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Stimmt es, dass Imam Suyuti das „Mevlid-i nebevi“ als „Bidat-i hasene“ (gute Erneuerung) beurteilt?
Mevlid-i nebevi/maulid an-nabawiyy oder auch nur mevlid/maulid= Feierliches Zusammenkommen zum Gedenken der Geburt des Gesandten Allahs (s.a.s.)
Imam Suyuti bewertet das Thema folgendermaßen:
„Es ist eine gute Erneuerung (Bidatu-l-hasana), wenn die Menschen zum Maulid an-nabawiyy zusammenkommen, dabei den Qur`an lesen, sich über die Geburt bzw. das Leben des Propheten unterhalten und dazu ein Bankett/ Festessen organisieren.
Bei solchen Versammlungen wird dem Propheten Muhammed (s.a.s.) Respekt und Ehrerbietung gewidmet und gleichzeitig das Freudengefühl sowie die Begeisterung über Seine Geburt dargebracht. Dementsprechend werden solchen Handlungen als Segen gutgeschrieben. (El-Havi li’l-fetavi, 1/272-samile)
Obwohl einige Gruppierungen krampfhaft versuchen das Maulid an-nabawiyy als Abweichung von der wahren Religion zu beschreiben, bemerken sich nicht, dass sie durch ihre voreiligen Urteile diese Angelegenheit aus einer falschen Perspektive betrachten.
Es ist nämlich unislamisch und blasphemisch zu behaupten, dass ein Zusammentreffen von Menschen, die gemeinsam Qur`an lesen und den Propheten Muhammed gedenken, eine ketzerische und unzulässige Absicht (Niyya) beinhalten würde.
Sowohl der Qur`an als auch das Leben des Gesandten Allahs (s.a.s.) verdeutlichen, dass es kein sündhaftes Vergehen ist, einen bestimmten Tag als Mevlid-i nebevi zu bezeichnen und eine Versammlungen zu organisieren mit der Absicht das gemeinschaftliche Leben im Sinne des Islam zu fördern.
Die Äußerung von Hz. Umar (ra) “Welch' schöne Erneuerung“ (Buhari), die er bezüglich der freiwilligen Abendgebete im Monat Ramadan ausdrückte, verdeutlicht, dass man zwischen guten und schlechten Erneuerungen (Bidat) unterscheiden muss und nicht alles als Irrglaube abstempeln kann.
Der Rechtsgelehrte Imam Schafii so wie viele andere islamische Gelehrte (z.B. Imam Ghazali, Imam Haytami,…) vertreten dieselbe Ansicht, dass nicht jede Erneuerung als Abweichung vom Islam oder Irrglaube dargestellt werden kann, erst recht nicht, wenn sie nicht gegen die Anordnungen des edlen Qur`an und der Sunna widersprechen.
Folgend kann es auch nicht als Sünde oder Demoralisation interpretiert werden kann.
Ansonsten müsste behauptet werden, dass Hz. Umar (ra) mit seiner Äußerung und Imam Schafii sowie viele andere islamische Gelehrte dem Irrweg die Tür geöffnet hätten (Möge uns Allah vor solch einer blasphemischen, arroganten Behauptung bewahren).
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Wird es eine Zeit ohne Strom geben?
wir kennen keine Überlieferung die aussagt das es keinen Strom geben wird. Wenn sie uns eine Quelle geben könnten, so wäre eine Recherche möglich.
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Warum ist die Kaba schwarz, quadratisch und was symbolisiert sie?
bei der Kaaba handelt sich um das erste Haus Gottes welches von dem Propheten Abraham (a.s) errichtet wurde. Da es in der Form eines zur Gottesanbetung gebaut wurde ist es quadratisch. Die Kaaba symbolisiert die Einheit der Muslime, denn alle Muslime gleich welcher Nation richten sich im Gebet in die Richtung der Kaaba in Makkah. Desweiteren ist das Umkreisen der Kaaba (Tawaaf) eines der Pflichtteile der islamischen Pilgerreise nach Makkah, welches auch wiederrum die Einheit der Muslime symbolisiert. Die Kaaba selbst ist nicht schwarz, sondern nur das Tuch welches zum Schutz vor Umwelteinflüssen über die Kaaba geworfen hat traditionell diese Farbe. Dieses Tuch wird jahrlich durch ein anderes muslimisches Land erneuert, so dass jede Nation daran beteiligt werden kann.
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Wann wurde das erste Gebet verpflichtend auferlegt und wie sah dessen Entwicklung aus?
(Zum Verständnis: Im Text kommt häufiger das Wort "Gebet" vor, mit Gebet und Gebetszeit ist hier generell das ritualisierte Gebet als einer der 5 Säulen im Islam gemeint. "Namaz" bzw. "ṣalā" sind diesgehörigen türkischen bzw. arabischen Wörter)
In vorherigen Gesetzesgebungen ("šarīʿa") gab es keine 5 Gebetszeiten. Jedoch gab es generell zu undefinierten Zeiten Gebete.
Das Gebet bzw. die Gebetszeiten wurde eineinhalb Jahre, vor der Auswanderung des Propheten von Mekka nach Medinam ("Hiǧra") in der Nacht der Himmelfahrt des Propheten ("Mi'rāǧ") als Pflicht aufgetragen. Nach der Überlieferung vom Rechtsgelehrten und Begründer der malikitischen Rechtsschulem "Mālik ibn Anas" wird zusammengefasst folgendes besagt:
Dem Propheten (s.a.s.) wurde in der Nacht des Mi'rāǧ das Gebet mit 50 Gebetszeiten verpflichtend aufgetragen. Danach wurde dies verringert und auf 5 Gebetszeiten reduziert. Anschließend wurde so zugerufen; Oh Muḥammad, wahrhaftig kommt dem Wort in unserem Antlitz keine Veränderung zu, für dich sind diese 5 Gebete die Gegenleistung für 50 Gebete. (Buhārī, ṣallāt, 76, anbiya, 5; Muslim, İmān, 263; Ahmad b. Hanbal, V, 122, 143)
Dass jede gute Tat zehnfach entgegnet wird, ist mit folgendem Vers verdeutlicht:
"Wer eine gute Tat tut, für den gibt es zehnfache Entgegnung hierfür." (Anamm 6/160; außerdem vgl. Naml, 27/89; Kasas, 28/84)
bevor die 5 Gebetszeiten zur Pflicht auferlegt wurden, bestand das Gebet des Propheten (s.a.s.), aus der Reflektion über die Kreationen Gottes und die Erhabenheit Gottes. Es wird überliefert dass der Prophet morgens und abends auch in Form von jeweils zwei "Rakat" (Abschnitt des Gebets) gebetet hat.
Auch die vorherigen Völker kannten das Gebet. Als Beispiel könnte man hierfür angeben, dass im Qurʾān der Gottesfreund und nach manchen Gelehrten auch Prophet, "Lukman" seinen Sohn das Gebet befiehlt (Lukman, 31/17), dass der Prophet "Ibrāhīm” (a.s.) zum Schutze des damaligen Gebiets vom heutigen Saudi-Arabien (“al-ḥiǧāz”) vom Gebet spricht und, dass Gott vom Propheten “Mūsā” auf dem Berg “ṭūr” während der ersten Offenbarung, das Gebet verlangt (Tahā, 20/14).
Im Islām stützt sich Legitimation des Gebets, auf den Qurʾān, den Propheten und den Konsens der Rechtsgelehrten.
Wie kann man sich, wenn man mit dem Gebet neu anfängt, daran (bzw. an den Rhtymus) gewöhnen?
Hier hilft uns folgende Überlieferung weiter. Als der Prophet (s.a.s.) seinen Gefährten und engen Vertrauten "Muāz ibn Ǧabal" nach Yemen sandte, erteilte er ihm folgendes:
"Du gehst zu einem Volk welches eine Offenbarungsschrift erhalten hat ("ʾahlu al-kitāb"). Ruf sie zunächst dazu auf, Gott zu dienen. Wenn sie Gott anerkennen, sag ihnen, dass Gott ihnen sowohl in der Nacht als auch im Tag 5 Gebetszeiten auferlegt. Wenn sie das Gebet verrichten; sag ihnen dass Gott, unter Anbetracht dass man es von den Wohlhabenden nimmt und es den Armen gibt, ihnen die Gabe der Almosen auferlegt ("Zakāt"). Wenn sie Gehorsam leisten, so nimm dies von ihnen entgegen, nimm von ihnen nicht ihr wertvollstes Gut, hüte dich vom Fluch des Unterdrückten. Denn zwischen seinem Gebet und Gott gibt es keinen Vorhang." (Buhārī, Zakā t, 41, 63, Maǧāzī, 60, Tawhīd, 1; Nasāī, Zakāt, 1; Dārimī, Zakāt, I)
Wie in der Überlieferung hervorgeht, befehligt der Prophet (s.a.s.) Muāz ibn Ġabal damit, den Christen in Yemen die zum Islam beigetreten sind zu sagen, dass das Gebet zu den 5 Gebetszeiten verpflichtend ist. Wenn es um die verpflichtenden Gebete geht, können wir hier, auch um der Angewöhnung willen, keine Makel oder Auslassungen gutheißen. Uns obliegt die Pflicht, jener Person mitzuteilen, dass das Gebet zu den 5 Gebetszeiten verpflichtend ist und dass er diese verrichten muss. Wenn die Person zu Zwecken der Angewöhnung nicht gleich alle 5 Gebetszeiten einhaltet bzw. einhalten kann, so soll sie selbst darüber entscheiden. Wir haben nicht das Recht ihr etwas zu suggerieren bzw. vorzuschreiben.
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Weshalb ist das islamische Kalifat nicht bei der Familie des Propheten (Al-i Beyt) geblieben?
eigentlich waren sie diejenigen, die am besten dafür geeignet waren und es gebührte ihnen auch.
Die irdische Königsherrschaft ist verführend. Das Haus des Propheten war beauftragt damit, die islamischen Wahrheiten und die qur'anischen Gesetze zu bewahren. Wer Kalifat oder Königsherrschaft besteigt, soll entweder so rein sein wie ein Prophet, oder eine außerordentliche Entbehrung von irdischen Interessen gehabt haben wie die (ersten vier) rechtgeleiteten Kalifen (Hulefa-i Rashidin), Omar ibn Abdulasis der Omajade und Mahdi der Abbaside, damit er keiner Verführung unterliegen konnte. In der Tat zeigte uns die Dynastie der Fatimiten, die in Ägypten auf den Namen des Hauses des Propheten gegründet worden war, und die Regierung der Muvahhidin (Ein-Gott-Gläubigen) in Afrika und die Dynastie der Safewiden in Iran, dass die irdische Königsherrschaft bei dem Haus des Propheten nicht dienlich ist. Sie veranlasst das Haus des Propheten die ursprüngliche Aufgabe die Bewahrung des Glaubens und den Dienst am Islam zu vernachlässigen. In Wahrheit leistete es in einer glänzenden und erhabenen Weise einen Dienst für den Islam und den Qur'an, wenn es auf Königsherrschaft verzichtete.
So siehe!
Die Pole (Aqtab) aus den Nachkommen von Hasret Hasan, besonders die Vier Pole (Aqtab Erbaa) und insbesondere Scheich Abdulkadir Geylani der Ghaus A'sam (der große Helfer der Heiligen) und Imame (Vorbilder) aus den Nachkommen von Hasret Huseyn, besonders Seyn al-Abidin und Dschafar al-Ssadiq, deren jeder im Reiche des Geistes die Geltung eines Mahdis (derjenige, der auf den rechten Weg weist) hatte, welche geistige Grausamkeiten und Finsternisse beseitigten und die qur'anischen Lichter und Glaubenswahrheiten verbreiteten. Sie bewiesen, dass sie die Erben ihres Urgroßvaters waren.
(Aus dem Gesamtwerk der Risale-i Nur von "Bediuzzaman" Said Nursi)
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Können sie uns Alles Wissenswerte zum Thema Aqiqa Opfer sagen?
man nennt die ersten Haare auf dem Kopf des Neugeborenen "Aqīqa" und nach 7 Tagen werden die Haare auf dem Kopf des Neugeborenen abrasiert (ganz oder teilweise) und anschließend wird das Kind benannt. Als Ausdruck der Dankbarkeit wird ein Tier als Opfer geschlachtet, daher kommt auch der Begriff Aqīqa für dieses Opfertier.
Hz. Āʾiša (r.a.) überliefert:
Der ehrenwerte Prophet befiehl uns für männliche Kinder zwei und für weibliche Kinder ein Schaf (als Aqīqa) zu schlachten. (İbn Mâce hadis no: 3163, Zebâih, no: 1515)
Hz. Āʾiša (r.a.) überliefert auch, dass der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) nach dem 7. Tag der Geburt seiner Enkel ein Opfertier geschlachtet und sie danach benannt hat. (Tecrid-i Sarih Tercümesi, XI/401)
Dieser Opfertier kann ab der Geburt des Kindes bis hin zu Beginn der Geschlechtsreife des Kindes geschlachtet werden. Es empfiehlt sich aber am 7. Tag der Geburt des Kindes dies zu tun, da dies gesegneter ist.
