FAQ Häufigsten Fragen zum Nation – Staat – Volk

1 Fragen rund um das Martyrium

Was bedeutet eigentlich Schahīd wortwörtlich?

Das Wortshahīd“ wird üblicherweise mit Martyrium bzw. Märtyrer übersetzt. Der Begriff taucht im Koran auf und könnte auch vom Wortstamm her mit „Zeuge“ übersetzt werden. Das inhaltliche Verständnis vom Martyrium im Islam wird nun hier dargestellt.

 

Wer ist ein Märtyrer?

Generell kann man jeden Muslim der sein Leben für Allah ließ, als Märtyrer betrachten.

Das Martyrium ist die höchste Stufe im Islam. Bei Allah haben die Märtyrer einen besonders hohen Stellenwert. Es wird besagt, dass nur noch die Propheten über den Märtyrern stehen im Rang im Jenseits. Daher vergibt Allah den Märtyrern ihre Sünden und Fehltritte im Diesseits.

Eine besondere Qualität der Muslime ihren Feinden gegenüber war stets der feste Glaube daran, dass man entweder als Märtyrer stirbt oder als Veteran geehrt wird. Das wird auch koranisch als „eines von zwei schönen Dingen“ beschrieben (9/52) also gibt es für die Muslime im Kampf/Krieg zwei schöne Ausgänge; man zieht siegreich davon oder man steigt in das Martyrium auf. (İbnu Kesir, IV/102; Nesefi, II/130)

Die Worte von Khalid ibn al-Walid gegenüber dem iranischen Kommandaten darüber was das Martyrium den Muslimen bringt, sind ein schönes Beispiel;

Mit einer Armee bin ich zu euch gekommen die den Tod genauso sehr liebt wie ihr euer Leben und euren Wein. (Abdürabbih, s. 387)

Das Leben im Martyrium ist ein spirituelles, genauer gesagt wahrhaftiges Leben (Yazır, I/547). Der Märtyrer empfindet sich als lebend (Nursi, Hutbe-i Şamiye, s. 122). Er findet sich in einer schöneren Welt bzw. Existenz wieder ohne den Schmerz des Todes zu erfahren.

Der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) berichtet über die 70 Märtyrer aus der Schlacht von Uhud Folgendes:

Als unsere Brüder in Uhut ins Martyrium aufgestiegen sind, hat Allah ihre Seelen in eine Leere/Grube mit grünen Vögeln getan. Sie trinken aus den Bächern des Paradieses und essen dort Früchte. Sie lassen sich nieder im Schatten des Thrones unter goldenen Öllampen. Als sie Speise und Trank sehen sowie die Schönheit ihrer Niederlassung sagen sie „wenn doch nur einer unseren Brüdern im Diesseits sagen würde, dass wir im Paradies leben und versorgt werden“. Damit sie nicht vom Djihad abschrecken und vom Kampf wegrennen. Allah spricht zu ihnen „ich werde sie über euren Zustand in Kenntnis setzen“ und verkündet dies mit den volgenden Versen. (Ebu Davud, Cihad, 25)

Und meine ja nicht, diejenigen, die auf Allahs Weg getötet worden sind, seien (wirklich) tot. Nein! Vielmehr sind sie lebendig bei ihrem Herrn und werden versorgt und sind froh über das, was Allah ihnen von Seiner Huld gewährt hat, und sind glückselig über diejenigen, die sich nach ihnen noch nicht angeschlossen haben, daß keine Furcht über sie kommen soll, noch sie traurig sein sollen. Sie sind glückselig über eine Gunst von Allah und eine Huld und (darüber), daß Allah den Lohn der Gläubigen nicht verlorengehen läßt. (3/169-171)

 

Wen nennt man „vollkommener Märtyrer“?

So werden diejenigen genannt die sowohl im Diesseits als auch im Jenseits als Märtyrer gesehen werden. Diejenigen also, die im Kampf getötet werden oder durch Kriminelle, Terroristen und Vergleichbares ungerecht umgebracht werden. Für diesen Status gibt es außerdem 6 Bedingungen;

1. Muslim sein.

2. Geistige Gesundheit haben.

3. Geschlechtsreife haben.

4. Nicht im Zustand der Unreinheit sein. Nach vielen Gelehrten wird der Märtyrer der unrein war in dem Moment auch nicht gewaschen. Nach manchen wichtigen Gelehrten wie z.B. Abu Hanifa wird der Märtyrer gewaschen, auch wenn er im Zustand der Unreinheit gestorben ist. Als Argument dafür nehmen sie die Überlieferung demnach einer der Gefallenen in Uhud, Hanzala ibn Abu Amir im Zustand der Unreinheit verstorben ist und Engel haben ihn gewaschen.  

5. Der Tod muss sofort nach der Gewalteinwirkung an Ort und Stelle stattfinden. Wenn jemand also verletzt wurde aber danach behandelt wurde und somit genug Zeit verging, so dass man zwischenzeitlich Bewusstsein erlangt hat, gegessen und getrunken hat oder alternativ eine Gebetszeit verstrichen ist, dann ist man kein vollkommener Märtyrer mehr. Dann gilt man als Märtyrer im Jenseits. Das gilt auch wenn die Person vom Ort des Geschehens transportiert wird z.B. in ein Krankenhaus und erst dort verstirbt.

