Wie deutet Imam Ebu Hanife die Ayet „Yed’ullah“*?

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Wie deutet Imam Ebu Hanife die Ayet „Yed’ullah“*?

Antwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

* (Das arabische Wort „Yed“, welches übersetzt Hand bedeutet, wird in der arabischen Linguistik oft als eine Metapher für Schutz, Kraft etc. verwendet.)

Zuerst sei erwähnt, dass Allah weder zeitlichen noch materiellen Bedingungen unterworfen ist und auch nicht mit körperlichen Erkennungszeichen verglichen werden kann.
Der Qur’anvers „nichts gleicht IHM“ ist absolut zu verstehen und verdeutlicht, dass Allah nichts in seiner Schöpfung ähnelt und ER in Seiner Vollkommenheit mit materiellen Existenzen nicht kategorisiert werden kann.
Deshalb hat der Großteil der Ahlu-Sunnah Gelehrten, wie auch Imam Abu Hanifa, jegliche Klassifikation des Wortes „Yed“ mit der Beschaffenheit von Geschöpfen negiert und solche Deutungen als Sirk (Irrglaube) verurteilt.

Imam Abu Hanifa schreibt in seinem Werk Fiqhul Ekber, dass die Ayet „Yed’ullah“ eine unbestimmte, d.h. nicht eindeutig festlegbare Eigenschaft(Sifat) darstellt.

Trotz dessen versuchen heutzutage dogmatischen Gruppierungen, die sich selbst als „Selef“ bezeichnen und sich immer wieder auf Imam Abu Hanifa beziehen und sogar aus seinem Werk Fiqhul Ekber zitieren, auf pseudowissenschaftliche Art und Weise zu beweisen, dass Allah ein Körpermerkmal wie eine Hand hätte und die Mehrheit der Muslime deshalb dem Irrglauben verfallen sei.

In dem Werk Fiqh’ul Ekber von Imam Ebu Hanife ist unverkennbar zu lesen, dass die Ayet „Yed’ullah als eine nicht eindeutig festlegbare Eigenschaft(Sifat) erläutert wird. Eine Eigenschaft(Sifat) wiederum ist ein Attribut bezüglich einer Handlung bzw. Kennzeichen einer Wirkung.
Demnach ist es falsch und unlogisch Imam Ebu Hanife zu unterstellen, dass er die Ayet „Yed’ullah“ als ein Körperteil definieren würde, weil die Wörter Eigenschaft(Sifat) und Körperteil nicht gleichgesetzt werden können.

Die Eigenschaften des Wesens (Zati) Allahs sind nach Ebu Hanife folgende:
1. Hayat – Das Leben - Der Lebende, Der Lebendige
2. Ilim – Das Wissen - Der Wissende
3. Irade – Der Wille – Das Wollen
4. Kudret – Die Macht - Der Mächtige
5. Sem – Das Hören - Der Vernehmende
6. Basar – Das Sehende - Der Erfassende
7. Kelam – Das Wort – Der Offenbarende

Des Weiteren schreibt Iman Ebu Hanife, dass das Wort „Yed“ nicht durch andere Bezeichnungen wie Kraft oder Schutz etc. ersetzt werden darf(Quelle:Fiqh’ul Ekber), um einerseits die Originalität des Qur’an zu gewährleisten und darauf hinzuweisen, dass die Eigenschaft „Yed“ nicht eindeutig und nur auf eine eingeschränkte Betrachtungsweise festgelegt werden kann.

Imam Es'ari sowie Imam Maturidi, die auch den Weg von Imam Ebu Hanife und der Ahlu-Sunnah gefolgt sind, haben die Ayet „Yed’ullah“ aus „sprachökonomischer Sicht“ (d.h. damit es nicht falsch ausgelegt wird) als ein Synonym für Macht, Schutz usw. gedeutet, jedoch mit der Einschränkung das diese Begriffe als gedankliche Hilfestütze dienen und nicht den Qur’anvers in seiner Bedeutung einschränken oder ersetzen sollen. Zudem betonen sie, dass die wahre Bedeutung und Beschaffenheit dieser Eigenschaften nur von Allahs allumfassendem Wissen erfasst werden.

Fragen an den islam

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