Es ist Brauch die Knochen des Tieres nicht zu zerbrechen, sondern das Fleisch an den Gelenken zu schaben und zu kochen/braten und die Knochen später zu vergraben. Dahinter steckt die Absicht, dass das Kind gesund sein soll und dies ist eine Art Gebet dafür. So wie der Geber des Opfertieres selbst vom Fleisch des Tieres essen kann, so kann auch die Familie davon essen. Ein Teil wird den Bedürftigen gespendet.
Die arabischen Stämme haben, bevor sie den Islam kennenlernten, nur für ihre Söhne ein Opfertier geschlachtet, für die Töchter gab es keine Zeremonie. Der Islam sorgte durch diese Neuerung auch für eine Wertschätzung der Mädchen.
Aus einer Überlieferung geht hervor:
Für ein männliches Kind müssen zwei sich gleichende/ebenbürtige Opfertiere geschlachtet werden, für ein weibliches Kind muss ein Opfertier geschlachtet werden. Es macht kein Unterschied, ob das Tier männlich oder weiblich ist. (Ebû Dâvud, Edâhî 21, 2834, 2835, 2836; Tirmizî, Edâhî 17, (1516); Nesâî, Akîka 3, 7, 165)
1) Diese Überlieferungen zeigen die Unterschiede der zu schlachtenen Opfertiere bei männlichen und weiblichen Kindern auf. Bei männlichen Kindern sprechen wir von zwei Tieren und bei weiblichen Kindern von einem Tier. Für das männliche Kind müssen die Tiere alle Bedingungen eines Opfertieres erfüllen und sie dürfen in dem Sinne keine Mängel haben. Dies gilt für beide Tiere gleichermaßen.
2) Nach dieser Überlieferung handelnd urteilen die Gelehrten, dass für die männlichen Kinder zwei Schafböcke geschlachtet werden sollen und dabei bekräftigen sie ihre Ansicht mit manchen Indizien außerhalb der Überlieferungen. Sie sagen: "Unser Gesetz urteilt für die Hälfte der Frau im Erbe, im Zeugnis und in der Religion".
3) Auch wenn die Überlieferung vom äußerlichen Wortlaut das Opfern eines Tieres für das Kind als zwingend ("Wāǧib") darstellt, haben die Gelehrten bezogen auf das Thema auch weitere Überlieferungen wahrgenommen und sind zum Schluss gekommen, dass es nicht zwingend ist. Lediglich die zahiritische Schule spricht sich dafür aus, dass das Schlachten eines Tieres zwingend ist. Bis auf die hanafitische Rechtschule, sprechen sich die drei Rechtsschulen dafür aus, dass das Schlachten der Sunna entspricht. Die hanafitische Schule deklariert das Schlachten als erlaubt und lobenswert. Demnach ist es keine Sünde, wenn man kein Opfertier als Aqīqa schlachtet.
Nach der mehrheitlichen Meinung der Gelehrten ist es ausreichend für männliche und weibliche Kinder jeweils ein Tier zu schlachten. Diese Überlieferung belegen dies. Nach den Überlieferungen haben nämlich viele wichtige Persönlichkeiten dies so gehandhabt, darunter Abdu-l-llah ibn ʿUmar, der dafür berühmt ist der Sunna des Propheten (s.a.s.) akribisch zu folgen. Abdu-l-llah ibn ʿUmar gab jedem aus seiner Familie immer nur ein Opfertier als Aqīqa, wenn er nach einem Tier gefragt wurde. Für jedes seiner Kinder, ob männlich oder weiblich, schlachtete er ein Tier. Eine Überlieferung besagt:
Es erreichte mich, dass ʿAlī b. Abī Ṭālib (r.a.) dies auch so gehandhabt hat. (Muvatta, Akîka 4, 2, 501)
Diese Überlieferung ist ein Indiz dafür, dass ein Tier für das Kind, ungeachtet des Geschlechts, ausreicht. Die Urväter unserer Religion haben dies ebenso getan.
Abdu-l-llah ibn ʿabbās Überliefet:
Als Aqīqa hat der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) für seine Enkel Ḥasan und Ḥusain jeweils ein Schaf geschlachtet. (Ebû Dâvud, Edâhî 21, 2841)
Diejenigen, die die Position vertreten, für Kinder beidem Geschlechts reicht ein Tier, berufen sich auf diese Überlieferungen.
Die Bedingungen für das Opfertier:
Das Tier darf nicht blind auf beiden oder auf einem Auge sein. Die Mehrheit der Zähne darf nicht ausgefallen sein. Die Hörner oder eines der Hörner dürfen nicht am Ansatz abgebrochen sein. Die Ohren oder der Schwanz des Tieres muss überwiegend vorhanden sein, der Großteil darf also nicht abgeschnitten sein. Die Mehrheit der Euter/Zitzen darf nicht abgeschnitten sein, es darf kein Tier sein, dass von Geburt aus keine Ohren oder keinen Schwanz hat. Der Prophet (s.a.s) hat es verboten, als Brauch auf das Haupt Blut zu schmieren. (Ebu Dâvud, Edahî, 20) Er befohl, Gold oder Silber im Gewicht der abrasierten Haare zu spenden. Da das Wort Aqīqa der Bedeutung "Aufmüpfigkeit gegen die Eltern" gleichkommt, hat der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) dies mit dem Wort "Nasika" ersetzt, was "Gehorsam und Gottesdienst" bedeutet. (İbn Hanbel, II/182)
Nach der schaafitischen und hanbalitischen Schule wird das Fleisch vom Knochen genommen und gekocht/gebraten, ohne dabei die Knochen des Tieres zu brechen, als Wunsch für die Gesundheit des Kindes. Dies ist gelobt. Nach den anderen Rechtsschulen wird gelobt, die Knochen des Tieres zu zerbrechen, damit das Kind bescheiden wird und frei von weltlichen Ambitionen und Habgier wird. In dem Fall hängt die Handlung von der Absicht ab. Es empfiehlt sich je nach Absicht entsprechend dem Urteil der Rechtsschulen zu handeln.
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Was ist der Unterschied zwischen nabiyy und rasul und wie viele gibt es?
das Wort Nabiyy hat seinen Ursprung im Wortstamm aba, welches so viel wie Nachricht bedeutet. Nabiyy ist also eine partizipiale (aktive) Form. Demnach ist ein Nabiyy der, der seine Prophetie dem Volk verkündigt bzw. der die Bestimmungen Gottes durch die Offenbarung verkündigt (H. Cisrî, Risâle-i Hamidiye, 524).
Das Wort kann auch in passiv partizipialer Form verstanden werden. Demnach ist ein Nabiyy der, dem von Gott die Prophetie verliehen wurde bzw. dem Gott manche göttliche Bestimmungen aufgezeigt hat. Ein Rasūl ist jemand der von Gott entsandt wurde um die göttlichen Bestimmungen zu verkündigen (a.g.e., 524).
Als Wort wurden Nabiyy und Rasul hinsichtlich der Bedeutung mancherorts gleichgesetzt und mancherorts als unterschiedlich aufgefasst. Es sind aber durchaus Unterschiede erkennbar. Nach Überlieferungen wird davon ausgegangen, dass es 313 Rusul (Plural von Rasūl) gibt und mehr als 124 tausend ʾAnbiyāʾ (Plural von Nabiyy) gibt (a.g.e., 525).
Im Qurʾān werden beide Wörter getrennt erwähnt, daraus ergibt sich, dass beide Wörter verschieden aufzufassen sind (Vgl. 22:52). An manchen Stellen ist dies jedoch nicht so. Bei der getrennten Betrachtung spricht man gerne davon, dass der Rasūl eine neue und bis dato nicht vorhandene Bestimmung Gottes bzw. eine Erneuerung zur vorhandenen göttlichen Bestimmung erhält, um sie zu verkündigen, während der Nabiyy die bereits vorhandene göttliche Bestimmung weiter verkündigt und ihr folgt (H. Cisrî, a.g.e., 526).
In die deutsche Sprache könnte man Nabiyy und Rasūl wohl treffenderweise mit Prophet und Gesandter übersetzen um diese Unterscheidung auch im Wortlaut aufzugreifen. Im üblichen Gebrauch wird diese Unterscheidung allerdings nicht immer zwingend verwendet. So wird oft von Muḥammad als der islamische Prophet gesprochen, obwohl er, wenn man so will, eigentlich als Gesandter zu benennen ist.
Explizit zu nennen sind sicherlich die religionsstiftenden Propheten/Gesandten Hz. Ibrāhīm, Hz. Mūsā, Hz.ʿĪsā und Hz. Muḥammad. Auf diese Namen gehen nämlich die heutigen Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam zurück. In islamischer Tradition wird der Gesandte Hz. Muḥammad als "Ḫātam al-ʾAnbiyāʾ", also als Siegel der Propheten angesehen. Mit Hz. Muḥammad wurde die göttliche Offenbarung abgeschlossen und vollendet, daher wird es keinen weiteren Propheten/Gesandten geben.
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Ich bin als kleines Kind aus der Heimat geflohen wegen dem Krieg. Heute lebe ich hier mein normales Leben. Zählt mein jetziges Leben als Hidschra?
Hiǧra – Wird mit "Auswanderung" übersetzt. Im religiösen Kontext bezieht man sich dabei zumeist auf die zwangsmäßige Auswanderung des Propheten Muḥammad (s.a.s.) mitsamt seines Gefolges von Mekka nach Medina ca. Im Jahr 622 aufgrund der gewalttätigen Reaktionen der damaligen Mekkaner auf die Verkündigung der Prophetie Muḥammads (s.a.s.). Die Hiǧra wird auch als Beginn der islamischen Zeitrechnung bzw. des islamischen Kalenders benutzt.
Der Begriff hat aber neben der wörtlichen Übersetzung mit „Auswanderung“ auch eine wichtige religiöse Bedeutung und Fundierung. Darauf werden wir eingehen.
Die wegweisenden und beispielhaften Überlieferungen für die Themen, die in der Frage auftauchen und auch ähnliche Themen:
Die Taten (nicht anders) richten sich lediglich nach den Absichten; Welche Absicht ein jeder hegt, das kriegt er auch auf die Hand. Wessen Auswanderung für (das Wohlwollen von) Gott und seinen Gesandten (s.a.s.) ist, dessen Auswanderung wird als für Gott und seinen Gesandten gerichtet akzeptiert. Wer für die Welt, der er sich bindet oder für eine Frau, die er ehelichen wird auswandert, dessen Auswanderung wird seinem Ziel gemäß ausfallen. (Buhârî, Bedü'l-Vahy, 1; Müslim, İmare, 155; Ebu Davud, Talak, 11)
Dass diese Worte den Gesandten Gottes (s.a.s.) erteilt wurden ist mit der Auswanderung verbunden, das Hauptthema der Überlieferung ist also die Auswanderung. Der Überlieferung zufolge hat der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) diesen Ausspruch auf dieses Geschehnis hin formuliert:
Alle wanderten von Mekka nach Medina für Gott aus. Allerdings ist ein Gefährte, dessen Name unbekannt bleibt für die Frau, die er liebte ausgewandert. (Kastalanî, İrşadü's-Sârî, 1/55)
Ohne Zweifel war diese Person eine gläubige Person, aber seine Absichten und Gedanken waren nicht Herr über seine Taten...
Er war auch ein Auswanderer, aber er war der Auswanderer seiner geliebten Frau. Die Mühen die man lediglich für Gott auf sich nehmen würde, hat er für seine geliebte Frau auf sich genommen. Ohne dass dabei Namen genannt werden könnten ist diese Angelegenheit zum Objekt der erwähnten Überlieferung geworden. Die Eigenart/Besonderheit der Angelegenheit ist kein Hindernis für die Allgemeinheit der Bestimmung. Daher ist die Bestimmung der Überlieferung allgemeingültig und umfasst alles und jeden.
