1
Dürfen wir uns selbst Schaden zufügen?
Liebe Leserin, lieber Leser
Durch die Verse im Qurʾān "Begibt euch nicht mit eigenem Willen in Gefahr" (in ungefährer Bedeutung der Sura al-Baqara 2/195) und "Begeht kein Selbstmord". (in ungefährer Bedeutung der Sura an-Nisāʾ 4/29), kommen die Gelehrten meistens zu dem Beschluss, dass es verboten ist, seinem Körper zu schaden.
In einer Überlieferung, wird gesagt: "Allah befiehlt, immer und in jeder Situation, die Güte und die positive Umgangsform."
Jemand der sich Schaden zufügt, hat den Befehl Gottes der Güte und der positiven Umgangsform missachtet. (aus dem Müntedeyatu mevkii'l - Ezher entnommen).
In einer anderen Überlieferung wird gesagt: "Der Mensch darf weder sich selbst, noch einem anderen Schaden zufügen." (Ibn Mace, Ahkam, 17)
Die Schlussfolgerung hierbei ist, dass man Unrecht nicht mit Unrecht entgegnen kann. (Mecelle md. 19)
So wie dass es ist nicht erlaubt ist, weder sich selbst, noch jemandem anderen Schaden zuzufügen, so ist es auch nicht zulässig, Unrecht mit Unrecht zu erwiedern.
Man nimmt das Rechtswesen (z.B. die Juristen) in Anspruch, um die Ungerechtigkeit zu entschädigen.
Selam&Dua
Fragenandenislam -Team
2
Was sind die Grundrechte eines Menschen im Islam?
Liebe Leserin, lieber Leser
Der Islam gewährt den Menschen eine ganze Reihe von Grundrechten. Viel wichtiger aber ist die Realisierung dieser Rechte, worauf besonders Wert gelegt wird. Um den Grad der Bedeutung der vom Islam eingeführten Grundrechte besser begreifen zu können, sollten wir uns einmal die Welt vor dem Islam genauer ansehen. Dieser Einblick in die vorislamische Zeit wird offen legen, welche fundamentale und übernatürliche Revolution der Islam ausgelöst hat, die wiederum schon seit über 1400 Jahren fortbesteht.
1. Sämtliche Länder dieser Erde waren von Monarchen regiert. Die Imperatoren, Diktatoren, Könige usw. hatten bezüglich ihrer eigenen Bevölkerung absolute Herrschaftsbevollmächtigung, d. h. sie konnten mit ihrem Volk machen was sie wollten (Erhängen, Abschieben, Kerkerhaft usw.), ohne sich für ihre Taten rechfertigen zu müssen. Die einstigen Herrscher mussten sich für ihre Gräueltaten vor niemanden Rechtfertigen, das gab es nicht.
2. Die Menschen waren in Klassen unterteilt. Die nahe Verwandtschaft des Regierenden Monarchen gehörte einer privilegierten Schicht (dem Adel) an. Neben dieser höheren Herrenschicht gab es die untere Volksschicht (Bauernschicht), woraus der größte Teil der Bevölkerung bestand. Dieses war die erniedrigte, unterdrückte Schicht, dessen (Menschen) Rechte und Würde mit Füßen getreten wurde. Zwischen diesen beiden Schichten gab es Abgrundtiefe unterschiede.
3. Es gab noch dazu die Sklaverei, welche auf barbarischste Art und Weise praktiziert wurde. Die Ehre und Würde eines Menschen (vor allem aus der Unterschicht) wurde nicht respektiert, geschweige denn akzeptiert.
4. Die damaligen Menschen wurden abhängig von ihrer Rasse und Hautfarbe unterschiedlicher Behandlung ausgesetzt. Sie wurden nicht nach ihrem Verstand, Intellekt, Bildung, oder nach ihrem Talent, Anstand und Vernunft gemessen, sondern es galt bloß die Überlegenheit der Rasse, Herkunft, Abstammung und sonst nichts.
5. Grundrechte oder Unabhängigkeit hatte keiner dieser damaligen Menschen. Elementare Grundrechte wie die Glaubens- und Religionsfreiheit, sowie Gewissensfreiheit oder das Recht auf Eigentum (Haus, Gut oder Grund) waren nicht vorhanden. Ebenso gab es keine Meinungsfreiheit und ähnliche Grundrechte eines Menschen, die heutzutage absolut selbstverständlich sind. Sie waren nicht einmal im Ansatz vorhanden oder gar geplant. Für den einfachen, durchschnittlichen Bürger gab es das alles nicht und es war für sie auch nie Gesprächsthema. Die Menschen waren aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit und Glaubensansichten verfolgt und unterdrückt worden, sowie unvorstellbarer Pein ausgesetzt. Ihre Menschlichkeit wurde in höchstem Grad misshandelt und unterdrückt. Die uns bekannten und vertrauten gesetzlichen Grundrechte eines heutigen Menschen gab es damals nicht.
