit seine Stimme Kund zu tun.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass man nicht wie in einer Art "Lobbyismus" versucht die Mehrheit zu erlangen oder für sich zu gewinnen. Man sollte stets darum bemüht sein, Das Recht zu finden bzw. empor zu heben und nicht versuchen das Recht auf sich zu übertragen oder in sich selbst wiederzufinden. Wenn alle Teilnehmer neutral mit diesem Verständnis und dieser Sensibilität an die Istišāra herantreten, erwächst hieraus wahrscheinlich die richtige und eine erstrebenswerte Entscheidung.
Ab diesem Punkt, wenn also alles empfohlene getan wurde und alle Möglichkeiten ausgeschöpft wurden, vertraut man sich (bezüglich des Ergebnisses) Gott an und fügt sich dem Ergebnis ("Tawakkul“).
Speziell für die Eheschließung wollen wir abschließend noch folgendes sagen: Eigentlich ist die sicherste Vorkehrung bei solch lebensentscheidenden Schritten, dass die Parteien sich in ihrer wahren Person kennenlernen. Man sollte nicht vorhandene Charakterzüge und Eigenschaften nicht als vorhanden darstellen und sich so später gegenseitig überraschen. Vor allem für die Eheschließung ist dies äußerst wichtig, denn in diesen Belangen sind sich sehr viele Menschen unsicher und vertrauen dann auf die Istiḫāra, die ihnen quasi diese Entscheidung abnehmen sollte. In diesem speziellem Thema ist jedoch Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit gegenüber dem möglichen Partner überaus wichtig und dient zugleich auch der Vorkehrung bzw. dem Abbau von Zweifeln.
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Was ist eigentlich ein verborgener Shirk??
Schirk bedeutet dass man sich auf eine Stufe mit Allah stellt oder dass man sich Eigenschaften und Kräfte zuspricht die nur Allah allein besitzt. Dies kann in offensichtlicher oder verborgener Form geschehen. Die offensichtliche Form ist der Schirk der uns allen bekannt ist. Der Glauben an 3 Gottheiten oder eine Verehrung von Götzen die man auf eine Ebene mit Allah stellt, weil man von ihnen Erlösung erwartet, fällt in diese Kategorie.
Den verborgenen Schirk teilt man wiederum in zwei grundlegende Kategorien ein. Die eine ist, das Vergessen des Wohlwollens Allah's, zugunsten von Popularität und Anerkennung oder wenn man die Befriedigung seiner eigenen Triebseele (nefs) in den Vordergrund stellt. Die andere ist, dass man den Schöpfungen, die eine Aufgabe bei der Enstehung von gewissen Dingen besitzt eine zu große Bedeutung beimisst.
Hinzu kommt noch dass der verborgene Schirk in einer Stufe nochmal verschleiert auftritt jedoch nicht im materiellen Sinne sondern in der Gefühlswelt eines Menschen. Je weiter der Mensch gedanklich und emotional kommt, desto mehr wird dieser Schirk verschleiert.
Einem Grund oder einer Ursache (die in der Kette bei der Enstehung einer Sache ihren Platz haben) zu viel Bedeutung zuzusprechen ist auch ein verborgener Schirk. Während bei der Materialisierung/Realisierung einer Sache, das Recht oder die Wirkung eines Grundes bei 1 liegt, schreiben die Menschen diesem Grund eine Bedeutung von 100 zu, 99 davon fallen bereits in den Bereich des Schirkes. Ein zu großes Vertrauen in die Eigeninitiative (in diesem Sinne auch des nefs) oder dass man alle Schönheiten auch hinsichtlich ihrer Kontrolle sich selbst zuschreibt, ist auch ein verborgener Schirk.
Dazu ein Beispiel: Größe und Macht sowie Glanz und Anerkennung können nur Allah zugeschrieben werden. Falls ein Mensch nun, ihm die von Allah gespendete Mittel wie etwa Macht oder Wissen nutzt, um andere Menschen zu unterdrücken, so will er offensichtlich, die Macht, Größe, Glanz und Anerkennung Allah's nachahmen, somit befindet er sich in einem verborgenen Schirk.
Unser Prophet Rasulûllah (asm.) berichtet über „Felak“; „Ein Kerker der Hölle indem Menschen die nach Macht und Glanz strebten gefangen sein werden und die Hölle selbst, sucht hiervon Schutz und Obhut bei Allah.“ Wie interessant es doch ist, dass etwas was selbst die Hölle beängstigt und zur Flucht verleitet, unsere Triebseele aber in Wallung Sehnsucht stimmt. Allein das, reicht um zu visualisieren, dass unsere Triebseele (nefs) deutlich gefährlicher als die Hölle selbst ist. Wieder ist es jedoch die Triebseele, die uns von dem Verständnis dieser wichtigen Lehre abhält.
Ein anderer Hadith:
„Der, der den Islam als Religion angenommen hat und eine Person aufgrund seines Reichtums Respekt zollt, verliert zwei drittel seiner Religion.“
Im Islam ist das wahre Fundament die Liebe zu Allah. Eine Person zu lieben die ihre Almosensteuer zahlt oder vielerlei schöne Taten verrichtet, ist eine Liebe für Allah, mit dem Wohlwollen Allah's, diese Art von Liebe, würde nicht unter den Radius dieser Hadith fallen. Die Art Liebe, die hier verboten ist, ist ungeachtet von Allah, den Menschen auf eine verachtende oder erniedrigende Weise zu lieben.
Der Islam ist eine monotheistische Religion. Der Besitzer und Schöpfer dieses Universums ist eins. Jede Wohltat kann nur aus seinem Schatz kommen. Islam lehrt dass man wegen dem Licht, nicht der Sonne, wegen dem Korn, nicht dem Kornfeld und wegen dem Reichtum nicht den Reichen gebühren bzw. sich diesen Dingen schuldig fühlen soll. Alles und Jeder ist nur ein Anlaß bzw. ein Grund. Jeder Segen kommt vom Schöpfer der Erde und des Himmels.
Ein armer Gläubiger dem diese Lehre zuteil wurde, würde wenn er eine Reiche Person auf sein Reichtum reduzieren, ihn also nur deswegen liebt als ob er es ist, der ihn versorgt, wird ein Problem mit dem Grundsatz der Einheit Allah's sehen. Ob Arm oder Reich, jeder Mensch ist der Liebe nur würdig wenn er gewisse Tugenden mit bringt wie etwa, Glauben, Ethik, Wissen und Ehrlichkeit. Reichtum allein kann kein ausreichendes Kriterium für Liebe sein.
Und wenn eine reiche Person diese Hadithe liest, sollte er keine Person unter seine Schuld fallen lassen. Er sollte für seine guten Taten und Wohltaten keine besondere Ehrung erwarten. Anderenfalls, sollte es gewiss sein, dass er neben der Würde und Ehre auch mit der Religion seines Gegenüber spielt.
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Ist es falsch Horoskope zu lesen und sich Horoskope zeigen und erklären zu lassen? Inwiefern stimmt was Wahrsager und ähnliches sagen?
heutzutage findet man an in diversen "Ecken und Enden" in nahezu jeder Nachbarschaft, Wahrsager die sich selbst und ihre "Berufung", auf eine vollkommen unangemessene Weise, mit Titeln wie etwa "modern" schmücken. Falls wir sagen würden dass, "nichts den menschlichen Verstand und die menschlichen Emotionen so sehr missbraucht wie die Wahrsagerei" würden wir damit nicht übertreiben.
Zu dieser Thematik hat sich unser Prophet (s.a.s.) mit nur einem Satz geäußert: "Hellseher sind nichts und nichtig." (Müslim, Selam 123) Die Worte derer, die behaupten etwas über die Zukunft zu wissen, sind nur leere Phrasen und dementsprechend bedeutungslos.
Aus der Sicht des Glaubens und der Religion, ist das Aufsuchen von Hellsehern und Horoskopen so abergläubisch und gefährlich, dass Allah bewahre, man den Glauben dadurch verlieren könnte.
Unser Prophet (a.s.m) berichtet uns, zu diesem Thema, mit vielen Hadithen bezüglich der Leute die an Wahrsagerei glauben dass: "Sie, dass was zu Muhammed gesandt wurde, abstreiten, dass sie nicht in den Himmel kommen, und dass sie, obwohl sie nicht daran glauben, es trotzdem taten und deswegen ihr Gebet für 40 Tage nicht akzeptiert wird."
Obwohl diese Hadithe, klar auf die Gefahr hindeuten, ist es dennoch gegeben und schlimm und bedauernswert dass es Menschen gibt, die trotz ihrer Religion und ihrem ständigem Gebet, auf Wahrsagerei setzen und sich an ihren Türen herumtreiben.
Hellseher versuchen über das Unbekannte und die Zukunft sowie den Charakter des Menschen und seine Erwartungen ein Urteil zu fällen. Der Qur`an sagt folgendes dazu: "Er verfugt über die Schlüssel des Verborgenen; niemand kennt sie außer Ihm." (en`am, 6:59)
" Sprich: "Niemand in den Himmeln und auf Erden kennt das Verborgene außer Allah." (Neml, 27:65)
"Sprich: 'Ich sage nicht zu euch: »Bei mir sind Allahs Schätze«, noch kenne ich das Verborgene; auch sage ich nicht zu euch: »Ich bin ein Engel«; ich folge nur dem, was mir offenbart wurde.'" (En´am, 6:50)
Auf die Frage von Cebrail, (a.s.m) "wann das jüngste Gericht stattfinden wird" antwortete unser Prophet (a.s.m) mit folgenden Worten: "Zu diesem Thema, weiß der Befragte nicht mehr als der Fragende." Über das wichtigste Ereignis der Zukunft, das jüngste Gericht, hat unser Prophet (a.s.m) sich so klar ausgedrückt. (Buhari, iman 37)
Da das Wissen über das Unbekannte und die Zukunft einzig bei Allah liegt, dass nicht einmal seine Gesandten hierüber etwas, ohne die Eingebung Allah`s wissen können und da islamische Gelehrte nicht über das Unbekannte und die Zukunft reden werden, sollte man sich die Frage stellen, wo ich einen Wahrsager positionieren kann. Kann ich seiner "Arbeit" überhaupt irgendein Maß an Glaubwürdigkeit zuschreiben?
Die Aussage, "Aber manchmal hat der Wahrsager mit seinen Aussagen Recht" wird von Zeit zu Zeit vernommen. Die selbe Aussage hat seiner Zeit ein Gefährte des Propheten (sahabe) getroffen, aber unser Prophet (a.s.m) hat ihn mit einer schönen Antwort, einen Weg aufgetan. "Dieser Satz gehört den Dschinns an. Ein Dschin schnappt eine Information auf und erzählt sie seinem Freund weiter, wie das Geckakere eines Huhns. Auf diese Weise vermischt er die Information mit hunderten von Lügen."
Ob alle Wahrsager und ähnliches eine Verbindung zu Dschinns haben, ist ein anderes Thema, aber da Wahrsagerei nicht mit der Religion und dem Glauben konform ist und unser Prophet (a.s.m) es ganz klar ablehnt, hat hat es ohne Zweifel einen teuflischen Ansatz.
Dass der Teufel auch ein Dschinn und dementsprechend das Unbekannte sehen und davon berichten kann, ist eine Aussage von Wahrsagern, die damit über das Unbekannte berichten wollen und dabei allem Anschein nach, Spielzeuge in den Händen des Teufels geworden sind.
Die Hadithe geben eine klare Richtlinie vor. Seien es Seher oder Wahrsager, Kartenleger oder selbst Leser von Horoskopen, ungeachtet dessen, welche Namen sie sich geben, reden sie über etwas, was seitens der Religion verboten ist und falls sie Urteile aussprechen, fallen sie alle in die selbe Kategorie. Selbst wenn ihre Aussagen manchmal zutreffen sollte, so geschieht dies einmal, mit hunderten Lügen, die dem zuvor kommen. Hierbei überhaupt von "richtig" zu sprechen ist, degradiert die Bedeutung des Wortes. Es gefährdet den Praktizierenden, den daran Glaubenden und den Konsumierer solcher Praktiken gleichermaßen.
Diese Praktiken, die nichts weiteres als Aberglauben und Märchen sind, haben trotz des Verbotes im Islam, geschichtlich gesehen immer wieder Anklang bei den Menschen gefunden, dabei ist egal ob Osten oder Westen, leider konnten die Menschen, sich dieser schlechten Gewohnheit nicht entledigen.
In der Zeit des Unwissens, also vor der Zeit des Islams, gab es Formen der Hellseherei. Es gab hellseherische Praktiken wie etwa das Zeichnen und Lesen von Linien auf dem Sand, dies hieß "hattü`rreml". Daneben gab es vielerlei Praktiken wie etwa astrologische Wahrsagerei, Wahrsagerei mit Tieropfern, das Lesen von Händen, Teetassen und ähnlichem und noch viele andere rituelle Praktiken.
Wissenschaftler beschreiben Wahrsagerei auch als eine Quelle der Unglücklichkeit. Speziell in interfamliären Problemen oder gar Konflikten, fungiert Wahrsagerei als Anfang diesr Probleme.
Psychologe Prof. Dr. İlhan Yargıç sag z.B.:
"Wahrsager benutzen generell die selben oder ähnliche Aussgen. Die Frau hat Probleme mit ihrem Mann, durch Kommunikation könnte man die Probleme eigentlich beseitigen. Allerdings sagt der Wahrsager dann, dass die Frau verzaubert oder verflucht wurde. Daraufhin hegt die Frau Feindseligkeit gegenüber ihrer ganzen Familie. Obwohl dies eigentlich gar nicht gegeben ist, bewahrheitet sich die Prophezeiung daraufhin und die familiären Bände reißen."
Die Bekenntnisse eines "Mediums" sind sehr interessant:
"Als Hellseheri populär wurde, haben die, die dies als Hobby taten, angefangen es als lukrative Arbeit zu verrichten. Es gibt keinen Unterschied zwischen Gut und Schlecht. Die geistliche Gesundheit des Gesellschaft ist in ernsthafter Gefahr. Denn die Personen von denen man sich Hilfe verspricht, sind oftmals selbst, mit Problemen behaftet. Viele Menschen, die sich mit Wahrsagerei beschäftigen, haben psyschiche Störungen."
Wahrsagerei hat ihren Ursprung im Aberglauben und hat daher absolut nichts mit dem Qur´an oder dem Islam zu tun.
Ein gläubiger Mensch, sollte seine Gedanken, sein Herz und seinen Glauben, mit der Hingabe zu solchen Themen nicht gefährden, sondern daran glauben dass alles in der Kontrolle Allah´s ist, er sollte seinen Schöpfer vertrauen, stets beten, ihn anflehen und seinen Glauben an das Schicksal festigen und stabil halten.
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Was ist der Sinn der Einflüsterungen vom Teufel?
wenn du also sagst: »Was ist der Sinn dessen, dass wir dermaßen durch solche Einflüsterungen, die doch für die Gläubigen so quälend und peinigend sind, geplagt werden?« so lautet die Antwort darauf:
Die Einflüsterungen (des Bösen) sind im Grunde genommen, vorausgesetzt, dass sie nicht überhand nehmen, nicht den Sieg davontragen, ein Anlass zur Wachsamkeit, ein Ansporn zum Studium und ein Fahrzeug zur Ernsthaftigkeit. Sie vertreiben die Gleichgültigkeit und beseitigen den Müßiggang. Darum hat der Allweise in Seiner Vollkommenheit, um uns anzuspornen dem Teufel die Einflüsterungen als Peitsche an diesem Ort der Prüfung, dieser Wettkampfarena, in die Hand gegeben. Er schlägt damit dem Menschen auf den Kopf. Wenn er jedoch allzu lästig und beschwerlich wird, muss man es dem Allweisen Erbarmer klagen und »Ich nehme meine Zuflucht zu Gott vor dem verfluchten Satan!« sagen.
"Bediüzzaman" Said Nursi
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Ist im Islam das Tragen eines Barts Pflicht?
das Tragen des Bartes ist eine wichtige und bedeutende "Sunna"(arabisch: Gewohnheit, bekannte Handlungsweise) des Propheten Muhammeds (s.a.s.).
Jedoch hat kein Gelehrter es als Farz (religiöse Pflicht) ausgelegt und somit die Nichtausübung dieser Handlungsweise als das Verlassen eines Farz expliziert. Imam Ebu Hanefe und Imam Schafi'i vertreten dies bezüglich verschiedene Meinungen. Nach Schafi'i ist der Bart eine Sunna und er bewertet das Rasieren als „tenzihen mekruh“(d.h. verpönt/rituell unerwünscht, aber nicht als verboten eingestuft wird).
Die anderen Rechtsschulen sowie Imam Abu Hanifa bewerten das Rasieren nachdem man einen Bart wachsen ließ als „tahriman makruh“(d.h. schlecht, widerlich und eher dem Verbotenem einzuordnen bzw. dem Verwehrten nahe ist).
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Warum ist der Teufel dem Menschen ein Feind?
die Begierde (im Original „Nafs“ = Trieb, Ego, Gier, selbstsüchtiger Antrieb im Menschen) ist gegenüber den Einflüsterungen des Teufels/Satans ein sensibler Adressat.
In einer Äußerung des Propheten Muhammed (s.a.s.) wird erwähnt, dass im Herzen des Menschen sowohl ein Zentrum für engelhafte Eingebungen als auch eins für die Einflüsterungen des Teufels vorhanden ist. (1)
Im Qur`an ist geschrieben “Satan ist wirklich euer Feind. So betrachtet ihn auch als Feind. Er lädt ja seine Anhänger dazu ein, Gefährten der Feuersglut zu werden“. Sure(35)Al-Fatir, 6
Die Feindseeligkeit des Teufels begann schon beim Propheten Adam. Weil er sich vor Adam nicht verbeugen wollte, wurde ihm die Barmherzigkeit Gottes verwehrt. Deshalb wurde er zum Erzfeind von Adam und seinen Nachkommen. Da das Leben dem Menschen als Prüfung auferlegt wurde, damit er seiner Bestimmung nach seine Fähigkeiten entfalten kann, wurde ihm (dem Teufel) die Erlaubnis gegeben ihn vom rechten Pfad Allahs zu verleiten.
Der Teufel sprach:
"Wie Du mich in die Irre gehen ließest, werde ich ihnen auf Deinem geraden Weg auflauern. Dann will ich von vorn und von hinten, von ihrer Rechten und von ihrer Linken über sie kommen, und Du wirst die Mehrzahl von ihnen undankbar finden." Sure(7)A`raf ,16-17
Zur Gewährleistung der Vormachtstellung gegenüber den Menschen ist dem Teufel jeder Weg und jegliche Einflüsterung rechtens. (2)
Einige werden durch ein Angstgefühl getrieben in seinen Bann gezogen, andere wiederum durch leere Phantasien und der Verblendung das Rechte zu tun in die Irre geleitet oder in einem geistigen Schlafzustand der Unachtsamkeit getäuscht sowie durch Sinnlichkeit verführt.
In einer Hadith (Aussage des Propheten) wurde die Beeinflussung wie folgt beschrieben "So wie das Blutin den Adern des Menschen ständig in Bewegung ist, kann sein Zutragen am menschlichen Körper verglichen werden“. (3)
Gleich zu setzen mit einer Festung, die an ihrer schwachen Stelle erobert wird, versucht der Teufel die Menschen durch ihre Schwächen zu unterwerfen.
Diejenigen, welche sich den Einflüsterungen des Teufels hingeben und seinen Weg folgen, werden zu gehorsamen Sklaven und beauftragten Gefährten des Satans(4) anstatt zu hingebungsvollen Dienern Gottes.
Um das zu verhindern erteilt der alles Wahre umfassende Herrgott den Menschen folgende Ermahnung: „folgt nicht den Fußstapfen Satans; siehe, er ist euch ein offenkundiger Feind. Er empfiehlt euch nur Übles und Schändliches und dass ihr über Allah aussagt, was ihr nicht wisst. "Sure(2)Baqara, 168-169
Quellen:
1-Tirmizi, Tefsir, 2/35
2-Bkz. Beydavi, I, 576
3-Buhari, Bed'ül-halk, 11; Ebu Davud, Savm, 78; Ibnu Mace, Siyam, 65
4-Yazir, I, 584
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Manche Leute behaupten dass die nicht Verrichtung des Pflichtgebetes Gotteslästerung(shirk) gleich kommt und man somit Ungläubig wird. Inwiefern ist das richtig?
anstatt jemanden der sein Gebet nicht verrichtet der Gotteslästerung und Blasphemie zu beschuldigen, sollten man statt dessen in einem angenehmen Gespräch die Bedeutung und Bewandtnis des Gebetes erläutern. Es sollte erläutert werden, dass wenn jemand sein Gebet verrichtet, er zu der Gegenwart seines Schöpfers aufsteigt der ihn zuvor aus dem Nichts erschaffen hat, und zu seinem Gesprächspartner wird. Darüber hinaus sollte erläutert werden dass die Erlangung des Wohlwollens unseres Schöpfers ausschließlich durch die Verrichtung des Gebets erzielt werden kann. Unser Prophet, seine Gefährten und andere Große Persönlichkeiten haben die Menschen immer mit Milde, Sanftheit und Guten Taten zum Gebet ermutigt. Sie haben Abstand davor gehalten die Menschen in Panik zu versetzen und zu beängstigen.
Nach dem Glauben ist die Verrichtung des Pflichtgebetes der aller wichtigste Grundsatz. Aus diesem Grund wird an knapp hundert Stellen im Kuran das Gebet erwähnt. Keinem anderen Gottesdienst wird solch eine große Bedeutung beigemessen. Denn das Gebet ist zwischen dem Gläubigen und seinem Schöpfer
das aller stärkste Band, und der Moment in dem der Gläubige seinem Schöpfer am nahesten ist. Die grosse Gefahr besteht darin, dass jemand der sein Gebet nicht verrichtet dieses Band schwächt, und sich dann inmitten seiner Feinde wie der triebhaften Begierde und den Teufel wiederfindet.
In jedem Vers der vom Gebet handelt, wird der Mensch zur Verrichtung des Gebetes angespornt. Im nachfolgenden die ungefähre Bedeutung einiger Verse: "Die da glauben an das Ungesehene und das Gebet verrichten", "Nur den
wahrlich Gottesfürchtigen fällt das Gebet nicht schwer", "Und die streng auf ihre Gebete achten", "Das Gebet schützt den Menschen vor schlechten Taten und bewahrt ihn davor schlechtes zu sagen", "Sag meinen gläubigen Dienern dass sie ihr Gebet verrichten sollen".
Den selben Tenor kann man auch in den Überlieferungen des Propheten wieder erkennen. Wenn man die Überlieferungen betrachtet die vom Gebet handeln so wird man sehen, dass in diesen immer vom großen Nutzen und Segen des Gebets erzählt wird. Aber was die Drohung in solch Überlieferungen wie "Zwischen dem Menschen und dem Unglauben befindet sich die Unterlassung des Gebets", "Was uns von den Heuchlern trennt ist das Gebet." betrifft, so bezieht sich diese Aussage auf Personen die leugnen dass das Gebet zu den religiösen Pflichten gehört bzw. die Nichtverrichtung des Gebets nicht als Sünde betrachten. Doch für jemanden der anerkennt dass das Gebet zu den uns von Gott auferlegten Pflichten gehört, aber aus Faulheit diese nicht verrichtet, gilt dies nicht als Gotteslästerung bzw. Blasphemie.
In dem Werk 'Reddü'l-Muhtar' von Ibni Abidin steht in dem Kapitel über das Gebet folgendes: "Wer leugnet dass das 5-mal tägliche Gebet Pflicht ist, verlässt den Kreis der Gläubigen. Wer sie hingegen als Pflicht anerkennt, sie aber aus Faulheit nicht verrichtet ist ein Sünder.
D.h. die Nichtverrichtung der Gebete ist eine der großen Sünden. Man sollte jedoch vor Augen haben, dass wer dauerhaft seine Gebete nicht verrichtet, seinen Glauben verschiedenen Risiken aussetzt.
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Wer oder was ist der Teufel? Wen sucht er auf und was suggeriert er wem?
der Teufel ist eine niederträchtige und heimliche Kraft. Wir können uns ihn als sehr schlechte Seele vorstellen. Mit „Teufel“ bezeichnet man die unsichtbaren Seelen, sowie die bösen Kräfte und vor allem aber, den Urvater dieser Art, Satan (Iblis) persönlich. Der Teufel ist aus der Gattung der Dämonen.
Der Qur´an erwähnt die Ausdrücke der „menschlichen Teufel“ und der „dämonischen Teufel“. Menschen, die Zwietracht sähen und andere auf Abwege bringen, verrichten einen teuflischen Dienst. (sie erweisen dem Teufel ihren Dienst) In folgenden Versen berichtet der Qur´an von solchen teuflischen Menschen:
„Und wenn sie mit denen zusammentreffen, die glauben, sagen sie:<< Wir glauben >>; sind sie jedoch allein mit ihren Bonzen, sagen sie:<< Gewiss sind wir mit euch, wir treiben nur Spott >>“ (2; 15)
„Also hatten Wir die Teufel unter den Menschen und den Dschinn jedem Propheten zum Feind gemacht. Sie geben einander prunkende Rede zum Trug…“ (6; 113)
Qur´an Exegeten sind sich darüber einig, dass es neben den dämonischen Teufeln, ebenfalls auch menschliche Teufel gibt.
Der Teufel sucht primär die folgende Art Menschen auf:
• Individuen, die sich selbst und ihre Werke als makellos und Schön betrachten. (8; 49)
• Leugner und Heuchler, welche sich als Gläubige ausgeben, aber dennoch keine Gläubigen sind. (59; 17)
• Personen, die verbotenes genießen. (2; 169)
• Diejenigen Menschen, die bewusst unrecht begehen und sich dabei die Unterstützung vom Teufel erhoffen. (8; 49)
• Hellseher, Wahrsager, Spiritisten und welche, die keine Zuflucht bei Allah ersuchen vor dem Teufel. (15; 18-19)
• Solche, die beherzt sündigen, zur Lüge und üblen Nachrede neigen. (26; 22-23)
• Menschen, die Sonne, Mond, Sterne und andere Naturkräfte vergöttern und anbeten. (27; 75)
• Die, die sich Allah und Seinen Gesandten zum Feind gemacht haben.
• Und solche, die ihren Erschaffer vergessen haben und den uns mit allen mitteln versorgenden Beschützer nicht dienen. (58; 20-21)
• Am liebsten besucht der Teufel die, die Allah in Abrede stellen, sich Ihm gegenüber auflehnend und aufsässig verhalten.
Er wird die Menschen weiterhin überreden in ihrer perversen Sorglosigkeit Tag und Nacht zu verweilen. Er wird bis zu ihrem Tod nicht davon ablassen, sie von der Rechtleitung fernzuhalten.
„Und wenn die Sache entschieden ist, dann wird Satan sprechen:<< Allah verhieß euch eine Verheißung der Wahrheit, ich aber verhieß euch und hielt es euch nicht. Und ich hatte keine Macht über euch, außer dass ich euch rief und ihr gehorchtet mir. So tadelt nicht mich, sondern tadelt euch selber. Ich kann euch nicht helfen, noch könnt ihr mir helfen. Ich habe es schon von mir gewiesen, dass ihr mich (Gott) zur Seite stelltet. >> Den Missetätern wird wahrlich schmerzliche Strafe.“ ( 14; 23)
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Wie kann ich den Islam anderen Menschen / Freunden erzählen?
vorerst einmal sollte man über die Existenz Gottes sprechen. Wenn jemand nicht an einen Gott glaubt, so macht es keinen Sinn, ihnen von Engeln oder vom Schicksal zu erzählen. Man sollte dabei mit genügend Empathie versuchen, eine gemeinsame Basis zur Diskussion zu errichten und sich so auf Augenhöhe begeben. Das schließt viele Faktoren ein, wie z.B. Mimik, Gestik, Wortwahl etc. Desweiteren, kann man solch tiefgehende Diskurse kaum in größeren Runden erörten, besser wäre es mit jenen Personen privat zu sprechen oder zumindest in kleinen Kreisen. Wenn man nun sichergestellt hat, dass der Gesprächspartner ehrlich zuhört und man ihm auf Augenhöhe begegnet so kann man diese Thematik systematisch angehen. Zunächst sollte man die Notwendigkeit eines Gottesglaubens behandeln, dann die notwendige Einheit Gottes erklären und zuletzt schildern, dass wir Menschen einen Propheten und ein Buch brauchen, um den Willen Gottes zu erfahren und ein Medium zu haben, womit wir Gottes Willen erfahren und befragen können. Dies sind die wichtigsten Elemente des islamischen Glaubens, sofern man dies erklären konnte, kann man die Diskussion konkretisieren und auf spezifische Elemente bzw. den Islam im Genauerem betrachten. Anderenfalls, würden die Argumente die man in die Diskussion will unlogisch erscheinen, da diese Elemente wie eine Art Blaukötze aufeinander bauen und sich so stützen.
Hier einige Links zum Thema
http://www.fragenandenislam.com/icerik/gibt-es-beweise-f%C3%BCr-allahs-existenz
http://www.fragenandenislam.com/soru/k%C3%B6nnen-wir-das-wesen-gottes-mit-unserem-verstand-begreifen
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Wird das beten ungültig wenn man unabsichtlich andere Gedanken im Gebet hat oder sollte man das Gebet deshalb wiederholen?
nein, das Gebet wird nicht ungültig. Diese sind Einflüsterungen vom Teufel, welche genau das Ziel verfolgen den aufrichtigen in die Irre zu leiten.
Said Nursi gibt hierzu folgendes Beispiel:
So wie eine Schlange, welche zu uns durch einen Spiegel abgebildet wird, nicht beissen kann, genau so können diese Gedanken (ungewollt) einem Menschen nichts anhaben.