Die Absicht
In der Tat ist es nicht nur bei der Auswanderung so, denn alle Handlungen richten sich nach der Absicht. Wer bei seiner Handlung das Wohlwollen Gottes und seines Gesandten beabsichtigt, der wird auch Gott und seinen Gesandten finden. Das ist ein allgemeingültiges Prinzip des Glaubens. Daher gilt auch für das Thema der Auswanderung dieses Prinzip. Wer stets und zuerst immer an das Recht seines Schöpfers denkt, der wird seinen Schöpfer auch immer bei sich finden. Dieses Finden besteht aus der Gnade, dem Schutz und den Gaben Gottes. Wenn der Mensch das alles findet, ist er außer sich for Freude, er eilt zum Gebet und versucht seinem Schöpfer noch näher zu kommen. Während er sich seinem Schöpfer nähert, wird dieses Gefühl prägend und leitend für alle seiner Handlungen. Im Schatten dieser Leitung wird sein Schöpfer ihm beim Übertreten in das Jenseits, wie auch im Grab, in der Wiederauferstehung und auch im Gericht bei ihm sein. Wenn aber ein Mensch nicht Gott sondern weltliche Dinge und Gelüste als Grundlage seiner Absichten hat werden alle Mühen und Kosten seiner Handlungen vergebens sein
Wer nur nach seinen Gelüsten lebt, nur in der materiellen Welt steht und liegt, nie seinem Gewissen und seiner Seele zuhört und seine Zeit vergeudet, der wird sein Leben weggeschmissen haben, aber nie das erreichen, was jene Menschen erreichen, die ihr Leben nach dem Wohlwollen und dem Willen Gottes ausrichten und organisieren. Dazu passt auch diese Überlieferung:
Die Absicht des Gläubigen ist besser/gesegneter als seine Handlung. (Mecmeu'z-Zevâid, I/61,109)
Letztendlich wird der Mensch nie die Handlung erreichen, die er in seiner Absicht aufbaut, egal wie sehr er sich bemüht. Es ist die Barmherzigkeit Gottes, mehr als die Handlung selbst, die zu Grunde liegende Absicht zu bewerten und demnach zu richten. Daher bringt die Absicht des Menschen viel mehr, als seine Handlungen es schaffen könnten. Auch aus dieser Perspektive ist also die Absicht des Gläubigen gesegneter als seine Handlung.
Zum Thema passend kann auch diese Überlieferung herangezogen werden:
Seid vorsichtig! Im Körper des Menschen ist ein Fleischklumpen. Wenn dieser Fleischklumpen eine Richtung/Besserung erfährt, wird auch der ganze Körper eine Richtung/Besserung erfahren; Wenn es zu Grunde geht, geht auch der ganze Körper zu Grunde. (Buhari, İman, 39; Müslim, Müsakat, 107; Müsned, IV/280)
Wenn die Reinheit im Glauben herrscht, werden alle Samen, die damit eingepflanzt werden zu Leben erwachsen. Sie werden zu Anfang zwar klein sein, aber sie wachsen prachtvoll und werden euch schützenden Schatten spenden. Sie werden nach der Tragweite eurer Absichten wachsen und im Paradies Gottes euch als Früchte des Paradieses entgegen treten.
Mit der Absicht transformiert der Mensch seine Traditionen und Gewohnheiten in eine Art Gottesdienst. Ein Mensch der mit der Absicht nachts Gottesdienste zu verrichten, sich abends zu Bett legt, der betreibt sogar mit seinen Atemzügen im Schlaf eine Art Gedenken Gottes. Wie wäre es auch sonst denkbar, dass der Mensch mit seiner kurzen Lebensspanne und seinen noch kürzeren guten Handlungen das ewige Paradies Gottes verdient? Wenn dem Gläubigen das ewige Leben verliehen wird, dann als Gabe für seine Absicht ewig zu dienen und das Resultat dieser Absicht ist das ewige Paradies. Das selbe Prinzip gilt für den Ungläubigen. Durch seinen Unglauben und die darin liegende unbegrenzte Absicht verdient er sich seinen Platz in der Hölle. Ohne Ausnahme von groß oder klein, jede Tat wird einzig und allein durch die Absicht, die hinter ihr steckt auf- oder abgewertet.
In guten Taten gibt es selbst Verdienste die nur durch die Absicht entstehen. Beispielweise kriegt ein Mensch mit der Absicht etwas Gutes zu tun, einen Lohn gutgeschrieben, auch wenn er dann die beabsichtigte Tat nicht ausüben konnte. Falls er seine Absicht zu realisieren vermag, wird dies stellenweise manchmal zehn fach, manchmal hundert fach und manchmal sogar noch stärker belohnt. Die Sünden werden aber nicht als solche gewertet, wenn sie nur bei der Absicht bleiben und nicht realisiert werden. Falls doch werden sie aber auch nur einfach gewertet. Selbstverständlich erfordert jede Sünde eine Strafe, die der Art der Sünde gerecht wird. (vgl. Buhari, Rikak, 31; Müslim, İman, 206-207)
Auswanderung
Es ist nicht außer Acht zu lassen, dass der Auswanderung in der Überlieferung ein besonderer Platz zukommt. In seiner spezifischen Bedeutung ist die Auswanderung beendet:
Nach der Auswanderung aus Mekka gibt es keine Auswanderung. (Buharî, Cihad, 1, Müslim, İmare, 85)
In allgemeiner Bedeutung wird die Auswanderung weitergehen und zwar bis zum Ende aller Tage. Denn die Auswanderung und der Ǧihād sind Zwillinge, sie sind zusammen geboren und werden zusammen aufleben. Dass der Ǧihād bis zum Ende aller Tage weiterleben wird ist auch festgehalten:
Der Ǧihād wird bis zum Ende aller Tage weitergehen. (Heysemî, Mecmeu'z-Zevâid; 1/106)
Ein jeder zum Dienst Gottes verschriebener Mann, der seine Geliebten und seine Familie verlässt um verirrten Seelen den Pfad der Tugend näher zu bringen, ist in einem endlosen Kreis des Segens aufgenommen und er wird dessen Belohnung definitiv erhalten. Es wird auch von einem besonderen Segen gesprochen hier, die Vermutung liegt nahe, dass das Jenseits für so eine Person ein ganz besonderes Geschenk bereithält. Dies ist ein Geschenk direkt von Gott.
Auswanderung von den Sünden
Aus einem weiteren Blickwinkel ist die Auswanderung ein Absagen, gar eine Flucht vor den Sünden. Ohne Zweifel ist der größte Auswanderer der, der alle Begierden, Lieben und Gelüste aus seinem Herz tilgt, um darin nur Platz für Gott zu lassen.
„Ya Rabbī, mit deiner Liebe bin ich gefesselt. Ich habe alles was nicht du bist verlassen um zu deiner Audienz zu kommen. Nachdem ich dich gefunden habe, haben meine Blicke nichts mehr gesehen...“ Genau als er sich in der Fülle seiner Gebete und in der damit einziehenden spirituellen Atmosphäre befand, sieht er seinen Sohn am Rande der Kaaba. Und sein Sohn sieht ihn. Mit der Sehnsucht all der Jahre rennen sie auf einander zu. Genau als sie sich innig liebkosen erklingt leicht eine Stimme: „Ibrahim, in einem Herz können sich keine zwei Lieben aufhalten.“ In dem Moment schreibt Ibrahim erneut auf: „Nimm was von deiner Liebe abhält ya Rabbī...“ Und sein Sohn ist vor seinen Füßen zusammengebrochen...“ (Ferîdüddin Attâr, Tezkiretü'l-Evliya, İbrâhim Ethem'in hayatı kısmı)
Die Auswanderung zur Barmherzigkeit Gottes
Von den Sünden flüchtend, an dem Tor des Vergebens zu warten und sich nicht zu rühren, bis die Vergebung erteilt wird, ist auch eine Form der Auswanderung: „ya Rabbī, dein sündiger Diener ist zu dir gekommen. Er gesteht seine Sünden und fleht dich an. Falls du ihm vergibst, ist dies eine Zurschaustellung deiner Größe und deins Ruhms. Falls du ihn wegschickst, wer sonst könnte ihm Gnade schenken?“ Wer sich seinen früheren Sünden für immer absagt und nun rückblickend wegen dieser Sünden leidet, lebt nach der wahren Bedeutung der Auswanderung. Wer die Grenzen des Erlaubten und Unerlaubten wie ein Mienenfeld betrachtet und sich davon fernhält, mit Hand, Fuß, Auge, Ohr, Mund und Zunge, der lebt nach der Bedeutung der Auswanderung für den Rest seines Lebens. Das gilt auch wenn er abgeschieden oder in Gesellschaft lebt.
Der wahre und bestimmende Wert jeder Handlung ist also nicht in der Materie zu suchen, sondern in der Absicht, die sie begründet. Wir dürfen also nicht den Fehler begehen, die von Gott gebilligten Handlungen, die wir von seinen Propheten und den spirituellen Größen unserer Religion für unsere geheimen privaten Zwecke arbeiten zu lassen. Wir müssen anfangen das zu sein, was diese Handlungen repräsentieren wollen. Erst und nur dann erblühen diese Rosen in unserem Herzen, in unserem Leben und in unserem Jenseits auf.
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können sie uns etwas zum islamischen Neujahr und die Zeitrechnung sagen? Was macht den Monat Muharrem besonders?
die Zeit der hiǧra fängt mit dem Auswandern des Propheten Muḥammad (s.a.s.) von Mekka nach Medina an. Als Anfang eines Kalenders bzw. einer Zeitrechnung wurde dieses Ereignis aber erst zu der Amtszeit von ʿUmar b. al-Ḫaṭṭāb etabliert. Davor hatten die Araber keine eindeutige Zeitrechnung. Manche wichtigen Ereignisse (wie z.B. das Jahr des Elefanten) wurden als Anfang der Zeitrechnung genommen.
16 Jahre nach der hiǧra wollte der damalige Kaliph ʿUmar b. al-Ḫaṭṭāb bei einer Sitzung in Medina eine Lösung für das Problem um die Zeitrechnung. Auf die Empfehlung von ʿAlī b. Abī Ṭālib, die von allen beherzigt wurde, nahm man die hiǧra als Anfang für die Zeitrechnung im Islam und der Monat Muḥarram wurde als erster Monat des Jahres festgelegt. Diese Einführung wurde an zwei Gesichtspunkten erklärt. Bei einer Vorlage einer Geldschuld konnte nicht festgestellt werden ob die Schulden zu dem Jahr oder dem vorherigen Jahr fällig waren. Zur selben Zeit hat der damalige Gouvernour von Basra in einem Schreiben mitgeteilt dass die vom Kaliphat entsandten Dokumente mit rechtlichen Bestimmungen nicht eindeutig bestimmbar waren, somit herrschte Verwirrung und er bat um die Erledigung dieser Problematik rund um die Zeitrechnung. So wurde dann die hiǧra als Anfang der Zeitrechnung festgelegt.
Der islamische Kalender hat 12 Monate. Neben dem ersten Monat Muḥarram werden auch die Monate Raǧab, Ḏū l-qaʿda und Ḏū l-Ḥiǧǧa als „šuhūr al-ḥurūm" also als in etwa als "Monate der Ehre/Respekt" wahrgenommen und in diesen Monaten meidete man möglichst allerlei gewaltsame Ausschreitungen.
Der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) hat empfohlen am neunten, zehnten und elften Tag dieses Monats zu fasten. Nach dem Fasten im Ramadan ist das am meisten gelobte Fasten, das was am ehrenvollen Monat Muḥarram getätigt wird (Riyazü's-Sâlihin, II, 504). In einer anderen Überlieferung wird beschrieben dass zum ereignisreichen Tag der ʿāšūrāʾ welche in diesem Monat verortet wird, das Fasten zur Gelegenheit wird, alle Sünden und Fehtritte im letzten Jahr durch die Vergebung Gottes zu reinigen (Riyâzü's-Salihin, II, 509).
Zu der Zeit von Yazīd ibn Muʿāwiya, dem zweitem Oberhaupt der Umayyaden fand die Schlacht statt in der Hz. Ḥusain, der Enkel des Propheten (s.a.s.) als Märtyrer gefallen ist. Mit vielerlei Gedichten und Erzählungen wird dieser Tag als ein trauriger Ausschnitt der muslimischen Geschichte in Erinnerung gehalten und so hat sich dieser Tag durch die Zeit großflächig als ein besonderer Tag des Gedenkens etabliert.
Es wird mitunter überliefert dass am Tag der ʿāšūrāʾ, also der zehnte Tag des Monats Muḥarram viele wichtige Ereignisse stattgefunden haben darunter kann man mitunter diese zählen:
- Hz. Nūḥ ist mit der Arche in der Sintflut an diesem Tag auf den Berg aufgelaufen. Dies ist bekanntermaßen das Ereignis in der die Gläubigen mit Hz. Nūḥ errettet wurden, während die Ungläubigen vernichtet wurden.
- Hz. Ādam tut Buße
- Hz. Ibrāhīm wird ins Feuer gestoßen und gleichzeitig aber mit Gottes Gnade vom Feuer geschützt.
- Hz. Yaʿqūb wird wieder mit seinen Sohn Hz. Yūsuf vereint.
- Andererseits wird am 16. Tag des Muḥarram die qibla festgelegt und am 17. Tag kamen die Gefolgsleute des Elephanten kamen (siehe Sura al-fīl).