6. Die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz, die gesetzesrechtliche Herrschaft und die gesetzliche Regelung von Recht und Unrecht, sowie die Individualität der Bestrafung, d. h. nur die Bestrafung des Übeltäters und nicht die der seiner ganzen Familie, oder der Verwandtschaft. An die Unabhängigkeit und die unparteiliche Gerichtsbarkeit, an all das war nicht einmal im Traum zu denken. Die individuellen Befehle und der alleinige Wille der Monarchen war Gesetz. Die gleiche begangene Schuld wurde je nach Herkunft und Abstammung des Täters unterschiedlich bestraft, bzw. gar nicht bestraft. Meistens bekamen die aus der höheren Schicht sanfte bzw. gar keine und die aus der unteren Schicht harte, z. T. unvertretbare harte Bestrafungen. Der Schuldspruch war abhängig von der Schicht aus der man stammte.
Als die Erde sich in solch einem dunklen Zeitalter befand kam der Islam (Religion) und brachte der Menschheit den allergrößten Geistesumsturz den die Welt je gesehen hat. Mit einer unvoreingenommenen und ehrlichen Betrachtung, sei es im Koran, sei es in der Sunna des Propheten (sav), wird man erkennen, dass die in der heutigen westlichen Welt ausgestrahlten, publizierten Menschenrechte, sowie Menschenrechtserklärungen der Islam schon Jahrhunderte zuvor (über 1400 Jahren um genau zu sein) erkennbar verkündet hat. Schon damals wurden durch den Islam die grundlegenden Intentionen und Ziele der heutigen Menschheit festgelegt und angewendet. Die Bergpredigt (Abschlusspredigt) des Propheten Muhammad (sav), die er während seiner letzten Pilgerfahrt im Jahre 632 n. Ch. vor mehr als 100 000 (gläubigen) Muslimen gehalten hat ist der größte Beweis und ein offensichtliches Zeugnis dessen. Diese Rechtweisung (Hutbe) wurde also 1157 Jahre vor der Menschen- und Bürgerrechtserklärung von 1789 in Frankreich mit den Schlagworten Freiheit – Gleichheit – Brüderlichkeit manifestiert.
Der Mensch besitzt eine Bedeutsamkeit, die ihn von anderen Lebewesen absolut unterscheidet. Diese wichtige Bedeutung wächst zunehmend mit seinem Glauben an Gott und der Befolgung Seiner Gebote. Dadurch (erst) wird der Mensch zum ansehnlichen und ehrenhaften Gast in diesem Universum. Der Mensch erlangt den Status des Menschseins mit seiner Geburt, bzw. schon im Mutterleib durch die Bildung zum Mensch (Miniatur) und trägt diese große Bedeutung sein Leben lang. Die Ehre ein Mensch zu sein umfasst alle Menschen, gleichgültig welcher Rasse oder Hautfarbe.
Egal ob Mann oder Frau, Schwarz oder Weiß, Dick oder Dünn, Stark oder Schwach, Reich oder Arm, Jude, Christ oder Muslim, die Ehre ein Mensch zu sein und die damit verbundene Wertigkeit impliziert alle Menschen. Der Schatten der Barmherzigkeit Gottes umfasst sie alle. In dieser Art und Weise schützt der Islam jedes Individuum vor der Unterdrückung, vor der Missachtung seiner Ehre und Würde, vor der Beraubung seines Guts, der Zerstörung seines Wohnsitzes, vor dem Verlust seiner Identität und vor der Unterdrückung seines Gewissens und seiner Glaubensansicht, sowie seiner Religion. Der Islam versichert, garantiert und beschützt die Ehre und die Würde eines jeden Menschen zu jederzeit.
Grundrechte im Islam
1. Der Islam hat die Unterscheidung von Rassen und Hautfarben aufgehoben. Alle Menschen stammen von Hz. Adam ab. Ein Mensch kann sich seine Rasse und Hautfarbe nicht selbst aussuchen, dieses ist unmöglich. Diese Tatsache ist komplett dem Willen Gottes unterstellt. Menschen aufgrund ihrer Rasse und nach ihrer Hautfarbe unterschiedlich zu betrachten und zu behandeln, den einen höher und den anderen niedriger einzustufen, ist sowohl aus islamischer, als auch menschlicher Sicht absolut falsch und unannehmbar. Gott sagt im Koran:
„O ihr Menschen, Wir haben euch von Mann und Weib erschaffen und euch zu Völkern und Stämmen gemacht, daß ihr einander kennen möchtet. Wahrlich der Angesehenste von euch ist vor Allah der, der unter euch der Gerechteste ist. Siehe, Allah ist allwissend, allkundig.“ (Sure Hudschurát, Vers 14)
Wie zu sehen ist, dient die Unterschiedlichkeit der Menschen nicht dazu sich gegenüber den anderen höher zu stufen, sondern dem gegenseitigen Kennen lernen, der Kooperation, der gegenseitigen Hilfe und Unterstützung. Dieses islamische Verständnis möchten wir mit der folgenden Hadith verdeutlichen: Ebu Zerr, einer aus der Gefolgschaft des Propheten (sav) hatte eines Tages den farbigen Gefährten Bilal Habesi als „Sohn einer Schwarzen Frau“ beschimpft. Er hatte ihn unverschämter Weise die Hautfarbe (seiner Mutter) vorgehalten und ihn aufgrund dessen zu tiefst gekränkt. Als der ehrenwerte Prophet Muhammad (sav) von dieser Abgeneigtheit erfuhr, war er sehr verärgert darüber und sprach zu Ebu Zerr folgende Worte:
„O Ebu Zerr, du hast Bilal aufgrund der Hautfarbe seiner Mutter gedemütigt, stimmt das? Wenn das so ist, dann lebst du (trägst du) immer noch die Denkart (Geisteshaltung) der Unwissenheit.“
Ebu Zerr, welcher in einem Augenblick der Wut unüberlegter Weise diese von ihm selbst auch nicht gewollten Worte äußerte, war selbst zu tiefst unglücklich und bedauerte dieses auch sehr. Er fing zu weinen an und warf sich samt seinem Gesicht zu Boden und sagte folgendes: „Solange Bilal nicht mit seinen Füßen auf meinen Wangen herum tritt und sie zertrampelt, schwöre ich euch, solange werde ich mein Haupt nicht vom Boden heben.“ Während dessen bat er mehrmals wiederholend Bilal um Entschuldigung.