Siehe auch:
http://www.fragenandenislam.com/soru/was-ist-der-sinn-der-einfl%C3%BCsterungen-vom-teufel
http://www.fragenandenislam.com/soru/warum-bzw-wie-lassen-wir-menschen-uns-glaubensangelegenheiten-t%C3%A4uschen
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Warum bzw. wie lassen wir Menschen uns in Glaubensangelegenheiten täuschen?
schon seit Anbeginn der Menschheit existieren zwei zueinander gegensätzliche Wege (Geisteshaltungen), die sich bis heute unvereinbar konträr weiter entwickelt haben. Es nahm seinen Anfang mit dem ersten Menschen Adam (a.s.) und wird bis zum jüngsten Tag so seinen Verlauf haben. Eines dieser Wege ist der rechtgeleitete Glaubensweg, wo hingegen der andere Weg ein Weg des Unglaubens und der Verwirrung ist. Betrachten wir diese Geisteshaltungen mal ganz Objektiv, also ehrlich und gewissenhaft, so werden wir feststellen, dass alle Schönheiten, das Gute und die Tadellosigkeit, sowie Wohlbehagen und Glückseligkeit auf dem Glaubensweg vorzufinden sind. Während hingegen Scheußlichkeit, Schlechtigkeit, Zerstörung, Unrecht und Missbrauch auf dem Pfad des Unglaubens anzutreffen sind.
Diese in der Außenwelt vorhandene Polarisierung und Gegensätzlichkeit, kommt ebenfalls auch in der Gefühlswelt der Menschen in Form emotionaler Kontroversen zum Vorschein. Während das Herz, der Verstand und das Gewissen eines Menschen ihn zum Glauben (an den Einen Gott) anspornen, wird dieser wiederum von seinem Ego, seinen Gefühlen, Begierden und Wahn zur Leugnung dessen getrieben. Die Innenwelt (Psyche, Seele) des Menschen ist somit eine immerwährende Bühne dieser Meinungsverschiedenheiten. Je nach dem, welcher dieser Sinnesrichtungen dominiert, wendet sich der Mensch dieser zu und beginnt dessen Weg zu bewandern. Nachstehend werden die relevantesten Gründe erwähnt, die einen Menschen zur mentalen Abart anhalten und im Weiteren verlauf zum Unglauben führen.
1. Unwissenheit
Seit der Historie bis zum heutigen Tage ist die Unwissenheit an oberster Stelle der Ursächlichkeiten die einen Menschen zum Unglauben führen. Selbst bei einem Wissenschaftler, der nicht an die Existenz seines Schöpfers glaubt, ist die Unwissenheit der Hauptgrund für seine Gottlosigkeit. Die hier gemeinte Unwissenheit bezieht sich primär auf die beschränkte und oberflächliche Denkweise, in der das tiefgründige Nachsinnen über die Entstehung der Materie ausbleibt. Eines der Gründe für die Unwissenheit ist die unüberlegte Ahnentreue und blinde Nachahmung der Stammväter. Diese unbedachte Ahnentreue samt den irrsinnigen Glaubensansichten der Vorfahren innerhalb der Volksgemeinschaften, stellten für die Gesandten Gottes nahezu unbezwingbare Hindernisse dar. Fast jeder Prophet hatte bei seiner Berufung, seine Volksgemeinschaft zum Glauben an den Einen Gott einzuladen, mit solchen mächtigen Beeinflussungen zu kämpfen. Im edlen Qur´an ist dieser Sachverhalt ausgedehnt thematisiert und deren Falschheit betont.
„Und wahrlich, dem Abraham gewährten Wir bereits zuvor Rechtleitung; denn Wir kannten ihn wohl. Als er zu seinem Vater und seinem Volke sprach: "Was sind das für Bildnisse, die ihr da verehrt?", Sagten sie: "Wir fanden, dass bereits unsere Väter sie verehrten." Er sprach: "In der Tat, ihr und euere Väter seid in offenkundigem Irrtum." (21,52-54)
„Ihre Gesandten sprachen: "Gibt es etwa einen Zweifel an Allah, dem Schöpfer der Himmel und der Erde? Er ruft euch (in der Absicht), euch eure Sünden zu vergeben und euch bis zu einem bestimmten Termin Aufschub zu gewähren." Sie aber antworteten: "Ihr seid nur Menschen wie wir. Ihr wollt uns von dem abwendig machen, was unsere Väter verehrten. Bringt uns einen deutlichen Beweis!" (14,10)
2. Selbstherrlichkeit und Stolz (Hochmut)
Der zweitwichtigste Grund dafür, dass die Menschen nicht zum Glauben finden ist die Überheblichkeit. Dieser schlechte Charakter hatte bereits den Satan zu jener Zeit vom rechten Weg in die Irre geleitet und ihn somit von der Barmherzigkeit Gottes ausgeschlossen. Stolz ist Vermessenheit und das Gefühl sich anderen gegenüber zu erhöhen. Das Gefühl von Stolz und ihr eigentlicher Platz gehören dem Gläubigen, der im Namen Gottes allen Ungläubigen und Leugnern gegenüber erhaben, stark und sicher ist. Dem Gottgläubigen, der bemüht ist die Ehre und die Achtung des Glaubens und des Gläubigen zu wahren und (außer vor Allah) sich vor niemanden beugt.
Jedoch aus Unachtsamkeit und Sorglosigkeitsgründen (Falschanwendung) kann dieses Gefühl die Menschen vom rechten Weg abbringen und zum offenkundigen Feind Gottes und Seines Propheten (sav) erklären. König Nimrod und der Pharao waren so voller Stolz und Selbstherrlichkeit, dass ihre Überheblichkeit sie dazu angehalten hatte sich als Gott verehren zu lassen, wodurch sie sich mit Allah gleichsetzten, bzw. sich Ihm gegenüber überlegen dachten. Genauso auch die Anmaßung von Ebu Cehil (Abu Djehl), dem Onkel des ehrenwerten Propheten Muhammad (sav), die ihn antrieb zu denken, dass er etwas Besseres sei als sein Neffe (sav). Die Geschichte lehrt uns abermals wozu diese schlechten Tugenden führen und wie sie letztlich enden.
3. Fehldeutung der Gefühle
Ein weiterer bedeutsamer Grund, der einen Menschen in die Irre und folglich zum Unglauben führen kann, ist die Fehleinschätzung von Emotionen. Das Interpretieren von Gefühlen ist mit der Lichtbrechung durch Wasser zu vergleichen. So, wie die Lichtstrahlen beim auftreten auf die Wasseroberfläche gebrochen und ab- und umgelenkt werden und dadurch Gegenstände im Wasser unscharf und oder versetzt wahrgenommen werden, genauso ist das auch mit den Empfindungen. Dementsprechend zu urteilen und zu handeln wäre nicht rational. Es gibt sehr viele Gründe, die einen Menschen zur Abkehr von Gott und somit zum Unglauben führen. Einige der wichtigsten sind nachfolgend aufgelistet:
a) Sich immerwährend mit materiellen (weltlichen) Angelegenheiten zu Beschäftigen entfernt einen Menschen von der Spiritualität und führt dazu, dass dieser im Verlauf gegenüber Glaubenswahrheiten kein Verständnis mehr hervorbringen kann.
b) Gott mit seinen erschaffenen Geschöpfen zu vergleichen ist ein weiterer wichtiger Grund, der zur Täuschung und somit zur Leugnung führt. Gott ist der Erschaffer des Universums. Wir alle und alles seiende sind seine Geschöpfe und sein Eigentum. So wie ein Künstler niemals seinem Kunstwerk gleicht, genauso auch entspricht keinesfalls der Allmächtige Gott als Meister dieses Universums irgendeinem seiner erschaffenen Geschöpfe.
c) Aufgrund der Komplexität und der Unbegreifbarkeit einiger Bereiche des Glaubens diesen zu verneinen. Das Wissen um die Existenz eines Objektes oder Gegenstandes besagt nicht, dass man das Objekt oder den Gegenstand und seine Beschaffenheit kennt. Im Universum gibt es sehr viele Dinge, um deren Existenz wir bescheid wissen, aber dessen Wesen und Beschaffenheit uns noch fremd sind. So wie unsere Unkenntnis keinen Grund darstellt diese existierenden Objekte zu Leugnen, genauso ist es auch für uns kein Anlass aufgrund unserer Unkenntnis die Existenz Gottes, der Seiner Engel, die des Paradieses und der Hölle zu dementieren.
d) Des Weiteren sind die Ungläubigen in der Überzahl. Obendrein sind viele Ungläubige im Geiste Verbündet, weil ihre Argumente gegen Gott und den Glauben fast identisch sind. Viele Menschen orientieren sich nach der Mehrheit (Herdenverhalten), obwohl die Richtigkeit und die Bedeutung einer Sache nicht in der Vielzahl liegt. Jeder weiß zwischen Qualität und Quantität zu unterscheiden mit Lehrsprüchen, wie z.B.: „Klasse statt Masse“. Wenn die Herrschaft nach der Mehrheit gelten würde, dann müssten die Tiere das Sagen haben weil sie im Vergleich zum Menschen in der Mehrzahl sind. Die Realität lehrt uns, dass der Mensch über allen anderen Lebewesen steht und das bestimmt nicht wegen ihrer Mehrzahl.
e) Ein weiterer Grund ist der Stolz, der einen nicht erlaubt einen Wissenden zu kontaktieren. Bei einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung bezüglich einer Thematik besitzt die Meinung von Leuten die nicht vom Fachbereich sind überhaupt keine Wertigkeit. Also ersucht man Hilfe bei einem Experten, der in der Materie sehr bewandert ist. z.B.: Ein Ingenieur und ein Naturwissenschaftler debattieren über ein medizinisches Problem. Da beide nicht vom Fach sind besitzen ihre Urteile diesbezüglich keine Wertigkeit, auch wenn sie in ihren Fachbereichen sehr professionell sind. Sie sind gezwungen einen Mediziner zu konsultieren, sei es auch nur ein Medizin Student. Die Aussage, bzw. Diagnose des Medizin Studenten hat im Hinblick auf diese Angelegenheit mehr gewicht, als die des Ingenieurs und des Naturwissenschaftlers. Dieses Beispiel gilt ebenfalls für die mentale Welt. Demgemäß ist die Aussagekraft eines permanent weltlich orientierten Gottvergessenen Menschen in Bezug auf die Existenz Gottes ungenügender als die eines spirituellen Gottgläubigen frommen Menschen. In der Regel gibt es sehr wenige Menschen, die sich ausgiebig mit dem Glauben/Religion auseinandergesetzt haben und schlussendlich nicht gläubig sind. Die Meisten Leute, die die Gegenwart Gottes dementieren, haben nie nach Gott gesucht, bzw. Ihn nie in form von Gebeten gerufen. Somit können wir sagen, dass die Leugnung Gottes seitens Ungläubiger, also Menschen ohne Glaubenspraxis, in Angesicht der Wirklichkeit überhaupt keine Gewichtung besitzt und somit keine Orientierung bietet. Laut islamischen Quellen gab es seit Anbeginn der Menschheit etwa 124 Tausend Propheten und Abermillionen glaubensgelehrte Heilige und Geistliche, die in Glaubensthemen sehr bewandert waren und noch sind. In Glaubensangelegenheiten gelten deren Erklärungen.
4. Den Sünden untertänig sein
Jede begangene Sünde lädiert das Herz und die Seele eines Menschen, wodurch diese verkrusten und das Glaubenslicht eintrübt. Beharrt ein Mensch auf seinen Sünden, so schwärzt und verhärtet sich sein Herz und seine Seele so enorm, dass gar kein Glaubenslicht mehr vom Herzen und der Seele aufgenommen, bzw. reflektiert werden kann. Aus dieser Sicht beinhaltet jede Sünde ein Pfad zur Verdammnis. Wenn die begangenen Sünden nicht umgehend durch Aussöhnung geläutert werden, wird das Herz und die Seele ganz umschwärzt und ummantelt, somit wird jeder mögliche Weg zur Rechtleitung/Gottglauben ausradiert.
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Wie können wir unser niederes Ego (Nefs) mäßigen? Wie können wir den verführerischen Überlistungen des Teufels widerstehen?
es ist unverkennbar, dass das niedere Ego (Nafs) der Erziehung bedarf um nicht in Irrtümer zu verfallen. Das Wichtigste in der Selbsterziehung ist immerwährend gegen sein niederes Ego entgegenzuarbeiten. Mawlana Djalaladdin Rumi äußerte folgende Worte bezüglich dieser Thematik:„Lasst uns demonstrieren und es verjagen, dieses dunkle Angesicht, dieses schlechtartige Ego, lasst es uns zerstören! Jedoch ist dieser Kampf sehr schwierig; denn eine Götzenfigur zu zerbrechen ist einfach, das Ego zu erziehen hingegen als ein leichtes zu betrachten ist Unwissenheit in größter Form.“
Aus diesem Grund ist es auch erforderlich einen gesunden und beständigen Willen zu besitzen, um einen lebenslangen und niemals endenden Widerstand gegen das Ego überhaupt führen und bestenfalls gewinnen zu können. Um eine mögliche und realistische Chance gegenüber seinem niedern Ego zu haben, bedingt es die Folgenden Punkte zu beachten:
1. Nichtbeachtung seines niederen Egos (Nafs)
Das Nafs ist das niedere Ego, welches einen Menschen zu jeglichen Verruchtheiten verleitet und anregt das Unrichtige zu tun. Es wird oft und gerne als die rechte Hand des Teufels im Menschenwesen gesehen. Um sein niederes Ego disziplinieren zu können ist es strengstens erforderlich nicht auf dessen Verlangen zu reagieren. Dies ist die schnellste und effektivste Art sich von den Schlechtigkeiten seines Egos zu wahren und Es zu erziehen. Mevlana empfiehlt von dessen Gelüsten abzusehen und dessen Begierden auszublenden, um nicht in Sünden zu versinken. Somit sei laut Mevlana vielen Widerwärtigkeiten vorgebeugt.
2. Den Willen festigen
Ein Mensch sollte den trügerischen Begehrlichkeiten seines niederen Egos entgegenwirken. Um dessen Unheil bringende Begehre abzubremsen, bedarf es einem starken Willen. Des Weiteren sollte man sein niederes Ego nicht unterstützen, in dem man auf seine Verlange blind folge leistet. Man sollte drauf beharren das Schlechte zu unterlassen. Mevlana vergleicht das Eigenbewusstsein eines Menschen mit einer Kerze, die es vor den vielen Naturgewalten mit einem Schutzwall (starken Willen) zu beschützen gilt. Das Ego verleitet Einen zum Falschen und manchmal weiß man nicht mehr zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. In solchen Situationen sollte man nicht auf seine Triebe (welche einen vom Rechten Weg abbringen könnten) Acht geben, sondern sich zum ehrlichen und aufrichtigem Handeln bemühen. Man sollte sich stets fordern das Richtige zu akzeptieren und sich vorschreiben das Gute zu befolgen, was einen letztendlich vor den meisten Falschheiten bewahren wird. Ein Mensch, der sich selbst nicht erzieht und seinen Willen nicht aktiv zur Abwehr von Schlechtigkeiten trimmt, der begibt sich in einen Teufelskreis der Irrtümer, in dem er dann zum darin verweilen verdammt ist.
„…wenn im Inneren keine Akzeptanz und Einsicht besteht, nutzen tausend mahnende Worte nichts. Wenn zum Beispiel ein Baum von Innen nicht mehr feucht ist, dann nützt es ebenfalls nichts, wenn man ihn von Außen mit tausenden Litern Wasser übergießt…wenn die gesamte Welt mit Licht durchflutet wäre, aber im geistigen Auge des Betrachters keine Erleuchtung ist, wird er zu keiner Zeit das Licht zu sehen bekommen…“
3. Geduldig sein
Um sich nicht durch die Zuflüsterungen seines Egos vom Rechten Pfad zu entfernen bedarf es der Geduld während seiner Erziehung. Mevlana sagt: „Es beansprucht die Geduld auf diesem Weg, welche die Erschwernis erdulden muss.“ Denn Geduld ist ein Balsam das Abhilfe schafft. Sie ist der Schlüssel zur Größe. Eine Tugend, die einen schnell an seine ersehnten Ziele führt. „Wenn Du bei jeder Strapaze, bei jeder Mühsal erzürnst und hasst, wie willst Du dann glänzen und reflektieren?“, äußert sich Mevlana und betont sich als Mensch unbeirrt auf das Gute, Schöne und Richtige zu konzentrieren. Es gebietet die Geduld zu wahren, sich daraufhin fortzubilden und dahinzureifen. Mevlana sagt, „Resolute (Willensstarke) Menschen schmachten nach Geduld, sie mögen es Geduld geduldig zu sein.“ Damit meint Mevlana, dass das niedere Ego (Nafs) hastig ist und ununterbrochen alles Genüssliche sofort erhaschen will. Gegenteilige Charaktereigenschaften, die das Gute begründen sind Geduld, Bedachtsamkeit und Weitsichtigkeit. Erst das Ignorieren der Eigenwilligkeiten seines niederen Egos ermöglicht einem Menschen Tugenden wie die Weitherzigkeit, Toleranz und Sanftmut in seinem Wesen zu entdecken und zu fördern. Geduld ist die elementarste Grundlage dieser Charaktereigenschaften, welche einen Menschen noch authentischer, liebenswürdiger und nachahmenswerter machen. Strenge, Verständnislosigkeit und Widerspenstigkeit sind hingegen fast allen Menschen ein Groll.
4. Sich von seiner Ichbezogenheit lösen
Ein weiteres wichtiges Hilfsmittel bei der Zurechtweisung seines niederen Egos ist die Aufgabe seiner Selbstverherrlichung. Abstand nehmen vom Stolz und der Strebsamkeit sich in den Vordergrund zu drängen. Des Weiteren gilt es etwas von seinem hochgestochenen Selbstvertrauen aufzuopfern und dieses in Gottvertrauen umzuwandeln, also Allah in seinem Vorhabe nicht außen vor zu lassen. Mevlana sagt, dass es eine falsche Bescheidenheit ist, wenn Gebildete Menschen das ständige Bestreben haben sich behaupten und präsentieren zu müssen. Sie geraten dadurch nur in unnötige Ablenkungen, die sie in ihrer Selbstsucht bestätigen und vertiefen, wodurch ihnen keine Zeit bleibt für die Selbstkritik und die Selbsterkenntnis. Sie rauben sich selber ihre wertvolle Zeit und empfinden ihre eigenen Fehler als Standartabeichungen, wohingegen die Fehler anderer als anormal angesehen werden.
5. Selbstprüfungen durchführen, sich selbst zur Rechenschaft ziehen
Das aller wichtigste bei der Belehrung seines niederen Egos und der Abwehr von Irrtümern ist die Selbstkontrolle. Das sich selbst befragen, ob man etwas falsch gemacht hat oder jemandem Unrecht zugefügt hat, sei es durch ein unüberlegtes Wort und oder einer Tat. Die regelmäßige Selbstbeobachtung, ob man sich vielleicht doch in die falsche Richtung entwickelt, als man es sich ursprünglich vorgenommen hatte. Das Bemühen seine Fehler zu erkennen und rechtzeitig zu beheben, bevor diese zu einer Gewohnheit und somit auch zu einer unablässigen Geisteshaltung werden. Sein niederes Ego (Nafs) vor der Wahrheit zu beugen und Es ihr anzugleichen. Diese und ähnliche Verhalten kombiniert mit einer Portion Geduld wehren Schlechtigkeiten ab und führen einen direkt auf den geraden Weg zum Guten, Besseren und Gottesfürchtigeren Leben, was den wirklichen und immerwährenden Erfolg ausmacht. Sich selbst vor sich selber öffnen und sich selber anhören, also seinen Verstand zur Kontrolle und Beobachtung seines Selbst nutzen, ist der Anbeginn zum wirklich Guten. Es ist nichts Verwerfliches seine Geheimnisse vor Anderen zu wahren, allerdings ist es schon verwunderlich, dass man es sogar vor sich selbst verheimlicht. Bevor wir andere Leute um ihre Fehler und Sündhaftigkeiten bemitleiden, sollten wir zunächst uns selbst um unsere Untugenden und Laster bedauern. „O du mein andere Leute beweinendes Auge, komm’ und weile einen Augenblick und trauere um deiner selbst.“ Die Erziehung seines niederen Egos beginnt mit der Erkenntnis seiner eigenen Untugenden.
6. Geisteskraft
Zu der Erziehung seines niederen Egos gehört ebenfalls das Wissen, dass seinerseits überwiegend Schlechtigkeiten herrühren. Damit man die Wahrheiten und die Weisheiten Gottes erkennen kann, sollte man laut der Philosophie Mevlana’s seine eigene Geisteskraft erkennen und entwickeln. Gegenüber den Verleitungen seines niederen Egos überlegen sein zu können sollte man sich regelmäßig mit seinem gesamten Wesen Allah zuwenden und Ihn um Seine Unterstützung bitten. Jemand der ernsthaft Allah anfleht und Ihn aufrichtig um Schutz vor den Einflüsterungen des Teufels und der seines niederen Egos bittet wird ganz gewiss Hilfe bekommen. Allah wird ihn in Seine Obhut nehmen, ihn beschützen und ihn kräftigen, so dass Beschwerlichkeiten ihm leichter vorkommen.
Der Mensch ist täglich sehr vielen Unwahrheiten und Täuschungen gegenübergestellt. Grundsätzlich ist fast jeder Mensch sich seiner Fehler, Untugenden und Laster im groben bewusst. Das Wesentliche jedoch ist es diese Fehler nach ihrer Erkennung zu korrigieren. Um diesen seelischen Heilungsprozess überhaupt Angehen zu können ist es unabdingbar sein niederes Ego (Nafs) und dessen Genusslust zu beherrschen. Mit dem Begriff „Genusslust“ ist nicht nur das Speisen von Leckereien gemeint, sondern auch das Genießen von Unsittlichkeiten, sowie seelischen und oder körperlichen Hartherzigkeiten. Daher ist es für jeden einzelnen Gottgläubigen Menschen notwendig sich und sein Ego kennen zu lernen und es heranzubilden. Der kürzeste Weg hierbei ist es seiner Begierde und seinen Lüsternheiten zu widerstehen und nicht auf sein niederes Ego hereinzufallen. Eine Abgewöhnung seiner verderblichen Leidenschaften und die Einordnung von förderlichen Regsamkeiten. Die Erziehung seines niederen Egos ist sehr langwierig und umfangreich, was wirklich sehr viel Geduld und Kraft anfordert. Das niedere Ego ist zu vergleichen mit einem Kleinkind, dass alles was es sieht haben will, ohne zu wissen und ohne zu überlegen ob es gut oder schlecht für einen ist. Weil es nicht vorausschauend ist, kann es die Resultate und die möglichen Konsequenzen seiner Maßlosigkeit nicht ersehen und begreifen. Genauso wie ein Kleinkind Werte und Normen beigebracht bekommen sollte, so sollte jeder Gläubige (Mensch) auch seinem niederen Ego Werte und Normen beibringen. Daher ist die Schulung seines niederen Egos (Nafs) mindestens genauso notwendig, wie die Anlernung von kleinen Kindern, damit ihre Zwanglosigkeit (Natürlichkeit) sie selbst und andere nicht in unwiderrufbare Unglücke stürzt, sowohl im Dies- als auch im Jenseits.
„Wer sich selbst nicht erziehen kann, der vermag keineswegs andere zu erziehen.“
(Bediuzzaman Said Nursi)
Quellen:
Mevlânâ, Macâlis-i Seb’a (Yedi Meclis), , Konya, 1965, s. 54; Mevlânâ, Mesnevî, , M.E.B. Yay., Istanbul, 1991, C. i, s.62, B.778) Mevlânâ, Dîvân, C. VII, s. 626, B. 8336; Mevlânâ, Dîvân, C. V, s. 408, B. 5425.; Mevlânâ, Fîhi Mâ Fîh, s. 88-89.; Mevlânâ, Mesnevî, C. IV, s. 38, B. 466.; Mevlânâ, a.g.e. , C. II, s. 391, B. 4913; C. I, s. 150-151, B. 1841. 1846, ;1854.; Mevlânâ, a.g.e. C. I, s. 290, B. 2980.; Mevlânâ, a.g.e. C. I, s. 128, B. 1601.; Mevlânâ, Fîhi Mâ Fîh, s. 9.; Fîhi Mâ Fîh, s. 28-29.; Fîhi Mâ Fîh, s. 37.; Mevlânâ, a.g.e. C. II, s. 37, B. 479.;
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Warum Ramadan, warum Fasten?
Der Ramadan ist ein spezieller Monat des Gottesdienstes im Jahr, in welchem uns das Fasten befohlen wird, welches gleichzeitig eines der Grundbausteine des Islams ausbildet. So wie das Fasten nichts Schlechtes für den Körper bewirktist es auch ein Gottesdienst mit unzähligen Vorteilen wie etwa die Steigerung des Bewusstseins ein Diener Gottes zu sein, die bessere Wahrnehmung der Gnadengaben Gottes, das Dsziplinieren der Triebe oder die Steigerung der Empathie für die sozial schwächer gestellten unserer Gesellschaft. Manche dieser Gesichtspunkte wollen wir nun unter den jeweiligen Überschriften näher beleuchten;
Fasten im Hinblick auf das Wahrnehmen der Gnadengaben Gottes
Gott hat die Welt in Form eines gedeckten Tisches mitsamt unzähligen Gaben geschaffen. Die Gaben auf diesem Tisch hat Gott um den wertvollsten Gast im Kosmos, den Menschen herum geschaffen. Diese Gaben wurden aus “unerwarteten Stellen” (vgl. Sura aṭ-Ṭalaq 65/3) dem Menschen zur Nutzung präsentiert.
Ein giftiges Insekt, die Biene produziert viel mehr Honig als es braucht und bereitet es somit mit der Eıngebung Gottes für den Menschen vor, während ein anderes Insekt, die Seidenraupe Blätter frisst und mit der Eıngebung Gottes Seide für den Menschen produziert. Gott hat auf diese Weise die sämtliche Schöpfung dem Menschen dienlich gemacht, damit dieser die allseitige und immerwährende Versorgung Gottes versteht.
Die Menschen schreiben allerdings zumeist diese Gaben unter dem Mantel der Unachtsamkeit und der den Sinnen vordergründigen Warhnehmung der materiellen Enstehungsgründen den jeweiligen Gründen (der Entstehung) zu ohne dabei die Verbindung zu Gott herzustellen und vernehmen die Gnadengabe Gottes somit nicht wirklich.
Im heiligen Monat des Ramadans warten alle Muslime wie eingeladene Gäste des versorgenden Gottes bis zum Abend auf die festvolle Speisung und dem Befehl Gottes “sich zu Tisch zu setzen”. Während dieser Wartezeit distanziert sich der Mensch von Speisen und Trank sowie von geschlechtlichen Gelüsten und zeigt quasi eine Haltung als Diener Gottes die einem Engel gleicht. So vernehmen bzw. verstehen die Menschen die oben genannten und weitere nicht genannte Gaben und sie bemühen sich ihre Dankbarkeit gegenüber diesen Gaben von denen sie gemerkt haben, wie wertvoll sie sind, auszudrücken. Sämtliche Menschen auf der Welt formen sich quasi zu einer gewaltigen Armee und gehen einen großen und allumfassenden Gottesdienst ein, indem sie zusammen essen und trinken.
Würde denn ein Mensch sich seiner Bezeichnung noch würdig erweisen, wenn er in diesem heiligen Monat des Gottesdienstes es bevorzugt wie ein Tier weiterhin zu essen und zu trinken während er wie die Engel einen ehrenvollen Rang im Gottesdienst hätte erreichen können?
Fasten im Hinblick auf den Ausdruck der Dankbarkeit
Eine der Weisheiten des Fastens im Ramadan ist es die Gaben Gottes zu verstehen und seine Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen.
Die Gaben erreichen uns mit verschiedensten Ursachen bzw. Mitteln. Denken wir an die Enstehung eines Apfels. Bevor der Apfel uns erreicht durchläuf er verschiedenste Schritte, vom Baum stammt er, vom Baum fällt er, dort wird er aufgesammelt und vom jeweiligen Händler verkauft.
Wir schreiben diese Gaben zumeist diesen Enstehungsgründen zu und sehen Gott als den wahren Besitzer der Gaben nicht. Statt unseren Dank gegenüber Gott der dem Dank würdig ist auszudrücken, bedanken wir uns bei der Person die uns den Apfel bringt.
Für diesen Apfel hat im Hintergrund allerdings der ganze Kosmos gearbeitet. Denn für diesen Apfel brauchten wir die Sonne und eine sich drehende Erde. Wir brauchten ein Klima. Der leblose, farblose, geschmacklose und geruchlose Samen formt sich zu einer lebendigen, farbenfrohen, geschmackvollen und wohlriechenden Frucht. Wir sehen somit, dass die Geschöpfe arbeiten, so als ob sie ein Bewusstsein hätten und zeigen uns das Wissen, den Willen und die Allmacht Gottes auf.
Wir können uns den Zustand einer Person die den Ursachen mit denen die Gabe Gottes kommt den eigentlichen Wert zuschreiben und so den Besitzer der Gaben nicht erkennen folgendermaßen vor Augen führen:
Nehmen wir an ein König schickt uns stellvertretend mit seinen Bediensteten einige Geschenke. Wäre es denkbar unseren Dank gänzlich diesem Bediensteten zu erbringen und den König einfach zu ignorieren?
Entsprechend diesem Beispiels sind die Ursachen mit denen bzw. durch die, die Gaben uns erreichen lediglich so etwas wie stellvertretende Bedienstete. Der wahre Besitzer ist Gott der Allmächtige. Gott will entgegen dieser Gnadengaben die Dankbarkeit des Menschen. Diese Dankbarkeit wird eben ausgedrückt durch das Rückbeziehen der Gaben zu Gott, sie direkt von Gott kommend zu sehen, über den Wert der Gaben zu sinnen und zu vernehmen bzw. zu verspüren, wie sehr wir diese Gaben brauchen.