Der Monat Muḥarram wird auch zur Zeit der Osmanen besonders gehuldigt. Unter den Namen „Muharremiye“ gibt es eine Vielzahl an osmanischen Gedichten zu diesem Monat. Da dies auch das islamische Neujahr war stiegen die Regierungsleute in die Audienz des Sultans auf, gratulierten ihm und erhielten von ihm Geschenke unter den Namen „Muharremiye“. Im osmanischem Archiv wird dieser Monat als „Muharremü’l-Haram“ notiert (Mefail HIZLI - Şamil İslam Ansiklopedisinden).
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Wie haben wir den Ashura Tag wahrzunehmen? Was sollen wir am besten an diesen Tag machen?
in der arabischen Sprache bedeutet ʿāšarā zehn und ʿāšir zehnte bzw. der zehnte Tag in diesem Kontext. So hat sich der Ausspruch ʿāšūrāʾ im Volk durchgesetzt als Benennung des zehnten Tages des Monats Muḥarram und daher sprechen wir auch oft vom ʿāšūrāʾ Tag.
Der Monat Muḥarram hat als Anfang/erster Monat des islamischen Kalenders eine besondere Stellung. Wichtige historische Ereignisse haben in diesem Monat stattgefunden und auch schon vor dem Islam haben die Araber u.a. diesen Monat als besonders wahrgenommen. Laut der Überlieferung von der Gattin des Propheten (s.a.s.) Hz. Āʾiša ist dies der Monat wo der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) nach dem Fasten im Ramadan am meisten fastete:
Nach dem Fasten im Ramadan ist das tugendhafteste Fasten das Fasten im Monat Muḥarram. (Müslim Siyam, 202-203)
Es gibt Überlieferungen die besagen dass das Fasten am ʿāšūrāʾ Tag die Sünden des vorhergehenden Jahres tilgen lässt.
Zu diesem Tag gibt es keinen Vers im Qurʾān. Im 36. Vers der Sura at-Tawba wird der Monat Muḥarram als eine der angesprochenen 4 besonderen Monate erwähnt.
Insbesondere den ʿāšūrāʾ Tag haben seit jeher viele Propheten in einem besonderen Maß wahrgenommen, da hier viele wundersame oder tragische Ereignisse stattfanden. Nach den Quellen hat dieser Tag seinen Namen dadurch erhalten dass Gott seinen Propheten 10 verschiedene Darbietungen und Segnungen zukommen ließ:
1. Durch ein Wunder Gottes hat Hz. Mūsā den See gespalten und entkam so dem Pharao und seiner Herde, welche im See begraben wurden.
2. Hz. Nūḥ ist mit der Arche in der Sintflut an diesem Tag auf den Berg aufgelaufen.
3. Hz. Yunus wurde an diesem Tag aus dem Magen des Waals errettet.
4. Die Buße von Hz. Ādam wurde an diesem Tag akzeptiert.
5. Hz. Yūsuf wurde an diesem Tag aus der Grube gerettet, in die er von seinen Brüdern gestoßen wurde.
6. Hz. ʿĪsā kam an diesem Tag auf die Welt und stieg in den Himmel auf.
7. Die Buße von Hz. Dāwūd wurde an diesem Tag akzeptiert.
8. Hz. Ibrāhīm bekam an diesem Tag einen Sohn.
9. Hz. Yaʿqūb konnte nach der tiefen Trauer über den vermeintlichen Verlust seines Sohns an diesem Tag wieder seine Augen öffnen und sehen.
10. Hz. Ayyūb wurde an diesem Tag von seinen ihn plagenden Krankheiten erlöst. (vgl. Diyarbekri, Tarihu'l-hamis, 1/360; Sahih-i Müslim Şerhi 6/140)
Aus diesem Anlass gibt es in so gut wie allen islamischen Ländern zu Ehren dieses Tages eine besondere Süßspeise. Um diese historischen Ereignisse zu gedenken erlebt man somit freudenvolle Tage und man teilt diese Süßspeisen mit Freunden und Familie. Diese Tradition hat Bestand.
Aus islamischer Sicht gibt es keinerlei Befehl oder Verbot so eine Süßspeise an diesem Tag zu machen bzw. zu teilen. Man kann also keinen dafür kritisieren sie nicht zu machen und keinen dafür kritisieren sie gemacht zu haben. Die Süßspeisen die gemacht werden um Hz. Nūḥ zu gedenken, der die restlichen noch verbliebenen Getreide/Kornfrüchte gesammelt hat um daraus zum Zeichen der Dankbarkeit eine Süßspeise zu machen, würden wohl im Herzen des Gläubigen ein Wachrütteln und in dieser in Materialismus versinkenden Welt ein Lächeln erwirken. Sowohl für den Gaumen als auch für das Herz ist dies wohlbekommend.
Als der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) nach Medina kam, sah er wie die Juden am ʿāšūrāʾ Tag fasteten und er fragte sie warum sie fasten. Sie antworteten:
Heute ist ein guter Tag. Gott hat die Söhne Israels an diesem Tag von der Tyrannei des Pharaos gerettet. Mūsā hat aus Dankbarkeit an diesem Tag gefastet. Wir tun dies auch. Der Prophet (s.a.s.) entgegnete das indem er sagte "Wir sind verbundener an die Sunna von Mūsā als ihr." So fastete er auch an diesem Tag und befahl seinen Gefährten dies ebenso zu tun. (Buhârî, Savm, 69; Tecrîd-i Sarih, VI/308, 309)
Basierend auf der Überlieferung von Hz. Āʾiša hat der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) auch in der mekkanischen Periode war an diesem Tag gefastet.
Zur Zeit des Unwissens haben die Quraiš am ʿāšūrāʾ Tag gefastet. Vor der hiǧra tat der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) dies ebenso. Er fuhr nach der hiǧra in Medina damit fort und befahl seinen Gefährten auch an diesem Tag zu fasten. Als im nächsten Jahr das Fasten im Ramadan befohlen wurde hat er das Fasten am ʿāšūrāʾ Tag (als Pflicht) unterlassen, wer wollte fastete an diesem Tag und wer nicht wollte konnte dies unterlassen. (Buhârî, Savm, 69; Tecrîd-i Sarîh, VI/307, 308).
Es herrscht eine allgemeine Meinungseinheit darüber dass das Fasten am ʿāšūrāʾ Tag eine Sunna und keine Pflicht darstellt. Bezüglich der Bestimmung zur anfänglichen Zeit des Islams sagt Abū Ḥanīfa dies sei verpflichtend, während Imam aš-šāfiʿī dies als eine andauernde Sunna des Propheten (s.a.s.) beschreibt. Nachdem das Fasten im Ramadan verpflichtet wurde, sah man das Fasten am ʿāšūrāʾ Tag als lobenswert an. Um den Juden nicht zu ähneln ist es schön wenn man mit dem zehnten Tag des Muḥarram auch den neunten oder elften Tag fastet. An diesem Tag wäre es angebracht und lobenswert neben dem Fasten auch andere schönen Traditionen und gute Taten wie etwa die Almosengabe aufleben zu lassen. Jeder teilt gemäß seiner Möglichkeiten Darbietungen mit Freund und Familie. Ohne Zweifel wird der Lohn dieser Taten vervielfacht, wenn man die Geschehnisse gedenkt die diesen Tag so besonders machen und von ihm berichten. Vor allem der Prophet (s.a.s.) hat den Gläubigen empfohlen an diesem Tag seiner Familie mehr Darbietungen/Geschenke zu machen als sonst zu einer Zeit.
Wer am ʿāšūrāʾ Tag seiner Familie und seinen Hausbewohnern Darbietungen/Geschenke präsentiert, dessen Güter werden von Gott auch das gesamte Jahr mit Segen und Wohl verschönert. (et-Tergîb ve'l-Terhİb, 2/116)
Zu dem was als Familie verstanden wird gelten hier Verwandte, Obdachlose, Verlassene und Nachbarn. Es ist allerdings nicht nötig für diesen Zweck große Mühen einzugehen und das Familienbudget zu strapazieren. Jeder kann dies im Rahmen seiner Möglichkeiten tun.
Neben der Reinheit und dem Glanz des ʿāšūrāʾ Tags ist auch die Trauer um die Tragödie von Kerbala zu vernehmen. Im 61. Jahr der hiǧra und am jeweiligen ʿāšūrāʾ Tag wurde der Enkel des Propheten (s.a.s.) Imam Ḥusain in Kerbala auf grausame Art und Weise massakriert. Hinter dieser schandhaften Gräueltat steckt der zweite ummayadische Kaliph Yazīd ibn Muʿāwiya. Dies ist ein Punkt der Geschichte, der das Herz der Gläubigen erschüttern lässt und auch der Prophet (s.a.s.) sprach ein halbes Jahrhundert davor von diesem künftigen Ereignis. Ḥusain ist als Märtyrer und Würdeträger in den Himmel Gottes aufgestiegen.
Zweifelsohne wird Gott die Gräueltäter und Tyrannen mit seiner unendlichen Gerechtigkeit bestrafen und die Märtyrer und Verfechter des Glaubens und der Gerechtigkeit sind im Himmel Gottes in die höchsten Stufen aufgestiegen. Jeder Gläubige der an das Schicksal glaubt und sich vor Gott verneigt, trauert über diese Geschehnisse aber er verliert sein Gutdünken, seine Nüchternheit und seine Besonnenheit nicht. Denn alles was geschieht ob traurig oder erfreulich anmutend, entspringt dem Urteil Gottes des Allmächtigen und seinem ewigem Urteil. Aus dieser Perspektive entspricht es nicht dem Verständnis der Ahl al-Sunna dies als eine Trauerzeremonie wahrzunehmen und zu beurteilen.
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Welche übernatürlichen Phänomene wurden während der Geburt des Propheten Mohammed beobachtet?
die Mutter des Propheten Muḥammad (s.a.s.), der eine Ehre zuteilwurde, die keiner anderen Mutter zuteilwurde, beschreibt diesen besonderen Moment wie gefolgt:
„Im sechsten Monat meiner Schwangerschaft träumte ich, dass jemand mir entgegen trat und sagte:
'Oh Âmina ! Wisse dass du einen Segen für alle Welten gebären wirst. Wenn du ihn gebärst so nenne ihn Muḥammad und behalte deinen Umstand für dich.'
Schließlich kam die Zeit der Geburt. Mein Schwiegervater ʿAbd al-Muṭṭalib b. Hāšim war zur Kaaba gegangen. Ich war zu Hause. Plötzlich hörte ich ein außergewöhnliches Geräusch, sodass ich aus Angst erstarrte. Was sollte ich auf einmal sehen? Ungeahnt erschien ein Vogel der an meine Seite trat und mit seinem Flügel meinen Rücken streichelte. Von diesem Moment an war meine Furcht und meine Besorgnis wie verschwunden.“
„Ich warf ein Blick an meine Seite und sah, wie mir in einer weißen Schale 'sharba' (süßes Getränk) serviert wird. Als ich die Schale ausgetrunken hatte, umhüllte mich ein Licht.“
„Und Muḥammad war geboren…“
Die Momente nach der Entbindung schildert die edle Mutter folgendermaßen:
„Ich sah eine Flagge im Osten, eine Flagge im Westen und eine Flagge über der Kaaba. Die Geburt war vollendet. Ich blickte auf das Kind und sah, wie es sich in der Niederwerfung (saǧda) befand und den Zeigefinger zum Himmel empor hob. Augenblicklich erschien eine Wolke über dem Kind und bedeckte ihn. Ich hörte eine Stimme sagen:
'Bringt und führt ihn in den Osten und in den Westen, geleitet ihn zu den Meeren, auf dass alle Geschöpfe über Muḥammad mit seinem Namen, seinen Eigenschaften und seiner Erscheinung kundig sein mögen.'
Ein wenig später verschwand die Wolke wieder.“
In der selben Nacht soll Âmina ein Licht gesehen haben, in welchem sie die Paläste und Schlösser von Damaskus sehen konnte.
Während der Geburt des Gesandten Gottes befanden sich Šifā Ḫātūn, die Mutter von Abd ar-Raḥmān ibn ʿAuf - die als Hebamme Âmina betreute - und Fāṭima Ḫātūn, die Mutter von Uṯmān ibn Abu al-ʿĀṣ vor Ort.
Die Hebamme Šifā Ḫātūn und Fāṭima Ḫātūn berichten:
Ich war dabei als der Gesandte Allahs (c.c.) geboren wurde. Ich hörte wie gesagt wird: 'Die Barmherzigkeit Allahs (c.c.) möge auf Ihm sein.'