2. Der Islam hat ebenfalls die Erbuntertänigkeit abgeschafft, d. h. das alle Menschen gleich sind. Menschen die von bedeutenden Ahnen abstammten oder einer Geschätzten Person, wie Familie angehörten bekamen nicht mehr aufgrund dessen besondere Behandlung, speziell bei einem Delikt. In einem Haus, wo sich einige der Gefährten (des Propheten (sav)) aufhielten forderte der Gefährte Sad bin Ebi Vakkas die anderen auf ihren Stammbaum aufzuzählen. Er selbst hatte schon seinen erzählt und sich damit gerühmt. In dieser Runde befand sich auch ein aus dem Iran stammender Gefährte namens Salman Farisi. Er hatte nicht wie die in der Runde sich befindenden Koreischiten angesehene, obrige und ruhmreiche Ahnen und Verwandte mit denen er sich hätte Brüsten können. Des Weiteren wusste er selber nicht ganz genau um seine Abstammung und Ahnen bescheid. Als Sad ihn dann aufforderte seine Stammväter aufzuzählen, empfindete er dies seltsam und antwortete folgendermaßen: „Ich bin Salman Sohn des Islam, meinen Stammbaum kenne ich nicht so genau wie ihr. Das was ich weiß ist, dass Allah mich mit dem Islam beehrt hat.“ Als der Kalif Ömer von dieser Ahnen Aufzählung erfuhr war er sehr empört und verurteilte diese sinnlose und aus der Zeit der Unwissenheit stammende Geisteshaltung (das Aufsagen seiner Ahnen zum Zweck der Selbstauszeichnung). Die glorreiche Antwort von Salman jedoch gefiel ihm nur zu sehr, so dass er ebenfalls nachahmend „Und ich bin Ömer, auch ein Sohn des Islam“ von sich gab. Als der Prophet Muhammad (sav) von diesen Vorkommnissen erfahren hatte gefiel auch ihm diese geistreiche Antwort von Salman. Er sagte: „Salman ist von mir, mein Angehöriger, er ist aus meiner Familie.“ Der Prophet (sav) hatte ausschließlich die Töchter der angesehenen Familien der Koreischiten mit ehemaligen Sklaven, welche jetzt zu den Gefährten des Propheten (sav) gehörten verheiratet und somit die Tradition der Ahnen Überlegenheit, die aus der Zeit der Unwissenheit abstammende Geisteshaltung abgeschafft.
3. Der Islam bietet dem Volk das Recht seine Regierung zu kontrollieren und zu beaufsichtigen, ob alles rechtens verläuft. Er hat es sich zum Ziel gesetzt illoyale Führer die in Regierungs- Angelegenheiten beliebig über einen Sachverhalt urteilen abzuschaffen, sowie all den Ungerechtigkeiten, Verfolgungen, Gräueltaten und der Gesetzlosigkeit ein Ende zu setzen. Als der erste Kalif Ebu Bekir zum (Kalifen) Regierenden gewählt wurde, verkündete er seinem Volk folgenden ausdrücklichen Worte:
„O ihr Menschen, obwohl ich nicht der Beste unter euch bin wurde ich doch zu euerem Oberhaupt gewählt. Sollte ich meine Aufgabe (mein Amt) dem Islam entsprechend ausüben, dann beherzigt meine Anweisungen und folgt mir. Wenn ich aber vom rechten Weg abkommen und irregehen sollte, so ermahnt mich.“
Während seiner Amtszeit fragte der Kalif Ömer einmal die Muslime in einer Moschee: „Was tut ihr (sollt ihr tun), wenn ich vom rechten Weg abkomme und irregehe?“ Die anwesenden Muslime antworteten mit einer gemeinsamen Stimme: „Wir werden dich mit unseren Schwertern wieder richten.“ Hz. Ömer war von dieser Antwort höchst erfreut.
4. Gedanken- und Gewissensfreiheit (Meinungs- und Religionsfreiheit). Die Gedanken- und Gewissensfreiheit sind neben dem Recht zu Leben mit das bedeutendste Recht eines Menschen überhaupt. Einem Menschen dieses Recht vorzuenthalten und es ihm nicht anzuerkennen, kommt mit der Wegnahme seiner Individualität gleich und dadurch zur Herunterstufung und Angleichung eines Menschen mit dem Tier. Erkennt man einem Menschen diese elementaren Rechte nicht an, so betrachtet man sie auch nicht als Menschen, sonder stellt den Menschen mit den Tieren auf eine Ebene. Folglich ist im Islam sämtliche Form der Unterdrückung von Gedanken und Gewissen strengstens verboten. In einem Koranvers heißt es „Keinen Zwang im Glauben“. Diesem Prinzip entsprechend befindet der Islam die Glaubensgrundsätze nicht durch Zwang zu vermitteln und aufzubürden. Der Islam verbietet und verachtet es die Glaubenswahrheiten anderen Menschen mit Nachdruck aufzuzwingen.