Der heilige Monat des Ramadan ist ein Schlüssel zur wahrhaftigen und reinherzigen Dankbarkeit. Unter normalen Umständen ohne Zwang, würden viele Menschen einen wahrhaftigen Hunger und eine Bedürftigkeit gar nicht erst verspüren. Ohne den Hunger und die Bedürftigkeit versteht man nunmal nicht wirklich den Wert der Gaben. Ein satter und vor allem ein reicher Mann würde den Wert von trockenem Brot nicht erkennen und wissen können.
Wenn der Muslim aber das Fasten bricht und sich zu Tisch setzen kann, vernimmt er den Genuss dieses trockenen Brots und nimmt das Brot als eine überaus wertvolle Gabe Gottes wahr. Vom Reichsten bis hin zum Ärmsten, nimmt jeder im ehrenvollen Ramadan den Wert dieser Gaben wahr und drückt somit seine Dankbarkeit gegenüber Gott aus.
So wie es tagsüber verboten ist zu essen und zu trinken nimmt er die Gabe als solche wahr, da er innerlich sagt “Diese Gaben gehören mir nicht. Ich bin nicht frei in ihrer Eınnahme. Sie sind also das Eigentum und die Darbietung eines Anderen. Ich warte auf sein Befehl.” Auf diese Weise verkommt das Fasten aus verschiedensten Gesichtspunkten zum Schlüssel zur Dankbarkeit, welches mitunter die eigentliche Aufgabe des Menschen hier auf der Welt ist.
Fasten im Hinblick auf die positive Wirkung für die Gesellschaft
Einer der Weisheiten warum das Fasten uns befohlen wird ist es, das Fasten als ein Mittel zu nutzen um die verschiedenen sozialen Klassen näher zueinander zu bringen und ihnen zu helfen gegenseitig die Lebenswirklichkeit der anderen Menschen zu realisieren. Die Lebensumstände der Menschen können sehr unterschiedlich ausfallen. Manche sind wohlhabend und manche haben weitaus weniger. Gott lädt aufgrund dieser Unterschiede die Wohlhabenden durch die Almosensteuern und die Abgaben zur Hilfe und zum Beistand ein. Die Wohlhabenden verstehen jedoch die bitteren Lebensumstände, den Hunger und die Bedürftigkeit der Armen unter normalen Umständen nicht. Erst durch das Fasten im Ramadan kommen sie dem näher und fühlen dies. Wenn es das Fasten nicht gäbe würden die überaus Wohlhabenden die nichts anderes als sich selbst sehen und bedenken, nicht gänzlich verstehen wie schlimm es ist hungernd und bedürftig zu sein und wie sehr diese Menschen auf Hilfe angewiesen sind.
Dass der Mensch seines Gleichen gegenüber Barmherzigkeit zeigt ist essenziel für die wahrhaftige Dankbarkeit gegenüber Gott. Jede Person ist in der Lage einen Bedürftigeren als sich selbst zu finden. Ihn obliegt es gegenüber dieser Person Barmherzigkeit walten zu lassen. Wenn es den Zwang nicht gäbe durch das Fasten sich selbst und seiner Triebseele den Hunger zu lehren, wären wir nicht in der Lage den Menschen bezüglich derer es uns obliegt Barmherzigkeit walten zu lassen zu helfen. Zumindest wäre diese Hilfe zu einem anderen Zeitpunkt nicht so effektiv wie zum Ramadan, wo die geistige Haltung des Muslims sich schlagartig ändert. Denn nur im Ramadan verspürt der Mensch solche Zustände vollends in seiner Gefühlswelt.
Fasten im Hinblick auf das Formen und Erziehen der Triebe
Einer der Weisheiten warum das Fasten uns befohlen wird ist es, dass das Fasten für diesen Zweck ein idealer Gottesdienst ist. Denn der triebgeleitete Mensch und das Ego geht von seiner Freiheit aus und will frei agieren. Das Ego des Menschen denkt sogar es hat eine schöpferische Qualität. Es will nicht daran denken, dass es eigentlich von unzähligen Gnadengaben Gottes geformt wird. Wenn es dann noch im weltlichen bzw. materialistischen Sinne wohlhabend und vermögend ist und die Unachtsamkeit seine Augen geblendet hat, dann vertilgt und labt der egoistische Mensch sich in den Gaben Gottes quasi wie ein raubendes und primitives Tier.
Durch den heiligen Ramadan versteht eben jeder, vom Reichsten bis hin zum Ärmsten in seiner Gefühlswelt, dass er nicht König sondern Diener ist, nicht frei sondern Knecht ist. Wenn die Erlaubnis nicht ausgesprochen ist, kann er simpelste und einfachste Dinge nicht tun. Weil er nicht nach dem Wasser greifen kann, wird sein sich selbst erdachtes Schöpfertum zerschlagen. Er erkennt seinen Status als Diener Gottes wieder und nimmt diesen Status an, womit er in den Zustand der Dankbarkeit gegenüber Gott übergeht, welches seine Aufgabe ist.
Das Fasten im Ramadan zerschlägt somit auf direktem Wege das egoistische und sich nicht beugende, anarchistisch angehauchte Verhalten des triebgesteuerten Menschen. Das Fasten zeigt ihn seine Bedürftigkeit, sein Unvermögen und seine Armut auf, somit zeigt es ihm, dass er ein Knecht Gottes ist.
Es wird in der Überlieferung folgender Dıalog dargestellt:
Gott der Allmächtige sprach zur Triebseele (“Nafs”): “Was bin ich, was bist du?”
Die Triebseele sagte: “Ich bin ich und du bist du”.
Gott hat die Triebseele in die Hölle verbannt und hat anschließend wieder die selbe Frage gestellt. Dıe Antwort blieb gleichermaßen:
“Ich bin ich und du bist du”. Welch Pain auch immer Gott der Triebseele verhängt hat, die Triebseele wollte nicht von ihrem überheblichen und egoistischen Stolz abweichen. Danach hat Gott die Triebseele mit Hungersnot gestraft. Die Triebseele musste also hungern. Dann fragte Gott wieder:
“Was bin ich, was bist du?” Die Triebseele antwortete nun: “Du bist mein barmherziger Schöpfer. Ich bin dein hilfloser Diener” (Vgl. El-Havbevî, Dürretüt’l-Vâizîn, s. 11.).
Fasten im Hinblick auf das Verstehen der Ohnmacht und der Hilflosigkeit des Menschen
Das Fasten hat viele Vorteile, wenn es darum geht zu verstehen dass der Mensch unzählige Bedürfnisse hat, gewissermaßen von Armut geprägt ist und wie hilflos er doch ist bei der Deckung dieser Bedürfnisse. Einer dieser Vorteile sieht so aus:
Der Mensch vergisst aufgrund der Unachtsamkeit seine eigene Beschaffenheit. Er sieht nicht oder will nicht sehen, was für ein hilfloses, bedürftiges und makelhaftes Geschöpf er ist. So wie aber der Mensch unzählige materielle Bedürfnisse wie Sauerstoff und Wasser hat, so hat er auch unzählige emotionale Bedürfnisse wie Geborgenheit, Liebe und Barmherzigkeit, von denen er abhängig ist und in der Beschaffung dieser er bedürftig ist. Und er kann nur einige dieser Bedürfnisse selbst decken, bei den meisten Bedürfnissen ist er hilflos. Regen ist nötig für das Wasser. Der Mensch kann es aber nicht einfach so ohne Weiteres regnen lassen. Damit wir Brot essen können, muss die Sonne scheinen, die Erde sich drehen und das Ökosystem muss neben noch vielen anderen Faktoren arbeiten. Wie hilflos doch der Mensch dabei ist, diese Faktoren zu beeinflussen liegt klar auf der Hand.
Der Mensch vergisst auch gerne wie schwach, zerbrechlich, verletzbar, fragil und vergänglich er ist. So als ob er aus unzerbrechlichen Stahl gemacht wäre, stürzt er sich auf die Welt, im Gedanken unsterblich und ewig während. Mit einem überzogenen Eifer, einem Hunger und einer sehnsüchtigen Verbundenheit umarmt er die Welt. Er bindet sich an allem was nützlich und lustvoll ist. So wie den barmherzigen Schöpfer seiner Selbst und den eigentlichen Zweck seines Lebens vergisst, so denkt er auch nicht an sein ewig währendes jenseitiges Leben und labt sich in den Sünden dieser Welt. Das Fasten im heiligen Monat des Ramadan lehrt selbst die egoistischsten und eigensinnigsten Menschen wie schwach, bedürftig und hilflos sie doch sind. Durch den Hunger gedenkt er seinen Magen und verspürt das Bedürfnis seines Magens. Er erinnert sich daran, wie schwach und zerbrechlich sein Körper ist. Er erinnert sich daran wie sehr er doch der Barmherzigkeit und der Führsorge Gottes bedürftig ist. Der Mensch weicht von seiner einem Pharao gleichenden Selbstglauben ab und verspürt den Drang sich mitsamt seiner Hilflosigkeit in die heilige Obhut Gottes zu begeben und begibt sich so mit seiner Dankbarkeit betend in die barmherzige Audienz Gottes – Sofern die Unachtsamkeit gegenüber Gott nicht bereits das Herz versiegelt hat.
Fasten im Hinblick auf den Qurʾān
Der ehrenvolle Ramadan ist der Monat, an dem der heilige Qurʾān auf die Erde herabgesandt wurde. In diesem heiligen Moment der Herabsendung wurde uns das Fasten befohlen, als eine ehrwürdige Entgegnung der Herabsendung des Qurʾāns.
In diesem Monat ähnelt der Mensch sozusagen den Engeln, da er seine Triebe gegenüber den schlechten Gelüsten und den gehaltlosen Dingen der Welt versagt und vom Essen und Trinken abtritt. In diesem Zustand erhöhrt und liest er den Qurʾān als ob er neuerdings herabgesandt wurde. Er kann in diesem Moment einen besonders spirituellen Zustand erlangen wenn er die göttliche Anrede im Qurʾān so vernimmt als ob sie neuerdings herabgesandt wurde. Manche besonders beschaffenen Seelen vernehmen in dem Zustand den Qurʾān sogar so, als ob sie den Propheten (s.a.s.) zuhören würden. Und als Übersetzer kann der Mensch auch andere an der göttlichen Anrede teilhaben lassen, so verbringt er diese Zeit im besten Sinne, gemäß des Ramadan und Zwecks seiner Schöpfung.
Zum Ramadan verwandelt sich die Welt der Muslime zu einer riesigen Gebetsstätte. In dieser riesigen Gebetsstätte lassen Millionen von Rezitatoren des Qurʾāns die göttliche Anrede überall in dieser riesigen Gebetsstätte also auf der ganzen Welt erklingen. Jeder Ramadan ist "Der Monat an dem der Qurʾān herabgesandt wurde" (Vgl. Sura al-Baqara 2/185).Dieser Vers zeigt glanzvoll dass der Ramadan der Monat des Qurʾāns ist. Die islamische Gemeinde zelebriert diese Beziehung und beschäftigt sich mit dem Qurʾān aus nächster Nähe.
Wir können mit einem Beispiel besser verstehen welch schlechte Tat es ist sich in solch einer Zeitspanne, in der die islamische Gemeinde die Erde in eine gewaltige Gebetsstätte verwandelt, seinen niederen Gelüsten nieder zu geben und durch das Essen und Trinken zu dieser Zeit seine glanzvolle und gesegnete Aufgabe nicht zu erfüllen:
So wie es eine große Respektlosigkeit wäre während der Gebetszeit in der Moschee herum zu spielen und lauthals zu singen während der Qurʾān rezitiert wird, so ist es auch eine große Respektlosigkeit zur Zeit des Ramadan in der die gesamte islamische Gemeinde fastet und mit dem Gottesdienst sowie den Qurʾān beschäftigt ist, das Fasten durch Essen und Trinken oder durch andere entsprechende Taten zu verletzen.
Fasten im Hinblick auf die Entlohnung im Jenseits
Der Mensch ist auf die Welt gekommen um sich das Jenseits zu verdienen. Die Zeitspanne rund um den Ramadan eignet sich bestens dazu. Die guten Taten werden nämlich zum Ramadan tausendfach vergütet. In jedem Buchstaben des Qurʾāns entfaltet sich eine zehnfache Vergütung und zehnfach Früchte aus dem Garten des Himmels (Vgl. Tirmizî, Fezâilü’l-Kur’ân, 16; Mecmeu’z-Zevâid, 7/163). Zum glanzvollen Ramadan entfaltet jeder Buchstabe des Qurʾāns nicht nur einen zehnfachen Segen sondern einen zehntausendfachen Segen und besondere Verse entfachen in jedem Buchstaben nochmals tausendfachen Segen. Zum Freitag im Ramadan steigt dies noch weiter an (Vgl. Deylemî, Müsnedü’l-Firdevs, 3/130). Und zur heiligen Nacht der Allmacht (“laylat-l-qadr”) gipfelt dies und man erhält für jeden rezitierten Buchstaben des Qurʾāns dreißigtausendfache Vergütung (Vgl. Sura al-Qadr 97/3).
In der Tat bringt lässt der Qurʾān der einen in jedem Buchstaben den Lohn von dreißig tausend Früchten erbringt, zum ehrenvollen Ramadan Millionen von ewig währenden Früchten verdienen. So sollten wir uns bemühen zu verstehen welch großen Verdienst man liegen lässt im Angesicht dieses heiligen, ewigen und verdienstvollen Handels, wenn man die Relevanz des Lesens des Qurʾāns nicht lobpreist.
Der heilige Monat des Ramadans ist eben wie ein höchst lukrativer Markt für das Erwirtschaften des Jenseits. Es ist ein höchst ertragreicher Boden für die jenseitige Ernte. Es ist quasi wie ein kräftiger und segnender Regenschauer für unseren Gottesdienst. Diese gesegnete Zeitspanne ist wie eine Parade in der die Menschen die Haltung eines Diener Gottes annehmen und dies allen Geschöpfen und allen vorran Gott präsentieren.
Hierfür wurde das Fasten als ein Gottesdienst den Menschen befohlen, um ihn von den niederen leiblichen Bedürfnissen die seine Unachtsamkeit gegenüber Gott fördern würden und denen er hinterher rennen würde abzuhalten. So ist es auch möglich den Engeln gleich eine Haltung gegenüber Gott quasi frei von Makeln und Trieben einzugehen.
Der ehrenvolle Ramadan hält ein ewig währendes Leben inne und lässt es uns in dieser vergänglichen Welt und in diesem vergänglichen kurzzeitigen Leben gewinnen. Wahrlich kann ein einziger Ramadan sofern er wahrhaftig und würdevoll erfahren wird, durch die Beinhaltung der Nacht der Allmacht den Lohn eines ganzen mit Gottesdienst verbrachten Lebens erbringen.
Ein Herrscher hebt auch einige spezielle Tage im Jahr im Sinne eines Festes hervor und entlohnt sein Volk sowie seine Bediensteten mit manchen Darbietungen. So hat der ewige Herrscher und Schöpfer der keinen Anfang hat und über achtzehn tausend Reiche/Dimensionen verfügt den heiligen Qurʾān als Erleuchtung für all diese Reiche/Dimensionen herabgesandt. Natürlich ist es logisch naheliegend dass der Ramadan die Gestalt eines spirituellen Fests annimmt.
Der Ramadan ist somit ein göttliches Fest. Natürlich wird uns dann das Fasten befohlen, um uns von teilweise sinnlosen und tierischen bzw. triebgesteuerten Handlungen abzuhalten. Das perfekte Fasten ist dann ein Fasten mit sämtlichen Emotionen und Organen, mit Körper sowie Herz und Geist. Durch die Distanzierung von Schlechtem und Verbotenem lenken wir jedem unserer einzelnen Organe zu einen besonderen Gottesdienst.
Das perfekte Fasten wäre z.B. unsere Zunge von Lügen, Gerüchten und hässlichen Ausdrücken abzuhalten und die Zunge mit Rezitationen, Gedenken, Huldigungen, Buße und ähnliches beschäfigt zu halten. Anderweitig könnte man das Auge von verbotenen Eindrücken und Illustrationen fern halten und unser Auge auf Würdevolles sowie an Gott erinnerndes richten. Das Ohr könnte man von dem Hören von schlechten Dingen wie negativ aufgeladenen Unterredungen und Geläster fern halten und es auf das Hören von Vorlesungen voller Weiseheiten und Rezitationen richten. So fastet man gebührend mit sämtlichen Organen und Facetten des Lebens.
Fasten im Hinblick auf die Vorteile für unser Leben
Das Fasten im ehrenvollen Ramadan bringt dem Menschen in materieller sowie spiritueller Ebene jede Menge Vorteile. Das Fasten wirkt wie eine Art Medizin auf Körper und Geist. So wie der Mensch seinen leiblichen Gelüsten freien Lauf lässt und damit langfristig seinen Körper schadet und alles einfach wie ein aggressives Tier ohne Acht auf Gebot und Verbot vertilgt, so vergiftet er allmählig auch seine Spiritualität. In diesem Zustand bändigt man seine Triebseele, die mit dem Befolgen von Befehlen immer Schwierigkeiten hat. Letztendlich stirbt die Triebseele nie ab, aber sie kann immer Überhand über den Menschen gewinnen.
Manche erleuchtete und weise Menschen sprechen bei der Erziehung bzw. Bändigung der Triebseele dem Verringern von Essen und Trinken und dem Vermehren des Gottesdienstes eine wichtige Rolle zu. Das Fasten im Ramadan leistet unter anderem genau dies und hilft dabei die Triebseele zu erziehen bzw. zu bändigen.
Der Magen der ansonsten eine Malhzeit nach der anderen mühselig verdauen muss, kann sich nun auch erholen. Durch das Befolgen des göttlichen Befehls nicht zu essen und zu trinken, etwas was normalerweise erlaubt wäre, fällt es dem Menschen geistig sowie körperlich schrittweise auch einfacher ohnehin Verbotenes zu meiden. Auf diese Weise ordnet er auch sein religiöses Leben.
Auf der anderen Seite verspüren viele Menschen oftmals Hunger. Um sich in Geduld und Ausdauer zu üben ist man auf Hunger und Verzicht angewiesen. Das Fasten welches zu manchen Momenten bzw. Situationen weit über zehn Stunden andauern kann ist gewissermaßen das ideale Training hierfür. Der Verlust an Geduld und Ausdauer gegenüber ungewollten Dingen und Situationen ist eine Krankheit unserer Zeit und das Fasten ist die ideale Medizin.
Mit dem Magen und dem Sättigungsgefühl hängen viele materielle sowie spirituelle Facetten des Menschen zusammen. Wenn der Magen zu dieser besonderen Zeit des Jahres nicht gereinigt wird und sich erholen kann, so vergisst auch der restliche Körper seine eigentliche Aufgabe des Gottesdienstes und ist mehr mit dem leiblichen Wohl beschäftigt. Daher ist es üblich gewesen dass erleuchtete und spirituell erhabene Menschen mit und für den spirituellen Aufstieg sich den nieden Gelüsten entsagen und vom Essen und Trinken abtreten.
Wenn wir den Körper als eine Fabrik ansehen und die Organe als die Mitarbeiter in dieser Fabrik, so erinnern und lernen diese Mitarbeiter durch das Fasten im heiligen Monat des Ramadans dass sie nicht einzig und allein zum Essen und Trinken da sind. Den körperlichen und niederen Gelüsten entgegen genießt der Mensch zur Zeit des Ramadans geistige und spirituelle Gaben Gottes. Daher kommen den Gläubigen gemäß ihrer geistigen Kapazitäten und Bemühungen zum Ramadan ganz eigene Erleuchtungen, spirituelle Genüsse und Segen hinzu. Durch die Gelegenheit des Fastens zum ehrenvollsten und Monat aller Monate gibt es viele Gelegenheiten zur Erleuchtung und Entfaltung von Körper, Geist und Seele sowie anderen Facetten des Lebens die wir noch gar nicht vor Augen haben. Entgegen dem Weinen des hungernden Magens lächeln sie alle engelsrein.
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Darf man mit dem Gebet (namaz/sala) schon anfangen, während der Ezan*1 (Gebetsruf) vorgetragen wird?
selbstverständlich ist es am idealsten, wenn bis zum Ende des Ezan gewartet wird. Dennoch kann das Gebet schon angefangen werden, bevor der Ezan beendet wurde.
Das Wichtigste ist, dass die jeweilige Gebetszeit begonnen hat.
Sobald die zeitliche Bedingung erfüllt ist, kann das Gebet ohne Ezan oder während es noch vorgetragen wird, durchgeführt werden.
*Der Begriff Ezan bezeichnet den islamischen Gebetsruf. Durch den Ezan werden die Muslime fünfmal täglich zum Gebet (namaz/sala) gerufen.
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Wer ist Muhiyddin Ibn Arabi und welchen Stellenwert hat er für die Ahlus Sunnah wal Jamaah?
Muhiddin-i-Arabi ist ein großer islamischer Gelehrter und ein Sufi, Said Nursi beschreibt ihn als ein „Wunder der islamischen Wissenschaft“
Wir wollen nun die Position Said Nursis die er seinem Buche Blitze vertritt nutzen um in dieser Frage, so Allah will, Klarheit zu schaffen.
!Muhyiddin war in der Tat für sich selbst recht geleitet und anerkannt, jedoch können nicht alle seine Bücher Führer und Lehrer sein. Denn er schritt zwischen den Tatsachen oft ohne Balance voran, was den Grundsätzen der Leute der Sunna widerspricht. Ja, in einigen seiner Äußerungen scheint er sogar einem Irrtum Ausdruck zu geben. Doch er selbst ist frei von Irrtümern. Manchmal klingt ein Wort wie Unglaube, doch sein Besitzer ist kein Ungläubiger."
Danach gib Said Nursi eine Empfehlung wie mit den Werken von Muhyiddin-i Arabî umgegangen werden sollte indem er niemand anderen als Muhyiddin-i Arabî selbst zitiert:
„Unsere Bücher zu lesen ist denen, die nicht zu uns gehören, verboten“
Dieses Zitat wird dann so von Said Nursi kommentiert:
"Das heißt: »Diejenigen, welche nicht zu uns gehören und unseren Rang nicht kennen, sollten unsere Bücher nicht lesen, denn es könnte ihnen schaden.«“
Dies bedeutet:
Muhyiddin-i Arabi ist ein Mu'min, allerdings sind sind einige seiner Aussagen in ihrer augenscheinlichen Bedeutung nach dem Unglauben nahe und erfordern eine Interpretation.
Darum ist besser seine Bücher nicht zu lesen, wenn man nicht zum Kreise derer zählt deren Wissen einen Umgang mit Muhyiddin-i Arabi´s Werken erlauben.
Somit sind die Bücher von Muhyiddin-i Arabi auch aus dieser Perspektive zu bewerten.
Bedingt durch den dadurch verursachbaren Schaden haben Laut Ibn-i Abidin manche der osmanischen Sultane das Lesen seiner Bücher verboten. An dieser Stelle möchten wir auch das Filh Urteil von Ibn-i Abidin angeben:
„Sein Füsusu´l-Hikem heißendes Buch zu verbreiten ist haram. Den dieses Buch beinhaltet einige Angelegenheiten deren Inhalte Kufr ist. Denn einige Juden welche versuchen das Licht des Islams zum erlöschen zu bringen haben diesem Buch einige Dinge beigefügt.“
Verwunderlich ist das Füsusu´l-Hikem vor 1950 vom materialistischen türkischem Bildungsminister Hasan Ali Yücel übersetzt und veröffentlich wurde. In diesen Tagen wurden einige Quellen als „Klassiker des Ostens“ übersetzt. Die Übersetzung wurde allerdings so formuliert, dass eine Fehlinterpretation leicht möglich ist. Die muslimische Bevölkerung ist auf diesem Weg in den Aspekten des Lebens und des Glaubens zweifeln und Ungewissheiten ausgesetzt worden.
(A.d.Ü. Hierbei handelt es sich um Ereignisse in der Türkei)
Quelle: Blitze S. 542
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Was ist Idjtihad, wer sind Mudjtehids, was sind die "Tore des Idjtihad" und sind diese offen oder geschlossen?
Iǧtihād, Seine ganze Kraft aufbieten. In einer Rechtsfrage zu der kein eindeutiges Urteil besteht, unter Heranziehen der Rechtsquellen (Qurʾān und Sunna des Propheten (s.a.s.) ein Urteil herbeizuführen.
Iǧtihād, Disziplin und Anstrengung aufbieten. In einer Sache seine Kraft und Ausdauer verwenden. Wird in der Rechtslehre auch beschrieben als das Bemühen und Arbeiten um der 'Istinbāṭ al-Aḥkām' willen, sprich aus den Versen des Qurʾān und den Überlieferungen des Propheten (s.a.s.) verborgene Gesetze, Urteile und Weisheiten zu entschlüsseln. Personen die das hierfür nötige Wissen erlangt haben und mit diesem göttlichen Geschenk ausgestattet sind, werden als Muǧtahid bezeichnet.
Istinbāṭ, bedeutet unter Anstrengung einem Brunnen Wasser zu entnehmen.
Sowie das Buch der Schöpfung das Werk Allāh's ist, so ist auch der Qurʾān sein Erlass und Dekret. Ein jeder ist sich solcher Dinge aus dem Buch der Schöpfung wie Wasser, Luft und Erde mehr oder weniger bewusst und zieht seinen Nutzen aus diesem. Im selben Buch der Schöpfung gibt es aber darüber hinaus eine Vielzahl von verborgenen Dingen wie z.B. Physik, Naturgesetze, elektromagnetische Wellen, Atome und Gene die der Erforschung durch Wissenschaftler überlassen sind. Diese haben den endlosen Schatz des Wissens unter großer Anstrengung unermüdlich erforscht und im Zuge dessen eine Vielzahl von faszinierenden Entdeckungen gemacht.
Eine ähnliche Situation ist auch in Bezug auf den weisen Qurʾān gültig. Die grundlegenden Richtlinien sind im weisen Qurʾān für jedermann kenntlich gemacht und diese fundamentalen Themen werden durch „Bediüzzaman“ Said Nursi als 'diamantene Pfeiler' bezeichnet und umfassen 90% der Šarīʿa. Die Erschließung von Urteilen die im Vergleich zu den oben genannten als Detail zu betrachten wären, wird in dem Feld der Rechtslehre, der Disziplin und Anstrengung von qualifizierten Gelehrten überlassen.
Und so steht im Band 'Briefe' folgendes geschrieben:
"Jede qualifizierte Person kann für sich selbst, sprich Subjektiv, Iǧtihād betreiben, dies aber nicht als allgemein gültiges Gesetz verkünden". D.h. das befugte Personen um in einer Angelegenheit das rechte Urteil zu finden und nach diesem zu leben Iǧtihād betreiben. Ein Urteil, zu welchem diese gekommen sind, können sie aber nicht als einzige Wahrheit darstellen indem sie sagen: "Dies allein ist die Wahrheit und die Šarīʿa gilt so wie ich sie verstehe"
Aus nachfolgendem Vers im Qurʾān wird deutlich, dass Allah erwartet das die dazu qualifizierten Gelehrten Iǧtihād betreiben, und die anderen Menschen sich an diesen orientieren:
Und wenn zu ihnen etwas durchdringt, das Sicherheit oder Angst hervorruft, verbreiten sie es. Würden sie es aber vor den Gesandten und die Zuständigen unter ihnen bringen, so würden es diejenigen von ihnen, die es herauszubekommen verstehen, (zu beurteilen) wissen. (4/83)
Mit der Erlaubnis die dieser Vers erteilt, hat der Prophet (s.a.s.), bei Sachverhalten zu denen im Qurʾān kein eindeutiges Urteil geschrieben steht, Iǧtihād betrieben. Des weiteren haben Gelehrte unter den Gefährten des Propheten (s.a.s.) ebenfalls Iǧtihād betrieben.
Da kein Urteil existiert welches den Iǧtihād für die Zeit nach der glorreichen Zeit verbietet, haben verschiedene 'Muǧtahid' (s.o.) bei neuen Sachverhalten Iǧtihād betrieben und durch die Zunahme derer die sich diesen untergeordnet haben bzw. die diesen gefolgt sind, haben sich die verschiedenen Rechtsschulen (Maḏhab) gebildet.
(übersetzt aus dem 27. Wort von Said Nursi)
Das Tor der Iǧtihād ist zwar offen, aber es gibt in dieser Zeit 'sechs Hindernisse' um hindurch zu gehen.
Erstens: So wie im Winter, einer Zeit heftiger Stürme, auch die kleinsten Löcher abgedichtet werden, wäre es keineswegs vernünftig, neue Tore zu öffnen. Ferner bestünde die Gefahr, zu ertrinken, schlüge man Löcher in die Wände, während draußen eine gewaltige Sturmflut wütet, um sie zu reparieren. Genauso ist es ein Verbrechen am Islam, in dieser Zeit, wo die Gebote Gottes unbeachtet bleiben, in der Ära, wo unislamische Gebräuche eindringen, in der Periode, wo abzulehnende Erneuerungen im Übermaß auftreten und Irrlehren Zerstörungen anrichten, unter der Bezeichnung 'Iǧtihād' aus dem Schloss 'Islam' heraus neue Tore nach draußen zu öffnen, und in seine Wände Löcher zu schlagen, die den Zerstörern Einlass gewähren.
Zweitens: Was die beiden unabänderlichen Rechtsquellen (Qurʾān und Sunna) im Glauben betrifft, so kann die Iǧtihād sie nicht berühren. Denn sie sind endgültig und festgesetzt. Ferner sind die Grundlagen lebensnotwendig wie Nahrungsmittel und Nährstoffe. Sie bleiben heute unbeachtet und werden erschüttert. Man soll heute die ganze Begeisterung und Anstrengung für deren Aufrichtung und Belebung aufwenden. Darüber hinaus sind die Lehrmeinungen aus den beiden anderen Rechtsquellen (Iǧmāʿ und Qiyās = Übereinstimmung der islamischen Gemeinde und Analogieschluss der Rechtsgelehrten) des Islam bekannt, die die vorherigen Rechtsgelehrten durch ihre reine und aufrichtige Iǧtihād erstellt hatten und die für die Bedürfnisse jeder Zeit nicht begrenzt sind. Sie zu übersehen und sich nach Lust und Laune neue Iǧtihād zu bilden, ist ein ketzerisches Verbrechen.
