Warum wird bzw. sollte der Qur`an auf Arabisch gelesen werden?

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Warum wird bzw. sollte der Qur`an auf Arabisch gelesen werden?

Antwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

es gibt unzählbar viele Argumente und Erklärungen, warum der Qur`an in seiner Originalsprache dem Arabischem zu lesen ist.

Von diesen werden nur einige behandelt:

1. Wer den Qur`an in seiner Originalsprache dem Arabischem liest, vollzieht einen Gottesdienst (ibadet). Obwohl derjenige eventuell die Sprache nicht versteht, gewinnt er dadurch das Wohlgefallen Allahs und ihm werden gute Verdienste (sevap) für das jenseitige Leben gutgeschrieben. Allah drückt diesen Sachverhalt in einer Ayah (Vers) im Qur`an wie folgt aus:
„Diejenigen, welche Allahs Buch vortragen und das Gebet verrichten und von dem, womit Wir sie versorgten, im Verborgenen und öffentlich spenden, rechnen mit einem Handel, der bestimmt nicht misslingen wird;
Denn Er gibt ihnen vollen Lohn und fügt ihnen aus Seiner Huld noch hinzu. Er ist fürwahr verzeihend, erkenntlich.“ (1)

Demzufolge werden die, welche den Qur`an lesen, gelobt und belohnt. Zudem wird in der Ayah offensichtlich, dass das Lesen des Qur`an neben dem rituellen Gebet(namaz), welches ein wesentlicher Bestandteil der Religion ist, einen bedeutenden Gottesdienst(ibadet) darstellt und sogar in seiner Reihenfolge vor dem Gebet erwähnt wird.
Dies bezüglich wurde vom Propheten Muhammed (s.a.s.) gesagt:
“Wenn jemand aus dem Buch Allahs einen Buchstaben liest, dem wird eine gute Tat zugerechnet. Für diese gute Tat werden ihm zehn Mal so viele Verdienste im Jenseits gegeben. Ich sage nicht, dass ELIF, LAM, MIM zusammen nur einen Buchstaben darstellen, sondern ELIF ist ein Buchstabe, LAM ist ein Buchstabe und MIM ist ein Buchstabe.“(2)
Aus diesen zwei Hadithen wird klar und handfest bestätigt, dass das Lesen des Qur`an zu den Gottesdienstformen kategorisiert und ihm eine Besonderheit zugewiesen wird.

2. Ein anderer Aspekt ist die Wahrung der Originalität, da die prophezeiten Bücher zuvor verändert und manipuliert wurden.

Auch wenn der Inhalt nicht verstanden wird, weil man eventuell die arabische Sprache nicht beherrscht, wird dem Leser ein großer Lohn zugeschrieben. Deshalb wird der Qur`anrezitation ein großer Stellenwert eingeräumt und der Qur`an sogar von vielen auswendig gelernt. Durch das Auswendiglernen des Qur`an und der intensiven Beschäftigung
von vielen Gelehrten ist es keinem gelungen Ihn zu verändern oder nach eigenem Ermessen zu manipulieren.

3. Unter den Muslimen konnte sich infolgedessen eine sprachliche Plattform bilden, die das religiöse Zusammengehörigkeitsgefühl stärkt, die Verständigung erleichtert, gleichzeitig den Wert und die Bedeutung der sprachlichen Ausdrucksweise erhöht.

Durch diese spirituellen, kulturellen Elemente in der Sprache wurde die Entwicklung der Gesellschaft positiv geformt und geprägt.

4. Außerdem werden durch das regelmäßige Lesen die Denkweise, das Bewusstsein und die Handlungsmuster beeinflusst. Auch wenn nicht alles sofort verstanden wird oder derjenige nicht hundert Prozent sein Leben nach dem Qur`an richtet, wird auf Grund des stetigen Lesens, der fortwährenden geistigen Ausführung das Verständnisvermögen erweitert und der Inhalt allmählich besser verstanden.
Das permanente Lesen und die gesteigerte Auffassungsgabe bewirken wiederum, dass die Bezugnahme zum Qur`an vertieft, er als Wegweiser ausgelebt und eine höhere mentale, spirituelle Entwicklungsstufe erreicht wird. (3)

Kann jetzt noch behauptet werden, dass das Lesen des Qur`an in seiner Originalsprache dem Arabischem absurd sei bzw. keinen Gottesdienst darstellt und nur noch in der Sprache des Lesers vorgetragen werden sollte.

Oder könnte gesagt werden, dass die Gewährleistung der Originalität des Qur`an und die Einheit der Muslime nicht von Bedeutung sei.

Da wir Muslime sind, sollten wir den Stellenwert des Qur`an in seiner arabischen Form anerkennen und nicht pseudowissenschaftlichen Erneuerungen nacheifern.