5. Der Islam hat ebenfalls die Sklaverei / Leibeigenschaft sorgfältig geklärt. Er hat die Sklaverei bestimmten, einzuhaltenden Gesetzen untergeordnet und somit den unfreien Arbeitskräften einen höheren, besseren und gleichwertigeren Status gebracht. Bevor der Islam erschien, wurde die Sklaverei in der ganzen Welt praktiziert. Sie wurde in übelster und barbarischster Art und Weise gehandhabt. Das war damals leider Alltag. Es konnte nicht erwartet werden, dass der Islam diese in der ganzen Welt praktizierte Sklaverei plötzlich mit einem Wink verbietet und aufhebt. Er trug jedoch durch Gesetze zur Gleichbehandlung der Sklaven bei und führte schrittweise das Ende dieser grausamen Praxis ein. Es wurde verbindlich gemacht, wenn man denn Untertanen bedienstete, ihnen eine verbesserte, kulturelle und bürgerliche Behandlung zukommen zu lassen, das hieß, die Gutsherren konnten nicht wie zuvor ihrer gewohnten Unmenschlichkeit freien lauf lassen, sondern mussten sich den islamischen Grundrechten fügen und sie einhalten. Des Weiteren wurde die Barriere aufgehoben, die immer zwischen dem Sklaven und einem unabhängigen Menschen war, d. h. es war keiner mehr gegen seinen Willen, sondern nur noch mit persönlichem Einverständnis Sklave oder Untertan. Somit war es nun um ein vielfaches einfacher sich aus der Sklaverei zu befreien und ein normaler Bürger zu werden. Es entstand mehr die Beziehung wie vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer, womit das Verhältnis des Gutsherren und seinem Sklaven ausgewechselt wurde. Damit war der Anfang vom Ende der Sklaverei gesetzt. Bis zur endgültigen Auflösung der Sklaverei war es nur noch eine Frage der Zeit, zumindest in muslimischen Regionen.
6. Die Eigentumsfreiheit und das Besitzrecht. Allah hat uns Menschen neben den vielen unterschiedlichen Emotionen, Empfindungen, Gefühlen auch die Liebe zum Eigentum, Besitztum, Hab und Gut gegeben. Der Mensch hat das Verlangen etwas zu besitzen. Der Islam erkennt dem einzelnen Individuum das Recht auf Eigentum an. Er bietet die Grundlage, dieses Verlangen im gerechten, erlaubten Rahmen zu befriedigen.
7. Die Gleichheit vor dem Gesetz. Im Islam sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich, wie die Zinken von einem Kamm. Einen Vorzug oder eine Begünstigung aufgrund der Rasse oder Hautfarbe gibt es nicht. Es wird in keiner Weise geduldet bei einer Person, die zuwider gehandelt hat, aufgrund seiner angesehenen Familie oder seinem gesellschaftlichen Status oder sonst was, bei der Ausführung der Gesetze eine Ausnahme zu machen. Im Islam zählen die gesetzliche Herrschaft und die Erhabenheit des Rechtes. Sowohl der Staatsregierende, als auch ein einfacher Bürger aus dem Volk sind vor dem islamischen Gesetz gleich und werden auch gleich behandelt, ohne Ausnahme. Ein Schuldiger Jemand, und sei es auch der Präsident, wird definitiv seine gerechte Bestrafung bekommen.
Einigen Überlieferungen zu folge seien schon damals die Führer des Islam, wie zum Beispiel Fatih Sultan Mehmet mit einem griechischen (romanischen) Architekten oder Hz. Ali mit einem Juden oder Salahaddin Eyyubi mit einem Armenier, vor Gericht gezogen um ihre Angelegenheiten rechtens zu klären. Dies sind nur einige Beispiele für das Rechtbewusstsein im Islam.