Drittens: Je nach Jahreszeit ist auf dem Markt das Verlangen nach einer bestimmten Sache groß. Von Zeit zu Zeit wird je eine Ware marktgängig. Genauso findet in dem Ausstellungsort der Welt, auf dem Markt des gesellschaftlichen Lebens und der Zivilisation der Menschen in jedem Jahrhundert je eine Sache ihren Anklang. Auf den Straßen, das heißt, auf den Märkten werden diese Dinge ausgestellt und das Interesse daran geweckt. Die Augen wenden sich ihnen zu und die Gedanken beschäftigen sich mit ihnen. Zum Beispiel stehen in dieser Zeit politische Dinge, die Absicherung des weltlichen Lebens und das Interesse für Naturwissenschaft und Philosophie im Vordergrund. In dem vorausgegangenen Zeitalter der 'Reinen' ( as-Salafu s-Ṣāliḥīn = die erste und zweite Schülergeneration) und auf dem Markt jener Zeit war die beliebteste Sache das, womit der Schöpfer der Himmel und der Erde mit uns zufrieden wird, und was Er von uns verlangt, aus Seinen Worten herauszufinden und die Mittel zu beschaffen, die die ewige Glückseligkeit in der jenseitigen Welt erwerben lassen, welche durch das Licht des Prophetentums und des Qurʾān dermaßen weit geöffnet wurden, um sie niemals mehr wieder zu schließen.
Da in jener Zeit die Gedanken, Herzen und Gemüter mit all ihrer Kraft daraufhin ausgerichtet waren, Wünsche des Herrn der Erde und des Himmels zu erkennen, waren auch die Unterhaltungen, Gespräche, Geschehnisse und Zustände im Alltagsleben der Menschen dementsprechend. Und da alle Dinge in dieser Richtung ihren Lauf nahmen, konnte jeder, der dafür empfänglich war, auf schönste Weise in seinem Herzen und seiner Natur entsprechend von jedem Ding unbewusst eine Lehre, die ihm Erkenntnis brachte, empfangen. Er bildete sich durch die Zustände, Ereignisse und Gespräche, die in jener Zeit abliefen. Als wäre jedes Ding ein Lehrer für ihn, dient alles durch seine Beschaffenheit und seine Natur als Vorbereitung für seine Iǧtihād. Dieser natürliche Unterricht war sogar ein solches Licht, dass jeder fast ohne Anstrengung die Fähigkeit zu seiner Iǧtihād besaß, gleich einem Licht, das sich beinahe wie von selbst entzündete.
So erlebte, wer dafür empfänglich war und auf diese Weise einen natürlichen Unterricht empfangen hatte, das Geheimnis des 'Licht über Licht' und konnte schnell und in kurzer Zeit einen eigenen Kommentar finden, sobald er begann, sich seine Iǧtihād zu erarbeiten, da seine Fähigkeiten schon gleichsam der Bereitschaft eines Streichholzes entsprach.
In dieser Zeit sind aber infolge der Vorherrschaft der europäischen Kultur, ihrer Naturwissenschaften mit ihrer Aufdringlichkeit und die erschwerten Lebensbedingungen auf Erden die Herzen und Gedanken (der Menschen) zerstreut, ihre Opferbereitschaft und Güte gespalten. Der spirituelle Bereich ist in ihrer Gedankenwelt zu einem Fremdkörper geworden.
Aus diesem Grund braucht jemand in unserer Zeit zehnfach mehr Zeit, um zu seiner Iǧtihād zu gelangen, als zum Beispiel Sufyān ibn ʿUyayna, ein Exeget, der schon in seinem vierten Lebensjahr den ganzen Qurʾān auswendig konnte und mit Gelehrten wissenschaftliche Dispute führte, und das selbst bei einer in etwa vergleichbaren Intelligenz! Benötigte also Sufyān noch zehn Jahre, um zu seiner Iǧtihād zu gelangen, so benötigt dieser Mann nun hundert Jahre, um (die gleiche innere Reife) zu erlangen. Denn für Sufyān begann der Prozess der Selbstfindung ganz natürlich bereits im frühesten Alter der Selbstentdeckung. Allmählich entwickelten sich seine Fähigkeiten, entfaltete sich ein inneres Licht, begann er von all überall seine Lehren zu empfangen und (in der steten Bereitschaft und Entflammbarkeit seines Geistes) einem Streichholz gleich zu werden.
Was aber seinen Vetter in heutiger Zeit betrifft, so ertrinken seine Gedanken in der Philosophie, verliert sich sein Verstand in der Politik, berauscht sich sein Herz im irdischen Leben und er verliert die natürliche Fähigkeit zur Iǧtihād. Er hat im Grade seiner intensiven Beschäftigung mit den modernen Wissenschaftler mit Sicherheit die Fähigkeit zu der Iǧtihād, Gesetze (aus dem Qurʾān ableiten zu können) verloren und bleibt im Grade seiner vielseitigen Bildung in den weltlichen Wissenschaften hinter der Annahme der Iǧtihād (eines aus dem Qurʾān abgeleiteten Gesetzes) zurück. Deswegen kann er nicht sagen: „Ich bin genauso klug wie er. Warum sollte ich ihm nicht gleich sein.“ Er hat kein Recht so zu sagen und er kann ihm auch nicht gleich kommen.
Viertens: Jedem Ding wohnt eine Tendenz inne, sich zu entfalten, damit es wachsen und gedeihen kann. Diese Tendenz, sich zu entfalteten, dient, da sie von innen heraus wächst, der Vervollkommnung dieses Dinges und seiner Anlagen. Wenn aber diese Tendenz, sich zu entfalten, von außen angreifen würde, so hieße das, die Haut des Körpers zu zerreißen und zu zerstören und wäre dies keine Entfaltung. Ebenso entspricht es der Vervollkommnung, ist es Vollkommenheit, wenn solche, die, die wie die as-Salafu s-Ṣāliḥīn durch die Türe der vollkommenen Gottesfurcht und auf dem Weg der Befolgung Pflichten des Glaubens in das Gebäude des Islam eingetreten sind, die Neigung in sich verspüren, sich zu entfalten und den Willen zur Iǧtihād haben.
Wenn aber anderenfalls dieses Bedürfnis, sich zu entfalten und dieser Wille, seinen eigenen Platz (im Leben) zu finden, von Leuten kommt, die aufgegeben haben, ihren Verpflichtungen nachzukommen, die das irdische Leben dem jenseitigen Leben vorziehen und von der materialistischen Philosophie besudelt sind, so heißt das, den Islamkörper zu zerstören und ist ein Mittel, die Kette des Gesetzes von ihrem Hals zu streifen.
Fünftens: Die drei (nachstehenden) Standpunkte verkehren die Iǧtihād in heutiger Zeit ins Irdische, lösen sie aus ihrer himmlischen (Verankerung) heraus. Es ist aber die Scharia vom Himmel (herabgekommen) und auch die Iǧtihād des Gesetzes ist im Himmel (verankert), da sie die verborgenen Gesetze des Himmels entschleiert.
Erstens: Die Weisheit hinter einer Bestimmung ist das eine, ihre Begründung das andere. Was die Weisheit und Zweckmäßigkeit betrifft, so begründen sie die Prioritäten, sind aber nicht der eigentliche Anlass zu einem Tun oder einem Unterlassen. Was aber die Begründung betrifft, so ist sie der eigentliche Anlass zu der Inkraftsetzung dieser Prioritäten. Zum Beispiel wird das Gebet auf Reisen gekürzt und werden nur zwei Raqāt verrichtet. Die Begründung für diese Erlaubnis im Gesetz ist die Reise, die Weisheit dahinter aber liegt in den Anstrengungen (der Reise). Wird eine Reise unternommen und ist diese mit gar keiner Anstrengung verbunden, wird trotzdem das Gebet verkürzt. Denn die Begründung dafür ist gegeben. Wird jedoch keine Reise unternommen, sind aber hundertlei Anstrengungen gegeben, fehlt eine Begründung für die Verkürzung des Gebetes. Nun stellt die Betrachtungsweise dieser Zeit aber, im Gegensatz zu dieser Tatsache, Zweckmäßigkeit und Weisheit an die Stelle einer (stichhaltigen) Begründung und bestimmt dementsprechend. Eine solche Iǧtihād entspringt mit Sicherheit einer diesseitigen (weltlichen Gesinnung) und ist nicht jenseitig (himmlisch begründet).
Zweitens: Das Auge unserer Zeit ist hauptsächlich und vor allem auf irdisches Glück gerichtet. Auf dieses hin sind die Gesetze (unserer Zeit) ausgerichtet. Was hingegen das Auge der Šarīʿa betrifft, so ist es hauptsächlich und vor allem auf das jenseitigen Glück gerichtet. Erst in zweiter Linie betrachtet es das irdische Glück und zwar als Mittel zum jenseitigen Glück. Das heißt, dass der Geist der Scharia dem Auge dieser Zeit fremd ist. Weil dies aber so ist, kann (sein Blick) nicht im Namen der Šarīʿa zu einer Iǧtihād hin führen.
Drittens: Folgender Grundsatz: »Eine Zwangslage hebt, was Ḥarām ist, auf die Stufe des Ḥalāl.« Dieser Grundsatz ist aber nicht allgemeingültig. Wenn eine Zwangslage nicht durch einen verbotenen (Ḥarām) Weg zu Stande gekommen ist, so kann sie der Grund dazu sein, etwas Ḥalāl zu machen, was Ḥarām ist. Wenn eine Zwangslage aber durch den Missbrauch der Handlungsfreiheit, durch (islamisch) illegale Gründe zu Stande gekommen ist, kann sie, was Ḥarām ist, nicht Ḥalāl machen. Sie kann nicht zum Anlass dafür dienen, etwas rechtlich zu genehmigen, eine Entschuldigung darzustellen. Wenn zum Beispiel ein Mann seine Handlungsfreiheit missbraucht und sich in verbotener (Ḥarām) Weise betrinkt, so wird ihm alles Schlechte,
das er in diesem Zustand begeht, nach (Meinung) der islamischen Rechtsgelehrten zur Last gelegt. Er wird
nicht entschuldigt. Wenn er sich (in diesem Zustand) scheidet, gilt diese Scheidung und wenn er ein Verbrechen begeht, so wird er bestraft. Aber wenn sein Rauschzustand nicht durch den Missbrauch seiner Handlungsfreiheit zu Stande gekommen ist, so wird die Scheidung nicht rechtskräftig, bzw. er wird nicht bestraft.
Zum Beispiel kann einer, der von der Trunksucht befallen ist, nicht sagen »Es ist eine Zwangslage, es ist mir
gebilligt,« auch wenn er im Grade einer Zwangslage davon abhängig ist. So gibt es denn in heutiger Zeit viele Situationen, die bereits den Grad einer Zwangslage erreicht zu haben scheinen, in der die Menschen gefangen sind und ihnen wie ein allgemeines Unglück vorkommen. Da diese durch den Missbrauch der Entscheidungsfreiheit aus (im Islam) nicht erlaubten Neigungen und aus verbotenen Handlungen (Ḥarām) herrühren, können sie kein Anlass zur Billigung (der Ausnahmezustände im islamischen Gesetz) sein und das Verbotene (Ḥarām) nicht als Erlaubtes (Ḥalāl) geltend machen. Weil aber dahingegen die Leute (Ahl al-Iǧtihād) ihre Zwangslage zur Basis (ihrer Auslegung) der islamischen Gesetze machen, ist ihre Iǧtihād erdgebunden, willkürlich, philosophisch, kann nicht himmlischen (Ursprungs) sein und entspricht nicht
dem islamischen Recht. Indessen handelt es sich in Wirklichkeit um die Verfügung über die Gesetze Gottes,
des Schöpfers der Himmel und der Erde und um eine Einmischung in Glaube und Gottesdienst Seiner Anbeter. Dergleichen Verfügungen und Einmischungen sind abzulehnen, insoweit es dazu keine vom Schöpfer autorisierte Erlaubnis gibt.
Aus zwei Gründen halten es manche Gottvergessenen für schön, wenn einige Kennzeichen des Islam, wie die Freitagspredigt (Ḫuṭba) vom Arabischen gelöst und in der Sprache jedes Volkes gehalten wird.
Erster Grund: »Durch diese Weise soll die heutige Politik auch dem muslimischen Volk verständlich gemacht werden.« Was aber die heutige Politik betrifft, so ist in sie so viel Lug und Trug und Teufelswerk hineingeraten, dass sie bereits als Einflüsterung des Teufels gelten kann. Weil jedoch die Kanzel („Minbar“) in der Tat ein Platz (Maqām) ist, welcher der Verkündigung der göttlichen Offenbarungen (= Qurʾān) geweiht ist, haben jene Einflüsterungen der Politiker kein Recht, zu diesen hohen Maqām emporzusteigen.
Zweiter Grund: »Die Freitagspredigt (Ḫuṭba) ist dazu da, aus einigen Qurʾānischen Suren Rat zu geben und
auszulegen.« Wenn das islamische Volk In der Tat die Pflichten, die allgemein bekannten Gesetze und Gebote des Islam in Mehrheit befolgt und in die Praxis umgesetzt hätte, dann könnte man vielleicht die Ḫuṭba in der geläufigen Sprache halten und die Übersetzungen der Qurʾānischen Suren (wenn es möglich wäre*) gutheißen, sodass die Theorien in der islamischen Gesetzgebung und die feinsinnigen Themen und verborgenen Ratschläge (noch besser) verstanden würden.
Aber heutzutage werden Pflichten, wie das Gebet (Ṣalā bzw. Namaz), die Almosensteuer (Zakāt), und das Fasten und Verbote wie Mord, Unzucht und Alkohol, die allbekannten feststehenden Gesetze des Islam, vernachlässigt. Das einfache Volk braucht keinen Unterrichtet über die Gebote und Verbote (Gottes). Es braucht vielmehr die Ermunterung und Ermahnung, die sie an diese heiligen Gesetze wieder erinnert. Die Menschen haben eine Ader für den Islam und ein Gefühl für den Glauben und bedürfen der Anregung, der Erinnerung und der Ermunterung zu ihrer Beobachtung. Ein ungebildeter Mensch kann, wie unwissend er auch sein mag, aus dem Qurʾān und der arabisch gehaltenen Predigt folgende kurze Bedeutung entnehmen. »Der Prediger und der Ḫāfiẓ (Qurʾān-Rezitator) gemahnt an die Pfeiler des Glaubens und die Grundlagen des Islam, welche allen und so auch mir bekannt sind, unterrichtet sie uns und trägt sie uns vor.« So sagt er und es entsteht in seinem Herzen eine Begeisterung für sie. Welche Worte gibt es etwa im Kosmos, die den wunderbaren und allgemeinverständlichen Ermahnungen, Wiederholungen und Ermunterungen des Weisen
Qurʾān, der von dem gewaltigen Thron Gottes herabgekommen
ist, gleichwertig sein könnten?
Sechstens: Die großen Exegeten unter den as-Salafu s-Ṣāliḥīn lebten noch kurz nach dem Zeitalter der Gefährten des Propheten Muḥ ammad (S.A.S.), dem Zeitalter des Lichtes und dem Zeitalter der Wahrheit, konnten reines Licht empfangen und sich in Aufrichtigkeit ihre Iǧtihād bilden. Was die Leute (Ahl al-Iǧtihād) heutiger Zeit betrifft, so schauen sie hinter dermaßen vielen Schleiern und aus einer weiten Entfernung in das Buch der Wahrheit, sodass sie selbst noch den am deutlichsten (sichtbaren) Buchstaben kaum mehr erkennen können.
Wenn du sagst: Die Prophetengefährten sind auch nur Menschen und können nicht frei von Fehlern und Gegensätzen sein. Die Quelle ihrer Iǧtihād und der Urteile über die islamischen Gesetze sind die Rechtschaffenheit und Aufrichtigkeit der Gefährten des Propheten, sodass die Umma (islamische Gemeinde) übereinstimmend sagt: »Die Prophetengefährten sind in allen Dingen rechtschaffen und sprechen die Wahrheit.«
Antwort: In der Tat liebten die Prophetengefährten in vollkommener Übereinstimmung das Recht, verlangten nach Aufrichtigkeit und sehnten sich nach Gerechtigkeit. Denn die Hässlichkeit allen Luges und Truges wurde in all ihrer Hässlichkeit und die Schönheit der Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit in all ihrer Schönheit so deutlich gezeigt, dass die Entfernung zwischen ihnen so groß war wie die zwischen dem Thron Gottes und der Erde. Zwischen ihnen erkannte man einen so großen Unterschied wie den, welcher zwischen der Stufe eines Musaylima al-Kaḏḏāb (diese Person ging in die islamische Literatur als Nachahmer des Propheten, Lügner und falscher Prophet ein), jener aller untersten Stufe (Asfal as-Sāfilīn) und der Stufe der Aufrichtigkeit des verehrten Propheten, mit dem Friede und Segen sei, jener höchsten Stufe besteht. In der Tat war das, was Musaylima zum Niedrigsten aller Niedrigen hinab stürzen ließ, die Lüge, wohingegen die Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit Mohammeds den Vertrauten, mit dem Friede und Segen sei, zum Ehrenwertesten aller Ehrenwerten emporsteigen ließ.
So ist es denn sicher und gewiss, zwangsläufig und ohne Zweifel, dass die Prophetengefährten in der Erhabenheit ihrer
Gefühle und ihrer Hochachtung ethischer Schönheit, erleuchtet durch die lichtvolle Unterhaltung mit der Sonne des Prophetentums, ihre Hände bewusst nicht nach dem Müllhandel mit der Lüge und Musaylimas Täuschung ausstreckten, welche so hässlich und der Grund zu seinem Sturz war. Sie schreckten vor der Lüge, einem Freund des Unglaubens, zurück, so wie sie vor dem Unglauben zurückschreckten und verlangten mit Bestimmtheit nach Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und Rechtmäßigkeit, die so schön sind, (ein Grundstein) für Stolz und Ruhm und eine Leiter, um darauf emporzusteigen, fortzuschreiten, und die unter den hohen Schätzen, die der Stolz des Prophetentums sind, am meisten gefragt sind und durch den Glanz ihrer Schönheit dem menschlichen Zusammenleben ihr Licht verleihen, insbesondere bei der Überlieferung
und Verkündigung der Bestimmungen der islamischen Gesetzgebung. Daran hielten sie sich von ganzem
Herzen. Im Gegensatz dazu hat sich der Abstand zwischen Lüge und Recht in dieser Zeit so sehr verkürzt,
dass sie nun sozusagen Schulter an Schulter stehen. Man geht ganz leicht von der Wahrheit zur Unwahrheit
hinüber. Selbst in der Politik gibt man einer verlogenen Propaganda vor der Aufrichtigkeit den Vorzug. Wenn also nun in einem Laden minderwertige Ware zusammen mit erlesenstem Schmuck zum selben Preis verkauft wird, so wird sicherlich der Brillant der Aufrichtigkeit und Rechtmäßigkeit, ein Juwel der Wahrheit von sehr hohem Wert, im Vertrauen auf die Kenntnis und das Wort des Verkäufers blindlings nicht gekauft.
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Wie steht unsere Religion zur Homosexualität?
durch die Neigung selbst hat man noch nicht gesündigt. Diese Neigung soll aber nicht in Taten umgesetzt werden. Durch eine psychologische Betreuung und eine Eheschließung kann man versuchen dem entgegenzuwirken.
Vor allem durch die populäre Inszenierung dieser Thematik kommen wir gesellschaftlich immer häufiger auf dieses Thema zu sprechen. Das bedeutet aber nicht dass es solche Diskussionen oder Neigungen erst seit heute gibt. Eigentlich gibt es solche Neigungen schon seit jeher. So sehen wir an der geschichtlichen Analyse der Religion dass seit Sodom und Gomorra solches Verhalten dem Menschen bekannt ist und ihn in dem Fall auch ins Verderben gestürzt hat. Interessanterweise adressiert die Religion recht offen diese Thematik, wobei wir oft eher beschämt und verlegen darüber reden. An diversen Versen können wir dies sehen (Vgl. 7/80-84). Wenn in der göttlichen Offenbarung diese Thematik explizit angesprochen und offengelegt wird, so wäre es töricht zu denken, dies sei ein eher nebensächliches Thema und man könnte es auch totschweigen.
Über die Verbreitung der Homosexualität wird indes verschieden gesprochen. Statistiken scheinen relativ unterschiedliche Zahlen herauszugeben. Daraufhin könnte man sagen, die Gesellschaft spricht gar nicht so offen über dieses Thema, wie mitunter angenommen wird.
Jeder Mensch hat gewisse Neigungen, die ihn zur Sünde treiben können, denn sie sind mitunter die Prüfung des Menschen. Die Neigung der Homosexualität ist in dem Sinne nicht anders zu verstehen. Jeder Mensch hat Neigungen, daher kann es auch sein, dass z.B. ein Mann solche homosexuelle Neigungen empfindet. So wie die Nähe zum anderen Geschlecht, ohne den Bund der Ehe untersagt wird, wird auch die Nähe zum gleichen Geschlecht untersagt. Manche Empfehlungen werden ausgesprochen um solchen Neigungen entgegen zu wirken:
1. Fasten
2. Häufiges Rezitieren des Qurʾāns und das Gedenken Gottes
3. Bücher zur Auslegung und Vertiefung des Islams lesen
4. Häufig über Gott reflektieren
5. Den Tod und die Bedeutung des Tods gedenken
Wie kommt es allerdings zu solchen Neigungen? Auf genetisch-biologischer Ebene können wir erstmal darauf zu sprechen kommen:
Eigentlich haben wir in unserem Körper Hormone des anderen Geschlechts, allerdings in sehr geringem Maße. Wenn dem nicht so wäre, wären auch alle Männer sehr rau und chauvinistisch und alle Frauen wären sehr empfindsam und sensibel. Die Geschlechter könnten sich kaum noch verstehen geschweige denn verständigen. Diese normalerweise minimalen Ausprägungen können aber durch genetische und hormonelle Störungen oder Ungleichgewichten in Form von gewissen Neigungen verstärkt auftreten. Jemand der unter solchen Umständen geboren wird, kann schon ab der Geburt an gewisse Neigungen noch stärker entwickeln bzw. erleben. Ferner können solche Neigungen auch innerhalb des sozialen Lebens gefördert werden. Dazu wollen wir einige Memoiren eines Psychiaters in Übersetzung darstellen:
In den letzten Tagen hatte mich ein Kollege aus der Psychiatrie angerufen. Nach einem kleinen Gespräch kam er auf den Punkt und sagte: Du weißt, die letzten Forschungen haben ergeben, dass in manchen Situationen die Homosexualität fast unausweichlich ist. Man hat auch festgestellt, dass es einen genetischen Faktor seit Geburt gibt bei diesen Dingen. Das hast du bestimmt auch gelesen. Also aufgrund der, seit der Geburt vorhandenen Neigung dieser Leute, zumindest ein Teil von ihnen, entwickeln sie sich in diese Richtung. Das ist mittlerweile offen. Aber aus islamischer Sicht ist diese Neigung nicht akzeptabel und wir können sogar nachlesen, dass es bestraft werden muss. Wie löst du diese Paradoxie?
Ich sagte zu ihm: Es ist vielleicht ein komisches Beispiel aber du weißt, dass die vielfache Ehe für Männer mit mehreren Frauen schon fast eine genetische und natürliche Neigung ist. Bist du denn vielfach verheiratet? Da sagte er: Natürlich nicht. Ich beharrte darauf und fragte: Warum nicht? Hast du so eine Neigung nicht? Sei bitte ehrlich. Da sagte er: Eigentlich schon. Aber so wie meine Frau das nicht erlauben würde, gibt es vielerlei Hindernisse durch gesellschaftliche Regeln, Gesetzen etc. Und nicht zuletzt würde ich mich in die Sünde begeben. Daher denke ich nicht einmal daran.
Ich entgegnete ihm: Du hast eben deine eigene Frage beantwortet. Es mag sein, dass für manche Personen solche Neigungen intensiv vorhanden sind und aus genetischen Gründen diese weiterhin intensiviert werden, wodurch die Homosexualität unausweichlich wirkt. Aber man erwartet, dass sie ihre Neigungen in Kontrolle halten, das können sie durchaus bewerkstelligen.
Er sagte: So habe ich darüber nicht nachgedacht. Er zögerte kurz und redete weiter: Aber du weißt ja z.B. manche Störungen im Gehirn, wie z.B. die temporale Epilepsie, können zu aggressiven und schwer kontrollierbaren Verhaltensweisen führen. Wird jemand dann aufgrund der Wirkung solch einer Krankheit, sagen wir ohne ein Bewusstsein dafür zu haben, für einen Mord strafmündig? Laut dem 46. Oder 47. Punkt des türkischen Strafrechts wird seine Strafe entweder erleichtert oder aber komplett erlassen. Was wirst du mir dazu sagen?
Ich sagte: okay. Wenn seine Strafe erlassen wird und er danach wieder jemanden ermordet, wird er dann wieder einfach frei gelassen? Oder wird er in Gewahrsam genommen damit er therapiert werden kann und dann lange zur Kontrolle beobachtet?
Er gab mir nochmal Recht.
In der Pubertät und im Übergangsalter kann es vorgekommen sein, dass ein Jugendlicher aus Neugier solche Erfahrungen gemacht hat. Man könnte vielleicht sogar fast von einem kindischen Fehler sprechen. Die eigentlichen Vorbeugungsmaßnahmen müssen aber danach getroffen werden. Oftmals denkt man sich später, man habe einen großen Fehler begangen und so bereut man die Tat in der Vergangenheit zutiefst. Dabei kann es das genaue Gegenteil bewirken, wenn man sich zu intensiv beschuldigt und hinterfragt, wer oder was man wirklich ist. Zunehmend redet man sich vielleicht ein man sei ja doch homosexuell und so übernimmt man das auch, obwohl alles z.B. durch einen Fehltritt im jungen Alter und eine darauf folgende Depression beruht.
In jedem Fall ist das Verschweigen von Gedanken, Neigungen und Fehltritten kontraproduktiv, wenn man stattdessen das innere Zerwürfnis auswählt. So gibt es Fälle, wo z.B. Männer durch einen Parasiten einen intensiven Juckreiz am Anus verspüren. In einem Fall beschreibt ein Psychiater, dass sein Patient auf diese Weise homosexuell wurde. Der zunehmende Juckreiz hat ihn nämlich immer öfter in Zweifel gebracht, ob er nicht doch homosexuell sei. Verschämt das Problem oder die Sachlage zu verschweigen und aus Stolz nicht nach Hilfe zu fragen, bringt einen oftmals genau dahin, wo man eigentlich eben nicht hinwollte.
Es lassen sich im therapeutischen Sinne einige Punkte markieren:
1. Man darf solch sensible Themen und Fälle weder totschweigen noch überstrapazieren. Ein kontrolliertes Eingreifen und ein stillschweigende jedoch wachsame Beobachtung sind von Nöten.
2. Man sollte bereits ab dem Kindesalter das geschlechtsspezifische Profil des Kindes prägen indem man ihn/sie z.B. entsprechend kleidet und passendes Spielzeug kauft.
3. Das Kind hat beim Heranwachsen, insbesondere zu manchen Phasen ein gesteigertes Interesse an der Sexualität. Man muss das Kind vernünftig aufklären. Damit ist nicht gemeint, die Homosexualität detailliert auszuführen. Es ist aber gesund wenn man über natürliche Neigungen, die ein Mensch unter Umständen empfinden kann zu sprechen und sie nicht direkt zu stigmatisieren. Sich zu schämen wird indes nur kontraproduktiv sein. Man darf dabei nie vergessen, dass Kinder ohnehin nicht nach Sachen fragen, für deren Aufnahme sie sowieso nicht die Kapazitäten haben. Wenn ein Kind nach etwas fragt, hat es also ein Anrecht auf eine zufriedenstellende Antwort, vorausgesetzt man hat auch die richtigen pädagogischen und didaktischen Mittel, diese darzulegen.
4. Insbesondere in der Pubertät muss das Kind mit seinem gleichgeschlechtlichen Elternteil viel Zeit verbringen und viel teilen können. Insbesondere jene Väter sind hier angesprochen, die nur zum Schlafen nach Hause kommen und mit der Ehefrau nur kommunizieren, wenn es um die Wäsche oder das Essen geht.
5. In der Familie muss der Vater eine gewisse Souveränität ausstrahlen können. Wenn – wie mittlerweile häufig der Fall ist – die Frau aktiv und souverän ist, während der Mann passiv und stillschweigend ist, werden die Rollen in den Augen des Kindes vertauscht und die Rolle der Mutter bzw. der Frau wird möglicherweise beneidenswert.
6. Übermäßig harte Reaktionen und Verbote werden in solchen Fällen die Neugier nur noch steigern. Wenn ihr nicht redet und nicht reden lässt, werden die Fragezeichen im Kopf des Jugendlichen nicht verschwinden. Sie werden im Gegenteil ihn stillschweigend immer mehr beschäftigen.
7. Die Hilfe eines professionellen Psychiaters sollte aufgesucht werden, wenn man nicht mehr weiter weiß.
Die Homosexualität ist darüber hinaus nicht nur unter Männern bekannt. Auch unter Frauen gibt es die Homosexualität. Bei Männern scheint dies aber intensiver erlebt zu werden. In der Regel schafft es eine gesunde und erfüllende Ehe und ein zufriedenstellendes Sexualleben, viele Probleme zu lösen. Trotzdem sollte man seine Vorkehrungen treffen.