Licht erfüllte den Osten und den Westen, ich sah sogar einige Paläste des römischen Reiches. Anschließend nahm ich den Gesandten Allahs (c.c.) in meine Arme und stillte ihn. Plötzlich begann mein Körper zu zittern und mir wurde schwarz vor Augen. Ich verlor das Kind aus den Augen. Eine Stimme fragte „Wo ist er hingegangen?“. „Er wurde nach Osten gebracht“ wurde geantwortet.
Diese Worte sind mir nie aus dem Kopf gegangen, bis schließlich der Gesandte Allahs (c.c.) seine Prophetie verkündet hatte und ich mich ohne zu zögern denen anschloss, die zuerst den Islam annahmen.1
Von Fāṭima Ḫātūn wird ebenfalls berichtet, dass in jener Nacht ein Licht das Haus erfüllte und dass die Sterne strahlend zum Boden hingen als würden sie vom Himmel fallen.2
Eine weitere Besonderheit ist, dass der Prophet (s.a.s.) beschnitten mit bereits durchtrennter Bauchnabelschnur auf die Welt kam.3
Auf seinem Rücken zwischen beiden Schulterblättern, auf Höhe seines Herzens, befand sich das sogenannte Siegel des Prophetentums (ein Muttermal). Dieses war ein Zeichen (welches auch den damaligen Juden und Christen durch ihre Überlieferungen bekannt war) dafür, dass er der erwartete letzte Prophet ist.
Der Prophetengefährte Sā’ib ibn Yazīd (r.a.) sagt Folgendes über das Siegel des Prophetentums:
„Als ich ein Kind war brachte meine Tante mich zum edlen Propheten (s.a.s.) und sagte zu ihm: 'Oh Gesandter Allahs (c.c.), mein Neffe hat Schmerzen am Fuß.’ Der Gesandte Allahs (c.c.) ging mit seiner Hand über meine Stirn und betete für mich. Danach vollzog er die Gebetswaschung und ich trank von diesem Wasser. Anschließend stand ich hinter ihm und sah zwischen seinen Schultern das Siegel des Prophetentums in der Größe eines Knopfes.“
ʿAlī b. Abī Ṭālib (r.a.) beschreibt ebenfalls den Propheten (s.a.s.) und erwähnt: „Zwischen seinen Schulterblättern war ein breites Siegel, welches ein Zeichen seiner Prophetie darstellte.“
1) Kastalanî, Mevâhibü'l-Ledünniye, 1/122
2) Kaâdı İyaz, Şifâ, 1/267
3) Den Überlieferungen zu Folge kam der erste Mensch und Prophet Adam (a.s.) sowie die Propheten Seth, Idrīs, Noah, Mose, Salomo, Schuʿayb, Yaḥya und Hūd ebenfalls beschnitten auf die Welt.
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Was ist Bidʿa, was ist es nicht?
von Zeit zu Zeit kommt es dazu, dass neuartig wahrgenommene Dinge als verwerfliche, mit dem Islam in Widerspruch stehende Bidʿa („Neuerung“) bezeichnet werden. Daher ist es umso wichtiger zu wissen, was genau als Bidʿa gilt, damit nicht jede Neuheit als solche kategorisiert wird. So hört man häufig Aussagen wie:
„Das Tragen eines Hemdes ohne Kragen ist Sunna, ein Hemd mit Kragen hingegen Bidʿa;“ „Auf dem Boden zu sitzen ist Sunna, auf dem Sofa zu sitzen hingegen Bidʿa;“ „Ohne Mikrofon zum Gebet zu rufen (aḏān) ist Sunna, das Mikrofon dabei zu benutzen hingegen Bidʿa;“ „Mit einer Gebetskappe (Takke) und Turban zu beten ist Sunna, ohne Kopfbedeckung zu beten hingegen Bidʿa;“
Auch wenn hierbei häufig die Erhaltung der Sunna beabsichtigt wird, führen derartig voreilige Beurteilungen zu Streitigkeiten zwischen Familienmitgliedern und Glaubensgeschwistern sowie zu unberechtigten Beschuldigungen Andersdenkender.
Unter den islamischen Gelehrten wurde die Bidʿa-Thematik unter Berücksichtigung des Lebens sowie der Sunna des Propheten (s.a.s) in vielerlei Hinsicht erarbeitet und in ihren Werken beschrieben. Hierbei fokussierten sie sich sowohl auf die allgemeine Bedeutung des Begriffs Bidʿa als auch auf Unterscheidungen im Spezifischen.
So findet sich bei unter anderem aš-Šāfiʿī, an-Nawawī und Ibn ʿĀbidīn inhaltlich die Beschreibung: „Bidʿa ist all das, was nach dem Gesandten Gottes (s.a.s.) aufgekommen ist.“ Demnach ist Bidʿa also zunächst einmal ein weit gefasster Begriff und impliziert sowohl Aspekte der Religion als auch Praktiken und Bräuche aus dem alltäglichen Leben. In Zusammenhang damit wird folgende Überlieferung angeführt:
„Wer meine Sunna aufrechterhält und den Menschen dazu verhilft sich nach ihr zu richten, der wird ohne Abstriche denselben derer Lohn erhalten, denen er zur Ausübung der Sunna verholfen hat. Und wer eine Neuerung erfindet und Schuld daran hat, dass andere nach dieser Bidʿa handeln, dem werden ohne Abstriche dieselben Sünden derer auferlegt, denen er zur Ausübung der Bidʿa verholfen hat.“ (Ibn Māǧa, Muqaddima, 15)
Gleichzeitig unterscheiden die Gelehrten spezifisch betrachtet die Bidʿa in zwei Kategorien: die gute Neuerung (bidʿa ḥasana), und die verwerfliche Neuerung (bidʿa sayyi’ah). So sind beispielsweise Dinge wie der Bau von Minaretten und Lehreinrichtungen gute, erlaubte Neuerungen, auf Gräbern Kerzen anzuzünden dagegen verwerfliche Neuerungen. Demnach handelt es sich bei den in den Überlieferungen thematisierten Neuerungen (Bidʿa) um die Kategorie der verwerflichen Neuerungen (bidʿa sayyi’ah). Als ʿUmar b. al-Ḫaṭṭāb (r.a.) sieht, dass in der Prophetenmoschee (al-Masǧid an-Nabawī) das Tarāwīḥ-Gebet gemeinschaftlich verrichtet wird, soll er auf gute und gebilligte Neuerungen (bidʿa ḥasana) hinweisend gesagt haben:
„Welch schöne Neuheit (Bidʿa) dies ist.“ (Buḫārī, Tarāwīḥ, 1)
Bei einigen Gelehrten, die den Begriff Bidʿa enger fassen, wie unter anderem Imām Mālik, Badr al-Dīn al-ʿAynī, al-Baihaqī, Ibn Ḥaǧar al-ʿAsqalānī, Ibn Ḥaǧar al-Haitamī, Imam Birgiwi und Ibn Taymiyya findet sich sinngemäß die Definition: „Bidʿa bezeichnet jegliche Neuerungen in religiösen Angelegenheit nach dem Ableben des Gesandten Gottes (s.a.s.), die Zufügungen oder Abstriche in der Religion darstellen.“ Diesem Verständnis nach fallen allerart Neuerungen ohne religiösen Charakter gar nicht erst unter die Kategorie Bidʿa, sodass neue Gewohnheiten und Bräuche außerhalb des Begriffs Bidʿa behandelt werden. Diese Ansicht stützt sich auf Überlieferungen wie:
„Das Schlimmste sind die nachträglich erfundenen Dinge.“ (Muslim, Ǧumʿa, 43)
„Alles was nachträglich eingeführt wird ist Bidʿa.“ (Ibn Māǧa, Muqaddima,7)
„Jede Neuerung (Bidʿa) ist Irrtum.“ (Muslim, Ǧumʿa, 43)
„Hütet euch vor den neu eingeführten Dingen, denn alles Neueingeführte ist eine Neuerung (Bidʿa) und jede Neuerung ist Irregehen. So haltet fest an meiner Sunna und an der Sunna meiner vorbildhaften rechtgeleiteten Kalifen.“ (Abū Dāwūd, Sunna, 5)
Dieselbe Ansicht befürwortet der im Bereich Uṣūl al-fiqh (Methodologie der Normenlehre) profilierte aš-Šāṭibī, der Bidʿa als einen nachträglich dargebotenen religiösen Weg erachtet, indem er sinngemäß konstatiert: „Der Grund dafür, dass sich jemand eine religiöse Neuerung (Bidʿa) als Weg nimmt, ist seine Absicht Allah noch besser dienen zu können. Dinge, die keine religiösen Inhalte betreffen oder nicht als religionsbezogen erachtet werden, werden nicht als Neuerungen (Bidʿa) betrachtet. Beispielsweise ist es keine Bidʿa, wenn jemand sich selbst etwas untersagt, was ihm eigentlich erlaubt (ḥalāl) ist; wenn er dieses Untersagen jedoch im Namen religiöser Frömmigkeit vornimmt, so ist dies eine Bidʿa.“ Somit ist nach Ansicht von aš-Šāṭibī die Unterscheidung in gute Neuerung (bidʿa ḥasana) und verwerfliche Neuerung (bidʿa sayyi’ah) nicht richtig. (Vgl. Abū Isḥāq Ibrāhīm Ibn-Mūsā aš-Šāṭibī, al-Iʻtiṣām; Rahmi Yaran: Bid’at, in: Türkiye Diyanet Islâm Ansiklopedisi, Bd. 6, S.129-132)
Der indische Gelehrte Ahmad al-Fārūqī al-Sirhindī, auch bekannt als Imām ar-Rabbānī, greift diese Thematik folgendermaßen auf:
„Der Glückseligste ist derjenige, der in einer für den Islam und die Muslime schwierigen Zeit eine vernachlässigte und verlassene Sunna wiederbelebt und eine verbreitete Neuerung (Bidʿa) abschafft. Nun sind 1000 Jahre seit der Prophetie des ehrenwerten Gesandten Gottes (s.a.s.) vergangen und die Anzeichen des Jüngsten Gerichts haben begonnen sich zu zeigen. Je weiter sich unsere Zeit vom Zeitalter der Glückseligkeit (ʿAṣr al-Saʿādah) entfernte, um so mehr wurden die sunan (pl. von sunna) untergraben und die Neuerungen aufgrund abscheulicher Lügen vermehrt. Nun bedarf es einem solchen Helden, der die sunan wiederbelebt und die Neuerungen abschafft. Denn die Etablierung von Neuerungen führt zur Schädigung der Religion.“ (al-Maktūbāt, 1, 34-35)
Ebenso wie aš-Šāṭibī kritisiert Imām ar-Rabbānī die Kategorisierung von Neuerungen in gut (ḥasan) und verwerflich (sayyi’ah):
„Die früheren Gelehrten scheinen einige gute Aspekte an Neuerungen (Bidʿa) erkannt zu haben, sodass sie manche Neuerungen als gute Neuerungen (Bidʿa ḥasana) bezeichneten. Doch was meine Wenigkeit betrifft, so teile ich diesbezüglich nicht ihre Meinung. Ich kann keine Neuerung als gut (ḥasan) bezeichnen. Ich sehe in ihnen nichts als Dunkelheit und Düsterkeit. Denn der Gesandte Allahs (s.a.s.) sagte: „Jede Neuerung ist Irrtum“. In einer Zeit in der der Islam schwach und fremd scheint, ist Errettung einzig durch die Befolgung der Sunna gewährleistet, während jegliche Neuerungen zum Untergang führen.“ „Wenn alles, was im Nachhinein eingeführt wird als Bidʿa gilt und jede Bidʿa Irrtum ist, wie kann es dann sein, dass in einer Bidʿa etwas Gutes steckt. So wie es in den Überlieferungen erwähnt wird, hebt jede Neuerung eine Sunna auf. Dies beschränkt sich nicht nur auf einige Neuerungen, jede Neuerung ist verwerflich (sayyi’ah).“ Der ehrenwerte Gesandte Gottes sagte sinngemäß: „Jedes Volk, welches sich nach seinem Propheten Neuerungen im Glauben ausdenkt, verschwendet im selben Maße dieser Neuerung (Bidʿa) eine Sunna.“ (At-Tarǧīb Wa- t-Tarhīb, 1:109)