Am Tage der Eroberung von Mekka hatte eine Frau aus dem Volk der Mahzun Diebstahl begangen und wurde dabei erwischt. Es bedarf ihrer Bestrafung, jedoch fürchtete man um den Ruf ihrer angesehenen Familie. Um der Beschämung und Befleckung ihrer Familie wegen wollte man von ihrer Bestrafung absehen und sie so davon kommen lassen. Wie sollten sie aber diese Absicht ausführen? Wie sollte man dieses Vorhaben dem Propheten (sav) mitteilen? Folglich ernannte man Üsame bin Zeyd, den adoptiv Enkelkind des Propheten (sav) den der Prophet (sav) sehr liebte mit dieser Aufgabe und schickte ihn zum Propheten dieser Bitte doch einzuwilligen. Hz. Üsame ging darauf zum Propheten (sav) und schilderte ihm diese Situation. Er bat den Propheten (sav) als Oberhaupt dieser beschuldigten Frau aus angesehener Familie zu vergeben und von ihrer rechtmäßigen Verurteilung und Bestrafung abzusehen, eben wegen ihrer Herkunft bzw. Familie. Der Prophet (sav) war über diese Aufforderung sehr entrüstet. Er ging augenblicklich nach draußen und verkündete seinem Volk folgende historischen Worte:
„O ihr Menschen, wisst ihr den Grund für die Zerstörung und Vernichtung (Auslöschung aus der Geschichte) der Völker die vor euch lebten? Sie hatten die angesehenen und ruhmreichen Familienmitglieder bei begangenem Unrecht nicht bestraft sonder von ihrem begangenen Unrecht abgesehen. Jedoch um einen aus dem Volk zu bestrafen, der Unrecht tat, waren sie sehr ungeduldig dies zu tun. Dieses Unrecht ihrerseits führte zu ihrer eigenen Vernichtung und Ausrottung. Ich schwöre euch, selbst wenn die beschuldigte meine Tochter Fatima wäre, würde ich keinen Augenblick zögern ihr die gerechte Strafe zu kommen zu lassen.“
Im Anschluss an diese Rede wurde die Bestrafung der Diebin aus der ruhmreichen Familie gerechter Weise umgesetzt. Als Hz. Ebu Bekir zum Kalifen gewählt wurde verkündete er in seiner Rede zum Amtsbeginn folgende ebenfalls historischen Worte:
„Die Schwachen unter euch sind in meinen Augen die Stärksten, bis sie das (gesetzlich) ihnen zustehende Recht erlangt haben und die Starken unter euch sind in meinen Augen die Schwächsten, bis ich von ihnen die Rechte der anderen (Unrecht Erleidenden) eingeholt habe.“
8. Die Gesetzlichkeit der Verurteilung und die Individualität des Strafvollzugs. Im Islam gibt es keine Bestrafung ohne das Gesetz und ebenfalls ist es nicht möglich als Schuldiger anstelle seiner selbst jemand anderes (für sich) Bestrafen zu lassen. Umgekehrt gilt das genauso, d.h. es ist nicht möglich anstelle des Übeltäters dessen Familie oder Verwandte zu verurteilen, geschweige denn zu bestrafen. Das Prinzip des individuellen Strafvollzugs ist im Vers 164 der Sure An´am wie folgt erwähnt:
„Sprich: "Sollte ich einen anderen Herrn suchen als Allah, Welcher doch der Herr aller Dinge ist?" Jede Seele belastet nur sich selbst. Und keine belastete (Seele) soll einer Anderen (Seele) Last tragen. Zu euerem Herrn ist schließlich euere Heimkehr, und dann wird Er euch wissen lassen, worüber ihr uneins wart.“
9. Die Autonomie und Rechtschaffenheit des Gerichts. Die im Islam als Gerechtigkeitsanstalt gesehenen Gerichtshöfe sind frei von jeglicher Manipulation, sowie äußeren Einflüssen. Sie sind frei von persönlichen Vorbehalten und Gehässigkeiten, sowie frei von eigenmächtigen Verfügungen. Die Gerichtshöfe sind von all diesen Sachen frei gehalten worden, worauf sehr viel Wert gelegt wird. Die Vorurteilslosigkeit der Richter und deren Unparteilichkeit wurden schon immer strengstens überwacht. In islamischen Gerichten sind öfters auch einfache Bürger mit regierenden Staatschefs vor Gericht gezogen und im Falle der Schuld erhielten auch die großen und mächtigen ihre gerechte Strafe.
10. Die Unantastbarkeit des Privatlebens und die Wahrung der Geborgenheit im eigenen Wohnsitz. Der Islam gebietet, dass niemand das Recht hat ohne die notwendige Befugnis des Eigentümers dessen Hab und Gut zu berühren, geschweige denn in dessen Grundstück oder Haus einzudringen und des Weiteren noch sich in das Privatleben, sowie in die persönlichen Angelegenheiten eines anderen Menschen einzumischen. In der Privatsphäre eines Menschen zu recherchieren ist im Islam strengstens untersagt.
11. Die Reisefreiheit. Im Islam ist die Reisefreiheit zu Bildungszwecken (Studienreisen) und zu Genesungszwecken (Rehabilitation, Erholung) erlaubt und sogar verlangt. Aus diesen sinnvollen relevanten Gründen ist das Reisen erlaubt. Die Reisefreiheit beinhaltet natürlich auch berufliche u. ä. Reisen.