Leider vernachlässigen wir die Schamzone und das sittliche Verhalten unter dem gleichen Geschlecht immer öfter, während selbiges beim Umgang mit dem anderen Geschlecht penibel beachtet wird. Das ist auch mitunter Teil des Problems. In der Hinsicht empfiehlt es sich ein wenig in die Bücher zu schauen und zu lernen inwiefern ich mich gegenüber meinem selbigen Geschlecht zu verhalten habe und was Sitte und Anstand hier ausbilden. So hat ja z.B. die Frau auch gegenüber anderen Frauen unter Umständen die Pflicht zum Kopftuch.
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Und wenn man noch nie vom Islam gehört hat? Kommt dann etwa auch in die Hölle?
*Wir wollen in einigen kurzen Sätzen erläutern was der Begriff „Ehli fetret“ bedeutet: Unter Ehli fetret versteht man meist die Gruppe von Menschen, die in der Zeit zwischen zwei Propheten lebten. Dies könnte man als eine Art Pause oder Unterbrechung (der Offenbarung) sehen. Somit lebten diese Menschen zu einer Zeit wo die göttliche Offenbarung nicht offenkundig und eindeutig fixiert wurde. Wir werden im Text fortwährend den Begriff „Zwischenzeit“ hierfür verwenden.
Diese Information finden sie in dem Buch „Faysalü’t-Tefrika Beyne’l-İslâm ve’z-Zendeka“ unter dem Abschnitt „Toleranz im Islam“ übersetzt von Süleyman Uludağ, auf den Seiten 60 und 61.
Was geschieht mit denen die den Islam nicht kennen bzw. noch nie etwas darüber gehört haben? Was genau versteht man unter „den Islam nicht kennen“?
Bevor wir mit dem eigentlichen Thema beginnen, halten wir es für sinnvoll an folgende Wahrheit zu erinnern. Jemanden zur Rechenschaft zu ziehen ist ganz allein Gott vorbehalten. Die Schöpfung hat kein Recht Ihn Fragen zu stellen oder Ihn zu Rechenschaft zu ziehen.
Der einzige Eigentümer und Richter des ganzen Besitzes ist Gott der Allmächtige. Der König von Ewigkeit zu Ewigkeit kann sein Reich so verwalten wie er es vorsieht. Doch da Er ja der Allweise, Gerechte und der Allbarmherzige ist, verwaltet er sein Reich mit Weisheit, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit. Niemand außer Ihm selbst ist zu seinen Geschöpfen Barmherziger. Die Person die von den Fragestellern oben bemitleidet, aber in Wirklichkeit als Entschuldigung für ihre eigenen Sünden vorgeführt wird, ist ein Diener Gottes. Wir beziehen uns hier nur auf den Menschen. Derjenige, der ihn in der Gebärmutter als er noch ein Tropfen war, mit seiner Barmherzigkeit und seiner Gnade zum Menschen formte, der ihm ein Verstand gab und die nötigen Utensilien um in dieser Welt seinen Nutzen zu ziehen, ist einzig und allein Gott der Allmächtige. Wenn das aber so ist, dann ist niemand gütiger zu ihm als sein barmherziger Schöpfer.
Wenn man sich mit Themen wie dem Schicksal und der Gerechtigkeit befasst, darf man diese Wahrheit nicht außer Acht lassen. Jeder Mensch auf diesem Planeten, hat seine eigene kleine Welt, in Bezug auf seine Lebensbedingungen, seinem familiären Umfeld, den Herausforderungen bei der Sicherstellung seines Lebensunterhaltes und der Gesellschaft in der er sich befindet. Die vollkommene Weisheit die da hinter steckt wissen wir nicht, doch haben wir keinerlei Zweifel dass unser Schöpfer der „Gerechte“ ist und dass die Resultate aus diesem Leben uns im Jenseits zur Schau gestellt werden. Der folgende Vers gibt uns kund davon.
Wer nun im Gewicht eines Stäubchens Gutes tut, wird es sehen. Und wer im Gewicht eines Stäubchens Böses tut, wird es sehen. (Sura az-Zilzāl 8)
Viele Umstände (Reichtum, Macht, Gesundheit usw...) die wir hier auf der Erde für nützlich halten, werden für viele, auf der anderen Seite zu Last, denn sie tragen eine große Bürde. Und viele Umstände (Armut, Krankheit usw...) die wir hier für eine Last und Bürde halten, werden ein Grund „unter der Bedingung das wir Geduldig sind“ zur Vergebung unserer Sünden.
Am Auferstehungsplatz werden alle ihr zustehendes Recht bekommen. Sogar zwischen Tier und Mensch oder aber auch die Tiere untereinander. Selbst ein Ungläubiger wird, falls ihn ein Muslim sein Recht beraubt hat, sein Recht bekommen. So ein oberster Gerichtshof wartet auf uns. Der absolut Gerechte der selbst die kleinsten Rechte zwischen den Tieren mit einer empfindlichen Waage, deren Art wir nicht kennen, wiegt, wird selbstverständlich auch über den Menschen mit seiner absoluten Gerechtigkeit urteilen.
Die Einflüsterungen in Hinsicht auf das Schicksal und die göttliche Gerechtigkeit, die einige Menschen plagen, entsteht aus der Außerachtlassung jenes Tages des Obersten Gerichtes.
Ohne Berücksichtigung dieses Tages ist es sicherlich unmöglich zu begreifen wie sich die göttliche Gerechtigkeit in dieser irdischen Prüfung offenbart.
Man sollte nicht vergessen dass an jenem Tag an dem selbst das geringste Übel berücksichtigt werden wird, auch jene die Gottes Gerechtigkeit verleugnet haben, zur Rechenschaft gezogen werden. Die Weisheit erfordert es, die Themen die man nicht versteht zu lernen und zu erforschen, anstatt gegen sie Einwände zu erheben. Außerdem sind sie eine Form des Gottesdienstes. Ein Beispiel: Das Medizinische Niveau auf dem wir uns heute befinden ist eine Folge dessen, das wir wissen, dass der ewige Verwalter den Menschen und all seine Körperteile mit vollkommener Weisheit erschaffen hat. Jedes einzelne Körperteil hat seine Funktion. Ein Arzt der behaupten würde, dass ein Körperteil bei dem er nicht weiß was für einen Zweck er erfüllt, wäre sinnlos, würde somit lediglich seine eigene Unwissenheit zur Schau stellen. Seine Unwissenheit ist kein Beweis dafür, dass der Körperteil unnütz ist. Genauso ist derjenige der Zeugnis für die absolute Gerechtigkeit Gottes abgegeben hat, zum Glauben verpflichtet, dass sich in allen Geschehnissen die göttliche Gerechtigkeit vollzieht. Man sollte die Antworten auf die sich ergebenden Fragen unter diesem Verständnis suchen. Gott der Allmächtige sagt im heiligen Qurʾān:
Gott erlegt keiner Seele mehr auf, als sie zu leisten vermag. (Sura al-Baqara 286)
Somit mach Gott deutlich, dass Er seinen Dienern keine Lasten auferlegen wird, die sie nicht tragen können. Sowie es Lasten gibt die der Körper nicht tragen kann, so gibt es auch Wahrheiten die der Verstand alleine nicht erreichen kann. [….]
Lassen sie uns das Thema mit einigen Beispielen erklären:
– Einer der so Krank ist, das er nicht mehr auf den Beinen stehen kann, verrichtet das Gebet sitzend.
– Jemand der nicht sitzen kann oder nicht in der Lage ist sich zu bewegen kann sein Gebet zu einem späteren Zeitpunkt nachholen.
– Jemand der während der Fastenzeit versehentlich was isst, muss nicht erneut fasten.
– Jemand dem man unter Zwang etwas verbotenes zu Essen gegeben hat, wird dafür nicht haftbar gemacht.
– Ein armer Muslim muss weder die Pilgerfahrt vollziehen, noch die Almosensteuer entrichten.
Es gibt noch viele weitere Beispiele die man hier aufführen könnte.
Dies sind alles Beweise dafür, dass Gott der absolut Gerechte ist und seinen Dienern keine Lasten aufträgt die sie nicht tragen können. Gott hat mit seiner absoluten Gerechtigkeit die Verantwortung des Menschen sowohl durch seine körperlichen und materiellen Gegebenheiten als auch durch seinen Grad an Verständnis der Glaubenswahrheiten und der islamischen Bestimmungen eingeschränkt. Das heißt, auch dem Verstand trägt Gott keine Lasten auf die er nicht tragen kann. Auch ist es erforderlich diese Wahrheit zu kennen:
Da des Menschen eigentliche Aufgabe in dieser Welt der Glaube an Gott und der Gehorsam ihm gegenüber ist, hat der freigiebige Schöpfer auch dem am niedrigsten entwickelten Verstand die Fähigkeit gegeben seine Existenz zu erkennen. Obwohl man mit wenig Verstand zwar die weltlichen Angelegenheiten nur schwerlich zu tun vermag, kann man trotzdem erkennen dass dieses Universum einen Schöpfer haben muss. Andererseits, wenn jemand der nur eine Hand hat und damit seine weltlichen Angelegenheiten nur zum Teil bewerkstelligen kann, auch noch die andere Hand und seine beiden Beine verliert, schränkt ihn das nicht im geringsten darin ein Gott zu erkennen und sich seiner Existenz bewusst zu sein. Nachdem sein Verstand realisiert hat, dass es einen Schöpfer für dieses Universum gibt, verrichtet er seine Gottesdienste in dem Grade in dem es sein Körper zulässt.
Gott der absolut Gerechte hat jedem genug Verstand verliehen um diese Prüfung auf der Erde zu bestehen. Psychisch Kranke oder diejenigen die die Pubertät nicht erreicht haben sind von der Prüfung befreit.
Nach diesen Erläuterungen kommen wir zu den vorhandenen Deklarationen zum Thema Zwischenzeit
Die Frage lautet: Wie wird die Gerechtigkeit bei der Prüfung zweier Personen gewahrt, wenn der eine an irgendeinem abgelegenen Ort der Welt oder in Gefangenschaft auf die Welt kommt und der andere in einem islamischen Land geboren wird und dort lebt? Dazu müssen wir erst einmal folgendes sagen: Gemäß Maturidi, einem Gelehrten der hanafitischen Rechtschule, ist eine wie oben beschriebene Person lediglich damit betraut zu erkennen und zu wissen das er selbst und diese Welt einen Erschaffer hat. Da er die anderen Glaubenswahrheiten und islamischen Bestimmungen mit seinem Verstand nicht zu erreichen vermag, ist er für diese nicht haftbar. Nach der Anschauung des Gelehrten Eschari, dem auch die meisten Anhänger der schafiitischen Rechtschule folgen, gehört so eine Person selbst wenn sie nicht an Gott glaubt zu den Erretteten. Doch folgen die meisten Gelehrten der Ansicht von Maturidi.
Der verstorbene Gelehrte Ömer Nasuhi Bilmen sagte zu diesen Thema folgendes:
Diejenigen die in der Zwischenzeit Zeit leben und die auch von Propheten nichts gehört haben, sind dennoch verpflichtet Zeugnis für Gottes Existenz abzulegen. Denn die Fähigkeit des Denkens und die Natur des Menschen führt ihn zu Gott und zur Einheit Gottes.
Jedoch sind sie befreit von anderen religiösen Verpflichtungen. Denn wenn diese nicht von einem Propheten verkündet wurden, vermag man diese nicht mit seinem Verstand zu ergründen.“
Zwischenzeit bedeutet so was wie Unterbrechung, eine Zeit zu der keine Propheten gesandt wurden und es eine Unterbrechung der göttlichen Offenbarung gab. Insbesondere wird der Ausdruck für die Zeit zwischen den Propheten Isa (as) und dem Propheten Muhammed (s.a.s.) verwendet. Zu diesen Menschen sagt man das sie in der Epoche der Zwischenzeit gelebt haben. Diejenigen die nach unseren Propheten zur Welt kamen, auf einem Berg lebend oder an einem abgelegenen Teil der Erde und die auch nichts vom Islam gehört haben, gelten ebenfalls als Personen der Zwischenzeit.“
„Da sie in dieser Hinsicht als entschuldigt gelten sind sie nicht mit den göttlichen Geboten bzw. Beschlüssen wie das Fasten oder das rituelle Gebet verpflichtet. Lediglich in Bezug auf die Verpflichtung an die Existenz Gottes zu glauben, gibt es Meinungsverschiedenheiten. Nach der Ansicht von dem Gelehrten Aschari reicht es nicht aus Gottes Existenz nur mit den Verstand wahrzunehmen. Er ist der Meinung, die Verpflichtung an Gott zu glauben muss mit der Religion gefestigt werden. Ungläubige aus der Zeit der Zwischenregierung würden daher nicht mit dem Feuer der Hölle bestraft werden. Folgender Vers bestätigt das:
„Wir strafen nicht eher, bis Wir einen Gesandten geschickt haben.“ (Sura al-Isrāʾ 15)
Jedoch sagen die meisten Gelehrten und Anhänger von Maturidi, an Gott dem Allmächtigen zu glauben ist eine Notwendigkeit. Jeder kann die Einheit Gottes mit seinen Verstand begreifen…
Egal wo auf der Welt und in was für einer Zeit sich ein Mensch befindet, es kann nicht zulässig sein, dass er gemäß seiner Vernunft die Existenz Gottes nicht schlussfolgern kann, wo doch fortwährend zu tausenden immer wieder die Pracht des Erschaffenen bzw. der Geschöpfe dem Menschen ins Auge stoßen und Zeugnis ablegen für den der alles aus dem Nichts erschafft.… Die in dem obigen Vers erwähnte Strafe, die nicht verhängt wird, bezieht sich auf das Diesseits nicht auf das Jenseits. Oder aber die in dem Vers nicht verhangene Strafe bezieht sich auf religiöse Handlungen und Verpflichtungen die nicht ausgeführt wurden, weil deren Verständnis für den Verstand unmöglich war. Wissen über unseren Schöpfer welches man mit seinem Verstand hätte erwerben können, aber nicht getan hat, umfasst es jedoch nicht.“
„Deswegen ist niemand mit einen Gesunden Verstand entschuldigt Gott nicht zu finden. Einigen Gelehrten zufolge gibt es drei Arten von Menschen die in dieser Zwischenregierung gelebt haben.
1. Diejenigen die obwohl sie in der Zwischenregierung gelebt haben, Gott und seine Einheit mit ihren Verstand gefunden haben. Diese Menschen werden ins Paradies eingeladen.
2. Menschen die Gott jemand (im Sinne eines Götzen) beigesellen. Sie werden in die Hölle verbannt.
3. Diejenigen die ihr ganzes Leben in Achtlosigkeit gelebt haben und ihren Geist und Verstand nicht beschäftigt haben Gott zu finden. Bzgl. dieser Gruppe gibt es unterschiedliche Auffassungen.
„Bediüzzaman“ Said Nursi sagt über die Menschen in der Zwischenregierung folgendes:
Doch nach dem Geheimnis der Ayah sind die Menschen, die in einer Zeit zwischen den Propheten (saman-i fetret) leben, gerettet. Und es wird allgemein bestätigt, dass sie für ihre kleineren Fehler nicht bestraft werden. Nach Imam Schafi und Imam Asch’ari sind sie selbst wenn sie dem Unglauben verfallen sind und sich nicht an die Grundlagen des Glaubens halten, dennoch gerettet. Denn die Verantwortung vor Gott erfolgt aus der Sendung (eines Propheten). Aus der Sendung erfolgt die Verantwortung durch die Erkenntnis. Da Gottvergessenheit und der Ablauf der Zeit den Glauben der vorhergegangenen Propheten verdunkelt hatte, war er für diese Menschen der Zwischenzeit nicht mehr beweiskräftig genug. Wenn sie dennoch gehorchen, empfangen sie ihren Lohn, falls nicht, werden sie doch nicht bestraft. Denn da (ihnen ihr Glaube) verborgen blieb, konnte er ihnen auch nicht als Beweis dienen. (28.Brief)
Hier könnte eine Frage in denn Sinn kommen.
„Was passiert mit den Menschen die den Namen unseren Propheten (s.a.s.) zwar gehört haben, aber jedoch immer mit negativer Propaganda?“
Diese Frage beantworten wir, indem wir aufzeigen wie der Gelehrte al-Ghazālī die Menschen klassifiziert. In dieser Klassifizierung nimmt der Gelehrte die Situation der in jener Zeit lebenden Christen und zu dem Zeitpunkt noch Nichtmuslimischen Türken zu Hand. Er sagt folgendes:
Nach meiner Überzeugung, wird Gott der Allmächtige insallah viele der zu unserer Zeit lebenden Griechen, Christen und Türken seine Barmherzigkeit zuteil werden lassen. Gemeint sind hierbei die in fernen Ländern lebenden Griechen und Türken, die noch nicht zum Islam eingeladen wurden. Wir unterteilen sie in drei Gruppen:
a. Die die noch nie den Namen unseres Propheten (s.a.s.) gehört haben.
b. Die Menschen die unseren Propheten (s.a.s.) sowie von seinen Eigenschaften und Wundern gehört haben. Dies sind Menschen aus benachbarten Regionen eines islamischen Landes, oder unter Muslimen lebende Menschen. Dies waren Ungläubige.
c. Die Menschen die sich zwischen diesen zwei Gruppen befinden. Auch wenn sie von unseren Propheten (s.a.s.) gehört haben, so haben sie nichts über seine Eigenschaften und Besonderheiten gehört. Genauer gesagt haben sie von Kindheit an nur schlechtes über unseren Propheten (s.a.s.) gehört wie z.B.: „Es ist >>Gott bewahre<< nur ein Lügner namens Muhammed der ein Anspruch auf ein Prophetentum will.“ Ganz wie in unserer Kinderzeit „el-Mukaffa“ der sich als Prophet ausgegeben hat. Nach meinen Befinden. Denn sie haben den Namen des Propheten (s.a.s.) stets im Zusammenhang mit dem Gegenteil seiner tatsächlichen Eigenschaften gehört. Dies wiederum verleitet den Menschen nicht dazu darüber nachzudenken und nach der Wahrheit zu forschen Toleranz im Islam, [übersetzt von Süleyman Uludag]
Heutzutage ist es möglich sowohl in christlichen wie auch in kommunistischen Ländern, auf Leute, wie sie der Gelehrte al-Ghazālī in der dritten Gruppe klassifiziert hat, anzutreffen. So wie es Menschen gibt, die in christlichen Ländern fern abgelegen von jeglicher Zivilisation und Möglichkeit die Wahrheit über die Religion zu finden, leben, so findet man auch Menschen die in kommunistischen Ländern in Gefangenschaft leben und fern davon sind je zu wissen was eine freie Welt bedeutet. Es ist offenkundig wie schwer es unter solchen Voraussetzungen ist den Islam, welcher die Religion der Wahrhaftigkeit ist, zu finden. Der Allweise Schöpfer in seiner endlosen Weisheit und mit seiner allumfassenden Barmherzigkeit wird diese Menschen natürlich den Bedingungen entsprechend behandeln.
Und es ist offensichtlich, dass die Verantwortung eines Komitees der Aufruhr und Defätismus, welches hinter dem Vorhang eines Regimes mit den Zweck des absoluten Unglaubens gegen die Religion, den Glauben und speziell den Islam Intrigen/Komplotte plant, nicht gleich zu setzen ist mit den vergessenden/unachtsamen und unterdrückten/leidtragenden.
In diesem Zusammenhang möchten wir „Bediüzzaman“ Said Nursi nochmal zitieren, der folgendes über unschuldige bzw. unter Tyrannei leidende Christen sagt.
Denn in dieser Endzeit hat sich ja zudem auch noch ein Vorhang der Gleichgültigkeit, eine Art Zwischenzustand (fetret) über die Religion (din) im allgemeinen und die Religion des Propheten (Din-i Mohammedi), über dem Friede und Gottes Segen sei, herabgesenkt. Doch wird in dieser Endzeit der wahre Glaube Jesu, mit dem Friede sei, wiederhergestellt werden, sodass sich mit Sicherheit sagen lässt, dass die z.Zt. noch im Dunkel dieses Zwischenzustandes (fetret) verharrenden Christen, welche unschuldig mit ins Unglück hineingezogen worden sind, Schulter an Schulter mit den Muslimen auch eine Art von Märtyrern genannt werden können. Besonders die Alten, vom Unglück geplagten, die Armen und Schwachen litten unter der Macht und Gewalt der großen Diktatoren und ihrer Grausamkeit. Sowie deren erlittenes Leid eine Sühne sein wird für die Sünden die herrühren aus ihrer der Kultur entsprungenen Wollust und dem Unglauben der fehlgeleiteten Philosophie, so wird es für sie ein hundertfacher Gewinn sein. Wenn nun aber diejenigen, welche unter dieser Katastrophe leiden, den Unterdrückten zu Hilfe eilen und sich für den Frieden der Menschheit, die Erhaltung der Grundlagen des Glaubens und all dessen, was dem Menschen hoch und heilig ist, und die Achtung der Menschenrechte einsetzen, dann ist das Ergebnis eines solchen opferbereiten Einsatzes für das innerliche Leben und im Jenseits umso größer. Das hat zur Folge, dass diese Katastrophe (musibet) für sie zu einem Grund wird, auf den sie stolz sein können (medar-ı şeref) und worüber sie sich freuen dürfen. (Bediüzzaman Said Nursi, Briefe aus Kastamonu, S.103)
Die obigen Aussagen sind eine kurze Zusammenfassung über die Ansichten der Gelehrten, der sunnitischen Gemeinde. Wir fanden die obigen Erläuterungen für ausreichend und haben nicht auf weitere Quellen zurückgegriffen. Wer zu diesen Thema mehr wissen will kann andere theologischen Bücher, insbesondere das Werk von Abdurrahman Cezerî "Mezâhib-i Erbaa" sowie das Werk von Aliyyü'l-Karî "Şerhu'l-Emâli und Şerh alel-Fıkhi'l-Ekber, lesen.
Nun möchten wir uns einen weiteren Aspekt der gestellten Frage ansehen:
Wenn jemand in einem islamischen Land zur Welt kommt, bedeutet es nicht zwangsläufig, dass er auch ins Paradies eingeladen wird. Diejenigen die sich ein wenig mit der islamischen Geschichte auseinandergesetzt haben wissen, dass unser Prophet (s.a.s.) jüdische Nachbarn hatte, die den Islam nicht angenommen und ihr ganzes Leben den jüdischen Glauben ausgelebt haben. Obwohl der Islam zu Zeit unseres Propheten (s.a.s.) seine lebendigste Zeit hatte, gab es in Mekka immer noch Götzenanbeter und Heiden. Wenn jeder Mensch der in Mekka zur Welt kommt Muslim werden müsse, dann müsste es erfordern, dass sowohl Ebu Cehil als auch Ebu Leheb, der Onkel unseres Propheten (s.a.s.) Muslim werden.
Wie bekannt ist, war selbst der Vater des Propheten Abraham ein Götzenanbeter. Auch die Frau des Propheten Lot oder aber Frau und Sohn des Propheten Noah gehörten zu den Ungläubigen. Auf der anderen Seite jedoch, haben wir den Propheten Moses, der im Palast ja auf dem Schoße eines gottesleugnerischen Pharao aufgewachsen ist. Und auch die Frau vom Pharao zählte zu den Gläubigen.
Das heißt, ein jeder der seinen Schöpfer sucht und sich ihm zuwendet, der wird rechtgeleitet. Selbst wenn er auf dem Schoße eines Pharao aufwächst. Wenn ein jener aber Blind gegenüber der Wahrheit ist, wird ihn sein Vater oder Sohn nicht retten können, selbst wenn dieser ein Prophet ist. Obwohl es in den Islamischen Ländern überall Moscheen, Minaretten, Gebetsrufe, islamische Bräuche ja sogar Grabsteine gibt, die auf den Islam aufmerksam machen, gibt es nicht dennoch eine Vielzahl von Menschen die fern vom Islam und fern von Gottes Geboten leben?
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Eine grandiose Gelegenheit: Die Zehn Tage im Monat Zilhidja
Eine grandiose Gelegenheit: Die Zehn Tage im Monat Zilhidja
Am Dienstag den 15 September 2015 ist der Beginn der gesegneten 10 Tage des Monats Zilhidja angesetzt. Zilhidja ist ein Monat des Vergebens. Zihidja ist der zwölfte Monat im islamischen Kalender und ein Monat in dem gepilgert wird, welches gleichzeitig eines der fünf Grundpfeiler im Islam ist
Wie schon oben erwähnt, nennt man die ersten Zehn Tage im gesegneten Monat Zilhidja
„layāli-l-ašara“, der zehnte Tag ist der erste Tag des Opferfestes.
Um diesen Wert der Tage zu verstehen sagte unser Prophet (s.a.s.)
„Es gibt keine Tage, bei denen Allah mit den guten Taten so sehr erfreut wird, wie bei diesen 10 Tagen. Das Fasten an jenen dieser Tage, entspricht einem Jahr Fasten und jedes verrichtete Gebet in der Nacht, entspricht der Nacht des Bestimmung.“ (Tirmizi: Savm, 52; İbn Mace: Sıyam, 39)
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Warum erschafft Allah nicht alle Menschen mit gleicher Gesundheit?
1. Gott ist der Eigentümer von allem. Er verfügt über sein Eigentum so wie Er will. Niemand vermag es sich da einzumischen. Derjenige der die kleinsten Teilchen in unserem Körper geschaffen hat, das ganze System für uns konstruiert hat und uns die menschliche Identität gegeben hat, ist Gott der Allmächtige. Die Menschen haben den Allmächtigen der ihnen all diese Gaben schenkt ja nicht irgendwas gegeben, so dass sie ein Recht hätten zu klagen.
Wenn die Menschen, für das was sie bekommen haben im Gegenzug dem Schöpfer irgendwas gegeben hätten, dann hätten sie vielleicht das Recht zu sagen "Gib mir zwei Augen nicht eins, ich will zwei Hände und nicht eins" oder sie könnten Einwände erheben wie "Warum hast du mir nur ein Fuß gegeben". Jedoch haben wir Gott nichts gegeben um Ihm Ungerechtigkeit vorzuwerfen. Unrecht entsteht durch ein nicht zugestelltes Recht. Welches Recht haben wir denn ihn gegenüber, dass du davon sprechen kannst, mein Recht wurde mir nicht zugewiesen und so hat man mir Unrecht getan?
Gott der Allmächtige hat uns aus dem Nichts erschaffen und noch dazu als Mensch. wenn wir aufmerksam hinsehen werden wir sehen, dass es eine menge Geschöpfe gibt die im Gegensatz zu dir, nicht so viele Gaben der Gnade erhalten haben.
2. Manchmal nimmt der Allmächtige den Menschen ein Fuß weg, gibt ihn aber dafür im Gegenzug im Jenseits sehr vieles. Indem er den Fuß von jemandem nimmt, vermittelt er ihn, dass er auch nur ein hilfloses Geschöpf ist das voller Schwäche ist und Hilfe bedarf. Wenn er das Herz zu sich wendet und die Empfindungen entwickeln lässt, wird er eine Menge gegeben haben während er nur wenig genommen hat. Das bedeutet, auch wenn man es äußerlich nicht erkennen kann, ist es in Wirklichkeit eine Gabe von Gott. Genauso wie Er jemandem, der im Krieg gefallen ist, das Paradies gibt. Nehmen wir mal an ein Mensch stirbt im Krieg. Dann wird ihm am Tag der Abrechnung und vor der Gegenwart Gottes, ein Rang zugewiesen, den selbst die Aufrechten und Rechtschaffenen beneiden. Die anderen Menschen die das sehen werden, werden sagen "Hätte uns doch nur Gott auch auf dem Schlachtfeld das Martyrium verliehen". Deswegen kann man nicht sagen ein Mensch hat viel verloren, auch wenn er in Stücke zerrissen sein sollte. Vielleicht ist das, was er im Vergleich dafür erhält immens größer.
Auch wenn einige wenige Menschen dadurch enttäuscht, verärgert und deswegen den falschen Weg eingeschlagen haben, haben die meisten Menschen durch ihren Mangel ein Anlass gehabt sich Gott zuzuwenden. Daher sollten Klagende nicht versuchen ihren Kummer zu verbreiten. Das wichtigste ist es in der Seele welche eine Kandidatur für das ewige Leben bereithält die Sehnsüchte nach dem Jenseits und der Nachwelt zu wecken. Und wenn der Mensch mit einem Mangel, durch eben diesen Mangel zu Gott gefunden hat und andere dadurch eine Lehre erkannt haben ist der Zweck und die Weisheit dahinter erfüllt.
In jedem Handeln steckt eine Weisheit, absurde Handlungen begeht Gott nicht (Ibrahim Hakki Hz.)
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Wie kann man sich, wenn man mit dem Gebet neu anfängt, daran (bzw. an den Rhtymus) gewöhnen?
hier hilft uns folgende Überlieferung weiter. Als der Prophet (s.a.v.) seinen Gefährten und engen Vertrauten "Muāz ibn Ǧabal" nach Yemen sandte, erteilte er ihm folgendes:
"Du gehst zu einem Volk welches eine Offenbarungsschrift erhalten hat ("ʾahlu al-kitāb"). Ruf sie zunächst dazu auf, Gott zu dienen. Wenn sie Gott anerkennen, sag ihnen, dass Gott ihnen sowohl in der Nacht als auch im Tag 5 Gebetszeiten auferlegt. Wenn sie das Gebet verrichten; sag ihnen dass Gott, unter Anbetracht dass man es von den Wohlhabenden nimmt und es den Armen gibt, ihnen die Gabe der Almosen auferlegt ("zakāt"). Wenn sie Gehorsam leisten, so nimm dies von ihnen entgegen, nimm von ihnen nicht ihr wertvollstes Gut, hüte dich vom Fluch des Unterdrückten. Denn zwischen seinem Gebet und Gott gibt es keinen Vorhang." (Buhārī, Zakā t, 41, 63, Maǧāzī, 60, Tawhīd, 1; Nasāī, Zakāt, 1; Dārimī, Zakāt, I)
Wie in der Überlieferung hervorgeht, befehligt der Prophet (s.a.v.) Muāz ibn Ġabal damit, den Christen in Yemen die zum Islam beigetreten sind zu sagen, dass das Gebet zu den 5 Gebetszeiten verpflichtend ist. Wenn es um die verpflichtenden Gebete geht, können wir hier, auch um der Angewöhnung willen, keine Makel oder Auslassungen gutheißen. Uns obliegt die Pflicht, jener Person mitzuteilen, dass das Gebet zu den 5 Gebetszeiten verpflichtend ist und dass er diese verrichten muss. Wenn die Person zu Zwecken der Angewöhnung nicht gleich alle 5 Gebetszeiten einhaltet bzw. einhalten kann, so soll sie selbst darüber entscheiden. Wir haben nicht das Recht ihr etwas zu suggerieren bzw. vorzuschreiben.