Von H̩assān ibn T̠ābit wird überliefert:
„Wenn eine Gemeinschaft eine Neuerung in ihrem Glauben erfindet, so nimmt Allah der Erhabene eine Sunna von ihr weg, entfernt diese und gibt diese nicht zurück bis zum Jüngsten Gericht.“ (al-Maktūbāt, 1, 160)
Wie zu sehen ist, nimmt es Imām ar-Rabbānī streng mit der Erhaltung der Sunna. Dennoch bezeichnet er neuartige Dinge, welche sich prinzipiell auf die Sunna stützen, nicht als Bidʿa, sondern als guter Brauch oder sunna ḥasana. (Mehmed Paksu, Sünnet ve Aile, S. 19)
Auch der Gelehrte Bediüzzaman Said Nursī gehört zu jenen, die ihr Leben für die Erhaltung und Wiederbelebung der Sunna aufgeopfert haben. In seiner Abhandlung "Mirkatü's-Sünne ve Tiryaku Marazı’l-Bid'a" (Mirqātu s-sunna wa-tiryāqu maraḍi l- bidʿa - Die Stufen der Sunna und die Heilung der Bidʿa-Krankheit) beschreibt er ausführlich die Bidʿa-Thematik, wobei er die Ansicht derjenigen Gelehrten priorisiert, die den Begriff Bidʿa inhaltlich enger fassen, wie unter anderem Imām Mālik, Badr al-Dīn al-ʿAynī, al-Baihaqī, Ibn Ḥaǧar al-ʿAsqalānī, Ibn Ḥaǧar alHaitamī, Imam Birgivi und Ibn Taymiyya. So schreibt er:
„Neuerungen im Bereich gottesdienstlicher Normen sind Bid’a" Ausgehend von der Überlieferung „Alles Neueingeführte ist eine Neuerung (Bidʿa) und jede Neuerung ist Irregehen.“ und dem Vers „Heute habe Ich euch eure Religion vervollkommnet und meine Gnade an euch vollendet“ (al-Māʾida 5:3) betont er: „Mit neuen Etablierungen die Prinzipien der Šarīʿa und der Sunna zu missbilligen, obwohl diese ihre Vervollkommnung (mit dem Ende der Offenbarung) erreicht haben, oder gar - Gott bewahre - diese als mangelhaft betrachtend Neuerungen (Bidʿa) einzuführen, sind Irrtum und (führen zum) Feuer.“ (RNK, Lem'alar, S. 609)
Demnach betrachtet Nursī lediglich Neuerungen im Bereich des Glaubens und der Glaubenspraxis als verwerflich und konstatiert, dass sich der Begriff Bid’a konkret auf diese bezieht. Gottesdienstliche Handlungen bilden einen Teil der Sunna und sind in Fiqh-Werken dargelegt, diese willkürlich zu verändern wäre Bid’a. Den Angelegenheiten der Gewohnheiten und ethischen Sitten der Sunna zuwider zu handeln, kann nicht als Bid’a bezeichnet werden, jedoch würde man den Nutzen versäumen, den die Erleuchtung und die wahrhaftige Tugend des prophetischen Charakters bietet. Unter diese Kategorie fallen Dinge wie die Redensart des Propheten (s.a.s.), seine Art zu essen, zu trinken, zu schlafen sowie weitere Umgangs- und Verhaltensweisen. (Vgl. RNK, Lem'alar, S. 609)
So wie er die Sunna in ihrer Art nach qawlī (Worte), fiʿlī (Taten) und ḥalī (Zustände) unterteilt, so unterscheidet er in diesen jeweils nochmals nach ihrer Verbindlichkeit in die Stufen farḍ (verpflichtend), nāfila (empfohlen) und gute ādāt (Gewohnheiten). Während Praktiken des Propheten (s.a.s.) wie die Pilgerreise oder das Pflichtgebet verpflichtende sunan (pl. sunna) sind, sind zusätzliche nāfila-Gottesdienste empfohlen (mustaḥabb). Die Praktizierung dieser ist mit großem Lohn verbunden, diese zu verändern wäre Bid’a und Irregehen. Die als gute Gewohnheiten (ādāt) des Propheten geltenden sunan auszuüben, welche insbesondere das persönliche und soziale Leben betreffen, gilt als mustaḥsan, also als sehr schön. (Vgl. RNK, Lem'alar, S. 610)
Ferner verwendet Bediüzzaman in seinen Werken an einigen Stellen den Ausdruck „Ahl al-Bid’a“ (Anhänger von verwerflichen Neuerungen), wobei er entgegen mancher Gruppierungen und Ideologien den Islam zu bewahren versucht: „Welchen Nutzen für sich sehen diese ahl al-bid’a und ahl al-ilḥād bloß in diesem Unglauben ?“ (RNK, Mektubat, S. 558) „Die ahl al-bid’a haben solch eine schändliche Idee von fremden Aufklärern übernommen, sodass sie sagen: 'Wenn bereits im Christentum eine Reform (im Sinne einer willkürlichen Aufklärung) stattgefunden hat, dann kann auch im Islam eine solche religiöse Reform vollzogen werden'.“ (RNK, Mektubat, S. 557) „Jene Ahl al-Bid’a, die Inhalte des Islam verändern, sagen: 'Diese Beharrung in der Religion ist der Grund für unseren Rückstand. In dieser Zeit zu leben erfordert die Abkehr vom Beharren.“ In seinem Werk Mektubat (al-Maktūbāt) widerlegt Said Nursī die abgeirrten und verwerflichen Argumente, mit welchen die Anhänger von Neuerungen versuchen, ihre Thesen zu belegen. Er unterscheidet zwischen zwei Arten von für die Religion destruktiven Anhängern von Neuerungen: Die einen zielen darauf ab, angeblich im Namen der Religion und aus vermeintlicher Loyalität zum Islam, die Religion als Unterstützung für nationalistische Bestrebungen betrachtend 'den erleuchteten Baum der Religion in die dunkle Erde des Rassismus zu pflanzen'. Dies als verwerfliche, die Religion verändernde Absicht bezeichnend, benennt Said Nursī diese Art der Ahl al-Bid’a als unwissende „ʿUlamāʾ as-Sūʾ“ (niederträchtige Gelehrte). Die zweite Gruppe der Ahl al-Bid’a, so Nursī, strebe im Namen nationalistischer Interessen danach, 'das Volk mit der islamischen Religion zu impfen’ und erfinde daher Neuerungen im Glauben. (Vgl. RNK, Mektubat, S. 559) In seiner Schrift Barla Lâhikası rechnet er die Befürwortung schädlicher, verwerflicher Neuerungen zu den sieben größten Sünden. (Vgl. RNK, Barla Lâhikası, S. 154-157)
Des Weiteren gibt er zwei Beispiele mit Blick auf gute Neuerungen, die er prinzipiell nicht als Bid’a betrachtet:
Erstens: Jede Strömung und Gemeinschaft (wie etwa Sufi-Bruderschaften) hat individuelle Arten und Formen des ḏikr und tasbīḥ (Lobpreisung und Gebetsformeln). Solange diese als zusätzliche Lobpreisungsformen betrachtet werden, auf Koran und Sunna basieren und nicht im Widerspruch zur Sunna stehen, zählen sie nicht als Neuerung (Bid’a). Auch wenn manche Gelehrte diese als Bid’a benennen, bezeichnen sie sie als bidʿa ḥasana (gute, erlaubte Neuerung). (RNK, Lem'alar, S. 56)
Zweitens: In manchen Moscheen und Gebetsstätten werden Haarsträhnen des Bartes oder der Haare des ehrenwerten Propheten s.a.s.) ausgestellt, sodass diese zu bestimmten Zeiten von Menschen besucht und betrachtet werden. „Auch wenn manche fromme Autoritäten dies mit Blick auf Vorsicht, Frömmigkeit und Edelmut kritisieren, kritisieren sie dies personenbedingt und im Spezifischen. Selbst wenn sie es als Neuerung sehen, ist es als gute, erlaubte Neuerung (bidʿa ḥasana) zu betrachten, da es Anlass zur Lobpreisung (ṣalawāt) des Propheten bietet. (RNK, Lem'alar, S. 637)
Unter Berücksichtigung der angeführten Beschreibungen, Darlegungen und Beispiele geht hervor, dass neue Etablierungen und Veränderungen in Angelegenheiten der Glaubensfundamente, Glaubensinhalte sowie Gottesdienste unter die Kategorie Bidʿa fallen, da diese im Widerspruch zur Sunna stehen und sie zu ändern versuchen. Denn grundlegend betrachtet schafft eine Neuerung (Bidʿa) eine normative Regelung ab und bringt eine menschliche, willkürliche Neuheit an dessen Stelle. Dinge zu unterlassen, die persönliche Gewohnheiten und Bräuche des Propheten (s.a.s.) darstellen, wäre hingegen lediglich einen Wegfall zusätzlicher Belohnung. Sofern also Regelungen - wie etwa im Bereich alltäglicher Handlungen oder zusätzliche Lobpreisungsformen (ḏikr ) - nicht im Widerspruch zum Koran und zur Sunna stehen und den eigenen Rahmen der Religion nicht überschreiten, können sie entsprechend des Prinzips „was die Muslime als gut erachten, das ist gewiss gut“ als gute, erlaubte Neuerungen (bidʿa ḥasana/sunna ḥasana) betrachtet werden. Man sollte bemüht sein auf Sanftmut, Diskretion und Sympathie zu achten, wenn versucht wird, in einer entsprechenden Situation den Gegenüber bei einem Fehlverhalten diesbezüglich zu korrigieren, sodass man in guten Worten spricht und auf konstruktive Weise vorgeht.
Um es kurz zu fassen:
„Wer in einer Zeit, in der Neuerungen und Irrtümer sich verbreiten, sich an der Sunna sowie an den Inhalten des Koran orientiert, kann den Lohn von 100 Märtyrern erhalten.“ (At-Tarǧīb Wa- t-Tarhīb, 1:41)
„Wie schön für denjenigen, der von der Sunna profitiert und seinen Nutzen daraus zieht. Wehe demjenigen, der die Sunna nicht würdigt und in Neuerungen (Bidʿa) irregeht.“ (RNK, Lem'alar, S. 609)
13
Was versteht man unter dem Begriff „Bidʿa“? Gibt es je nach Rechtsschule unterschiedliche Auffassungen diesbezüglich?
das Wort Bidʿa bezeichnet fachspezifisch jegliche nachträgliche Neuerungen und Etablierungen in der Religion, sofern sich diese auf die ʿAqīda (Glaubenslehre) oder auf gottesdienstliche Handlungen (ʿIbādāt) beziehen. So ist also jede spätere Zufügung und Erfindung im Bereich der Gottesdienste sowie auch jede vom ehrenwerten Propheten (s.a.s.) untersagte Glaubensweise und Gebetsform als Bidʿa („verwerflichen Neuerung“) zu betrachten.