12. Das Recht auf Leben (in Frieden). Der Islam gewährt den/allen Menschen Schutz vor der Schändung seiner/ihrer Ehre und seinem/ihrem Persönlichkeitswert, sowie die Wahrung seines/ihres Vermögen. Dieses Thema ist in der Abschiedspredigt des Propheten (sav) in schönster Weise erläutert, wie folgend zu lesen ist:
„O ihr Menschen! So wie die heutigen Tage und die heutigen Monate heilig sind, so ist es auch diese Stadt Mekka. Und so wie diese Stadt Mekka heilig ist, so sind auch das Leben, das Eigentum, sowie die Ehre und der Ruf eines jeden Menschen gleichfalls heilig und unantastbar. Sie sind vor jeder Art der Schändung zu beschützen.“
13. Die Sozialfürsorge/Volksfürsorge. Die islamische Religion sichert jeden Menschen vor dem sozialen Abstieg, der unverhofft durch Krankheit, Alter, Unfall, Katastrophen bei jedem eintreffen kann. Dadurch geschädigte Opfer werden vor der Armut, dem Elend und der Not durch die Armensteuer (Zakat), welche für jeden wohlhabenden Muslim zu zahlen Pflicht ist. Durch Sach- und Geldspenden (Sadaka) und der Fitre (Verpflegen von Hungrigen) werden die Bedürftigen vertrauensvoll aufgefangen und ihre Menschlichkeit bewahrt. Der Islam versorgt durch seine eingeführten Sozialmaßnahmen betroffene und bedürftige Menschen. Durch solche Grundversorgungen gewährleistet er ihr Weiterleben. Der Islam fordert die Menschen auf in erster Linie einer Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit nachzugehen, um eine eigenständige Grundversorgung zu erlangen (und ggf. somit auch weiteren anderen Bedürftigen die Grundversorgung bieten zu können). Der Islam verfügt über noch weitere Schutzmaßnahmen. Es ist jedem Muslim geboten auf sein familiäres, verwandtschaftliches und nachbarliches Umfeld mit Acht zu geben und bei bedarf diese mit zu unterstützen. In deren Notlagen ihnen zumindest in der Grundversorgung zu Hilfe zu kommen und nicht gleichgültig wegzuschauen, das wäre unislamisch. Eigentlich ist die Familiäre, Verwandtschaftliche und Nachbarliche Fürsorge für jeden Menschen eine selbstverständliche Pflicht. Wenn jedoch alle diese Maßnahmen unzureichend sind, dann obliegt es dem Staat, der Regierung selbst, seiner Bevölkerung zur Hilfe zu kommen (Sozialstaat) und das Existenzminimum zu gewährleisten und somit die Menschenwürde zu wahren. Die Einrichtung der Armensteuer und die Gründung von Stiftungen sind vollkommene, universelle und gemeinnützige Sicherheitsvorkehrungen.
14. Das Recht auf Arbeit und die Lohngerechtigkeit bzw. die Lohngleichheit. Fleißiges Arbeiten und das sich in einer Sache Anstrengen genießt im Islam großes Ansehen. Es wird immer zur Beschäftigung angespornt. Das Schnorren und dadurch anderen Leuten zur Last werden ist nicht gern gesehen. Um den Unterhalt der eigenen Familie von erlaubten Wegen her zu gewährleisten gilt sogar die verrichtete Arbeit als Gottesdienst, sofern der arbeitende die Pflichtgebete (Farz) verrichtet. „Der Mensch bekommt nur den Lohn für seine verrichtete Arbeit“ weist auf die im Islam gegenwärtige Ermunterung zur Emsigkeit hin. Der Islam gewährt die Arbeits- Beschäftigungsfreiheit und darüber hinaus regelt er das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber in schönster Weise mit den Worten: „Bezahlt den Lohn der Arbeiter noch bevor der Schweiß auf ihrer Stirn getrocknet ist.“ Auf diese Art werden die Rechte der Arbeitnehmer in perfekter Weise aufrechterhalten. Natürlich sollte auch der Arbeiter es sich zur Pflicht machen, die ihm aufgetragene Arbeit gewissenhaft und vollständig auszuführen. Er sollte seinem Lohn gerecht werden durch Ehrlichkeit, Fleißigkeit und Vollständigkeit der verrichteten Arbeit.
15. Der Schutz der Kinder. Der Islam betrachtet alle Kinder als seine Eigenen, bzw. als Adoptivkinder. Das heißt, seit ihrer Geburt nimmt sich der Islam ihrer an und kommt für ihre Versorgung auf, in dem er den jeweiligen Eltern finanzielle oder materielle (Sachleistungen) Hilfe zu kommen lässt. Diese Hilfe wird eigens aus der Staatskasse und von staatlichen Mitteln bewilligt. Heutzutage wird diese Hilfe unter dem Begriff „Kindergeld – Erziehungsgeld“ in den meisten reichen Staaten praktiziert.
16. Die schulische und berufliche Grundausbildung ist eine unerlässliche und verbindliche Pflicht, die für jedermann kostenlos ist. „Das aneignen von Wissen und sich zu bilden ist allen Muslimen eine auferlegte Pflicht. Das gilt sowohl für den Mann als für die Frau.“ Diese Hadith weißt auf die Erfordernis der schulischen und beruflichen Grundausbildung hin. Im Islam sind die Einzelheiten der Lehrpläne sorgfältig, schon vorbereitet, vorgegeben. Die Grundausbildung enthält neben der religiösen, ethischen und moralischen, sowie literarischen Lehre eine Berufsausbildung. Der Islam betrachtet es als absolut Notwendig, dass alle Kinder neben der religiösen Erziehung einen Beruf erlernen.
Selam & Dua
Fragenandenislam - Team
3
Ist die Gleichstellung von Mann und Frau überhaupt noch ein relevantes Thema?
auf diese Frage direkt mit „ja“ oder „nein“ zu antworten ist schwierig, weil diese Frage zu ungenau ist. Die Frage muss präziser formuliert werden. „Wo? Bei welcher Angelegenheit? Auf welchem Aspekt?“ sind einige Kriterien. Aus rechtswissenschaftlicher Sicht bzw. vor dem Gesetz lautet die Antwort „ja“.