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Was argumentiert man gegen jemanden der nur an das glaubt was er sieht?
es steht fest, dass Existenz nicht auf die mit Sinnen erfahrbare Ebene beschränkt ist. Mit dem Auge kann der Mensch nur die sichtbare Welt erfassen, mit seiner Zunge nur die Welt der Geschmäcker, mit seinen Ohren nur die Welt der Töne, mit seiner Nase nichts als die Welt der Gerüche. Obgleich Dinge wie Elektrizität, Erdanziehung, Lichtwellen, radioaktive Strahlung und andere Existenzen weder mit dem Auge noch mit Ohr erfassbar sind. Trotzdem wird an diesen Existenzen nicht gezweifelt.
Jene Menschen die ihre Augen vor diesem Prinzip verschließen, und sagen Sie glaubten nur an das was Sie sähen, und den Kosmos nur als sichtbare Materie begreifen, sind in einem Trugschluss. Die Unsichtbarkeit einer Sache ist kein Beweis dafür, dass sie nicht existiert. Denn die sichtbaren Dinge werden in Unserem Kosmos von den unsichtbaren Dingen bei weitem übertroffen. Selbst im menschlichen Körper überwiegen jene unsichtbaren Dinge wie Verstand, Fantasie, Gedächtnis die Sichtbaren.
„Ich glaube nur an das was ich sehe“, bedeutet das Auge mit der Aufgabe des Verstandes zu betrauen. Dabei öffnet ein jeder Sinn dem Menschen ein Tür zu einer anderen Welt; kein Sinn kann die Aufgabe eines anderen übernehmen. Beispielsweise kann das Auge nicht die Aufgabe von Ohr, Zunge oder der Nase erfüllen. Der Mensch kann weder mit dem Auge eine Speise kosten, noch den Klang einer Nachtigall wahrnehmen, genauso ist das Riechen an einer Rose dem Auge nicht möglich. Sowie es dem Auge nicht möglich ist die Funktionen dieser Organe zu erfüllen ist es genau sowenig in der Lage, den Verstand zu ersetzen.
Es steht fest das der Verstand den Künstler erfasst, dessen Kunstwerk dem Auge sichtbar ist. Wer nun behauptet „Ich glaube nur an das was ich sehe“, würde den Künstler verleugnen. Genau wie in diesem Gleichnis ist jener Mensch der die grenzenlose Macht und das grenzenlose Wissen was diesem Kunstgegenstand dem wundervollen Kosmos betrachtet und dennoch seinen Schöpfer leugnet fern von Wissen und Verstand.
Wie wird so ein Mensch, Dinge wie Schöpfung Versorgung und Leben, die die Existenz Gottes wie eine Sonne zeigen erklären können?
„Der Verstand jener welche alles in der Materie zu finden glauben ist auf ihre Auge beschränkt, dem Geistigen ist das Auge allerdings Blind“
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Gott vergibt keinen Götzendienst (shirk). Jedoch wird in der Sura Nisa 153 davon gesprochen dass Götzendiener Vergebung gefunden haben. Ist hier etwa ein Widerspruch vorhanden?
der Vers mit der Bedeutung „Gott vergibt keinen Götzendienst“ (vgl. 4/116, 153) ist dahingehend zu lesen dass diejenigen, die jemanden/etwas Gott beigesellen und in diesem Zustand der Fehlleitung also ohne Buße getan zu haben sterben, als Ungläubige keine Vergebung finden. Die Tür der Vergebung ist darüber hinaus aber immer offen für solche die gesündigt haben und gestorben sind, ehe sie noch Buße tun konnten. Gott vergibt außer dem Götzendienst jede Sünde jederzeit frei nach Seinem Willen (vgl. 4/116, 153). Das „Vergeben“ im Vers ist zweierlei interpretiert.
Erstens. Die hier angesprochenen Juden haben – obwohl sie sich gegenseitig ermordet haben – Reue gezeigt und haben so Vergebung gefunden. Denn wenn die Reue mit aufrichtigem Herzen und den Bedingungen entsprechend getätigt und gezeigt wird, akzeptiert Gott sie nach Seinem Ermessen auch, welche Sünde auch immer dahinter stecken mag. Daher ist der Götzendienst welches nicht vergeben wird, der Götzendienst der ins Jenseits übergeht. Ansonsten wird auch der Götzendienst vergeben, wenn er noch auf der Welt durch Buße und Reue beseitigt wird.
Zweitens. Das „Vergeben“ im Vers beabsichtigt die Erhaltung einiger Juden, während die anderen aufgrund ihres Götzendienstes ihr Verderben gefunden haben. Somit haben die hier gemeinten Juden nicht vollends ihr Verderben gefunden. (vgl. Taberî, Razî, İbn Aşur, Auslegung des Verses)Liebe Leserin, lieber Leser
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Was ist Bidʿa, was ist es nicht?
von Zeit zu Zeit kommt es dazu, dass neuartig wahrgenommene Dinge als verwerfliche, mit dem Islam in Widerspruch stehende Bidʿa („Neuerung“) bezeichnet werden. Daher ist es umso wichtiger zu wissen, was genau als Bidʿa gilt, damit nicht jede Neuheit als solche kategorisiert wird. So hört man häufig Aussagen wie:
„Das Tragen eines Hemdes ohne Kragen ist Sunna, ein Hemd mit Kragen hingegen Bidʿa;“ „Auf dem Boden zu sitzen ist Sunna, auf dem Sofa zu sitzen hingegen Bidʿa;“ „Ohne Mikrofon zum Gebet zu rufen (aḏān) ist Sunna, das Mikrofon dabei zu benutzen hingegen Bidʿa;“ „Mit einer Gebetskappe (Takke) und Turban zu beten ist Sunna, ohne Kopfbedeckung zu beten hingegen Bidʿa;“
Auch wenn hierbei häufig die Erhaltung der Sunna beabsichtigt wird, führen derartig voreilige Beurteilungen zu Streitigkeiten zwischen Familienmitgliedern und Glaubensgeschwistern sowie zu unberechtigten Beschuldigungen Andersdenkender.
Unter den islamischen Gelehrten wurde die Bidʿa-Thematik unter Berücksichtigung des Lebens sowie der Sunna des Propheten (s.a.s) in vielerlei Hinsicht erarbeitet und in ihren Werken beschrieben. Hierbei fokussierten sie sich sowohl auf die allgemeine Bedeutung des Begriffs Bidʿa als auch auf Unterscheidungen im Spezifischen.
So findet sich bei unter anderem aš-Šāfiʿī, an-Nawawī und Ibn ʿĀbidīn inhaltlich die Beschreibung: „Bidʿa ist all das, was nach dem Gesandten Gottes (s.a.s.) aufgekommen ist.“ Demnach ist Bidʿa also zunächst einmal ein weit gefasster Begriff und impliziert sowohl Aspekte der Religion als auch Praktiken und Bräuche aus dem alltäglichen Leben. In Zusammenhang damit wird folgende Überlieferung angeführt:
„Wer meine Sunna aufrechterhält und den Menschen dazu verhilft sich nach ihr zu richten, der wird ohne Abstriche denselben derer Lohn erhalten, denen er zur Ausübung der Sunna verholfen hat. Und wer eine Neuerung erfindet und Schuld daran hat, dass andere nach dieser Bidʿa handeln, dem werden ohne Abstriche dieselben Sünden derer auferlegt, denen er zur Ausübung der Bidʿa verholfen hat.“ (Ibn Māǧa, Muqaddima, 15)
Gleichzeitig unterscheiden die Gelehrten spezifisch betrachtet die Bidʿa in zwei Kategorien: die gute Neuerung (bidʿa ḥasana), und die verwerfliche Neuerung (bidʿa sayyi’ah). So sind beispielsweise Dinge wie der Bau von Minaretten und Lehreinrichtungen gute, erlaubte Neuerungen, auf Gräbern Kerzen anzuzünden dagegen verwerfliche Neuerungen. Demnach handelt es sich bei den in den Überlieferungen thematisierten Neuerungen (Bidʿa) um die Kategorie der verwerflichen Neuerungen (bidʿa sayyi’ah). Als ʿUmar b. al-Ḫaṭṭāb (r.a.) sieht, dass in der Prophetenmoschee (al-Masǧid an-Nabawī) das Tarāwīḥ-Gebet gemeinschaftlich verrichtet wird, soll er auf gute und gebilligte Neuerungen (bidʿa ḥasana) hinweisend gesagt haben:
„Welch schöne Neuheit (Bidʿa) dies ist.“ (Buḫārī, Tarāwīḥ, 1)
Bei einigen Gelehrten, die den Begriff Bidʿa enger fassen, wie unter anderem Imām Mālik, Badr al-Dīn al-ʿAynī, al-Baihaqī, Ibn Ḥaǧar al-ʿAsqalānī, Ibn Ḥaǧar al-Haitamī, Imam Birgiwi und Ibn Taymiyya findet sich sinngemäß die Definition: „Bidʿa bezeichnet jegliche Neuerungen in religiösen Angelegenheit nach dem Ableben des Gesandten Gottes (s.a.s.), die Zufügungen oder Abstriche in der Religion darstellen.“ Diesem Verständnis nach fallen allerart Neuerungen ohne religiösen Charakter gar nicht erst unter die Kategorie Bidʿa, sodass neue Gewohnheiten und Bräuche außerhalb des Begriffs Bidʿa behandelt werden. Diese Ansicht stützt sich auf Überlieferungen wie:
„Das Schlimmste sind die nachträglich erfundenen Dinge.“ (Muslim, Ǧumʿa, 43)
„Alles was nachträglich eingeführt wird ist Bidʿa.“ (Ibn Māǧa, Muqaddima,7)
„Jede Neuerung (Bidʿa) ist Irrtum.“ (Muslim, Ǧumʿa, 43)
„Hütet euch vor den neu eingeführten Dingen, denn alles Neueingeführte ist eine Neuerung (Bidʿa) und jede Neuerung ist Irregehen. So haltet fest an meiner Sunna und an der Sunna meiner vorbildhaften rechtgeleiteten Kalifen.“ (Abū Dāwūd, Sunna, 5)
Dieselbe Ansicht befürwortet der im Bereich Uṣūl al-fiqh (Methodologie der Normenlehre) profilierte aš-Šāṭibī, der Bidʿa als einen nachträglich dargebotenen religiösen Weg erachtet, indem er sinngemäß konstatiert: „Der Grund dafür, dass sich jemand eine religiöse Neuerung (Bidʿa) als Weg nimmt, ist seine Absicht Allah noch besser dienen zu können. Dinge, die keine religiösen Inhalte betreffen oder nicht als religionsbezogen erachtet werden, werden nicht als Neuerungen (Bidʿa) betrachtet. Beispielsweise ist es keine Bidʿa, wenn jemand sich selbst etwas untersagt, was ihm eigentlich erlaubt (ḥalāl) ist; wenn er dieses Untersagen jedoch im Namen religiöser Frömmigkeit vornimmt, so ist dies eine Bidʿa.“ Somit ist nach Ansicht von aš-Šāṭibī die Unterscheidung in gute Neuerung (bidʿa ḥasana) und verwerfliche Neuerung (bidʿa sayyi’ah) nicht richtig. (Vgl. Abū Isḥāq Ibrāhīm Ibn-Mūsā aš-Šāṭibī, al-Iʻtiṣām; Rahmi Yaran: Bid’at, in: Türkiye Diyanet Islâm Ansiklopedisi, Bd. 6, S.129-132)
Der indische Gelehrte Ahmad al-Fārūqī al-Sirhindī, auch bekannt als Imām ar-Rabbānī, greift diese Thematik folgendermaßen auf:
„Der Glückseligste ist derjenige, der in einer für den Islam und die Muslime schwierigen Zeit eine vernachlässigte und verlassene Sunna wiederbelebt und eine verbreitete Neuerung (Bidʿa) abschafft. Nun sind 1000 Jahre seit der Prophetie des ehrenwerten Gesandten Gottes (s.a.s.) vergangen und die Anzeichen des Jüngsten Gerichts haben begonnen sich zu zeigen. Je weiter sich unsere Zeit vom Zeitalter der Glückseligkeit (ʿAṣr al-Saʿādah) entfernte, um so mehr wurden die sunan (pl. von sunna) untergraben und die Neuerungen aufgrund abscheulicher Lügen vermehrt. Nun bedarf es einem solchen Helden, der die sunan wiederbelebt und die Neuerungen abschafft. Denn die Etablierung von Neuerungen führt zur Schädigung der Religion.“ (al-Maktūbāt, 1, 34-35)
Ebenso wie aš-Šāṭibī kritisiert Imām ar-Rabbānī die Kategorisierung von Neuerungen in gut (ḥasan) und verwerflich (sayyi’ah):
„Die früheren Gelehrten scheinen einige gute Aspekte an Neuerungen (Bidʿa) erkannt zu haben, sodass sie manche Neuerungen als gute Neuerungen (Bidʿa ḥasana) bezeichneten. Doch was meine Wenigkeit betrifft, so teile ich diesbezüglich nicht ihre Meinung. Ich kann keine Neuerung als gut (ḥasan) bezeichnen. Ich sehe in ihnen nichts als Dunkelheit und Düsterkeit. Denn der Gesandte Allahs (s.a.s.) sagte: „Jede Neuerung ist Irrtum“. In einer Zeit in der der Islam schwach und fremd scheint, ist Errettung einzig durch die Befolgung der Sunna gewährleistet, während jegliche Neuerungen zum Untergang führen.“ „Wenn alles, was im Nachhinein eingeführt wird als Bidʿa gilt und jede Bidʿa Irrtum ist, wie kann es dann sein, dass in einer Bidʿa etwas Gutes steckt. So wie es in den Überlieferungen erwähnt wird, hebt jede Neuerung eine Sunna auf. Dies beschränkt sich nicht nur auf einige Neuerungen, jede Neuerung ist verwerflich (sayyi’ah).“ Der ehrenwerte Gesandte Gottes sagte sinngemäß: „Jedes Volk, welches sich nach seinem Propheten Neuerungen im Glauben ausdenkt, verschwendet im selben Maße dieser Neuerung (Bidʿa) eine Sunna.“ (At-Tarǧīb Wa- t-Tarhīb, 1:109)
Von H̩assān ibn T̠ābit wird überliefert:
„Wenn eine Gemeinschaft eine Neuerung in ihrem Glauben erfindet, so nimmt Allah der Erhabene eine Sunna von ihr weg, entfernt diese und gibt diese nicht zurück bis zum Jüngsten Gericht.“ (al-Maktūbāt, 1, 160)
Wie zu sehen ist, nimmt es Imām ar-Rabbānī streng mit der Erhaltung der Sunna. Dennoch bezeichnet er neuartige Dinge, welche sich prinzipiell auf die Sunna stützen, nicht als Bidʿa, sondern als guter Brauch oder sunna ḥasana. (Mehmed Paksu, Sünnet ve Aile, S. 19)
Auch der Gelehrte Bediüzzaman Said Nursī gehört zu jenen, die ihr Leben für die Erhaltung und Wiederbelebung der Sunna aufgeopfert haben. In seiner Abhandlung "Mirkatü's-Sünne ve Tiryaku Marazı’l-Bid'a" (Mirqātu s-sunna wa-tiryāqu maraḍi l- bidʿa - Die Stufen der Sunna und die Heilung der Bidʿa-Krankheit) beschreibt er ausführlich die Bidʿa-Thematik, wobei er die Ansicht derjenigen Gelehrten priorisiert, die den Begriff Bidʿa inhaltlich enger fassen, wie unter anderem Imām Mālik, Badr al-Dīn al-ʿAynī, al-Baihaqī, Ibn Ḥaǧar al-ʿAsqalānī, Ibn Ḥaǧar alHaitamī, Imam Birgivi und Ibn Taymiyya. So schreibt er:
„Neuerungen im Bereich gottesdienstlicher Normen sind Bid’a" Ausgehend von der Überlieferung „Alles Neueingeführte ist eine Neuerung (Bidʿa) und jede Neuerung ist Irregehen.“ und dem Vers „Heute habe Ich euch eure Religion vervollkommnet und meine Gnade an euch vollendet“ (al-Māʾida 5:3) betont er: „Mit neuen Etablierungen die Prinzipien der Šarīʿa und der Sunna zu missbilligen, obwohl diese ihre Vervollkommnung (mit dem Ende der Offenbarung) erreicht haben, oder gar - Gott bewahre - diese als mangelhaft betrachtend Neuerungen (Bidʿa) einzuführen, sind Irrtum und (führen zum) Feuer.“ (RNK, Lem'alar, S. 609)
Demnach betrachtet Nursī lediglich Neuerungen im Bereich des Glaubens und der Glaubenspraxis als verwerflich und konstatiert, dass sich der Begriff Bid’a konkret auf diese bezieht. Gottesdienstliche Handlungen bilden einen Teil der Sunna und sind in Fiqh-Werken dargelegt, diese willkürlich zu verändern wäre Bid’a. Den Angelegenheiten der Gewohnheiten und ethischen Sitten der Sunna zuwider zu handeln, kann nicht als Bid’a bezeichnet werden, jedoch würde man den Nutzen versäumen, den die Erleuchtung und die wahrhaftige Tugend des prophetischen Charakters bietet. Unter diese Kategorie fallen Dinge wie die Redensart des Propheten (s.a.s.), seine Art zu essen, zu trinken, zu schlafen sowie weitere Umgangs- und Verhaltensweisen. (Vgl. RNK, Lem'alar, S. 609)
So wie er die Sunna in ihrer Art nach qawlī (Worte), fiʿlī (Taten) und ḥalī (Zustände) unterteilt, so unterscheidet er in diesen jeweils nochmals nach ihrer Verbindlichkeit in die Stufen farḍ (verpflichtend), nāfila (empfohlen) und gute ādāt (Gewohnheiten). Während Praktiken des Propheten (s.a.s.) wie die Pilgerreise oder das Pflichtgebet verpflichtende sunan (pl. sunna) sind, sind zusätzliche nāfila-Gottesdienste empfohlen (mustaḥabb). Die Praktizierung dieser ist mit großem Lohn verbunden, diese zu verändern wäre Bid’a und Irregehen. Die als gute Gewohnheiten (ādāt) des Propheten geltenden sunan auszuüben, welche insbesondere das persönliche und soziale Leben betreffen, gilt als mustaḥsan, also als sehr schön. (Vgl. RNK, Lem'alar, S. 610)
Ferner verwendet Bediüzzaman in seinen Werken an einigen Stellen den Ausdruck „Ahl al-Bid’a“ (Anhänger von verwerflichen Neuerungen), wobei er entgegen mancher Gruppierungen und Ideologien den Islam zu bewahren versucht: „Welchen Nutzen für sich sehen diese ahl al-bid’a und ahl al-ilḥād bloß in diesem Unglauben ?“ (RNK, Mektubat, S. 558) „Die ahl al-bid’a haben solch eine schändliche Idee von fremden Aufklärern übernommen, sodass sie sagen: 'Wenn bereits im Christentum eine Reform (im Sinne einer willkürlichen Aufklärung) stattgefunden hat, dann kann auch im Islam eine solche religiöse Reform vollzogen werden'.“ (RNK, Mektubat, S. 557) „Jene Ahl al-Bid’a, die Inhalte des Islam verändern, sagen: 'Diese Beharrung in der Religion ist der Grund für unseren Rückstand. In dieser Zeit zu leben erfordert die Abkehr vom Beharren.“ In seinem Werk Mektubat (al-Maktūbāt) widerlegt Said Nursī die abgeirrten und verwerflichen Argumente, mit welchen die Anhänger von Neuerungen versuchen, ihre Thesen zu belegen. Er unterscheidet zwischen zwei Arten von für die Religion destruktiven Anhängern von Neuerungen: Die einen zielen darauf ab, angeblich im Namen der Religion und aus vermeintlicher Loyalität zum Islam, die Religion als Unterstützung für nationalistische Bestrebungen betrachtend 'den erleuchteten Baum der Religion in die dunkle Erde des Rassismus zu pflanzen'. Dies als verwerfliche, die Religion verändernde Absicht bezeichnend, benennt Said Nursī diese Art der Ahl al-Bid’a als unwissende „ʿUlamāʾ as-Sūʾ“ (niederträchtige Gelehrte). Die zweite Gruppe der Ahl al-Bid’a, so Nursī, strebe im Namen nationalistischer Interessen danach, 'das Volk mit der islamischen Religion zu impfen’ und erfinde daher Neuerungen im Glauben. (Vgl. RNK, Mektubat, S. 559) In seiner Schrift Barla Lâhikası rechnet er die Befürwortung schädlicher, verwerflicher Neuerungen zu den sieben größten Sünden. (Vgl. RNK, Barla Lâhikası, S. 154-157)
Des Weiteren gibt er zwei Beispiele mit Blick auf gute Neuerungen, die er prinzipiell nicht als Bid’a betrachtet:
Erstens: Jede Strömung und Gemeinschaft (wie etwa Sufi-Bruderschaften) hat individuelle Arten und Formen des ḏikr und tasbīḥ (Lobpreisung und Gebetsformeln). Solange diese als zusätzliche Lobpreisungsformen betrachtet werden, auf Koran und Sunna basieren und nicht im Widerspruch zur Sunna stehen, zählen sie nicht als Neuerung (Bid’a). Auch wenn manche Gelehrte diese als Bid’a benennen, bezeichnen sie sie als bidʿa ḥasana (gute, erlaubte Neuerung). (RNK, Lem'alar, S. 56)
Zweitens: In manchen Moscheen und Gebetsstätten werden Haarsträhnen des Bartes oder der Haare des ehrenwerten Propheten s.a.s.) ausgestellt, sodass diese zu bestimmten Zeiten von Menschen besucht und betrachtet werden. „Auch wenn manche fromme Autoritäten dies mit Blick auf Vorsicht, Frömmigkeit und Edelmut kritisieren, kritisieren sie dies personenbedingt und im Spezifischen. Selbst wenn sie es als Neuerung sehen, ist es als gute, erlaubte Neuerung (bidʿa ḥasana) zu betrachten, da es Anlass zur Lobpreisung (ṣalawāt) des Propheten bietet. (RNK, Lem'alar, S. 637)
Unter Berücksichtigung der angeführten Beschreibungen, Darlegungen und Beispiele geht hervor, dass neue Etablierungen und Veränderungen in Angelegenheiten der Glaubensfundamente, Glaubensinhalte sowie Gottesdienste unter die Kategorie Bidʿa fallen, da diese im Widerspruch zur Sunna stehen und sie zu ändern versuchen. Denn grundlegend betrachtet schafft eine Neuerung (Bidʿa) eine normative Regelung ab und bringt eine menschliche, willkürliche Neuheit an dessen Stelle. Dinge zu unterlassen, die persönliche Gewohnheiten und Bräuche des Propheten (s.a.s.) darstellen, wäre hingegen lediglich einen Wegfall zusätzlicher Belohnung. Sofern also Regelungen - wie etwa im Bereich alltäglicher Handlungen oder zusätzliche Lobpreisungsformen (ḏikr ) - nicht im Widerspruch zum Koran und zur Sunna stehen und den eigenen Rahmen der Religion nicht überschreiten, können sie entsprechend des Prinzips „was die Muslime als gut erachten, das ist gewiss gut“ als gute, erlaubte Neuerungen (bidʿa ḥasana/sunna ḥasana) betrachtet werden. Man sollte bemüht sein auf Sanftmut, Diskretion und Sympathie zu achten, wenn versucht wird, in einer entsprechenden Situation den Gegenüber bei einem Fehlverhalten diesbezüglich zu korrigieren, sodass man in guten Worten spricht und auf konstruktive Weise vorgeht.
Um es kurz zu fassen:
„Wer in einer Zeit, in der Neuerungen und Irrtümer sich verbreiten, sich an der Sunna sowie an den Inhalten des Koran orientiert, kann den Lohn von 100 Märtyrern erhalten.“ (At-Tarǧīb Wa- t-Tarhīb, 1:41)
„Wie schön für denjenigen, der von der Sunna profitiert und seinen Nutzen daraus zieht. Wehe demjenigen, der die Sunna nicht würdigt und in Neuerungen (Bidʿa) irregeht.“ (RNK, Lem'alar, S. 609)
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Ich fühl mich innerlich dem Islam verbunden und würde eigentlich auch gerne konvertieren. Doch habe ich zuvor in meinem Leben shirk begangen. Dies ist die schwerwiegendste Sünde, kann ich denn jetzt überhaupt noch konvertieren?
die Barmherzigkeit Gottes ist unerschöpflich. Es gibt keine Sünde die so groß wäre, als dass Gott sie nicht vergeben könnte. Darunter fällt auch der Götzendienst. Somit ist die Tür der Vergebung immer offen. Die einzige Bedingung ist es mit aufrichtigem Herzen Buße zu tun und Reue zu zeigen. So ist es möglich dass ein Mensch fehlgeleitet ist und gesündigt hat bzw. sündigt. Dies bedeutet aber nicht dass er nie wieder auf dem Pfad der Rechtleitung finden kann und dass sein Verderben bereits besiegelt ist. Die in der Vergangenheit getätigten Sünden eines Menschen sind also kein Hindernis für seine Rechtleitung in der Zukunft. Daher ist jeder Mensch, sofern er in den Islam eintritt wie ein neu geborenes Baby erstmal rein und frei von Sünden. Seine früheren Sünden werden aufgehoben. Dieser Text könnte hierzu auch gelesen werden; http://www.fragenandenislam.com/soru/gott-vergibt-keinen-g%C3%B6tzendienst-shirk-jedoch-wird-der-sura-nisa-153-davon-gesprochen-dass-g%C3%B6tz
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Fragen rund um das Martyrium

Was bedeutet eigentlich Schahīd wortwörtlich?
Das Wort „shahīd“ wird üblicherweise mit Martyrium bzw. Märtyrer übersetzt. Der Begriff taucht im Koran auf und könnte auch vom Wortstamm her mit „Zeuge“ übersetzt werden. Das inhaltliche Verständnis vom Martyrium im Islam wird nun hier dargestellt.
Wer ist ein Märtyrer?
Generell kann man jeden Muslim der sein Leben für Allah ließ, als Märtyrer betrachten.
Das Martyrium ist die höchste Stufe im Islam. Bei Allah haben die Märtyrer einen besonders hohen Stellenwert. Es wird besagt, dass nur noch die Propheten über den Märtyrern stehen im Rang im Jenseits. Daher vergibt Allah den Märtyrern ihre Sünden und Fehltritte im Diesseits.
Eine besondere Qualität der Muslime ihren Feinden gegenüber war stets der feste Glaube daran, dass man entweder als Märtyrer stirbt oder als Veteran geehrt wird. Das wird auch koranisch als „eines von zwei schönen Dingen“ beschrieben (9/52) also gibt es für die Muslime im Kampf/Krieg zwei schöne Ausgänge; man zieht siegreich davon oder man steigt in das Martyrium auf. (İbnu Kesir, IV/102; Nesefi, II/130)
Die Worte von Khalid ibn al-Walid gegenüber dem iranischen Kommandaten darüber was das Martyrium den Muslimen bringt, sind ein schönes Beispiel;
Mit einer Armee bin ich zu euch gekommen die den Tod genauso sehr liebt wie ihr euer Leben und euren Wein. (Abdürabbih, s. 387)
Das Leben im Martyrium ist ein spirituelles, genauer gesagt wahrhaftiges Leben (Yazır, I/547). Der Märtyrer empfindet sich als lebend (Nursi, Hutbe-i Şamiye, s. 122). Er findet sich in einer schöneren Welt bzw. Existenz wieder ohne den Schmerz des Todes zu erfahren.
Der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) berichtet über die 70 Märtyrer aus der Schlacht von Uhud Folgendes:
Als unsere Brüder in Uhut ins Martyrium aufgestiegen sind, hat Allah ihre Seelen in eine Leere/Grube mit grünen Vögeln getan. Sie trinken aus den Bächern des Paradieses und essen dort Früchte. Sie lassen sich nieder im Schatten des Thrones unter goldenen Öllampen. Als sie Speise und Trank sehen sowie die Schönheit ihrer Niederlassung sagen sie „wenn doch nur einer unseren Brüdern im Diesseits sagen würde, dass wir im Paradies leben und versorgt werden“. Damit sie nicht vom Djihad abschrecken und vom Kampf wegrennen. Allah spricht zu ihnen „ich werde sie über euren Zustand in Kenntnis setzen“ und verkündet dies mit den volgenden Versen. (Ebu Davud, Cihad, 25)
Und meine ja nicht, diejenigen, die auf Allahs Weg getötet worden sind, seien (wirklich) tot. Nein! Vielmehr sind sie lebendig bei ihrem Herrn und werden versorgt und sind froh über das, was Allah ihnen von Seiner Huld gewährt hat, und sind glückselig über diejenigen, die sich nach ihnen noch nicht angeschlossen haben, daß keine Furcht über sie kommen soll, noch sie traurig sein sollen. Sie sind glückselig über eine Gunst von Allah und eine Huld und (darüber), daß Allah den Lohn der Gläubigen nicht verlorengehen läßt. (3/169-171)
Wen nennt man „vollkommener Märtyrer“?
