Können Sie bitte Informationen zum Thema Rechtsschulen geben? Warum sind Rechtsschulen notwendig?

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Können Sie bitte Informationen zum Thema Rechtsschulen geben? Warum sind Rechtsschulen notwendig? Sind Rechtsschulen Konkurrenten? Vielen Dank schonmal

Antwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

bestimmte Gruppierungen versuchen das Thema der Rechtsschule verkrampft immer wieder zu aktualisieren, um angeblich zu verdeutlichen, dass die Rechtsschulen im Islam ein Separationsfaktor seien. Zudem wird dabei versucht mit demagogischen Mitteln die reine Aufklärung des Sachverhalts zu besudeln, da bei näherer Betrachtung und geschichtlicher  Analyse des Themas offensichtlich wird, dass die Rechtsschulen aus einem Bedürfnis entstanden sind und nicht als Ursache für Zwietracht deklariert werden können.

Generell kann der Islam einerseits in Angelegenheiten der Glaubensfragen (Itikad) und andererseits  der Verhaltensregeln sowie des  Umgangs (amel) thematisiert werden.

Die Rechtsschulen beschäftigen sich mit dem praktizierenden Bereich. Da einige Handlungsmuster aus der Praxis und dem Verhalten des Propheten (s.a.s.), bei denen nur augenscheinlich beobachtbare Merkmale bzw. Einzelheiten überliefert wurden, verschieden interpretiert wurden, haben sich mehrere Rechtsschulen entwickelt. 

Beispielsweise wurde die Stirn des Propheten (s.a.s.) beim Beten durch einen kleinen, spitzen Stein, der sich in seine Haut verhakt hatte, zum Bluten gebracht. Seine Frau entfernte diesen von seiner Stirn. Darauf vollzog der Prophet (s.a.s.) erneut die rituelle Waschung und betete weiter. Während Abu Hanifa, auf den die hanafitische Rechtsschule zurückzuführen ist, den Bluterguss als Grund für die Erneuerung der rituellen Waschung deutet, wird von Imam Shafi, auf dessen Lehren die schafiitische Rechtsschule basiert, die Berührung der Frau als Ursache für die rituelle Waschung interpretiert. Hieraus wird ersichtlich, dass beide Rechtsurteile ein berechtigtes Indiz sowie einen Wahrheitsanspruch besitzen, da sie ihre Rechtsbestimmungen  aus der Sunna abgeleitet haben, und nicht als Zwietracht dargestellt werden können.

Die Entstehung der Rechtsschulen

Bis zu unserem Propheten (s.a.s.) wurden die Gesetzgebungen, Rechtnormen der gleichen Glaubenslehre bzw. Religion im Detail

immer wieder verändert. In derselben Zeitepoche wurden sogar an verschiedene Völker unterschiedliche  Scharia (Gesetze, Rechtnormen) gesandt. Jedoch wurde die religiöse Gesetzgebung durch den Gesandten Allahs vervollkommnet, so dass es anderen Konzessionen nicht bedurfte und allen Epochen genüge war bzw. ist.

In Detailangelegenheiten wurden jedoch Rechtsschulen benötigt, um auf die neuen gesellschaftlichen Veränderungen, Bedingungen und dem sozialen Wandel in einer gerechten Art und Weise zu antworten. Die wahren Rechtsschulen haben diese Aufgaben objektiv, würdevoll gemeistert und somit den Bedürfnisanforderungen der Menschheit ihren Dienst erwiesen. Als Wunder wurden diese großartigen Imame vom Propheten (s.a.s.) im Voraus erwähnt und gelobt, um ihre ausgezeichneten Charaktere und Dienste zu untermauern.  

Die Imame der Rechtsschulen waren stets respektvoll gegenüber einander und haben sich niemals gegenseitig ausgeschlossen. Sie hatten auch nie die Absicht unbedingt eine Rechtsschule zu gründen. Mit der Zeit wurden ihre Antworten und Rechtsurteile, die sie zu bestimmten Zeiten aufgrund besonderer Bedingungen sowie Bedürfnissen gaben, zusammengetragen und zu einer Rechtsschule entwickelt.  

Zum Beispiel:

Abu Hanifa sprach folgendermaßen, wenn er eine Fatwa (Rechtsurteil) verkündete, "Dies ist die Rechtsmeinung/Rechtsfindung von Nuʿmān ibn Ṯābit (Der Name von Abu Hanifa). Es ist die beste Rechtsmeinung/Rechtsfindung, die wir hervorbringen konnten. Wer einen bessere, genauere hat, so sei diese näher an der Wahrheit."