6. Man muss gezielt das Opfer einer Gewalttat werden. Man darf also nicht durch einen unvorhersehbaren Unfall getötet werden.

Die vollkommenen Märtyrer werden nicht gewaschen und mit ihrer blutigen Bekleidung begraben. Als Ali ibn Abu Talib gestorben ist waren einer dieser 6 Bedingungen nicht erfüllt und er wurde daher gewaschen. Als Uthman ibn al Affan begraben wurde, waren alle 6 Bedingungen erfüllt und er wurde daher nicht gewaschen.

 

Wenn nennt man jenseitigen Märtyrer?

So werden die genannt, die im Jenseits als Märtyrer behandelt werden, aber im Diesseits nicht als Märtyrer gezählt werden und daher gewaschen und mit einem Leichentuch begraben werden. Jene fallen unter diese Kategorie, die eines der Kriterien nicht erfüllen damit sie zu vollkommenen Märtyrern gezählt werden können.

Darüber hinaus fallen auch diese Menschen unter diese Kategorie:

Ertrunkene

Verbrannte (Ibnu Mace, Cihad, 17)

Vergrabene (z.B. durch ein Erdbeben)

Aufgrund von Infektion Verstorbene

Durch Fieberkrankheit Verstorbene

Jene die auf dem Weg zum Wissenserwerb (bzw. dafür) sterben.

Frauen, die in und durch die Geburt sterben oder nach der Geburt sterben.

Durch massive Kopfschmerzen Verstorbene.

Durch massive Bauchschmerzen Verstorbene.

Wer für den Unterhalt und für die Versorgung der Familie arbeitet und während der Arbeit durch einen Arbeitsunfall verstirbt.

Wer an einem Freitag stirbt.

Wer in der Diaspora stirbt.

Wer durch eine vergiftete Wunde (z.B. durch einen Schlangenbiss) stirbt.

(Für die Märtyrer, die außerhalb des Krieges fallen möge man folgende Überlieferungen betrachten: Müslim, İmâre, 164; Tirmizî, Cenâiz, 65, Fedâilu'l-Cihâd, 14; Ahmed b. Hanbel, I/22, 23, II/323, 325).

 

Wenn nent man diesseitigen Märtyrer?

Das sind die Heuchler (munafiq). Dadurch, dass nur Allah die Täuschung in ihren Herzen sehen kann, werden diese von normalen Menschen wie Märytrer behandelt sofern sie einen entsprechenden Tod sterben. Sie werden also in dem Fall wie Märtyrer behandelt von den Menschen im Diesseits, weil man sie für Muslime hält, während sie in Wahrheit keinen Glauben im Herzen tragen und das im Jenseits aufgedeckt wird.

 

Warum wird er dann überhaupt als Märtyrer bezeichnet?

Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Person eigentlich auch gar kein Märtyrer ist. Er wird also nicht dementsprechend im Jenseits behandelt. Da die Person aber als Munafiq die Menschen im Umfeld täuscht und man nicht in die Herzen der Menschen gucken kann, kann es eben sein, dass die Person z.B. im Wehrdienst stirbt und vom Umfeld als Märtyrer gesehen wird. Im Jenseits wird die Täuschung aber aufgedeckt. Die Menschen werden aber diese Täuschung nicht erkennen können und darum geht es den Munafiq; von den Menschen als Muslim wahrgenommen zu werden, während man im Herzen keiner ist. Der Begriff des diesseitigen Märtyrers soll also diesen Umstand und diese Kategorie klar benennen und den Unterschied erklärbar machen.

 

Gibt es Überlieferungen des Propheten (s.a.s.) zum Thema Märtyrertum?

„Wer beim Versuch sein Hab und Gut zu verteidigen getötet wird, gilt als Märtyrer. Wer beim Versuch seine Unbescholtenheit und Ehre zu verteidigen zu Tode kommt, gilt als Märtyrer. Wer beim Versuch sich selbst zu verteidigen getötet wird, gilt als Märtyrer…“

„Beerdigt Märtyrer in ihren blutigen Gewändern. Denn eine Verletzung, die um Allahs willen erlitten wurde, wird am Tage des Jüngsten Gerichts, rot wie Blut, bluten und wie Moschus duften…“

„Märtyrer sind am Tor zum Paradies, bei der funkelnden Schönheit eines Flusses und in grünen Zelten. Von morgens bis abends werden Ihnen Speisen aus dem Paradies dargeboten werden.“

„Wer getötet wird, weil er das Gute predigt und das Böse versucht zu verhindern, gilt als ein Märtyrer.“