Der hohe Stellenwert des Qur`an ist mit der reichen Ausdrucksvielfalt des Arabischen eng verknüpft. Bildhaft könnte man das „Arabische als den Thron des edlen Qur`an“ bezeichnen. „Was bleibt von der Kraft und Würde des Königs übrig, wenn er seinen Thron verlässt? Allah hat den Qur`an zum König der Worte emporgehoben“, den tiefgründigen, gedankenreichen, weisen Inhalt seiner Formulierungen Ihm „als Krone aufgesetzt“ und das „Arabische als Spiegel“ dieser Wahrheiten benützt. (4)

„Diejenigen, welche nicht an die Ermahnung glauben, wenn sie zu ihnen kommt,... Es ist wahrlich ein erhabenes Buch! Von keiner Seite kann Falschheit an es herankommen. Es ist eine Offenbarung von einem Weisen, Rühmenswerten.“(5)

In diesem Zusammenhang sollte jeder selbstverständlich seine eigene Kultur sowie Sprache schätzen, jedoch gleichzeitig die erhabenen, heiligen Werte seiner Religion, wie dem Lesen des Qur`an in seiner Originalsprache dem Arabischen lieben und sich nicht von krankhaften Ideologien, die antisemitisch oder faschistisch geprägt sind, verleiten lassen.

Von Zeit zu Zeit maßen sich einige an, Allah in seiner allumfassenden, unendlichen Weisheit zu kritisieren, warum der Qur`an auf arabisch und nicht in einer anderen Sprache offenbart worden sei. Dabei fällt mir folgende Aya (Qur`anvers) ein:
„Sie (Kinder Israels) sprachen: "O Moses, mache uns einen Gott wie ihre Götter!" Er sprach: "Ihr seid wirklich ein unbelehrbares Volk“(6)

Können wir uns als unvollkommene Geschöpfe über Allah, dem Weltenherrn und Schöpfer alles Daseins, urteilen?

Wenn Allah in seiner Entscheidung, Bestimmung und schöpferischen Tätigkeiten nicht makellos, vollkommen und souverän wäre, könnte man Ihn nicht als Gottheit bezeichnen. Deshalb sollten wir die Weisheit Allahs, wie es sich einem Muslim gebührt, anerkennen und uns nicht von Unwissenheit und Impertinenz verblenden lassen.

In einer Abhandlung von Imam Schafii sind folgende Formulierungen zu lesen:
Jeder, welcher nicht arabischere Herkunft ist, sollte die arabische Sprache lernen, weil es die Sprache von dem Propheten Muhammed ist, der als Gesandter für die gesamte Menschheit beistand. Wer seine Religion annimmt, wird auch mit Enthusiasmus seine Sprache sich aneignen.

Jeder Muslim sollte je nach seinem Auffassungsvermögen die arabische Sprache so gut wie Möglich erlernen, damit er das Glaubensbekenntnis (Schahada)* aussprechen, das Buch Allahs lesen und Allah lobpreisen (dhikr/ tesbih) kann.(7)

Heutzutage hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass es keinen Qur`an ohne das Arabische geben kann. Zudem stellt eine Übersetzung des Qur`an in eine andere Sprache nur eine ungefähre Übertragung dar und kann nicht mit dem Qur`an in seiner arabischer Form gleichgestellt werden. (*1 Infolgedessen können solche Übertragungen z.B. ins Deutsche lediglich als Verständnishilfe betrachten werden.) Daher ist Allahs Buch auch nur in seiner hocharabischen Originalfassung der Qur´an.
Der Gelehrte Bediüzzaman S. Nursi drückt diesen Sachverhalt so „Nur die universelle, tiefsinnige Ausdrucksweise des Arabischen kann die Vorzüge des Qur`an und die geistig-spirituelle Erkenntnis von sinnstiftenden Zusammenhängen bewahren“ aus. (8)

Quellen:
1. Fatir, 35/29-30.
2. Tirmizi. ez-Zerkanî, s. 129.
3. Ez-Zerkânî, Muhammed Abdul`azim, Menâhilu`l-Irfan fi Ulûmi`l-Kur`an, ty., s. 129-130.
4. ez-Zerkanî, a.g.e., s. 137.
5. Fussilet, 41/42.
6. A`raf, 138.
7. ez-Zerkanî, a.g.e., s. 151.
8. Bediüzzaman, Sualar, s. 213.

* Im Islam bezeichnet „Schahada“ das Glaubensbekenntnis, in der eine Person sprachlich sich zu ihrem Glauben bekennt. Auf Deutsch kann deren Inhalt etwa wie folgt übersetzt werden: „Es gibt keine Gottheit außer Allah und Muhammed (s.a.s.) ist der Gesandte und Diener Allahs.“
Die mit * und *1 gekennzeichneten Textpassagen sind während der Übertragung ins Deutsche vom Übersetzer beigefügt worden und sind in der Original-Antwort nicht enthalten.

Fragen an den islam

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