Wenn sich die Frage auf diesen Aspekt bezieht, muss darauf nicht weiter eingegangen werden, weil die Frage die Antwort in sich beinhaltet. Da es sich jedoch um zwei verschiedene Geschlechter handelt, kann dann von einer absoluten Gleichstellung von Mann und Frau eigentlich geredet werden?
So wie es Bereiche gibt in denen Männer und Frauen gleichrangig sind, kann der Mann in einigen Disziplinen einerseits viel überlegener oder auch viel minderwertiger sein. Deshalb ist dieser Sachverhalt nicht mit einer einzigen Betrachtungsweise zu lösen.
Falls man fragen sollte „Sind Männer oder Frauen die besseren Menschen?“, „gibt es Kriterien für die Vorzugsstellung eines Menschen? “, möchten wir folgendes hervorheben: die Vormachtstellung ist was anderes, die Überlegenheit und die Tugend sind was anderes. In diesem Zusammenhang ist es schwierig zu bestimmen wer überlegener ist, weil sowohl die Frau als auch der Mann, jeder Mensch für Allah ein sich hingebender Diener ist.
Wen Allah für überlegener bewertet, noch mehr schätzt und wer sein Wohlgefallen eher erlangt wird in der göttlichen Offenbarung des Qur`an deutlich. Demnach wird die Überlegenheit nicht nach dem Geschlecht, sondern nach dessen Rechtschaffenheit, Enthaltung vom Verbotenen und der Gottesfurcht bewertet. Taqwā ist der an der Stelle verwendete Begriff
Was bedeutet Taqwā? Kurz gesagt, bedeutet es Ehrfurcht vor Allah, Enthaltung von der Sünde, das Vermeiden von Handlungen, Verhalten, Gegebenheiten und Wörtern, die nicht seinem Wohlgefallen entsprechen. Sein Wohlgefallen zu erlangen ist das höchste Ziel, diese zu verlieren die größte Furcht. Demgemäß wird nach diesen Handlungsmustern die Überlegenheit und die damit verbundene Tugend eines Menschen bestimmt. Dabei wird dem Geschlecht keine Achtung beigemessen. Taqwā ist also mehr als eine konkrete Tat. Vielmehr ist es eine geistige Haltung die der Diener gegenüber seinem Schöpfer einnimmt.
Taqwā erinnert uns sofort an gute Handlungsweisen. Gute Handlungsweisen sind Verrichtungen von nützlichen, guten Aufgaben bzw. Tätigkeiten. Hier wird dem Geschlecht keine Gewichtung zugeordnet. Zum Beispiel wird für das Lesen jedes Buchstaben im Qur`an 10 gute, segensreiche Handlungen (sevap) gutgeschrieben. Dies gilt für alle Menschen. Demnach wird weder der Frau weniger noch dem Mann noch mehr anrechnetet.
Die Frage kann auch von der psychologischen Sicht thematisiert werden und folgendermaßen gefragt werden: Sind Mann und Frau psychologisch gesehen anders veranlagt?
Die Welt lässt sich nicht ohne Weiteres in "Männerthemen" und "Frauenthemen" trennen. Auch kann man nicht im absoluten Sinne sagen "Männer können/können nicht" oder "Frauen können/können nicht".
Realistischerweise kann man jedoch oft im Alltag feststellen wie verschiedenen die Wahrnehmung von Mann und Frau sein kann. Im Islam herrscht dabei das Verständnis, dass Man und Frau einander komplettieren und zwei Hälften eines Ganzen darstellen. Der Islam erwartet von einem Individuum also nicht sich dem anderen Geschlecht anzueignen oder die eigens eingebildeten Makel/Charakteristika krampfhaft zu verändern.
Bei detaillierterer Betrachtung der Umwelt wird deutlich, dass zwischen den Körpern und den seelischen, innerlichen Beschaffenheiten aller Lebewesen eine Harmonie besteht. Die Seele von einem Reh in den Körper eines Löwen zu stecken und zu zwingen sich reißend und brüllend wie einer zu benehmen, wäre eine Vergewaltigung solch einer liebenswerten inneren, seelischen Wesensart.
Jedes Brüllen und aggressive Verhalten würde einen Teil dieser Grazie und inneren Schönheit, welche ein Wesensbestand dieser Seele ist, zerstören. Eine Beeinflussung, Hinsteuerung zu männlichen Verhaltensmustern unter dem Deckmantel der Gleichstellung von Mann und Frau, wäre genauso eine Benachteiligung für die Frau.