So werden diejenigen genannt die sowohl im Diesseits als auch im Jenseits als Märtyrer gesehen werden. Diejenigen also, die im Kampf getötet werden oder durch Kriminelle, Terroristen und Vergleichbares ungerecht umgebracht werden. Für diesen Status gibt es außerdem 6 Bedingungen;
1. Muslim sein.
2. Geistige Gesundheit haben.
3. Geschlechtsreife haben.
4. Nicht im Zustand der Unreinheit sein. Nach vielen Gelehrten wird der Märtyrer der unrein war in dem Moment auch nicht gewaschen. Nach manchen wichtigen Gelehrten wie z.B. Abu Hanifa wird der Märtyrer gewaschen, auch wenn er im Zustand der Unreinheit gestorben ist. Als Argument dafür nehmen sie die Überlieferung demnach einer der Gefallenen in Uhud, Hanzala ibn Abu Amir im Zustand der Unreinheit verstorben ist und Engel haben ihn gewaschen.
5. Der Tod muss sofort nach der Gewalteinwirkung an Ort und Stelle stattfinden. Wenn jemand also verletzt wurde aber danach behandelt wurde und somit genug Zeit verging, so dass man zwischenzeitlich Bewusstsein erlangt hat, gegessen und getrunken hat oder alternativ eine Gebetszeit verstrichen ist, dann ist man kein vollkommener Märtyrer mehr. Dann gilt man als Märtyrer im Jenseits. Das gilt auch wenn die Person vom Ort des Geschehens transportiert wird z.B. in ein Krankenhaus und erst dort verstirbt.
6. Man muss gezielt das Opfer einer Gewalttat werden. Man darf also nicht durch einen unvorhersehbaren Unfall getötet werden.
Die vollkommenen Märtyrer werden nicht gewaschen und mit ihrer blutigen Bekleidung begraben. Als Ali ibn Abu Talib gestorben ist waren einer dieser 6 Bedingungen nicht erfüllt und er wurde daher gewaschen. Als Uthman ibn al Affan begraben wurde, waren alle 6 Bedingungen erfüllt und er wurde daher nicht gewaschen.
Wenn nennt man jenseitigen Märtyrer?
So werden die genannt, die im Jenseits als Märtyrer behandelt werden, aber im Diesseits nicht als Märtyrer gezählt werden und daher gewaschen und mit einem Leichentuch begraben werden. Jene fallen unter diese Kategorie, die eines der Kriterien nicht erfüllen damit sie zu vollkommenen Märtyrern gezählt werden können.
Darüber hinaus fallen auch diese Menschen unter diese Kategorie:
Ertrunkene
Verbrannte (Ibnu Mace, Cihad, 17)
Vergrabene (z.B. durch ein Erdbeben)
Aufgrund von Infektion Verstorbene
Durch Fieberkrankheit Verstorbene
Jene die auf dem Weg zum Wissenserwerb (bzw. dafür) sterben.
Frauen, die in und durch die Geburt sterben oder nach der Geburt sterben.
Durch massive Kopfschmerzen Verstorbene.
Durch massive Bauchschmerzen Verstorbene.
Wer für den Unterhalt und für die Versorgung der Familie arbeitet und während der Arbeit durch einen Arbeitsunfall verstirbt.
Wer an einem Freitag stirbt.
Wer in der Diaspora stirbt.
Wer durch eine vergiftete Wunde (z.B. durch einen Schlangenbiss) stirbt.
(Für die Märtyrer, die außerhalb des Krieges fallen möge man folgende Überlieferungen betrachten: Müslim, İmâre, 164; Tirmizî, Cenâiz, 65, Fedâilu'l-Cihâd, 14; Ahmed b. Hanbel, I/22, 23, II/323, 325).
Wenn nent man diesseitigen Märtyrer?
Das sind die Heuchler (munafiq). Dadurch, dass nur Allah die Täuschung in ihren Herzen sehen kann, werden diese von normalen Menschen wie Märytrer behandelt sofern sie einen entsprechenden Tod sterben. Sie werden also in dem Fall wie Märtyrer behandelt von den Menschen im Diesseits, weil man sie für Muslime hält, während sie in Wahrheit keinen Glauben im Herzen tragen und das im Jenseits aufgedeckt wird.
Warum wird er dann überhaupt als Märtyrer bezeichnet?
Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Person eigentlich auch gar kein Märtyrer ist. Er wird also nicht dementsprechend im Jenseits behandelt. Da die Person aber als Munafiq die Menschen im Umfeld täuscht und man nicht in die Herzen der Menschen gucken kann, kann es eben sein, dass die Person z.B. im Wehrdienst stirbt und vom Umfeld als Märtyrer gesehen wird. Im Jenseits wird die Täuschung aber aufgedeckt. Die Menschen werden aber diese Täuschung nicht erkennen können und darum geht es den Munafiq; von den Menschen als Muslim wahrgenommen zu werden, während man im Herzen keiner ist. Der Begriff des diesseitigen Märtyrers soll also diesen Umstand und diese Kategorie klar benennen und den Unterschied erklärbar machen.
Gibt es Überlieferungen des Propheten (s.a.s.) zum Thema Märtyrertum?
„Wer beim Versuch sein Hab und Gut zu verteidigen getötet wird, gilt als Märtyrer. Wer beim Versuch seine Unbescholtenheit und Ehre zu verteidigen zu Tode kommt, gilt als Märtyrer. Wer beim Versuch sich selbst zu verteidigen getötet wird, gilt als Märtyrer…“
„Beerdigt Märtyrer in ihren blutigen Gewändern. Denn eine Verletzung, die um Allahs willen erlitten wurde, wird am Tage des Jüngsten Gerichts, rot wie Blut, bluten und wie Moschus duften…“
„Märtyrer sind am Tor zum Paradies, bei der funkelnden Schönheit eines Flusses und in grünen Zelten. Von morgens bis abends werden Ihnen Speisen aus dem Paradies dargeboten werden.“
„Wer getötet wird, weil er das Gute predigt und das Böse versucht zu verhindern, gilt als ein Märtyrer.“
„Wer an einem Freitag verstirbt, gilt als ein Märtyrer.“
„Wer von seinem Reittier fällt und verstirbt, gilt als ein Märtyrer.“
„Jemand der ertrinkt, gilt als Märtyrer. Jemand der verbrennt gilt als Märtyrer. Jemand der in der Fremde vereinsamt stirbt, gilt als Märtyrer. Jemand der durch ein giftiges Tier zu Tode kommt, gilt als Märtyrer. Wer an starken Bauchschmerzen stirbt, gilt als Märtyrer. Wer unter den Trümmern eines einstürzenden Hauses stirbt, gilt als Märtyrer. Wer vom Dach seines Hauses fällt, sich das Genick bricht und stirbt, gilt als Märtyrer. Wenn auf jemanden ein großer Stein fällt und er dadurch zu Tode kommt, gilt er als Märtyrer…“
„Wer bei der Verteidigung eines Glaubensbruders stirbt, gilt als Märtyrer. Wer bei der Verteidigung eines unschuldigen Nachbars stirbt, gilt als Märtyrer...“
„Mit Ausnahme von Schulden werden jegliche Sünden eines Märtyrers vergeben.“ (Müslim)
„Ein Muslim der an einem Freitag, tagsüber oder in der Nacht stirbt, den befreit Allah von den Strapazen des Grabes (das Verhör durch die Engel und etwaige Qualen).“ (Tirmizî, Cenâiz: 73; Müsned, II/176)
Einige Gelehrte sind der Auffassung, dass ein Märtyrertod auf dem Meer, sogar Sühne für Sünden gegenüber Mitmenschen sei.
„Ein Märtyrer darf aus seiner Familie und Verwandtschaft für 70 Personen Fürsprache zu halten. Und seine Fürsprache wird angenommen werden.“ (Ebu Davud, Cihad 26)
„Am Tag des Jüngsten Gerichts werden diese Gruppen Fürsprache/Fürbitte halten dürfen: Propheten, anschließend Gelehrte und anschließend Märtyrer…“ (İbni Mace, Zühd 37)
Einem Märtyrer werden jegliche Sünden, außer den ‚Schulden‘ gegenüber den Mitmenschen, vergeben. Als Märtyrer zu sterben ist für einen Gläubigen eine große Ehre und ein großes Geschenk Gottes. Ein gottgefälliges Leben zu führen und anschließend im Dienste Gottes um sein Wohlwollen willens als Märtyrer zu sterben, ist für jeden Gläubigen ein ersehntes Glück. Gläubige die in diesem Bewusstsein und mit dieser Überzeugung leben, wurden seitens des Propheten Hz. Muhammad (s.a.s) in sehr schöner Form gelobt.
Wer sich seitens Allah aufrichtig wünscht als Märtyrer zu sterben, dem wird Allah, selbst wenn er friedlich in seinem Bett verstirbt, denn Rang eines Märtyrers gewähren. (Müslim, İmâre, 156, 157; Ebû Davud, İstigfâr, 26; Neseî, Cihâd, 36; ibn Mâce, Cihâd, 15).
Ist ein Soldat der im Kampf für seine Nation gefallen ist auch ein vollkommener Märtyrer selbst wenn er seine Pflichtgebete nicht verrichtet oder nur teilweise verrichtet hat?
Sofern die besprochenen Kriterien für den Status des vollkommenen Märtyrers erfüllt werden, kann man davon ausgehen. Sämtliche Sünden und Fehltritte werden vergeben bis auf die Rechtsverletzungen gegenüber anderen Menschen, die nur von diesen Menschen selber vergeben werden können. Daher kann man auch hoffen, dass die versäumten Gebete des Märtyrers vergeben werden.
Wie verhält es sich dann mit Polizisten und Soldaten, die im Dienst sterben also nicht im Krieg gegen äußere Feinde?
Genauso wie bei Soldaten, die im Kampf gegen die äußeren Feinde sterben das Martyrium vergeben wird, verhält es sich auch mit Polizisten und Soldaten, die im Dienst sterben. Wenn Polizisten oder Soldaten z.B. auf Befehl hin auf einen Einsatz gehen und dort erfrieren, sind sie Märtyrer. Selbiges gilt, wenn sie auf Befehl hin zu einem Ort gehen mit dem Ziel die dortigen Menschen zu beschützen und bei diesem Einsatz sterben.
Wie verhält es sich, wenn es einen Bürgerkrieg oder einen inneren Konflikt in einem muslimischen Land gibt? Wer hat Recht?
Es gibt wesentliche Faktoren, auf die man schauen muss:
Gibt es einen aus islamischer Sicht legitimen Grund weshalb es verpflichtend ist die Regierung zu stürzen bzw. abzusetzen? Das ist eine islamrechtliche Frage und dazu gibt es relativ klare Perspektiven und Kriterien. Wenn man von dem Fall ausgehen würde, dass das auch so ist, dann wären die Regierungsanhänger im Unrecht und die Soldaten, die die Regierung absetzen wollen im Recht. Im umgekehrten Fall, also wenn der Umsturz islamisch gesehen illegitim ist, dann wären die Regierungsanhänger im Recht und die Soldaten, die einen Umsturz erreichen wollen im Unrecht.
Nur diejenigen Soldaten, die auch für eine rechte Sache sterben werden als Märtyrer angesehen. Der Soldat muss also im jeweiligen Konflikt aus islamischer Sicht auf der Seite des Rechts stehen damit er den Tod eines Märtyrers sterben kann.
Der bewaffnete Kampf ist idealerweise zu vermeiden. Wenn aber alle diplomatischen Versuche zur Konfliktlösung scheitern ist der Kampf manchmal unausweichlich. Wenn die Seite die Unrecht hat, vom Unrecht nicht abweicht und zur Waffe greift wird sich die Seite die Recht hat zwangsweise wehren müssen und die auf dieser Seite sterbenden Soldaten sind ebenso Märtyrer.
Ist es zulässig für den Tod als Märtyrer zu beten also sich so einen Tod zu wünschen?
Zwischen dem Beten für den Tod und dem Wunsch nach einem Tod als Märtyrer gibt es einen wichtigen Unterschied. Man darf sich nämlich keinen Schaden wünschen bzw. dafür beten. Es ist aber zulässig sich zu wünschen, dass man zum Martyrium aufsteigt und ein entsprechendes Leben als Gläubiger lebt. Mit anderen Worten; Man kann nicht in den Krieg ziehen mit dem Ziel im Schlachtfeld zu sterben aber man kann dafür beten, dass wenn man im Krieg im Einsatz ist und dort der Tod einen ereilen würde, dann als Märtyrer von der Welt gehen darf. Dazu sollte folgende Überlieferung erwähnt werden:
Keiner von euch soll sich den Tod herbeiwünschen aufgrund eines Schadens, den man hatte. Wenn jemand dennoch unbedingt meint so handeln zu müssen, soll er wenigstens so beten: „Ya Rabb! Lass mich leben wenn es besser für mich ist und nimm mir das Leben wenn es besser für mich ist. (Buhari, merda,19)
Können Frauen auch zu Märtyrern werden und wenn ja, werden diese gleichbehandelt wie Männer?
Die besprochenen Kriterien für das Martyrium gelten allgemein also sowohl für Mann als auch für Frau. Daher gibt es keine Perspektive demnach eine Frau keine Märtyrerin werden kann oder als Märtyrer aus irgendeinem Grund niedriger als ein Mann eingestuft wird. Mann und Frau sind rein faktisch unterschiedlich aber deswegen nicht auch unterschiedlich wertvoll bzw. wertlos. Vor Allah gibt es keine Stufen oder Klassen von Menschen. Es gibt nur den Glauben mitsamt der Glaubenspraxis als Bewertungskriterium.
Wird man auch zum Märtyrer, wenn man in der Ausbildung (zum Polizisten oder zum Soldaten) stirbt also nicht im Krieg bzw. Kampf?
Man kann diese Menschen als Märtyrer bezeichnen aber im Zweifelsfall passen möglicherweise nicht alle Kriterien für den Status des vollkommenen Märtyrers. Das muss dann im Einzelfall erörtert werden.
Ist jeder verstorbene Soldat ein Märtyrer, auch wenn er z.B. ein sündhafter Mensch war?
Gemäß der Kategorie des diesseitigen Märtyrers und der Erläuterung dazu kann man nicht mit Sicherheit sagen, wer nun ein echter Märtyrer ist und wer nicht. Die verstorbenen Soldaten werden aber augenscheinlich erstmal als Märtyrer angesehen und entsprechend behandelt. Nur Allah weiß um das Verborgene. Wichtig ist aber zu verstehen, dass es beim Martyrium nicht um eine Art „perfekten Menschen“ geht. Der Mensch kann sündigen und Fehltritte machen. Es ist also absolut möglich, dass jemand in die Stufe des Martyriums aufsteigen kann, auch wenn das gelebte Leben nicht von Anfang bis Ende fehlerfrei war.
Wie sieht es damit aus, Leute mit dem Martyrium dazu zu motivieren, Gewalt auszuüben?
Das ist eine Fragestellung, die in europäischen Kontexten sicherlich mit terroristischen Erscheinungen und Gruppierungen eine Besonderheit und Aktualität trägt. An sich gibt es auf der Seite einen Artikel, wo es allgemeiner um das Thema geht, ob der Islam für Kriegsführung ist und daher als kriegerische Religion gesehen werden kann: https://fragenandenislam.com/content/ist-der-islam-fur-kriegsfuhrung
Außerdem haben wir einen längeren Artikel zum Thema Terrorismus: https://fragenandenislam.com/article/islamischer-terrorismus-eine-abartige-scharade
https://fragenandenislam.com/question/wie-kann-man-sich-als-muslim-anhand-koran-und-sunna-von-terrorismus-distanzieren
Wichtig ist zu unterscheiden, worum es beim Martyrium eigentlich geht und worum es vergleichsweise den Personen geht, die zum Martyrium aufrufen. Beim Martyrium geht es um ein gottgefälliges Leben und ein gottgefälliger Tod. Das Martyrium ist eine islamische Wahrheit. Wie kann man aber eine islamische Wahrheit und z.B. das Ermorden von Unschuldigen oder gar von Glaubensgeschwistern zusammen denken? Wie kann man behaupten etwas was Allah hassen und verurteilen würde, für Allah getan zu haben? Es ist unzulässig und moralisch äußerst fragwürdig, das Martyrium als eine Art Sprungbrett zu benutzen, um schließlich seinen eigenen Willen durchzusetzen. Das Martyrium ist eigentlich der Ausdruck davon, dass man sich gänzlich im Dienst von Allah stellt. Das schließt auch ein, dass man sich um den Willen von Allah bewegt und nicht umgekehrt. Wir können also keine islamischen Prinzipien oder Glaubenswahrheiten dafür missbrauchen, uns selbst zu bereichern oder unsere eigenen Ziele zu verfolgen. Aus dieser Perspektive kann es nicht zulässig sein, dass man den Status des Martyriums gezielt nutzen will um Leute zur Gewaltausübung zu bringen. Terroristen und Terrorismus kann nicht mit dem Martyrium zusammengebracht werden. Terroristen sind Straftäter und Kriminelle.
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Sind die in Hadithen beschriebenen Unterhaltungen des Propheten mit seinen Frauen vor dem Vers der Verhüllung?
es besteht keinen Zweifel, dass dieser Dialog zwischen Ibn ʿAbbās und Āʾiša (Buhari, tefsir, 24/8) nach der Offenbarung der Sura al-Aḥzāb stattgefunden hat.
Jedoch ist nicht bekannt und es steht nirgendwo geschrieben, dass sie sich von Angesicht zu Angesicht unterhalten haben.
Die Möglichkeit, dass sich zwischen Āʾiša und Ibn ʿAbbās ein Vorhang oder eine Wand befand ist sehr hoch. Denn es ist in vielerlei Hinsicht obligatorisch zu glauben, dass sich die Gefährten des Propheten in keiner Weise entgegen dem Vers „Und wenn ihr sie um einen Gegenstand bittet, so bittet sie hinter einem Vorhang.“ (Sura al-Aḥzāb 53) verhalten würden. Die Indizien zum Thema suggerieren dies auch.
Das heißt, der Dialog zwischen Ibn ʿAbbās und Hz. Āʾiša hat hinter einen Vorhang stattgefunden.
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Warum wurden Hadithe mit schwacher (ḍaʿīf) Überliefererkette weiterhin überliefert?
es hat vielerlei Gründe warum Gelehrte schwache Überlieferungen anführen.
Dazu zählen unter anderem folgende:
Die schwachen (ḍaʿīf) Überlieferungen wurden von den Gelehrten überliefert, damit ihr Grad der Authentizität kenntlich gemacht wird, sodass jeder der diese Überlieferung liest oder hört wissen soll, dass es sich dabei um eine Überlieferung mit schwacher Überliefererkette (sanad) handelt. Andernfalls könnte man davon ausgehen, dass es sich bei einer solchen Überlieferung die man mitbekommt um eine authentische handelt und man sie bei normativen Angelegenheiten als Quelle verwendet. Dies wird durch die Kennzeichnung „ḍaʿīf“ unterbunden.
Im Bereich Faḍāʾil aʿmāl (dt. „Vorzüge von Taten“) werden auch schwache Überlieferungen berücksichtigt. Dies findet prinzipiell Akzeptanz unter den Gelehrten. Außerdem möchte man derartige Überlieferungen mit vorzüglichen Taten niemandem vorenthalten.
Dass eine Überlieferung schwach ist bedeutet nicht, dass der Inhalt falsch ist. Die Überlieferung ist vielmehr schwach mit Blick auf die Überliefererkette, sodass die Zurückführung dieser Überlieferung auf den Propheten (s.a.s.) selbst nicht einwandfrei ist. Viele Gelehrte führen Überlieferungen trotz ihrer schwachen Überliefererkette auch dann an, wenn sie die weisen und belehrenden Inhalte dieser als nützlich und wahr erachten. So werden beispielsweise Überlieferungen wie “لولاك “, “كنت كنزا مخفيا" als inhaltlich richtige, jedoch mit Blick auf ihre Überliefererkette (sanad) schwache Überlieferungen erachtet.
In manchen Überliefererketten werden einzelne Überlieferer (rāwī) unterschiedlich bewertet. Während manche Gelehrte einen Überlieferer als ḍaʿīf (schwach, nicht glaubwürdig) einstufen und somit die Authentizität der Überlieferung in Frage stellen, stufen andere Gelehrte denselben Überlieferer anders ein und betrachten die Überlieferung als authentisch (ṣaḥīḥ). Um auf diese unterschiedlichen Bewertungen hinzuweisen macht es Sinn, auch als „ḍaʿīf“ gekennzeichnete Überlieferungen weiter zu tradieren.
Folgende Nachteile könnten auftreten, wenn man schwache Überlieferungen nicht weiter überliefern beziehungsweise bewahren würde:
Dies würde den Überlieferung gegenüber kritisch gesinnten Positionen dienlich sein und ein Argument für sie - gegen die Hadithliteratur - darstellen.
Bei den in verschiedenen Überliefererketten überlieferten Hadithen, die den selben Inhalt enthalten, kann eine Variante authentisch (ṣaḥīḥ) sein während eine andere Variante schwach (ḍaʿīf) ist. Eine solche Überlieferung aus der Hadithliteratur zu streichen mit dem Vorwand er sei schwach, wäre mit Blick auf den authentischen Inhalt (matn) der Überlieferung fatal.
In vielen schwach überlieferten Überlieferungen ist nützliches und lehrreiches Wissen zu finden, welches bei einem solchen Vorhaben gänzlich verloren gehen würde.
Außer den Werken früherer Gelehrter stehen uns keine anderen Quellen zur Beurteilung der Authentizität von Überlieferungen zur Verfügung. Studien zu den Überlieferern, den Überliefererketten und den Überlieferungen an sich wurden bereits viel früher vorgenommen.
Dazu zählen unter anderem die Sammlungen authentischer Überlieferungen wie etwa durch Buḫārī und Muslim. Ebenso gibt es zahlreiche Abhandlungen zu schwachen (ḍaʿīf) und gefälschten (mauḍūʿ) Hadithüberlieferungen. Es ist unmöglich aus heutiger Sicht eine Beurteilung auch nur eines einzigen Überlieferers (rāwī) vorzunehmen, ohne auf ältere Quellen zurückzugreifen. So sind in entsprechenden Werken der Hadithliteratur Studien zu finden, welche sich unter anderem mit den verschiedenen Authentizitätsstufen (ṣaḥīḥ, ḥasan, ḍaʿīf, mauḍūʿ) befassen und detailreiche Informationen beinhalten, wodurch von Grund auf neu konzipierte Recherchen (ohne Berücksichtigung vorhandener Quellen aus der Hadithliteratur) wenig Sinn machen würden.
Anstatt die schwachen Überlieferungen zu vernichten, sollte man sich eher einer peniblen und ordentlichen Studie widmen, bei der eine leicht zugängliche Sammlung von authentischen Überlieferungen in Form einer „Ṣaḥīḥ-Hadith-Enzyklopädie“ erstellt wird, sodass auch unerfahrene und unqualifizierte Menschen davon profitieren können. Ein solches Bemühen wäre wohl eher zielführend.
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Was versteht man unter dem Begriff „Bidʿa“? Gibt es je nach Rechtsschule unterschiedliche Auffassungen diesbezüglich?
das Wort Bidʿa bezeichnet fachspezifisch jegliche nachträgliche Neuerungen und Etablierungen in der Religion, sofern sich diese auf die ʿAqīda (Glaubenslehre) oder auf gottesdienstliche Handlungen (ʿIbādāt) beziehen. So ist also jede spätere Zufügung und Erfindung im Bereich der Gottesdienste sowie auch jede vom ehrenwerten Propheten (s.a.s.) untersagte Glaubensweise und Gebetsform als Bidʿa („verwerflichen Neuerung“) zu betrachten.
Es ist nicht möglich unterschiedliche Verständnisse der Bidʿa-Thematik ausschließlich nach Rechtsschulen zu kategorisieren, da nicht jede Rechtsschule eine für sich typische und einheitliche Meinung vertritt. Auch innerhalb einer Rechtsschule haben Gelehrte verschiedene Auffassungen zum Begriff Bidʿa. Generell sind zwei unterschiedliche Zugänge zu finden, wobei ersterer Zugang den Begriff Bidʿa mit Blick auf seine linguistische Bedeutung zunächst umfassender betrachtet und letzterer Zugang ein im Vergleich dazu engeres Verständnis vertritt:
a)
Gelehrte wie Imām aš-Šāfiʿī, Imām an-Nawawī und hanafitische Gelehrte wie Ibn ʿAbidīn betrachten den Begriff Bidʿa zunächst als Bezeichnung für alle Arten von Neuerungen, Entwicklungen und Erfindungen sowohl im Bereich religiöser Angelegenheiten als auch in
allen anderen Bereichen des menschlichen Lebens. So findet sich bei ihnen inhaltlich die Beschreibung: „Bidʿa ist all das, was nach dem Gesandten Gottes (s.a.s.) aufgekommen ist.“ Demnach ist für sie zunächst einmal die linguistische/semantische Bedeutungsebene von Relevanz, sodass Bidʿa also erst einmal ein weit gefasster Begriff ist und sowohl Neuerungen in den Aspekte der Religion als auch neuartige Praktiken und Bräuche aus dem alltäglichen Leben bezeichnet. Diesbezüglich wird folgende Überlieferung als Hinweis angeführt:
„Wer meine Sunna aufrechterhält und den Menschen dazu verhilft sich nach ihr zu richten, der wird ohne Abstriche denselben Lohn derer erhalten, denen er zur Ausübung der Sunna verholfen hat. Und wer eine Neuerung erfindet und Schuld daran hat, dass andere nach dieser Bidʿa handeln, dem werden ohne Abstriche dieselben Sünden derer auferlegt, denen er zur Ausübung dieser Bidʿa verholfen hat.“ (Ibn Māǧa, Muqaddima, 15)
Gleichzeitig unterscheiden diese Gelehrten aber spezifisch betrachtet die Bidʿa in zwei Kategorien: die gute Neuerung (bidʿa ḥasana), und die verwerfliche Neuerung (bidʿa sayyi’ah). So sind beispielsweise Dinge wie der Bau von Minaretten und Medressen gute, erlaubte Neuerungen, auf Gräbern Kerzen anzuzünden dagegen verwerfliche Neuerungen. Demnach handelt es sich bei den in den Überlieferungen des Propheten (s.a.s.) thematisierten Neuerungen (Bidʿa) um die Kategorie der verwerflichen Neuerungen (bidʿa sayyi’ah). Als ʿUmar b. al-Ḫaṭṭāb (r.a.) sieht, dass in der Prophetenmoschee (al-masǧid an-nabawī) das tarāwīḥ-Gebet gemeinschaftlich verrichtet wird, soll er auf gute und gebilligte Neuerungen (bidʿa ḥasana) hinweisend gesagt haben: „Welch schöne Neuheit (Bidʿa) dies ist.“ (Buḫārī, Tarāwīḥ, 1) Dies betonend konstatiert aš-Šāfiʿī:
„Die Neuerung (Bidʿa) unterscheidet sich in zwei Arten, in gut (ḥasana) und verwerflich (sayyi’ah). Eine Neuerung, die sich mit der Sunna deckt und ihr entspricht ist lobenswert; eine Neuerung, die der Sunna widerspricht ist hingegen verwerflich. (Vgl. Ibn Taymiyya, al- Furqān bayna Awliyā’ ar-Rahmān wa-Awliyā’ aš-Šayṭān, 1, S.126)
Der Gelehrte Bediüzzaman Said Nursī, der zur Gruppe der Gelehrten gehört, die den Begriff Bidʿa prinzipiell nicht unterscheiden und nur bei Neuerungen in religiösen Angelegenheiten von Bidʿa sprechen, verknüpft beide Positionen wie folgt:
„Neuerungen im Bereich gottesdienstlicher Normen sind Bid’a. Da diese somit dem Wesen des Verses „Heute habe Ich euch eure Religion vervollkommnet und meine Gnade an euch vollendet“ (al-Māʾida 5:3) widersprechen, sind sie verwerflich und
abzulehnen.“ (RNK, Lem'alar, S. 609)
„Jede Strömung und Gemeinschaft (wie etwa Sufi-Bruderschaften) hat individuelle Arten
und Formen des ḏikr und tasbīḥ (Lobpreisung und Gebetsformeln). Solange diese als zusätzliche Lobpreisungsformen betrachtet werden, auf Koran und Sunna basieren und nicht im Widerspruch zur Sunna stehen, zählen sie nicht als Neuerung (Bid’a). Auch wenn manche Gelehrte diese als Bid’a benennen, bezeichnen sie sie als bidʿa ḥasana (gute, erlaubte Neuerung).“ (RNK, Lem'alar, S. 56)
So sagt er beispielsweise bezüglich der Praxis, dass in manchen Moscheen und Gebetsstätten Haarsträhnen des Bartes oder der Haare des ehrenwerten Propheten (s.a.s.) ausgestellt werden, sodass diese zu bestimmten Zeiten von Menschen besucht und betrachtet werden, folgendes: „Auch wenn manche fromme Autoritäten dies mit Blick auf Vorsicht, Frömmigkeit und Edelmut kritisieren, kritisieren sie dies personenbedingt und im Spezifischen. Selbst wenn sie es als Neuerung sehen, ist es als gute, erlaubte Neuerung (bidʿa ḥasana) zu betrachten, da es Anlass zur Lobpreisung (ṣalawāt) des Propheten bietet. (RNK, Lem'alar, S. 637)
b)
Bei Gelehrten, die den Begriff Bidʿa enger fassen, wie unter anderem Imām Mālik sowie die schāfiʿitischen Gelehrten al-Baihaqī, Ibn Ḥaǧar al-ʿAsqalānī und Ibn Ḥaǧar al-Haitamī, die hanafitischen Gelehrten Badr al-Dīn al-ʿAynī und Imam Birgivi und der hanbalitische
Gelehrte Ibn Taymiyya, findet sich sinngemäß und inhaltlich die Definition: „Bidʿa bezeichnet jegliche Neuerungen in religiösen Angelegenheit nach dem Ableben des Gesandten Gottes (s.a.s.), die Zufügungen oder Abstriche in der Religion darstellen.“ Diesem Verständnis nach fallen allerart Neuerungen ohne religiösen Charakter gar nicht erst unter die Kategorie Bidʿa, sodass neue Gewohnheiten und Bräuche außerhalb des Begriffs Bidʿa behandelt werden. Diese Ansicht stützt sich auf Überlieferungen wie:
„Das Schlimmste sind die nachträglich erfundenen Dinge.“ (Muslim, Ǧumʿa, 43)
„Jede Neuerung (Bidʿa) ist Irrtum.“ (Muslim, Ǧumʿa, 43)
„Hütet euch vor den neu eingeführten Dingen, denn alles Neueingeführte ist eine Neuerung (Bidʿa) und jede Neuerung ist Irregehen. So haltet fest an meiner Sunna und an der Sunna meiner vorbildhaften rechtgeleiteten Kalifen.“ (Abū Dāwūd, Sunna, 5)
So weisen aus Sicht dieser Gelehrte derartige Überlieferungen - welche die Bidʿa als schlecht, verwerflich, Feuer und Irregehen darstellen - daraufhin, dass diese Thematik sich lediglich auf theologische Aspekte und Angelegenheiten der Religion beschränkt.
