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1-) Ist es angemessen, jemand anderen vor einer Sünde zu warnen, die ich selber begangen habe?

grundsätzlich ist es nicht erforderlich, dass derjenige, der andere auf den rechten Weg führt, keine Sünde begangen hat. Denn es gibt niemanden, der unschuldig ist, außer den Propheten. Es ist jedoch sinnvoll, die Einzelheiten dieser Angelegenheit in einigen Punkten kurz zu erläutern.

Es ist die Pflicht eines jeden, der gläubig und bei klarem Verstand ist, das Gute zu gebieten und das Böse zu verbieten.

Damit diese Pflicht für eine Person verpflichtend ist, muss sie jedoch positiv nützlich sein. Wenn es keinen Nutzen bringt, dann ist es nicht verpflichtend.

Dementsprechend ist es für eine Person, die nicht offen sündigt, zulässig, einer anderen Person einen Rat in einer Angelegenheit zu geben.

Eine Person, die keine Angst davor hat, eine Sünde öffentlich zu begehen, ist jedoch nicht verpflichtet, einer anderen Person einen Rat zu geben. Es wäre zum Beispiel lächerlich und nutzlos, wenn jemand, der ein Getränk in der Hand hält, zu einer Person, die trinkt, sagen würde: "Trink nicht, das ist haram".

Wenn er jedoch eine befugte Person ist, ist er verpflichtet, seine Durchsetzungskraft zu nutzen, um anderen das Trinken zu verbieten, weil es seine Pflicht ist und das Ergebnis der Durchsetzungskraft etwas Gutes hervorbringt.

Je nach den Gepflogenheiten der Gesellschaft kann es jedoch für den Ausübenden einer sehr leichten Sünde zulässig oder verpflichtend sein, eine andere Person auf eine schwere Sünde hinzuweisen.

So wäre es zum Beispiel nicht unpassend, wenn eine Person, die mal gelogen hat, eine Person abbringen wollen würde, zu stehlen. Ebenso sollte eine Person, die einen Mann mal geschlagen hat, verpflichtet sein, eine Person zu warnen und abzuschrecken, die versucht, einen Mann zu töten. (Vgl. Gazalî, İhyau Ulumiddin, 2/312-314)

Zusammengefasst bedeutet das: Nur weil man gesündigt hat, ist man noch lange kein gänzlich verdorbener und vollkommen vom Weg abgekommener Mensch. Wenn man aber Ratschläge erteilen will, sollte man ein gewisses Taktgefühl haben. Es ist nicht vielversprechend, Leute auf ein Thema anzusprechen, wo man selber ganz offenkundig anders handelt. So etwas kann auch das Gegenteil bewirken, nämlich dass die Person gegenüber einen nicht mehr ernst nimmt.