Es ist nicht möglich unterschiedliche Verständnisse der Bidʿa-Thematik ausschließlich nach Rechtsschulen zu kategorisieren, da nicht jede Rechtsschule eine für sich typische und einheitliche Meinung vertritt. Auch innerhalb einer Rechtsschule haben Gelehrte verschiedene Auffassungen zum Begriff Bidʿa. Generell sind zwei unterschiedliche Zugänge zu finden, wobei ersterer Zugang den Begriff Bidʿa mit Blick auf seine linguistische Bedeutung zunächst umfassender betrachtet und letzterer Zugang ein im Vergleich dazu engeres Verständnis vertritt:
a)
Gelehrte wie Imām aš-Šāfiʿī, Imām an-Nawawī und hanafitische Gelehrte wie Ibn ʿAbidīn betrachten den Begriff Bidʿa zunächst als Bezeichnung für alle Arten von Neuerungen, Entwicklungen und Erfindungen sowohl im Bereich religiöser Angelegenheiten als auch in
allen anderen Bereichen des menschlichen Lebens. So findet sich bei ihnen inhaltlich die Beschreibung: „Bidʿa ist all das, was nach dem Gesandten Gottes (s.a.s.) aufgekommen ist.“ Demnach ist für sie zunächst einmal die linguistische/semantische Bedeutungsebene von Relevanz, sodass Bidʿa also erst einmal ein weit gefasster Begriff ist und sowohl Neuerungen in den Aspekte der Religion als auch neuartige Praktiken und Bräuche aus dem alltäglichen Leben bezeichnet. Diesbezüglich wird folgende Überlieferung als Hinweis angeführt:
„Wer meine Sunna aufrechterhält und den Menschen dazu verhilft sich nach ihr zu richten, der wird ohne Abstriche denselben Lohn derer erhalten, denen er zur Ausübung der Sunna verholfen hat. Und wer eine Neuerung erfindet und Schuld daran hat, dass andere nach dieser Bidʿa handeln, dem werden ohne Abstriche dieselben Sünden derer auferlegt, denen er zur Ausübung dieser Bidʿa verholfen hat.“ (Ibn Māǧa, Muqaddima, 15)
Gleichzeitig unterscheiden diese Gelehrten aber spezifisch betrachtet die Bidʿa in zwei Kategorien: die gute Neuerung (bidʿa ḥasana), und die verwerfliche Neuerung (bidʿa sayyi’ah). So sind beispielsweise Dinge wie der Bau von Minaretten und Medressen gute, erlaubte Neuerungen, auf Gräbern Kerzen anzuzünden dagegen verwerfliche Neuerungen. Demnach handelt es sich bei den in den Überlieferungen des Propheten (s.a.s.) thematisierten Neuerungen (Bidʿa) um die Kategorie der verwerflichen Neuerungen (bidʿa sayyi’ah). Als ʿUmar b. al-Ḫaṭṭāb (r.a.) sieht, dass in der Prophetenmoschee (al-masǧid an-nabawī) das tarāwīḥ-Gebet gemeinschaftlich verrichtet wird, soll er auf gute und gebilligte Neuerungen (bidʿa ḥasana) hinweisend gesagt haben: „Welch schöne Neuheit (Bidʿa) dies ist.“ (Buḫārī, Tarāwīḥ, 1) Dies betonend konstatiert aš-Šāfiʿī:
„Die Neuerung (Bidʿa) unterscheidet sich in zwei Arten, in gut (ḥasana) und verwerflich (sayyi’ah). Eine Neuerung, die sich mit der Sunna deckt und ihr entspricht ist lobenswert; eine Neuerung, die der Sunna widerspricht ist hingegen verwerflich. (Vgl. Ibn Taymiyya, al- Furqān bayna Awliyā’ ar-Rahmān wa-Awliyā’ aš-Šayṭān, 1, S.126)
Der Gelehrte Bediüzzaman Said Nursī, der zur Gruppe der Gelehrten gehört, die den Begriff Bidʿa prinzipiell nicht unterscheiden und nur bei Neuerungen in religiösen Angelegenheiten von Bidʿa sprechen, verknüpft beide Positionen wie folgt:
„Neuerungen im Bereich gottesdienstlicher Normen sind Bid’a. Da diese somit dem Wesen des Verses „Heute habe Ich euch eure Religion vervollkommnet und meine Gnade an euch vollendet“ (al-Māʾida 5:3) widersprechen, sind sie verwerflich und
abzulehnen.“ (RNK, Lem'alar, S. 609)
„Jede Strömung und Gemeinschaft (wie etwa Sufi-Bruderschaften) hat individuelle Arten
und Formen des ḏikr und tasbīḥ (Lobpreisung und Gebetsformeln). Solange diese als zusätzliche Lobpreisungsformen betrachtet werden, auf Koran und Sunna basieren und nicht im Widerspruch zur Sunna stehen, zählen sie nicht als Neuerung (Bid’a). Auch wenn manche Gelehrte diese als Bid’a benennen, bezeichnen sie sie als bidʿa ḥasana (gute, erlaubte Neuerung).“ (RNK, Lem'alar, S. 56)
So sagt er beispielsweise bezüglich der Praxis, dass in manchen Moscheen und Gebetsstätten Haarsträhnen des Bartes oder der Haare des ehrenwerten Propheten (s.a.s.) ausgestellt werden, sodass diese zu bestimmten Zeiten von Menschen besucht und betrachtet werden, folgendes: „Auch wenn manche fromme Autoritäten dies mit Blick auf Vorsicht, Frömmigkeit und Edelmut kritisieren, kritisieren sie dies personenbedingt und im Spezifischen. Selbst wenn sie es als Neuerung sehen, ist es als gute, erlaubte Neuerung (bidʿa ḥasana) zu betrachten, da es Anlass zur Lobpreisung (ṣalawāt) des Propheten bietet. (RNK, Lem'alar, S. 637)
b)
Bei Gelehrten, die den Begriff Bidʿa enger fassen, wie unter anderem Imām Mālik sowie die schāfiʿitischen Gelehrten al-Baihaqī, Ibn Ḥaǧar al-ʿAsqalānī und Ibn Ḥaǧar al-Haitamī, die hanafitischen Gelehrten Badr al-Dīn al-ʿAynī und Imam Birgivi und der hanbalitische
Gelehrte Ibn Taymiyya, findet sich sinngemäß und inhaltlich die Definition: „Bidʿa bezeichnet jegliche Neuerungen in religiösen Angelegenheit nach dem Ableben des Gesandten Gottes (s.a.s.), die Zufügungen oder Abstriche in der Religion darstellen.“ Diesem Verständnis nach fallen allerart Neuerungen ohne religiösen Charakter gar nicht erst unter die Kategorie Bidʿa, sodass neue Gewohnheiten und Bräuche außerhalb des Begriffs Bidʿa behandelt werden. Diese Ansicht stützt sich auf Überlieferungen wie:
„Das Schlimmste sind die nachträglich erfundenen Dinge.“ (Muslim, Ǧumʿa, 43)
„Jede Neuerung (Bidʿa) ist Irrtum.“ (Muslim, Ǧumʿa, 43)
„Hütet euch vor den neu eingeführten Dingen, denn alles Neueingeführte ist eine Neuerung (Bidʿa) und jede Neuerung ist Irregehen. So haltet fest an meiner Sunna und an der Sunna meiner vorbildhaften rechtgeleiteten Kalifen.“ (Abū Dāwūd, Sunna, 5)
So weisen aus Sicht dieser Gelehrte derartige Überlieferungen - welche die Bidʿa als schlecht, verwerflich, Feuer und Irregehen darstellen - daraufhin, dass diese Thematik sich lediglich auf theologische Aspekte und Angelegenheiten der Religion beschränkt.
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Ist das Kalifat eine vom Islam vorausgesetzte Institution? Müssen wir jetzt den Kalifen im Islamischen Staat wählen?
das Konzept des Kalifats entspringt einer koranische Terminologie;
Allah hat denjenigen von euch, die glauben und rechtschaffene Werke tun, versprochen, daß Er sie ganz gewiß als Statthalter auf der Erde einsetzen wird, so wie Er diejenigen, die vor ihnen waren, als Statthalter einsetzte, daß Er für sie ihrer Religion, der Er für sie zugestimmt hat, ganz gewiß eine feste Stellung verleihen wird, und daß Er ihnen nach ihrer Angst (, in der sie gelebt haben,) statt dessen ganz gewiß Sicherheit gewähren wird. Sie dienen Mir und gesellen Mir nichts bei. Wer aber danach ungläubig ist, jene sind die (wahren) Frevler. (24/55)
Unser Prophet (s.a.s.) sagte:
Das Kalifat nach mir - oder das Kalifat des Prophetentums - ist für dreißig Jahre. (siehe Abu Dawud, Sunna, 8, Tirmidhi, Fiten, 48, Ahmad bin Hanbal, 4/272; 5/220, 221)
Das Konzept des Kalifats hat also auch in der Sunna seinen entsprechenden Platz. Aus diesem Grund führten Muslime nach dem Ableben des Propheten (s.a.s) die Institution des Kalifats weiter.
Neben dem Konzept des Kalifats wird in koranischer Terminologie auch vom Befehlshaber gesprochen;
O die ihr glaubt, gehorcht Allah und gehorcht dem Gesandten und den Befehlshabern unter euch! Wenn ihr miteinander über etwas streitet, dann bringt es vor Allah und den Gesandten, wenn ihr wirklich an Allah und den Jüngsten Tag glaubt. Das ist am besten und am ehesten ein guter Ausgang. (4/59)
Das Konzept des Kalifats als institutioneller Mechanismus ist demnach ein Phänomen, das sowohl die weltlichen als auch die religiösen Dienste und Aufgaben aufgreift. Besonders in den letzten Zeiten des osmanischen Staates gab es diverse Entwicklungen die dafür sorgten, dass beide Bereiche separiert worden und das Kalifat lediglich in religiösen Angelegenheiten gefragt war. Später wurde dann die Institution des Kalifats abgeschafft und die entsprechenden Aufgaben wurden dem Parlament delegiert. Somit begann eine Phase der Säkularisierung.
Angesichts dieser Informationen können wir sagen, dass es für uns in einem bestimmten Land sehr schwierig ist, ein individuelles Kalifat zu haben, da das "Kalifat" die ganze Umma umschließen sollte. Denn in diesem Fall wäre das Kalifat ein bedeutungslose, irrelevante und machtlose Institution und allenfalls ein Symbol. Da in diesem Jahrhundert überwiegend parlamentarische Regierungssysteme bevorzugt und gepflegt werden, is es auch wichtig für Muslime, sich entsprechend aufzustellen. Es wäre nicht ratsam sich diesen Entwicklungen und Strukturen entgegen zu setzen und an Symbolen festzuhalten, die man nicht mit Leben füllen kann.
Daher gilt es zu sagen, dass es weniger wichtig ist, Symbole zu pflegen. Der Islam besteht nicht aus einer Aneinanderreihung von Symbolen. Erst wenn die Grundgebote des Islams gelebt werden können etwaige Symbole sich entsprechend gestalten und entfalten.
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Sind neue Rechtsurteile (Idjtihad/Idschtihad) noch möglich?
Rechtsurteile („iǧtihād“) erfordern in der Auslegung bestimmte Basiskonzessionen und bedürfen in diesem Zusammenhang neun Bedingungen bzw. Voraussetzungen:
1- Das Beherrschen der arabischen Sprache in Grammatik und Semantik, da sich das Rechtsquellenverständnis an dem Qurʾān und der Sunna orientiert. Diese wiederum wurden in der arabischen Sprache niedergeschrieben.
2- Ausführliches Verständnis und Wissen über die inhaltliche Zeichensystematik, Syntax, historische Lexikologie sowie allgemeine Bedeutungslehre (Semantik), Entscheidungskriterien zu spezifischen Thematiken, Entwicklungs- und Normhierarchie, Abrogation („nasḫ”) sowie deren Beziehungsstrukturen im Qurʾān.
3- Detailliertes Wissen bezüglich der Sunna (Lebensweise, Verhalten, Handlungsmuster, Äußerungen, Rechtssprüche…) des Propheten Muḥammad (s.a.s.)
4- Wissen über die Thematik mit dem sich die Rechtsangelegenheit befasst und deren theoretische Sachverhaltsbeschreibungen, wie („Iǧmāʾ“) Übereinkunft (der religiösen Autoritäten) oder differenzierende Perspektiven („Iḫtilāf“). Über die historische Gegebenheit eines Konsens („Iǧmāʾ“) gibt es keinen Zweifel, da die Prophetengefährten in vielen Angelegenheiten keine Meinungsverschiedenheit („Iḫtilāf“) hatten. Jedoch wurde von dem Gelehrten „Aḥmad ibn Hanbal“ die Ansicht vertreten, dass es nach der Ära der der Prophetengefährten keine grundlegende Übereinkunft („Iǧmāʾ“) mehr gab. Obwohl er die religiösen Übereinkünfte der ersten Generationen nach den Prophetengefährten nicht verleugnete, wurden sie als Entscheidungskriterium von ihm nicht akzeptiert.
5- Wissen über die Strukturen und Vergleichsgrundlagen beim Analogieschluss („qiyas“) und deren Bestimmungsregeln
6- Quellenverständnis der islamischen Urteils- bzw. Rechtsbestimmungen sowie deren Zweck und Zielsetzung.
7- Die kognitive Befähigung das Rechte („Ḥaq“) vom Falschen („Bāṭil“) nach den fachspezifischen Verhältnismäßigkeiten und Kriterien unterscheiden zu können.
8- Eine ehrliche und rechtschaffene Haltung sowie Gesinnung bezüglich rechtswissenschaftlichen Bestimmungen und islamischen Angelegenheiten
9- Aufrichtige Einstellung zu den Verbindlichkeiten der Glaubenslehre und die Ablehnung von theologischer Häresie („Bidʿa“)
Alles in allem wird deutlich, dass der Entscheidungsprozess von islamischen Rechtsbestimmungen keine einfach zu regelnde Disziplin ist.
Nicht jeder kann sich als bildende Instanz für Rechtsurteile deklarieren. Anhand von ideellen Engagements, die auf abweichenden Ideologien bzw. auf einem inkompatiblem Quellenverständnis basieren, kann keiner in islamischen Angelegenheiten als legitime Instanz anerkannt werden.
Grundsätzlich sind neue Rechtsurteile („İǧtihād“) jederzeit möglich. So wie es in der ersten Epoche (zur Zeit des Propheten sowie der Prophetengefährten) möglich war, wird es auch zu allen Zeiten möglich sein. Es muss nur eine Autorität vorhanden sein, welche die Vorraussetzungen für solch eine Urteilsbestimmung („İǧtihād“) besitzt. Zu behaupten, dass nur zu dieser oder jener Zeitepoche eine neue Urteilsbestimmung („İǧtihād“) durchführbar war, ist falsch.
Demnach kann eine historische Einschränkung bezüglich der Entwicklung von Rechtsbestimmungen („İǧtihād“) weder nachgewiesen noch determiniert werden, da die Befähigung zu solch einer statischen Doktrin von niemandem erteilt wurde.
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Dürfen in einem muslimischen Land Atheisten leben? Zahlen sie dann cizye?
wir wollen die Frage in zwei Bereiche aufteilen und in diesem Kontext beantworten. Einerseits hat die Frage einen rechtlichen Aspekt. Den beantworten wir zuerst. Danach wollen wir auch einen sozialen Aspekt der Fragestellung betrachten.