„Wer an einem Freitag verstirbt, gilt als ein Märtyrer.“

„Wer von seinem Reittier fällt und verstirbt, gilt als ein Märtyrer.“

„Jemand der ertrinkt, gilt als Märtyrer. Jemand der verbrennt gilt als Märtyrer. Jemand der in der Fremde vereinsamt stirbt, gilt als Märtyrer. Jemand der durch ein giftiges Tier zu Tode kommt, gilt als Märtyrer. Wer an starken Bauchschmerzen stirbt, gilt als Märtyrer. Wer unter den Trümmern eines einstürzenden Hauses stirbt, gilt als Märtyrer. Wer vom Dach seines Hauses fällt, sich das Genick bricht und stirbt, gilt als Märtyrer. Wenn auf jemanden ein großer Stein fällt und er dadurch zu Tode kommt, gilt er als Märtyrer…“

„Wer bei der Verteidigung eines Glaubensbruders stirbt, gilt als Märtyrer. Wer bei der Verteidigung eines unschuldigen Nachbars stirbt, gilt als Märtyrer...“

„Mit Ausnahme von Schulden werden jegliche Sünden eines Märtyrers vergeben.“ (Müslim)

„Ein Muslim der an einem Freitag, tagsüber oder in der Nacht stirbt, den befreit Allah von den Strapazen des Grabes (das Verhör durch die Engel und etwaige Qualen).“ (Tirmizî, Cenâiz: 73; Müsned, II/176)

Einige Gelehrte sind der Auffassung, dass ein Märtyrertod auf dem Meer, sogar Sühne für Sünden gegenüber Mitmenschen sei.

„Ein Märtyrer darf aus seiner Familie und Verwandtschaft für 70 Personen Fürsprache zu halten. Und seine Fürsprache wird angenommen werden.“ (Ebu Davud, Cihad 26)

„Am Tag des Jüngsten Gerichts werden diese Gruppen Fürsprache/Fürbitte halten dürfen: Propheten, anschließend Gelehrte und anschließend Märtyrer…“ (İbni Mace, Zühd 37)

Einem Märtyrer werden jegliche Sünden, außer den ‚Schulden‘ gegenüber den Mitmenschen, vergeben. Als Märtyrer zu sterben ist für einen Gläubigen eine große Ehre und ein großes Geschenk Gottes. Ein gottgefälliges Leben zu führen und anschließend im Dienste Gottes um sein Wohlwollen willens als Märtyrer zu sterben, ist für jeden Gläubigen ein ersehntes Glück. Gläubige die in diesem Bewusstsein und mit dieser Überzeugung leben, wurden seitens des Propheten Hz. Muhammad (s.a.s) in sehr schöner Form gelobt.

Wer sich seitens Allah aufrichtig wünscht als Märtyrer zu sterben, dem wird Allah, selbst wenn er friedlich in seinem Bett verstirbt, denn Rang eines Märtyrers gewähren. (Müslim, İmâre, 156, 157; Ebû Davud, İstigfâr, 26; Neseî, Cihâd, 36; ibn Mâce, Cihâd, 15).

 

Ist ein Soldat der im Kampf für seine Nation gefallen ist auch ein vollkommener Märtyrer selbst wenn er seine Pflichtgebete nicht verrichtet oder nur teilweise verrichtet hat?

Sofern die besprochenen Kriterien für den Status des vollkommenen Märtyrers erfüllt werden, kann man davon ausgehen. Sämtliche Sünden und Fehltritte werden vergeben bis auf die Rechtsverletzungen gegenüber anderen Menschen, die nur von diesen Menschen selber vergeben werden können. Daher kann man auch hoffen, dass die versäumten Gebete des Märtyrers vergeben werden. 

 

Wie verhält es sich dann mit Polizisten und Soldaten, die im Dienst sterben also nicht im Krieg gegen äußere Feinde?

Genauso wie bei Soldaten, die im Kampf gegen die äußeren Feinde sterben das Martyrium vergeben wird, verhält es sich auch mit Polizisten und Soldaten, die im Dienst sterben. Wenn Polizisten oder Soldaten z.B. auf Befehl hin auf einen Einsatz gehen und dort erfrieren, sind sie Märtyrer. Selbiges gilt, wenn sie auf Befehl hin zu einem Ort gehen mit dem Ziel die dortigen Menschen zu beschützen und bei diesem Einsatz sterben.

 

Wie verhält es sich, wenn es einen Bürgerkrieg oder einen inneren Konflikt in einem muslimischen Land gibt? Wer hat Recht?

Es gibt wesentliche Faktoren, auf die man schauen muss:

Gibt es einen aus islamischer Sicht legitimen Grund weshalb es verpflichtend ist die Regierung zu stürzen bzw. abzusetzen? Das ist eine islamrechtliche Frage und dazu gibt es relativ klare Perspektiven und Kriterien. Wenn man von dem Fall ausgehen würde, dass das auch so ist, dann wären die Regierungsanhänger im Unrecht und die Soldaten, die die Regierung absetzen wollen im Recht. Im umgekehrten Fall, also wenn der Umsturz islamisch gesehen illegitim ist, dann wären die Regierungsanhänger im Recht und die Soldaten, die einen Umsturz erreichen wollen im Unrecht.

Nur diejenigen Soldaten, die auch für eine rechte Sache sterben werden als Märtyrer angesehen. Der Soldat muss also im jeweiligen Konflikt aus islamischer Sicht auf der Seite des Rechts stehen damit er den Tod eines Märtyrers sterben kann.

