Gelten für einen in Deutschland lebenden Muslim die Normen des Dar al-Harb? Wie funktioniert der Dar al-Harb?

Details der Frage

Menschen die in Deutschland oder Europa leben, genießen, unter dem Vorsatz des Dar al-Harb, gewisse „Freiheiten“ die den dortigen Muslimen einen vermeintlich größeren Handlungsspielraum gewähren. Zum Beispiel können Zinsen, welche sonst als streng verboten gelten, gezahlt und eingenommen werden.

Diesbezüglich gibt es Stimmen die sagen „Ja, für die in Deutschland (oder Europa) lebenden Muslime gelten die Richtlinien des Darül Harb und daher ist es diesen Muslimen auch gestattet, mit Zinsen fungierende Kredite zu nehmen“, andere wiederum sagen „Nein, nur weil Muslime in einem nicht-muslimischen Land leben gelten nicht automatisch die Richtlinien des Dar al-Harb!“

Wonach sollten wir uns also richten?

Antwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

um auf diese Frage eine verständliche Antwort geben zu können, müssen wir kurz auf die Begriffe „islamisches Land“ und „Kriegsland“ eingehen:

(„Kriegsland“ bezieht sich im Text auf den islamischen Begriff Dar al-Harb)

Als islamisches Land wird ein Land bezeichnet, dessen Staatsoberhäupter Muslime sind und wo Muslime unter dem Schutz des Staates, ihre religiösen Pflichten ausüben dürfen.

Als Kriegsland hingegen, wird das genaue Gegenteil dessen beschrieben, was ein islamisches Land ausmacht. Also ein Land in dem die Staatsoberhäupter nicht Muslime (sondern Christen, Juden o. ä.)  sind. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die in diesem Land lebenden Muslime der Staatsregierung den Krieg zu erklären haben! Denn gemäß dem Islam, ist es für die in einem „Kriegsland“ lebenden (und keine gravierenden Einschränkungen bzgl. der Auslebung islamischer Pflichten erlebenden) Muslime, verpflichtend sich an die dortigen Gesetze zu orientieren und zu halten.

Und wenn eine Frau von ihrem Ehemann Widersetzlichkeit oder Meidung befürchtet, so ist es keine Sünde für sie (beide), sich in Frieden zu einigen; denn friedliche Einigung ist besser. Und die Seelen sind der Habsucht zugänglich. Doch wenn ihr wohltätig seid und gottesfürchtig, so ist Allah dessen, was ihr tut, gewiß Kundig. (4/128)

Wenn sie jedoch aufhören, so ist Allah Allvergebend und Barmherzig. (2/192)

Und kämpft gegen sie, bis es keine Verfolgung mehr gibt und die Religion (allein) Allahs ist. Wenn sie jedoch aufhören, dann darf es kein feindseliges Vorgehen geben außer gegen die Ungerechten. (2/193)

Diese Verse geben Auskunft zum Thema. Das Resultat ist:

dass wir Ländern gegenüber, in denen wir in Frieden und in Einigung leben, nicht feindselig gesinnt sein dürfen, also nicht den Krieg erklären dürfen. Denn diese Länder werden auch als „Länder des Friedens“ bezeichnet. Mit anderen Worten, selbst wenn es ein Land der Blasphemie ist, können wir es deswegen nicht als Land des Krieges bezeichnen, weil wir uns mit den Gewohnheiten, Richtlinien und Vorschriften des jeweiligen Landes geeinigt haben und in Frieden zusammenleben können. (Vgl. Ömer Nasuhi BİLMEN, Gesetz des Islam, III/394)­

Im Hinblick auf Deutschland kann man unter Zuhilfenahme dieser Quellen von einem Land des Friedens und der Übereinkunft reden. Das bedeutet nicht, dass es ein islamisches Land ist aber das muss es eben auch nicht sein.

Fragen an den islam

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