Wir nehmen Bezug auf ein Werk namens „Mukayeseli Islam Hukuk“ (übersetzt in etwa: „vergleichende Rechtsprechung im Islam“).
Die Inhaber der Schriften also die „ʾAhlu al-Kitāb“ sind zu respektieren und das bezieht sich auf auch Rechtsprechungen. Unter diesen Gruppen besteht also ein Vertrag. Es geht also um jene Gruppen, die außerhalb dieser Klassifizierung bleiben, dazu würden dann auch die Atheisten in der Fragestellung zählen. Dazu gibt es mitunter Meinungsverschiedenheiten.
Nach der hanbalitischen, shafiitischen, zahiriitischen und den imamiitischen Gelehrten dürfte man mit solchen Leuten keinen Schutzvertrag machen. Die Begründung sieht wie gefolgt aus: „Nach dem die Schutzmonate abgelaufen sind, tötet die Götzendiener, wo immer ihr sie findet…“ (9/4). Basierend auf den Vers ist man befehligt die Gottesgegner zu bekämpfen, bis sie den einzigen Gott akzeptieren. Sobald sie dies aussprechen kommen damit Verpflichtungen für einen einher und sie sind fortan schutzbefohlen und haben Sicherheit für ihr Hab und Gut sowie ihr Leben (Buhârî, İman, 17).
Nach den Hanafiten; Man kann mit allen Nichtmuslimen außer den altarabischen Götzendienern einen Schutzvertrag machen. Denn der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) hatte mit den Anhängern des Zoroastrismus solch einen Vertrag geschlossen. Dementsprechend kann man also gemäß der Sunna ebenso handeln.
Dass die altarabischen Götzendiener davon ausgenommen sind, geht ebenso auf eine Sunna zurück. Der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) hatte die Kopfsteuer („ǧizya„“ von ihnen nicht angenommen. Dabei muss allerdings der Kontext beachtet werden, denn die Gruppe von Menschen die als „altarabische Götzendiener“ beschrieben werden, waren damalige und erklärte Feinde des Propheten (s.a.s.). Diese Gruppe existiert in dieser Form nicht mehr.
Nach anderen Gelehrten, darunter auch malikiitischen Gelehrten ist es möglich mit allen Nichtmuslimen – darunter auch die altarabischen Götzendiener – einen Schutzvertrag abzuschließen. Dafür gibt es folgende Indizien.
Der Vers mit Bezug auf die Tötung der Polytheisten kam vor dem Vers bezogen auf die Kopfsteuer. Der spätere Vers vervollständigt den früheren Vers. Demnach kommt man zum Urteil, dass es um jene Menschen geht, die den Islam oder die Kopfsteuer ablehnen.
Der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) bekämpfte die damaligen Gottesfeinde und akzeptierte ihre Kopfsteuer nicht bis der entsprechende Vers herabgesandt wurde. Danach wurde die Kopfsteuer dieser Leute akzeptiert. Also lässt sich das unterschiedliche Handeln des Propheten (s.a.s.) in dieser Sache mit der Verkündung der Verse zu verschiedenen Zeitpunkten erklären. Als ein weiteres Indiz wird angebracht, dass der Unglaube der „Maǧūs“ intensiver war, als der der altarabischen Götzendiener. Sie haben neben ihrem Unglauben z.B. auch die Ehe von engen Verwandten akzeptiert. Wenn man also mit ihnen einen Schutzvertrag eingehen konnte, kann man als Schlussfolgerung auch mit den altarabischen Götzendienern einen Schutzvertrag abschließen, wenn es sie noch weiter gegeben hätte.
Der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) ermahnte seine Generäle dazu, dass sie bei Sichtung eines Feindes, ihn zunächst zum Islam einladen und später zur Abgabe der Kopfsteuer einladen, wenn sie den Islam ablehnen sollten. Diese Handhabung kam nach der Verkündung des Verses mit der Kopfsteuer zustande und galt dann für alle Nichtmuslime.
Eine andere Sichtweise: Wenn man die Möglichkeit des Schutzvertrages für eine Gruppe gänzlich ausschließt, zwingt man sie auch automatisch zwischen zwei Optionen (den Islam anzunehmen oder in den Krieg zu gehen) auszuwählen. Der Islam sieht aber keinen Zwang vor (2/256). Daher würde die kategorische Ablehnung eines Schutzvertrages nicht in den Islam passen.
Zum Schluss bleibt noch zu sagen: Man baut kein Rechtswesen auf eine Rechtsschule auf. Die Gelehrten setzten sich zusammen und entwickeln gemeinsam eine angemessene Lösung für eine Frage, die so umfassend ist und so viele Menschen betrifft.
Nun steckt in der Frage auch eine soziale Komponente. Als Muslime in Deutschland hat für uns die Frage nach der Behandlung der Atheisten einen anderen Stellenwert. Deutschland ist kein muslimisches Land, daher besteht hier auch keine islamische Grundordnung. Dass in Deutschland viele Muslime leben, ändert an dieser Tatsache nichts. Häufig nutzt man gerade passend erscheinende Quellen und Indizien, um Feindschaft und sogar Gewalt zu legitimieren, dabei wird allerdings der Kontext gerne außer Acht gelassen. Wie man im ersten Teil der Antwort bereits sieht, gab es für die damaligen Praktiken klare Bedingungen und auch Grenzen. Der Prophet (s.a.s.) behandelte die Götzendiener stets fair und gemäß seiner Pflichten. Es ging also nie um die „Ausrottung“ von Menschengruppen, um Feindschaft oder um die Freude an Gewalt. Gewalt und Sanktionen waren für den Propheten (s.a.s.) stets letzte und nie erste Option. In einem Land wie Deutschland, wo es eine bestehende Ordnung gibt und die Muslime unter dieser Ordnung mit anderen Menschengruppen Schulter an Schulter leben, kann man nicht einfach alte Praktiken basierend auf einer dünnen Quellenlage auslegen und ausüben. Damit gerät man nur in Konflikt mit der bestehenden Ordnung und hat eher noch den Islam in ein schlechtes Licht gerückt. Wie geht man also mit Götzendienern in Deutschland als Muslim um? Der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) ist da wieder das beste Beispiel. Denn er behandelte die Menschen stets mit Respekt und Würde unabhängig von seinen konkreten Pflichten, die er ausüben und darlegen würde. Als Muslim haben wir also kein Recht mit Hass und Gewalt den Menschen zu begegnen. Ein Muslim in Deutschland sollte daher einen Atheisten wie jeden anderen Menschen behandeln, also mit Respekt. Er sollte versuchen, ihn von seinen Irrweg abzubringen indem er ihn die Schönheiten der Religion in Wort und Tat näher bringt, so wie es auch der Prophet (s.a.s.) getan hat.
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Ist der Islam für Kriegsführung?
im Islam steht als Grundpfeiler nicht der Krieg, sondern der Frieden im Vordergrund. Krieg ist der dann eine Option wenn Tyrannei, Unrecht und Unterdrückung gegenüber unschuldigen Menschen herrscht oder wenn ein Land ein anderes Land überfällt. In solchen Fällen gestattet der Islam eine Kriegsführung. Es ist nicht so, dass der Islam den Krieg als erstes in die Welt gesetzt hat, obwohl überall auf der Welt Frieden herrschte. Diejenigen die den Islam als eine kriegerische Religion betrachten, werden in ihrer eigenen Geschichte, nahezu in jedem Jahrhundert, mit der Realität der Kriegsführung konfrontiert. Daher ist die Existenz von Kriegsbestimmungen im Islam in sich kein Mangel, sondern eine Tugend.
Denn die in Versen und Hadithen genannten Bestimmungen zur Kriegsführung, veränderten das Bild der unausweichliche Realität des Krieges, von einer unzivilisierten barbarischen Kriegsführung in eine menschlich-zivilisiertere Form.
Ein wichtiges Merkmal des Propheten der Endzeit (s.a.s.) das in allen himmlischen Büchern erwähnt wird, ist, dass er Besitzer des Schwertes ist. Sprich neben der spirituellen Führung darf er in Notfällen (Verhinderung bei der Verkündung zum Islam) auch kämpfen. Wie auch einige Propheten vor ihm ihren spirituellen Ǧihād bei Bedarf auch mit dem Einsatz des Schwertes unterstützten.
Bei einer objektiv neutralen Betrachtung der islamischen Geschichte ist festzustellen, dass der Hauptgrund für die Akzeptanz des Islams in den Herzen und Seelen der Menschen die Verkündung und nicht der Krieg war und ist. Sprich den Menschen die Wahrheiten des Korans zu verkünden und ihre Schönheit zu offenbaren. Historiker sehen für die Ausbreitung des Islams zwei Gruppen von Menschen als ausschlaggebend. Zum einen Gelehrte und geistige Mentoren, die ihr Leben dem Islam aufopferten und bei Notwendigkeit in ferne Länder und Städte auswanderten. Zum anderen Kaufläute, die zwecks Handels in ferne Länder reisten, und zu dem auch die Schönheiten des Islams verkörperten und verkündeten.
Die folgenden Verse zeigen deutlich, dass der Islam nicht durch das Schwert (Kriegsführung), sondern durch Verkündung und Einladung verbreitet wurde:
„Es gibt keinen Zwang im Glauben. (Der Weg der) Besonnenheit ist nunmehr klar unterschieden von dem der Verirrung. (…)“ (2/256)
„So ermahne; du bist nur ein Ermahner. Du übst nicht die Oberherrschaft über sie aus. (88/21-22)
Es ist auch eine historische Tatsache, dass das Schwert (der Krieg) für die Anerkennung des Islams seitens der Mongolen keine Rolle gespielt hat.
Die Ausbreitung des Islams in Länder wie Indonesien, Malaysien oder Afrika wurde ebenfalls durch die Verkündung und Einladung zum Islam und nicht durch das Schwert (Krieg) verwirklicht.
Der Islam legitimiert unter bestimmten Voraussetzungen einen Krieg. Z.B. um Tyrannei, Unterdrückung und Unrecht zu verhindern und den universellen Frieden zu gewährleisten. Schauen wir uns diesen Vers an:
„Erlaubnis (zum Kampf) ist denjenigen gegeben, die bekämpft werden, weil ihnen ja Unrecht zugefügt wurde - und Allah hat wahrlich die Macht, ihnen zu helfen.“ (22/39)
Die ersten Adressaten dieses Verses sind an vorderster Linie stehenden Muslime wie der Prophet und seine Weggefährten. In Mekka waren sie der Unterdrückung und auch der Folter bis zum Tode ausgesetzt. Einige unter ihnen sind auf Rat des Propheten nach Äthiopien ausgewandert. Die verbliebenen Muslime sind später nach Medina ausgewandert. Doch auch hier fanden sie keine Ruhe. Nahezu jeden Tag wurden Nachrichten verbreitet, dass die Mekkaner angreifen bzw. ein Angriff kurz bevor steht. Den Muslimen wurde in dieser zwiespältigen Lage die Erlaubnis zum Krieg / Kämpfen erteilt.
In einem anderen Vers über den Krieg heißt es:
„Und kämpft auf Allahs Weg gegen diejenigen, die gegen euch kämpfen, doch übertretet nicht! Allah liebt nicht die Übertreter.“ (2/190)
In dem Vers wird auf folgende Punkte die Aufmerksamkeit gelenkt:
1. „Und kämpft auf Allahs Weg gegen diejenigen, die gegen euch kämpfen (…)“. Bekämpfe also nicht diejenigen die nicht mit dir kämpfen. Der Prophet befahl ausdrücklich seinen Kommandeuren, dass Frauen, Kinder, ältere und behinderte Menschen sowie Menschen, die sich in Gebetsstätten ausschließlich dem Gebet widmen nicht getötet werden dürfen.
2. Der Kampf sollte nur um Allahs Willen sprich “(...) auf Allahs Weg (...)” geführt werden. Andere mögen Kriege führen um neue Länder zu erobern oder um der Kontrolle von Rohstoffe willen. Ein Moslem jedoch kämpft nur „auf Allahs Weg“. Sprich, um auf Erden Tyrannei, Unterdrückung, Unrecht und Chaos Einhalt zu gebieten.
3. Es ist nicht gestattet, während oder nach dem Krieg zu “überschreiten” oder zu übertreiben. Der Islam befiehlt im Krieg eine gebilligte Tötung. Das Töten durch Folter oder bestimmten Rieten wie das Abschneiden von Ohren-Nasen sind verboten.
In Anbetracht all der angeführten Punkte wiederholen wir unseren Hauptausgangssatz: Im Islam steht nicht der Krieg, sondern als Grundpfeiler der Frieden im Vordergrund.