Der bewaffnete Kampf ist idealerweise zu vermeiden. Wenn aber alle diplomatischen Versuche zur Konfliktlösung scheitern ist der Kampf manchmal unausweichlich. Wenn die Seite die Unrecht hat, vom Unrecht nicht abweicht und zur Waffe greift wird sich die Seite die Recht hat zwangsweise wehren müssen und die auf dieser Seite sterbenden Soldaten sind ebenso Märtyrer.

 

Ist es zulässig für den Tod als Märtyrer zu beten also sich so einen Tod zu wünschen?

Zwischen dem Beten für den Tod und dem Wunsch nach einem Tod als Märtyrer gibt es einen wichtigen Unterschied. Man darf sich nämlich keinen Schaden wünschen bzw. dafür beten. Es ist aber zulässig sich zu wünschen, dass man zum Martyrium aufsteigt und ein entsprechendes Leben als Gläubiger lebt. Mit anderen Worten; Man kann nicht in den Krieg ziehen mit dem Ziel im Schlachtfeld zu sterben aber man kann dafür beten, dass wenn man im Krieg im Einsatz ist und dort der Tod einen ereilen würde, dann als Märtyrer von der Welt gehen darf. Dazu sollte folgende Überlieferung erwähnt werden:

Keiner von euch soll sich den Tod herbeiwünschen aufgrund eines Schadens, den man hatte. Wenn jemand dennoch unbedingt meint so handeln zu müssen, soll er wenigstens so beten: „Ya Rabb! Lass mich leben wenn es besser für mich ist und nimm mir das Leben wenn es besser für mich ist. (Buhari, merda,19)

 

Können Frauen auch zu Märtyrern werden und wenn ja, werden diese gleichbehandelt wie Männer?

Die besprochenen Kriterien für das Martyrium gelten allgemein also sowohl für Mann als auch für Frau. Daher gibt es keine Perspektive demnach eine Frau keine Märtyrerin werden kann oder als Märtyrer aus irgendeinem Grund niedriger als ein Mann eingestuft wird. Mann und Frau sind rein faktisch unterschiedlich aber deswegen nicht auch unterschiedlich wertvoll bzw. wertlos. Vor Allah gibt es keine Stufen oder Klassen von Menschen. Es gibt nur den Glauben mitsamt der Glaubenspraxis als Bewertungskriterium.  

 

Wird man auch zum Märtyrer, wenn man in der Ausbildung (zum Polizisten oder zum Soldaten) stirbt also nicht im Krieg bzw. Kampf?

Man kann diese Menschen als Märtyrer bezeichnen aber im Zweifelsfall passen möglicherweise nicht alle Kriterien für den Status des vollkommenen Märtyrers. Das muss dann im Einzelfall erörtert werden.

 

Ist jeder verstorbene Soldat ein Märtyrer, auch wenn er z.B. ein sündhafter Mensch war?

Gemäß der Kategorie des diesseitigen Märtyrers und der Erläuterung dazu kann man nicht mit Sicherheit sagen, wer nun ein echter Märtyrer ist und wer nicht. Die verstorbenen Soldaten werden aber augenscheinlich erstmal als Märtyrer angesehen und entsprechend behandelt. Nur Allah weiß um das Verborgene. Wichtig ist aber zu verstehen, dass es beim Martyrium nicht um eine Art „perfekten Menschen“ geht. Der Mensch kann sündigen und Fehltritte machen. Es ist also absolut möglich, dass jemand in die Stufe des Martyriums aufsteigen kann, auch wenn das gelebte Leben nicht von Anfang bis Ende fehlerfrei war. 

 

Wie sieht es damit aus, Leute mit dem Martyrium dazu zu motivieren, Gewalt auszuüben?

Das ist eine Fragestellung, die in europäischen Kontexten sicherlich mit terroristischen Erscheinungen und Gruppierungen eine Besonderheit und Aktualität trägt. An sich gibt es auf der Seite einen Artikel, wo es allgemeiner um das Thema geht, ob der Islam für Kriegsführung ist und daher als kriegerische Religion gesehen werden kann: https://fragenandenislam.com/content/ist-der-islam-fur-kriegsfuhrung

Außerdem haben wir einen längeren Artikel zum Thema Terrorismus: https://fragenandenislam.com/article/islamischer-terrorismus-eine-abartige-scharade

https://fragenandenislam.com/question/wie-kann-man-sich-als-muslim-anhand-koran-und-sunna-von-terrorismus-distanzieren