İmam Malik: “Ich bin nur ein Mensch. Hin und wieder mache ich auch Fehler. Deshalb solltet ihr meine Rechtsmeinung/Rechtsfindung untersuchen und kontrollieren. Wenn es dem Qur' an und der Sunna entspricht, nimmt es an, wenn nicht dann verweigert es.

Der Gründer der hambelitischen Rechtschule  Imam Ahmad Hanbal und Imam Schafi haben zu keiner Zeit absolute Vorherrschaftsmeinung beansprucht oder gar ihre Kollegen beleidigt oder kritisiert. Quelle: Hayreddin Karaman, Fıkıh Usul, 33

Kann es mehr als eine bindende, wahrheitsgetreue Rechtsleitung geben? 

Eins wurden in den Zeitungen den Muslimen in einer überheblichen Art entgegnet: "Es kann nur eine wahre Rechtleitung geben, wie kann es dann sein, dass die vier Rechtsschulen verschiedene und zum teil gegensätzliche Rechtsurteile haben?" Solch ähnliche Überschriften und Themen werden immer noch von einigen Medien als verwirrende Provokation benutzt.

Auf diese Frage antwortet  Bediüzzaman Said Nursi wie folgt:" Ein und dasselbe Wasser bekommt für fünf verschiedene Zustände oder Krankheitsbilder eine andere Bewertung und Bestimmung.

Folgend ist für jemanden, der enorm viel Wasserverlust hatte, das Wasser eine Lebensbedingung und somit Pflicht. Jedoch für einen anderen kann es wegen einer Operation so schädlich wie Gift sein. Aus medizinischer Sicht ist es für diesen verboten. Bei anderen Krankheitsfällen ist Wasser eventuell leicht schädlich. Demnach ist das Wasser medizinisch für so einen unerwünscht. Für einen anderen ist es nützlich und hat keine Nachteile. Medizinisch ist es für ihn wünschenswert. Für einen anderen ist das Wasser weder schädlich noch nützlich. Er möge es mit Genuss trinken, für ihn ist es lediglich erlaubt.“

Kann gesagt werden, dass das Wasser nur ein Heilmittel ist, nur eine Pflicht darstellt und keine andere Bestimmung hat?

Genauso wie dieses erscheinen die Gesetze Gottes in den Rechtsschulen entsprechend denjenigen, die sie befolgen.  Alle diese verschiedenen Variationen in den Details der Praxis sind anwendbar und richtig.

Der Gelehrte Scharani hat in seinem Werk “Mizan” die Rechtsurteile der Imame analysiert und deren Kriterien verdeutlicht sowie verglichen.

Ein Beispiel:

Die Imame der Rechtsschulen hatten in den islamischen Konzessionen bzw. Angelegenheiten keine Meinungsverschiedenheiten, sondern lediglich in der Art und Weise der Ausübung bzw. Praxis einige Differenzen. Beispielsweise sollte bei der rituellen Waschung der Kopf, wie sich alle Imame auch einig sind, mit einer nassen, wässrigen Hand befeuchtet werden.  In der Verrichtung bezüglich der Methode jedoch gibt es einige  Unterschiede.

In der Offenbarung wird dieses Gebot  mit dem Textabschnitt „bi ruusikum” wiedergegeben. Im Arabischem, welches eine sehr reiche und vielfältige Sprache ist, kann das „b“ zu Beginn der Textpassage unterschiedlich übersetzt werden. Das „b“ kann unter anderem als „verschönern“, „manche/ bestimmte“ oder  „anliegend“ erklärt bzw. übertragen werden.

Da die Imame der Rechtsschulen den Qur’ anvers unterschiedlich verstanden bzw. erläutert haben, haben sich einige Detailunterschiede in der praktischen Ausübung entwickelt 

Deshalb wurde von Imam Malik allgemein ausgelegt: “Beim bestreichen des Kopfes sollte der gesamte Bereich des Hauptes berührt werden, da der Buchstabe ‚b’ in diesem Zusammenhang von ihm als verschönern verstanden wird und sich somit  auf die gesamte Kopffläche bezieht.“ 

İmam Abu Hanifa sagte: “Das ‘b’ hat die Sinngebung in dieser Textstelle, der auf  einen bestimmten Bereich hinweist. Demnach genüge es ein Teil des Scheitels mit der nassen Hand zu berühren.” 

Von İmam Schafii wird das ‘b’ als anliegend berühren erklärt. Folgend genüge es, wenn schon einige Haarpartien berührt werden 

Alles in allem wird unverkennbar, dass die Rechtsschulen einwandfreie Rechtsurteile vollzogen haben und die Unterschiede im Detail kein Grund für Uneinigkeit sind.

Fragen an den islam

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