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Ist das Kalifat eine vom Islam vorausgesetzte Institution? Müssen wir jetzt den Kalifen im Islamischen Staat wählen?
das Konzept des Kalifats entspringt einer koranische Terminologie;
Allah hat denjenigen von euch, die glauben und rechtschaffene Werke tun, versprochen, daß Er sie ganz gewiß als Statthalter auf der Erde einsetzen wird, so wie Er diejenigen, die vor ihnen waren, als Statthalter einsetzte, daß Er für sie ihrer Religion, der Er für sie zugestimmt hat, ganz gewiß eine feste Stellung verleihen wird, und daß Er ihnen nach ihrer Angst (, in der sie gelebt haben,) statt dessen ganz gewiß Sicherheit gewähren wird. Sie dienen Mir und gesellen Mir nichts bei. Wer aber danach ungläubig ist, jene sind die (wahren) Frevler. (24/55)
Unser Prophet (s.a.s.) sagte:
Das Kalifat nach mir - oder das Kalifat des Prophetentums - ist für dreißig Jahre. (siehe Abu Dawud, Sunna, 8, Tirmidhi, Fiten, 48, Ahmad bin Hanbal, 4/272; 5/220, 221)
Das Konzept des Kalifats hat also auch in der Sunna seinen entsprechenden Platz. Aus diesem Grund führten Muslime nach dem Ableben des Propheten (s.a.s) die Institution des Kalifats weiter.
Neben dem Konzept des Kalifats wird in koranischer Terminologie auch vom Befehlshaber gesprochen;
O die ihr glaubt, gehorcht Allah und gehorcht dem Gesandten und den Befehlshabern unter euch! Wenn ihr miteinander über etwas streitet, dann bringt es vor Allah und den Gesandten, wenn ihr wirklich an Allah und den Jüngsten Tag glaubt. Das ist am besten und am ehesten ein guter Ausgang. (4/59)
Das Konzept des Kalifats als institutioneller Mechanismus ist demnach ein Phänomen, das sowohl die weltlichen als auch die religiösen Dienste und Aufgaben aufgreift. Besonders in den letzten Zeiten des osmanischen Staates gab es diverse Entwicklungen die dafür sorgten, dass beide Bereiche separiert worden und das Kalifat lediglich in religiösen Angelegenheiten gefragt war. Später wurde dann die Institution des Kalifats abgeschafft und die entsprechenden Aufgaben wurden dem Parlament delegiert. Somit begann eine Phase der Säkularisierung.
Angesichts dieser Informationen können wir sagen, dass es für uns in einem bestimmten Land sehr schwierig ist, ein individuelles Kalifat zu haben, da das "Kalifat" die ganze Umma umschließen sollte. Denn in diesem Fall wäre das Kalifat ein bedeutungslose, irrelevante und machtlose Institution und allenfalls ein Symbol. Da in diesem Jahrhundert überwiegend parlamentarische Regierungssysteme bevorzugt und gepflegt werden, is es auch wichtig für Muslime, sich entsprechend aufzustellen. Es wäre nicht ratsam sich diesen Entwicklungen und Strukturen entgegen zu setzen und an Symbolen festzuhalten, die man nicht mit Leben füllen kann.
Daher gilt es zu sagen, dass es weniger wichtig ist, Symbole zu pflegen. Der Islam besteht nicht aus einer Aneinanderreihung von Symbolen. Erst wenn die Grundgebote des Islams gelebt werden können etwaige Symbole sich entsprechend gestalten und entfalten.
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Sind neue Rechtsurteile (Idjtihad/Idschtihad) noch möglich?
Rechtsurteile („iǧtihād“) erfordern in der Auslegung bestimmte Basiskonzessionen und bedürfen in diesem Zusammenhang neun Bedingungen bzw. Voraussetzungen:
1- Das Beherrschen der arabischen Sprache in Grammatik und Semantik, da sich das Rechtsquellenverständnis an dem Qurʾān und der Sunna orientiert. Diese wiederum wurden in der arabischen Sprache niedergeschrieben.
2- Ausführliches Verständnis und Wissen über die inhaltliche Zeichensystematik, Syntax, historische Lexikologie sowie allgemeine Bedeutungslehre (Semantik), Entscheidungskriterien zu spezifischen Thematiken, Entwicklungs- und Normhierarchie, Abrogation („nasḫ”) sowie deren Beziehungsstrukturen im Qurʾān.
3- Detailliertes Wissen bezüglich der Sunna (Lebensweise, Verhalten, Handlungsmuster, Äußerungen, Rechtssprüche…) des Propheten Muḥammad (s.a.s.)
4- Wissen über die Thematik mit dem sich die Rechtsangelegenheit befasst und deren theoretische Sachverhaltsbeschreibungen, wie („Iǧmāʾ“) Übereinkunft (der religiösen Autoritäten) oder differenzierende Perspektiven („Iḫtilāf“). Über die historische Gegebenheit eines Konsens („Iǧmāʾ“) gibt es keinen Zweifel, da die Prophetengefährten in vielen Angelegenheiten keine Meinungsverschiedenheit („Iḫtilāf“) hatten. Jedoch wurde von dem Gelehrten „Aḥmad ibn Hanbal“ die Ansicht vertreten, dass es nach der Ära der der Prophetengefährten keine grundlegende Übereinkunft („Iǧmāʾ“) mehr gab. Obwohl er die religiösen Übereinkünfte der ersten Generationen nach den Prophetengefährten nicht verleugnete, wurden sie als Entscheidungskriterium von ihm nicht akzeptiert.
5- Wissen über die Strukturen und Vergleichsgrundlagen beim Analogieschluss („qiyas“) und deren Bestimmungsregeln
6- Quellenverständnis der islamischen Urteils- bzw. Rechtsbestimmungen sowie deren Zweck und Zielsetzung.
7- Die kognitive Befähigung das Rechte („Ḥaq“) vom Falschen („Bāṭil“) nach den fachspezifischen Verhältnismäßigkeiten und Kriterien unterscheiden zu können.
8- Eine ehrliche und rechtschaffene Haltung sowie Gesinnung bezüglich rechtswissenschaftlichen Bestimmungen und islamischen Angelegenheiten
9- Aufrichtige Einstellung zu den Verbindlichkeiten der Glaubenslehre und die Ablehnung von theologischer Häresie („Bidʿa“)
Alles in allem wird deutlich, dass der Entscheidungsprozess von islamischen Rechtsbestimmungen keine einfach zu regelnde Disziplin ist.
Nicht jeder kann sich als bildende Instanz für Rechtsurteile deklarieren. Anhand von ideellen Engagements, die auf abweichenden Ideologien bzw. auf einem inkompatiblem Quellenverständnis basieren, kann keiner in islamischen Angelegenheiten als legitime Instanz anerkannt werden.
Grundsätzlich sind neue Rechtsurteile („İǧtihād“) jederzeit möglich. So wie es in der ersten Epoche (zur Zeit des Propheten sowie der Prophetengefährten) möglich war, wird es auch zu allen Zeiten möglich sein. Es muss nur eine Autorität vorhanden sein, welche die Vorraussetzungen für solch eine Urteilsbestimmung („İǧtihād“) besitzt. Zu behaupten, dass nur zu dieser oder jener Zeitepoche eine neue Urteilsbestimmung („İǧtihād“) durchführbar war, ist falsch.
Demnach kann eine historische Einschränkung bezüglich der Entwicklung von Rechtsbestimmungen („İǧtihād“) weder nachgewiesen noch determiniert werden, da die Befähigung zu solch einer statischen Doktrin von niemandem erteilt wurde.
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Sind neue Rechtsurteile („İǧtihād“) bezüglich islamischer Angelegenheiten noch möglich?
Rechtsurteile („İǧtihād“) erfordern in der Auslegung bestimmte Basiskonzessionen und bedürfen in diesem Zusammenhang neun Bedingungen bzw. Voraussetzungen:
1- Das Beherrschen der arabischen Sprache in Grammatik und Semantik, da sich das Rechtsquellenverständnis an dem Qurʾān und der Sunna orientiert. Diese wiederum wurden in der arabischen Sprache niedergeschrieben.
2- Ausführliches Verständnis und Wissen über die inhaltliche Zeichensystematik, Syntax, historische Lexikologie sowie allgemeine Bedeutungslehre (Semantik), Entscheidungskriterien zu spezifischen Thematiken, Entwicklungs- und Normhierarchie, Abrogation („nasḫ”) sowie deren Beziehungsstrukturen im Qurʾān.
3- Detailliertes Wissen bezüglich der Sunna (Lebensweise, Verhalten, Handlungsmuster, Äußerungen, Rechtssprüche…) des Propheten Muḥammad (s.a.s.)
4- Wissen über die Thematik mit dem sich die Rechtsangelegenheit befasst und deren theoretische Sachverhaltsbeschreibungen, wie („Iǧmāʾ“) Übereinkunft (der religiösen Autoritäten) oder differenzierende Perspektiven („Iḫtilāf“). Über die historische Gegebenheit eines Konsens („Iǧmāʾ“) gibt es keinen Zweifel, da die Prophetengefährten in vielen Angelegenheiten keine Meinungsverschiedenheit („Iḫtilāf“) hatten. Jedoch wurde von dem Gelehrten „Aḥmad ibn Hanbal“ die Ansicht vertreten, dass es nach der Ära der der Prophetengefährten keine grundlegende Übereinkunft („Iǧmāʾ“) mehr gab. Obwohl er die religiösen Übereinkünfte der ersten Generationen nach den Prophetengefährten nicht verleugnete, wurden sie als Entscheidungskriterium von ihm nicht akzeptiert.
5- Wissen über die Strukturen und Vergleichsgrundlagen beim Analogieschluss („qiyas“) und deren Bestimmungsregeln
6- Quellenverständnis der islamischen Urteils- bzw. Rechtsbestimmungen sowie deren Zweck und Zielsetzung.
7- Die kognitive Befähigung das Rechte („Ḥaq“) vom Falschen („Bāṭil“) nach den fachspezifischen Verhältnismäßigkeiten und Kriterien unterscheiden zu können.
8- Eine ehrliche und rechtschaffene Haltung sowie Gesinnung bezüglich rechtswissenschaftlichen Bestimmungen und islamischen Angelegenheiten
9- Aufrichtige Einstellung zu den Verbindlichkeiten der Glaubenslehre und die Ablehnung von theologischer Häresie („Bidʿa“)
Alles in allem wird deutlich, dass der Entscheidungsprozess von islamischen Rechtsbestimmungen keine einfach zu regelnde Disziplin ist.
Nicht jeder kann sich als bildende Instanz für Rechtsurteile deklarieren. Anhand von ideellen Engagements, die auf abweichenden Ideologien bzw. auf einem inkompatiblem Quellenverständnis basieren, kann keiner in islamischen Angelegenheiten als legitime Instanz anerkannt werden.
Grundsätzlich sind neue Rechtsurteile („İǧtihād“) jederzeit möglich. So wie es in der ersten Epoche (zur Zeit des Propheten sowie der Prophetengefährten) möglich war, wird es auch zu allen Zeiten möglich sein. Es muss nur eine Autorität vorhanden sein, welche die Vorraussetzungen für solch eine Urteilsbestimmung („İǧtihād“) besitzt. Zu behaupten, dass nur zu dieser oder jener Zeitepoche eine neue Urteilsbestimmung („İǧtihād“) durchführbar war, ist falsch.
Demnach kann eine historische Einschränkung bezüglich der Entwicklung von Rechtsbestimmungen („İǧtihād“) weder nachgewiesen noch determiniert werden, da die Befähigung zu solch einer statischen Doktrin von niemandem erteilt wurde.
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Kann man wirklich seine Seele an den Teufel verkaufen?
der Ausdruck "seine Seele an den Teufel verkaufen“ bedeutet, dass eine solche Person keine Grenzen kennt und alles für ihren persönlichen Vorteil tun würde, wie Geld, Besitz, Ruhm usw. und dabei primär von seinen Trieben und Gelüsten gesteuert wird, ohne Rücksicht auf das Umfeld oder Verluste.
In der Tat ist der Verkauf der Seele an den Teufel nicht wie der Verkauf einer Ware an jemanden, sondern ein bildlicher Ausdruck. Er bezieht sich auf seelisch und moralisch korrupierte Menschen, die sich in den Dienst des Teufels stellen.
Es geht auch nicht darum, ob sie das bewusst tun und etwa "Satanisten" sind. Vielmehr geht es darum, was das Lebenswerk des Menschen ist und was er hinterlässt. Wenn der Mensch in seinem Leben nur Übel kennt, anderen Leid zufügt, das Leben auf dem Planeten zur Hölle macht und sein Umfeld vergiftet, dann wird der Teufel zweifelsohne auf ihn sehr stolz sein, weil das sind ja jene Dinge, die auch der Teufel begehrt. Ob dieser Mensch nun vom Teufel weiß oder nicht, spielt für diese Ergebnisse dann keine Rolle mehr.
Es sollte nicht vergessen werden, dass es sowohl dämonische Dschinn als auch dämonische Menschen gibt. Wenn also ein Mensch seine Seele an den Teufel verkauft, kann das bedeuten, dass seine Seele und Moral so weit korrupiert ist, dass er in seinem Handeln und Wirken praktisch keinen Unterschied mehr zu dämonischen Wesen darstellt. So ein Mensch braucht keine Hörner oder sonstige übernatürliche Erscheinungsformen. Solche Bilder kennt man eher aus Horrorfilmen und Volkserzählungen. Sie haben in aller Regel wenig bis gar nichts mit der Religion zu tun.
Rein faktisch im Hinblick auf die Lebensweise ist er jedoch nicht nur auf der Seite des Teufels, sondern ist darin auch so vertieft, dass er nicht mehr umkehren kann. So könnte man den Begriff "verkaufen" hier vielleicht verstehen, es könnte also so gemeint sein, dass jemand die Tür zur Buße endgültig für sich zugeschlagen hat und seinem Schöpfer endgültig den Rücken zugekehrt hat und daher vor sich nur noch den Teufel als Ratgeber, Freund und Mentor findet.
Und so hatten Wir für jeden Propheten Feinde bestimmt: die Satane (aus den Reihen) der Menschen und der Dschinn. Sie geben einander zum Trug prunkende Rede ein - und hätte es dein Herr gewollt, hätten sie es nicht getan; so überlaß sie sich selbst mit dem, was sie erdichten. (6/112)
Der Prophet (Friede sei mit ihm) sagte auch, dass „menschliche Teufel schädlicher sind als die Teufel aus den Reihen der Dschinn“ (vgl. Müsned, 5/165)
Diese Quellen zeigen uns ebenfalls, dass es durchaus möglich ist, dass der Mensch soweit in die Dunkelheit absteigt, dass man ihn mit einem Teufel vergleichen und so betrachten kann. Der Mensch hat also gleichermaßen die Kapazität in das Paradies aufzusteigen oder in die tiefsten Tiefen der Hölle abzusteigen.
Wahrlich, Wir haben den Menschen in bester Form erschaffen. Alsdann haben Wir ihn in die niedrigste Tiefe zurückgebracht, ausgenommen (davon) sind diejenigen, die glauben und Gutes tun; ihnen wird ein unverkürzter Lohn zuteil sein. (95/4-5)
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Wie sollte die Mäßigkeit (mittlerer Weg) im Glauben sein?
das Glaubensbekenntnis bzw. der Glaube jedes Menschen ist eine tiefe „Herzensangelegenheit“ oder ein starker Gewissenszustand. Die Grundlage dieser Überzeugung ist der Glaube an Gott und andere Glaubenswahrheiten. In der jüdischen Religion glaubt man eher an ein "bestrafenden Gott". Im Christentum, durch die vermittelnde Hilfestellung Jesu, ist der Glaube an Gott eher im Stil eines "vergebenden Gottes". Im Koran heißt es, dass Gott sowohl der „Erhabene Rächer“ als auch der Barmherzigste im Dies- sowie Jenseits ist.
Imam Ghazali schrieb genau hierzu ein Werk mit dem Namen "al-iktisad fi'l İtikad", "Der mittlere Weg (Mäßigkeit) im Glauben". Heute zeichnet sich die Notwendigkeit solcher Werke dadurch ab, dass viele (Gelehrte, Akademiker) die eigentlich in der Lage sind über den Islam reichlich Wissen zu haben ebenso in den Grundfragen des Glaubens wackeln bzw. zerstreut handeln.
Der mittlere, besonnene Weg im Glauben sollte sich in erster Linie nach den heiligen Worten Gottes und den Überlieferungen seiner Gesandten richten. Im Islam richtet es sich erstens nach den Grundlagen und Vorgaben Allahs, welche im Koran verkündet wurden. Die Auslegung und die Praktizierung (Sunna) dessen wurde durch den Propheten Mohammed (s.a.s.) an die Muslime mit Worten erklärt, in Taten umgesetzt und/oder mit Handlungen und Haltungen vorgelebt.
Nach dem Tod des Propheten Muhammad (a.s.m.) und mit der Zeit traten neue Ereignisse in der Lebenswelt der Muslime auf. Hierzu wurden zwei weitere Beweisführungen zur Ausübung des Glaubens, die Analogie (Vergleich) und Ijma (Konsens) eingeführt. Die Erneuerung der Zeit und die Differenzierung der Ereignisse machten dies notwendig. Ist ein Dekret eindeutig im Koran vorhanden wird dies in der Tat entsprechend ausgeführt. Wird es nicht eindeutig im Koran erwähnt, so wird auf die Sunna verwiesen. Wenn sie dort nicht gefunden werden, werden Analogie und Ijma angewendet.
Um den mittleren, besonnenen Weg im Glauben zu gehen sollte ein Gläubiger sein Glaubensbekenntnis, welches eine verfestigte, tiefe „Herzensangelegenheit“ und ein starker Gewissenszustand ist, nicht nach eigenem Ermessen und Verständnis bewerten, sondern mit soliden Beweisen untermauern und ablegen.
Man sollte Mäßigkeit eher als eine Sache der Haltung und als Sensibilität betrachten, vielleicht ist es auch eine Leitfrage für das Leben. Der mittlere Weg bedeutet daher auch nicht, dass man niemals Fehltritte macht. Wer aber in der Mitte eines Raumes steht, hat einen guten Blick in alle Richtungen. Wer aber nur auf einer Seite der Waage steht und schlimmer noch, das Recht nur bei sich sieht, der läuft Gefahr nur einen Bruchteil der Wahrheit sehen zu können. Außerdem verleitet ein parteiisches Denken jemanden dazu, Andersdenkende pauschal als Feinde zu betrachten, selbst wenn sie Recht haben und im Umkehrschluss Leute als Freunde zu sehen, nur weil sie einem Recht geben obwohl man falsch liegt. Daher sollte Mäßigkeit für uns immer die Erinnerung sein, zu fragen; Was würde mein Schöpfer von mir erwarten? Gibt es eine andere Sichtweise auf dieses Thema? Habe ich zu vorschnell geurteilt?
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Können sie uns grundlegende Informationen über das Wort "makruh" geben?
das Wort „makruh“, das sich von der Wurzel „karh“ (kurh, karahat, karâhiyyat) ableitet, die laut Wörterbuch „hässlich finden, schlecht sehen, nicht wollen; Mühe, Ärger, Schwierigkeit“ bedeutet, bedeutet „etwas, das Schwierigkeiten und Ärger mit sich bringt, etwas, das unangenehm, hässlich und schlecht ist“. Neben denjenigen, die sagen, dass „karh“ und „kurh“ die gleiche Bedeutung haben, gibt es auch Sprachwissenschaftler, die behaupten, dass es einen Unterschied zwischen ihnen gibt.
Makruh ist demnach ein Verhalten, das aus religiöser Sicht nicht angemessen ist, von dem man sich wünscht, dass es unterlassen wird, und bei dem es besser ist, es nicht zu tun, als es zu tun.
Nach dem Hanafi Madhab wird makruh in zwei Teile unterteilt: tahriman makruh und tanzihan makruh.
Tahriman makruh ist etwas, das dem Haram nahe steht. Zum Beispiel, etwas nicht zu tun, was Pflicht ist. Es ist verpflichtend, etwas nicht zu tun, was als tahriman makruh eingestuft wird, und wenn man es tut, ist man ein Sünder und wird bestraft.
Tenzihan makruh ist etwas, das in der Nähe des Erlaubten liegt. Zum Beispiel das Verlassen der Sunna und der guten Form („adab“) des Gebets. Es gibt keine Belohnung für etwas, das tanzihan makruh ist, und keine Strafe für etwas, das tanzihan makruh ist, aber es gibt eine Art moralische Verurteilung.
Nach der Schafi'i Madhhab gibt es nur eine Art von Makruh. Sie umfasst alles, was die Shari'ah im Geiste fordert, aber nicht offiziell und für alle verbindlich macht. Wer sich davor hütet, wird gelobt und belohnt, wer es tut, wird nicht verurteilt oder bestraft.
Für das Grundverständnis des Begriffs könnte man sich das vielleicht so merken: Makruh ist immer auch eine Form der Bewertung und kein neutraler Begriff. Wo immer also das Wort makruh auftaucht, können wir davon ausgehen, dass es sich um etwas aus religiöser Sicht Unerwünschtes handelt.
„Karh“ bezieht sich auf eine Notlage, die ein Mensch aufgrund äußeren Drucks ertragen muss, während „kurh“ eine unangenehme Situation bezeichnet, die er freiwillig erträgt. Es gibt zwei Arten: das, was er von Natur aus nicht mag, und das, was er von der Vernunft oder den Regeln der Religion her nicht gutheißt. Wenn also jemand sagt: „Ich will es, aber ich finde es unangenehm“, kann es sein, dass er damit meint: „Ich will es von meinem Gemütszustand her, aber ich billige es nicht von der Vernunft oder von der Scharia her“, oder umgekehrt. Ikrah bedeutet „jemanden zu einer Handlung zwingen, die er nicht will und die ihm nicht gefällt“.
Im heiligen Koran und in den Hadithen werden die von der Wurzel kerh abgeleiteten Wörter häufig in ihrer lexikalischen Bedeutung verwendet. „Makruh“ wird in dem Vers erwähnt;
„Das Übel all dieser Dinge ist hässlich in den Augen deines Herrn“ (17/38)
In den vorherigen Zeilen wird näher beschrieben, was alles damit gemeint sein mag;
"Und tötet eure Kinder nicht aus Furcht vor Armut; Wir sorgen für sie und für euch. Wahrlich, sie zu töten ist ein großer Fehler. Und kommt der Unzucht nicht nahe; seht, das ist eine Schändlichkeit und ein übler Weg. Und tötet nicht das Leben, das Allah unverletzlich gemacht hat, es sei denn zu Recht. Und wer da ungerechterweise getötet wird - dessen Erben haben Wir gewiß Ermächtigung (zur Vergeltung) gegeben; doch soll er im Töten nicht maßlos sein; denn er findet (Unsere) Hilfe. Und tastet nicht das Gut der Waise an, es sei denn zu (ihrem) Besten, bis sie die Reife erreicht hat. Und haltet die Verpflichtung ein; denn über die Verpflichtung muß Rechenschaft abgelegt werden. Und gebt volles Maß, wenn ihr messt, und wägt mit richtiger Waage; das ist durchaus vorteilhaft und letzten Endes das Beste. Und verfolge nicht das, wovon du keine Kenntnis hast. Wahrlich, das Ohr und das Auge und das Herz - sie alle sollen zur Rechenschaft gezogen werden. Und wandle nicht ausgelassen (in Übermut) auf der Erde; denn du kannst weder die Erde durchbrechen, noch kannst du die Berge an Höhe erreichen." (17/31-37)
Al-Ghazālī stellt fest, dass das Wort „makruh“ bei den Rechtsgelehrten in verschiedenen Bedeutungen verwendet wird, und erklärt sie wie folgt;
1. im Sinne von „das, was verboten ist (verboten)“. Imam Shafi'i hat oft gesagt: „Ich finde es verwerflich“, im Sinne von „verboten“.
2. in der Bedeutung von „tanzihan verboten“. In diesem Sinne bedeutet makruh, dass es besser ist, eine Handlung zu unterlassen, als sie zu tun, auch wenn es keine Strafe für die Handlung gibt.
3. im Sinne von „Verzicht auf das Angemessene, auch wenn es nicht verboten ist“. Man würde also aus religionsethischen Gründen auf eine Sache verzichten, auch wenn es keinen Befehl dazu gibt.
4. Im Sinne von „wo es Zweifel und Bedenken bezüglich des Verbots gibt“. Zum Beispiel das Essen von Fleisch von Raubtieren. Makruh ist diesem Sinne sind jedoch offen für den Ijtihad. Wenn der ijtihad eines Mujtahids ihn zu dem Schluss führt, dass die betreffende Handlung haram ist, ist das aus Seiner sicht auch so, aber aus der Sicht eines anderen Mujtahids, dessen ijtihad ihn zu dem Schluss führt, dass sie halal ist, ist es halal, und es gibt für ihn keinen Grund mehr, über makruh zu sprechen.
Wenn jedoch die Meinung des zweiten Mujtahids in diesem Beispiel von Zweifeln im Herzen begleitet wird, ist es nicht schädlich, das Wort makruh für diese Angelegenheit zu verwenden, selbst wenn seine eigene professionelle Schlussfolgerung etwas anderes gesagt hätte.
Als Kompass in dieser Frage können wir eine Überlieferung des ehrenwerten Propheten (Friede sei mit Ihm) verwenden:
"Sünde ist das Unbehagen des Herzens." (vgl. Mustasfâ, 1/66-67)
Das Herz, das uns sagt, dass sich die Entscheidung "nicht gut" anfühlt, kann also ein wichtiger Indikator dafür sein, wie wir schließlich handeln sollen. Die Überlieferung könnte also auch so verstanden werden, dass man mit reinem Herzen und Gewissen feststellen kann, ob man vor einer Sünde steht oder nicht.
Der Begriff kann darüber hinaus auch die Funktion haben, uns im Falle einer Entscheidung den Weg zum richtigen Handeln zu weisen. Man sehe hierfür folgenden Vers;
O ihr, die ihr glaubt, wenn zum Freitagsgebet gerufen wird, dann eilt zum Gedenken Allahs und stellt den Geschäftsbetrieb ein. Das ist besser für euch, wenn ihr es nur wüßtet. (62/9)
Die Aufforderung „Hört auf zu kaufen“ in diesem Vers ist eigentlich ein Ausdruck, der „nicht zu kaufen“ bedeutet, d.h. es ist verboten, während des Freitagsgebets zu kaufen. Andere Belege und der Kontext zeigen jedoch, dass dieses Verbot nicht darauf beruht, dass das Kaufen und Verkaufen an sich als schlecht angesehen wird, sondern darauf, dass es den Betreffenden daran hindert, das Freitagsgebet zu verrichten. Mit anderen Worten, das Einkaufen ist nur dann makruh, wenn es, wie in diesem Beispiel, eine Pflicht verhindert. Wenn wir sagen würden, dass Einkaufen haram ist, dann wäre es immer und für alle haram und wir hätten erhebliche Probleme.
Eine andere Funktion des Begriffs kann es sein, zur besseren Handlung zu motivieren.
„Die beste mahr (oder Ehe) ist die einfache.“ (Ebû Dâvûd, "Nikâh", 31)
Die Überlieferung zeigt uns, was die bessere Richtung wäre (weniger materielle Kosten), und folglich würde eine Tendenz in die andere Richtung, d.h. die unnötige Erhöhung der Kosten, als makruh, d.h. als unerwünscht bezeichnet werden.
Nach Auffassung der meisten Rechtsgelehrten zieht die Begehung einer Makruh-Handlung keine Strafe nach sich, sondern gilt als verwerfliches (eines Muslim unwürdiges) Verhalten; wer sich um Allahs willen solcher Handlungen enthält, ist lobenswert und verdient Belohnung.
Darüber hinaus werden einige Verhaltensweisen, die wegen ihres weltlichen Nutzens („maslaha“) als makruh gelten, wie Essen und Trinken, Kleidung, Sauberkeit, Beziehungen zwischen Mann und Frau, Ehemann und Ehefrau, Kaufen und Verkaufen, in den Abschnitten „kerâhiye und istihsan“ der Fiqh- und Ilmihal-Bücher sowie in den Ethik- und âdâb-Büchern gesondert behandelt. (Vgl. TDV. İslam Ansiklopedisi, Mekruh md.)