Wichtig ist zu unterscheiden, worum es beim Martyrium eigentlich geht und worum es vergleichsweise den Personen geht, die zum Martyrium aufrufen. Beim Martyrium geht es um ein gottgefälliges Leben und ein gottgefälliger Tod. Das Martyrium ist eine islamische Wahrheit. Wie kann man aber eine islamische Wahrheit und z.B. das Ermorden von Unschuldigen oder gar von Glaubensgeschwistern zusammen denken? Wie kann man behaupten etwas was Allah hassen und verurteilen würde, für Allah getan zu haben? Es ist unzulässig und moralisch äußerst fragwürdig, das Martyrium als eine Art Sprungbrett zu benutzen, um schließlich seinen eigenen Willen durchzusetzen. Das Martyrium ist eigentlich der Ausdruck davon, dass man sich gänzlich im Dienst von Allah stellt. Das schließt auch ein, dass man sich um den Willen von Allah bewegt und nicht umgekehrt. Wir können also keine islamischen Prinzipien oder Glaubenswahrheiten dafür missbrauchen, uns selbst zu bereichern oder unsere eigenen Ziele zu verfolgen. Aus dieser Perspektive kann es nicht zulässig sein, dass man den Status des Martyriums gezielt nutzen will um Leute zur Gewaltausübung zu bringen. Terroristen und Terrorismus kann nicht mit dem Martyrium zusammengebracht werden. Terroristen sind Straftäter und Kriminelle.  

2 Wie bestimmt man Dar al-Harb und Dar al-Islam?

fassen wir kurz zusammen, unter welchen Bedingungen ein Ort nach Ansicht islamischer Gelehrter ein Kriegsland (Dar al-Harb) sein kann:

Zunächst halten wir es für sinnvoll, die Begriffe Dar al-Harb und Dar al-Islam zu definieren. Ömer Nasuhî Billmen definiert die beiden Begriffe folgendermaßen:

Dar al-Islam ist ein Ort unter muslimischer Herrschaft, an dem Muslime in Sicherheit leben und ihre religiösen Pflichten erfüllen. Die Orte, die unter der Herrschaft von Nicht-Muslimen stehen, mit denen es keinen Vertrag gibt, werden als Dar al-Harb verstanden.

Nun sollen die shafiitischen und hanafitischen Sichtweisen dazu erläutert werden:

Nach der schafiitischen Rechtschule wird ein Land, das auch nur einmal von Muslimen erobert wurde, bis zum Tag des Gerichts als "Dar al-Islam angesehen. Dieses Urteil ändert sich auch dann nicht, wenn ein solches Land später von Ungläubigen übernommen wird. Selbst die Länder von Nicht-Muslimen, die mit Muslimen in Frieden leben, werden nicht als Dar al-Harb angesehen (Vgl. Bilmen, Ö. N. a.g.e., III/335.)

Nach der hanafitischen Rechtschule wird ein Dar al-Harb zu einem Dar al-Islam, wenn einige der islamischen Regeln umgesetzt werden (Vgl. Kuhistanî, II/311.) In dieser Hinsicht besteht Einigkeit. Was die Umwandlung eines Dar al-Islam in einen Dar al-Harb betrifft, so gibt es zwei unterschiedliche Meinungen. Die erste dieser Ansichten gehört zu Imam Abu Hanifa und die zweite zu den „Imamayn“ (Imam Muhammad und Imam Yusuf).

Nach Imam Abu Hanifa müssen die folgenden drei Bedingungen erfüllt sein, damit ein Dar al-Islam in ein Dar al-Harb umgewandelt werden kann. Fehlt eine dieser Bedingungen, gibt es auch keine Umwandlung.

1. Der Unglauben muss komplett und überall umgesetzt werden. Wenn man aber manche seiner Pflichten wie z.B. das Freitagsgebet wahrnehmen kann, sprechen wir nicht mehr von Dar al-Harb. Das System muss also komplett auf den Unglauben ausgerichtet sein und die islamische Glaubenspraxis muss komplett verboten werden oder unmöglich gemacht werden (Vgl. Serahsî, Mebsût, X/114.)

Man mag anmerken, wir sprechen hier über vollständigen Unglauben. Es ist etwas anderes, wenn man mit den Ansichten der Machthaber nicht einverstanden ist, oder wenn sie aufgrund ihrer menschlichen Natur sich die ein oder anderen Fehltritte leisten. Wenn man unter so einer Regierung auch nur einen Aspekt seines Glaubens ausleben kann, sprechen wir von einem Dar al-Islam im Sinne von Imam Abu Hanifa.

Es macht auch keinen Unterschied ob in dem Land Nichtmuslime leben und ihre Religion ebenso praktiziert wird (Vgl. ibn-i Âbidin, Dürrü'l-Muhtar Şerhi, IV/175). Im damaligen Medina lebten auch Juden aber man sprach mit dem Wirken des Propheten vom damaligen Medina als Dar al-Islam (Vgl. Bezzaziye, VI/312.)

2. die Grenzen und Nachbargrenzen dieses Landes müssen vollständig von Ungläubigen umgeben sein. Wenn eine der Grenzen eines Landes an ein Dar al-Islam angrenzt, das heißt, wenn es an ein muslimisches Land angrenzt, kann es kein Dar al-Harb sein. Muslime, die einem muslimischen Land benachbart sind, werden nicht vollständig besiegt. Sie können ihren Glauben, ihre ethischen, moralischen, religiösen, sozialen, politischen, kommerziellen und angestammten Beziehungen zu diesem muslimischen Land aufrechterhalten; sie können die islamische Ehre am Leben erhalten. So Imam Abu Hanifa

3. Dass die Muslime oder Dhimmis (nicht-muslimische Minderheiten/Schutzbefohlene), die bisher in dieser Stadt Sicherheit für Leben und Eigentum hatten, diese Sicherheit aufgrund einer Invasion durch Nichtmuslime nicht mehr haben werden. Diese dritte Bedingung ist überhaupt erst relevant, wenn eine islamische Stadt von Ungläubigen überrannt wird.

Erläutern wir nun diese drei von Imam Abu Hanifa genannten Bedingungen anhand eines Beispiels:

Andalusien, das zuvor ein islamisches Land war, wurde später von Christen besetzt. Für die Muslime gab es keine Sicherheit für Leben und Eigentum, und die Gesetze des Unglaubens wurden in vollem Umfang angewendet. Dieses Land hat keine Grenzen zu anderen islamischen Ländern, und da die drei genannten Bedingungen in Andalusien gemeinsam erfüllt sind, können wir von einem Dar al-Harb sprechen.

Die „Imamayn“ also Imam Muhammad und Imam Yusuf) hingegen führten die Verwandlung von einem Dar al-Islam in ein Dar al-Harb auf die Tatsache zurück, dass "die Gesetze des Unglaubens dort umgesetzt wurden und die Nicht-Muslime über die Muslime absolut siegreich waren". Voraussetzung dafür ist die vollständige Invasion eines islamischen Landes durch Nicht-Muslime. Batumi zum Beispiel ist nach Ansicht der „Imamayn“ ein Dar al-Harb, weil es zu hundert Prozent unter russischer Herrschaft steht und die Gesetze des Unglaubens dort hundertprozentig angewendet werden. Wenn in Batumi islamische Gesetze oder Gottesdienste erlaubt sind (z. B. die Verrichtung des Ramadanfestes oder der Freitagsgebete), dann ist es nach Ansicht der „Imamayn“ kein Dar al-Harb mehr.

 

3 Gelten für einen in Deutschland lebenden Muslim die Normen des Dar al-Harb? Wie funktioniert der Dar al-Harb?

um auf diese Frage eine verständliche Antwort geben zu können, müssen wir kurz auf die Begriffe „islamisches Land“ und „Kriegsland“ eingehen:

(„Kriegsland“ bezieht sich im Text auf den islamischen Begriff Dar al-Harb)

Als islamisches Land wird ein Land bezeichnet, dessen Staatsoberhäupter Muslime sind und wo Muslime unter dem Schutz des Staates, ihre religiösen Pflichten ausüben dürfen.

Als Kriegsland hingegen, wird das genaue Gegenteil dessen beschrieben, was ein islamisches Land ausmacht. Also ein Land in dem die Staatsoberhäupter nicht Muslime (sondern Christen, Juden o. ä.)  sind. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die in diesem Land lebenden Muslime der Staatsregierung den Krieg zu erklären haben! Denn gemäß dem Islam, ist es für die in einem „Kriegsland“ lebenden (und keine gravierenden Einschränkungen bzgl. der Auslebung islamischer Pflichten erlebenden) Muslime, verpflichtend sich an die dortigen Gesetze zu orientieren und zu halten.

Und wenn eine Frau von ihrem Ehemann Widersetzlichkeit oder Meidung befürchtet, so ist es keine Sünde für sie (beide), sich in Frieden zu einigen; denn friedliche Einigung ist besser. Und die Seelen sind der Habsucht zugänglich. Doch wenn ihr wohltätig seid und gottesfürchtig, so ist Allah dessen, was ihr tut, gewiß Kundig. (4/128)

Wenn sie jedoch aufhören, so ist Allah Allvergebend und Barmherzig. (2/192)

Und kämpft gegen sie, bis es keine Verfolgung mehr gibt und die Religion (allein) Allahs ist. Wenn sie jedoch aufhören, dann darf es kein feindseliges Vorgehen geben außer gegen die Ungerechten. (2/193)

Diese Verse geben Auskunft zum Thema. Das Resultat ist:

dass wir Ländern gegenüber, in denen wir in Frieden und in Einigung leben, nicht feindselig gesinnt sein dürfen, also nicht den Krieg erklären dürfen. Denn diese Länder werden auch als „Länder des Friedens“ bezeichnet. Mit anderen Worten, selbst wenn es ein Land der Blasphemie ist, können wir es deswegen nicht als Land des Krieges bezeichnen, weil wir uns mit den Gewohnheiten, Richtlinien und Vorschriften des jeweiligen Landes geeinigt haben und in Frieden zusammenleben können. (Vgl. Ömer Nasuhi BİLMEN, Gesetz des Islam, III/394)­

Im Hinblick auf Deutschland kann man unter Zuhilfenahme dieser Quellen von einem Land des Friedens und der Übereinkunft reden. Das bedeutet nicht, dass es ein islamisches Land ist aber das muss es eben auch nicht sein.

4 Wie sollten Muslime auf den Krieg in der Ukraine reagieren oder dazu stehen?

aus religiöser Sicht sollte man nach diesem Prinzip Ausschau halten:

Man sollte sich auf die Seite derjenigen schlagen, die zu den „Leuten der Schrift“ (Ahl al-Kitab) gehören sofern die andere Seite den Unglauben vertritt. Man könnte die Zugehörigkeit zu den „Leuten der Schrift“ daran festmachen, dass die Staatspolitik sowie die Mehrheit des Volkes sich so identifiziert.

Eine genauere Definition und Auseinandersetzung mit dem Begriff „Leute der Schrift“ bräuchte einen eigenen Text. In ganz knappen Wörtern könnte man aber sagen, dass hierzu alle Völker und Gemeinden zählen, die eine göttliche Botschaft erhalten haben. Es geht dabei theoretisch nicht nur um Juden und Christen aber diese beiden Gruppen sind natürlich die größte Gruppe an den „Leuten der Schrift“.

Eine Analogie könnte man aus der Sunna entnehmen. Der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) hatte sich im Krieg zwischen den damaligen Byzantinern und den Persern, auf die Seite der Byzantiner gestellt, da sie zu den „Leuten der Schrift“ gehörten. Die Sure „Rum“ deutet auch darauf hin.

Wenn beide Seiten gleichermaßen gläubig sind, dann sollte man sich auf die Seite der Unschuldigen und Leidtragenden stellen. Das würde sicherlich einer islamischen Ethik auch gerecht werden.  

Es kommt noch eine andere Dimension hinzu, wenn wir über Muslime sprechen, die in den jeweiligen Ländern leben.

Ein muslimischer Soldat in einem nichtmuslimischen Land müsste sich irgendwie von seinem Dienst befreien oder den Dienst niederlegen, wenn das Militär dieses Landes in einem nicht gerechtfertigten Krieg zieht und unaufhörlich für Ungerechtigkeit und Gräueltaten sorgt. Ein Muslim kann aus religiöser Sicht nicht Teil so einer militärischen Bewegung sein.

Ein schönes Beispiel für diese Haltung kann man aus dem Leben des legendären Boxers Muhammad Ali entnehmen, der es nicht mit sich vereinbaren konnte, in den Vietnamkrieg zu ziehen. In der Konsequenz hatte er entsprechende Strafen per Gericht erhalten, aber er ist schließlich nicht in den Krieg eingetreten.

Es verhält sich anders, wenn direkte Lebensgefahr besteht, also wenn man als muslimischer Soldat ernsthaft mit dem Leben bedroht wird, sollte man nicht bereit sein zu kämpfen. In diesem Fall muss man den Weg des geringsten Übels gehen und zwangsweise zum Dienst antreten unter der Prämisse, dass man so gut es geht, fern vom Kampfgeschehen bleibt. Wenn aber dieses ungerechte Militär auch noch Krieg gegen ein muslimisches Land führen will, dann überwiegt dieser Umstand und man kann auch nicht mehr wirklich von einem geringeren Übel sprechen. Ein Muslim kann also nicht für ein grausames Militär in Krieg ziehen und auch noch andere unschuldige Muslime angreifen.   

Wenn Muslime – auch als Minderheit – in einem nichtmuslimischen Land angegriffen werden, so ist es im Grunde genommen ihre Pflicht, sich und das Land in dem sie leben zu verteidigen. 

Wer (im Kampf gegen einen ungerechtfertigten Angriff) stirbt um sein Hab und Gut oder sein Leben oder das Leben und die Blutlinie bzw. Ehre der Familie zu schützen, der ist ein Märtyrer. (Tirmizi, Diyat, 21; Müsned, 2/221)

Zuletzt soll gesagt sein, dass aus einer islamischen Ethik heraus, man ohnehin nicht egoistisch auf das Weltgeschehen schauen sollte. In der modernen Welt, die voller internationaler Vernetzungen steckt, beeinträchtigt ein Krieg fast die gesamte Welt da gesellschaftliche und auch wirtschaftliche sowie ökologische Gleichgewichte gestört werden. Wir denken, dass wir als Muslime hier eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe haben und in dieser Hinsicht eine Vorbildfunktion erfüllen sollten. Unsere Religion ist voll von Geboten bezüglich der Nächstenliebe, Barmherzigkeit und dem gegenseitigen Helfen.

Denn die Menschen sind auf einander angewiesen. Diese Bedürfnisse müssen nicht immer materialistischer Natur sein. Die spirituelle Hilfe ist mindestens genauso viel Wert wie die materielle Hilfe. Das Versprechen Gottes, denen zu helfen die auch anderen helfen zeigt eindeutig welch edle Beschaffenheit diesem Verhalten innewohnt.

Solange ein Diener seinen Bruder hilft, so hilft auch Gott seinen Diener. (Müslim, Zikr 37-38)

Wer das was er für sich selbst erwünscht nicht auch für seinen Glaubensbruder erwünscht, der kann kein wahrhaftiger Gläubiger sein. (Buhârî, Îmân 7)

Man sieht den Gläubigen in Sachen Barmherzigkeit, Liebenswürdigkeit und Unterstützung wie ein Körper. Wenn ein Organ des Körpers schmerzt so ruft der Körper in Schlaflosigkeit und Fieber (alle Organe) zum Dienst auf für dieses Organ. (vgl. Buhârî, salat, 88, Mezalim, 5; Müslim, birr, 65; Tirmizî, birr, 18; Nesâî, zekat, 67)

Jetzt ist die Zeit zur Aufopferung um die Menschenwürde zu wahren, den um Hilfe ringenden zu antworten und der Unterdrückung entgegenzuwirken. Dies ist auch keine Frage der Hautfarbe oder der Nationalität mehr. Dies ist eine Frage der Menschheit. Wenn wir diesen Geist aufleben lassen können wir auch in den Fußstapfen der von unserem ehrenwerten Propheten (s.a.s.) gelobten Helfern Medinas wandern und ihnen ähneln. Amin.

5 Wenn der Prophet ein Warner war, warum hat er dann gekämpft?

es besteht keine Diskrepanz zwischen den Versen. Vielmehr sind sie den verschiedenen Themen und Ereignissen zuzuordnen, die in der islamischen Theologie eine Rolle spielen.

Der Vers "Du bist nur ein Warner" impliziert, dass die Ausübung des Glaubens, des Islam und anderer Wahrheiten auf freiwilliger Basis erfolgt.

Der Vers "Kämpfe hart und sei streng gegen sie" ist demgegenüber im Kontext der Kriegsführung zu verorten und zielt darauf ab, den von ihnen, also Feinden des Islams, ausgehenden Schaden zu verhindern und sie somit zurückzuschlagen.

Nach dieser kurzen Information kommen wir nun zu den Details:

In Sure 35, Vers 23 wird die Aussage "Du bist nur ein Warner" im Kontext der vorangegangenen Verse diskutiert. In diesen Versen wird dargelegt, dass der Prophet (Friede sei mit ihm) nicht die Pflicht hat, Menschen zum Glauben zu bekehren. Es wurde darauf hingewiesen, dass diejenigen, die sehen, und diejenigen, die nicht sehen, Dunkelheit und Licht, Schatten und Wärme, Tote und Lebende nicht dasselbe sind, und der Prophet (Friede sei mit ihm) wurde aufgefordert, nur diejenigen zu warnen, die in der Lage sind, sich auf die Warnung einzustellen.

Die Tatsache, dass das Wort „Warner“ im vorliegenden Kontext nicht exklusiv zu verstehen ist, wird durch einen unmittelbaren Anschluss an die Aussage verdeutlicht, in welcher es heißt: „Wir haben dich als Warner und Überbringer der frohen Botschaft über die Wahrheit gesandt“. Die frohe Botschaft ist demnach von der Warnung zu unterscheiden, da Letztere kein Synonym für die erstgenannte darstellt.

Das Konzept der Warnung manifestiert sich somit als generelle Ermahnung, die allen Menschen in normalen Zeiten gegeben werden sollte.

In Vers 9:73 wird eine spezifische Warnung formuliert, die in einem kriegerischen Kontext relevant ist.

Die Adressaten dieser Warnung sind nicht Gläubige, sondern ungläubige Feinde. Die vorliegende Warnung vor dem Krieg richtet sich demnach spezifisch an die Feinde des Islam. Als rhetorisches Mittel (Balaghat) wird der Gebrauch des Schwertes erwähnt, um diese Situation prägnant zu artikulieren. Das Schwert fungiert in diesem Kontext als Symbol für die vorherrschende Kriegssituation. Es sei jedoch angemerkt, dass Krieg keineswegs als ein konstantes oder permanent vorhandenes Phänomen zu betrachten ist. Die Interpretation, dass ein solches Vorgehen ohne Anlass und überall erfolgen solle, ist demnach unzutreffend.

Der Grund für diese Besonderheit ist in dem Vers angegeben: „Es ist, weil sie zu den Höllenbewohnern gehören.“

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es kein Widerspruch, sondern die Aufgabe einer sehr weisen Gerechtigkeit ist, Sanktionen für verschiedene Anlässe bereitzuhalten und Rechtleitung in allen vorhersehbaren Situationen zu gewährleisten. Dies wird insbesondere vor dem Hintergrund evident, dass Kriege zwischen Nationen häufig mit grausamen Handlungen einhergehen. In diesem Zusammenhang erstrahlt der Islam als eine Fackel in der Dunkelheit, die klare moralische Richtlinien und Anweisungen im Falle einer Kriegssituation vorgibt. Dies umfasst beispielsweise Einschränkungen bei der Geiselnahme, der Art der Angriffsziele und dem legitimen Beginn von militärischen Operationen.

Moderne Staaten dienen ihren Bürgerinnen und Bürgern, während sie gleichzeitig eine Strafjustiz praktizieren. Dieses Prinzip findet sich ebenfalls im Islam. Es sei die Frage aufgeworfen, ob dem Staat ein Mangel an Ethik und Moral zur Last gelegt werden könne, wenn er Menschen inhaftiert. Warum soll dies also in einer islamischen Gesellschaft anders funktionieren?