4
Gibt es einen Vers im Qur´an, in dem die Tötung von Ungläubigen erlaubt ist? Und wie ist dieser dann zu verstehen ?
im Qur´an gibt es tatsächlich solch einen Vers, wo die Tötung der Götzendiener ausgerufen ist. Der Vers lautet im Ganzen wie folgt:
„Und wenn die verbotenen Monate (die heiligen drei Monate) verflossen sind, dann tötet die Götzendiener, wo ihr sie trefft, und ergreift sie, und belagert sie, und lauert ihnen auf in jedem Hinterhalt. Bereuen sie aber und verrichten das Gebet und zahlen die Zakat (Armensteuer), dann gebt ihnen den Weg frei*. Wahrlich, Allah ist allverzeihend, barmherzig.“ (Sure Taubah, Vers 5)
(*Diese Stelle bezieht sich auf die Kriegszeiten. Dies bedeutet nicht, daß mit den Ungläubigen Krieg zu führen sei, bis sie den Glauben annehmen. Hier handelt es sich um jenen Feind, der die Muslime acht Jahre lang bekämpft hatte und selbst nach dem Fall von Mekka nicht bereit war, mit den Muslimen Frieden zu schließen.)
Es ist bekannt, daß der Qur´an nicht auf einmal als ganzes Buch herab gesandt worden ist, sondern das er den Ereignissen entsprechend in einem Zeitraum von 23 Jahren vollendet wurde. Der hier geschilderte Fall war im Zustand des Krieges zwischen den Götzendienern und dem Propheten (a.s.m.). Sowie eine Staatsregierung den anarchistischen Terroristen mit einem Ultimatum entgegnet und nach Ablauf dessen diese erbarmungslos an Ort und Stelle erschießen lässt, so stellt auch der allmächtige Allah den Götzendienern solch ein Ultimatum, da diese immer wieder bestrebt waren die Muslime zu vernichten. Ähnlich dem oben genannten Beispiel wurde den Götzendienern eine Frist von Vier Monaten gewährt. Innerhalb dieser Zeitspane sollte ihnen kein Haar gekrümmt werden. Jedoch wenn sie in ihren alten Gewohnheiten verharrten, dann sollte ihnen Unheil widerfahren. Wie zu lesen ist, endet dieser Vers mit den Worten der Vergebung und der Barmherzigkeit Gottes. Das soll darauf schließen lassen, dass Allah im Stande ist alles zu vergeben, wenn man denn Einsichtig ist. Des Weiteren ist es ein Gebot für die Muslime, ebenfalls wie Allah, verzeihend und barmherzig zu sein. In dem nachfolgendem Vers ist die Gutmütigkeit Gottes erneut zu bewundern:
„Und wenn einer der Götzendiener bei dir Schutz sucht, dann gewähre ihm Schutz, bis er Allahs Wort vernehmen kann; hierauf lasse ihn die Stätte seiner Sicherheit erreichen. Dies, weil sie ein unwissendes Volk sind.“ (Sure Taubah, Vers 6)
Dieser Vers ist ein Zeichen der göttlichen Barmherzigkeit gegenüber den Götzendienern. Also sollten den Götzendienern auch die Zeit und die Möglichkeit gegeben werden, die Schönheiten dieser Religion (Islam) sehen und das Wort Gottes (Qur´an) hören zu können. Denn sie sind eine Gesellschaft von unwissenden und kennen diese Religion nicht. Solche Götzendiener, die ohne böse Absicht kommen, diese können innerhalb der muslimischen Ortschaften in absoluter Sicherheit leben und sich frei bewegen. So können sie die Muslime beobachten und ihre Vorurteile abschaffen und eventuell auch zum Islam finden. Selbst wenn sie nicht zum Islam finden sollten, kann und darf man sie nicht als Ungläubige beschimpfen und umbringen, sonder gibt ihnen Geleit bis sie in ihrem Heimatort angekommen sind.
Die Geschichte belegt, dass Muslime außerhalb des Gefechts nie die Ungläubigen angegriffen, geschweige denn getötet haben. Und wenn es zu einem Tötungsdelikt kam, dann resultierend aus der Unwissenheit und dem persönlichen Hass des Täters und nicht aus der religiösen Überzeugung. Denn in einem anderen Vers des edlen Qur´an heißt es:
„…daß wenn jemand einen Menschen tötet - es sei denn für (Mord) an einem andern oder für Gewalttat im Land - so soll es sein, als hätte er die ganze Menschheit getötet; und wenn jemand einem Menschen das Leben erhält, so soll es sein, als hätte er der ganzen Menschheit das Leben erhalten.“ (Sure Ma´edah, Vers 33)
Gleiches gilt dann auch für nicht muslimische Länder. Wenn ein Muslim sich geschäftlich oder als Tourist in eine fremde Region hinbegibt, dort beraubt und getötet wird, wäre es ebenfalls nicht korrekt das ganze Land samt seiner Menschen als Islam feindlich zu erklären (und dessen Volk als solches zu behandeln). Wie es (Gott sei Dank) in sehr vielen, wenn nicht sogar in allen Ländern im Grundgesetz verankert ist, kann nicht aufgrund der Schuld des einzelnen eine Gesellschaft, ja sogar das ganze Volk verurteilt und mitbestraft werden. Wegen einer Person, kann und darf man nicht auf ein ganzes Volk schließen, das wäre eine große Ungerechtigkeit. Schließen wir diese Antwort mit einem Vers aus dem edlen und weisen Qur´an:
„Und keine Lasttragende (Seele) trägt die Last einer andern...“(Sure Bani-Isra´il, Vers 16)
„Daß keine Lasttragende (Seele) die Last einer andern tragen soll.“(Sure Nadschm, Vers 39)
5
Im Koran wird befohlen, den Dieben die Hand abzuschlagen als Strafe. Ist diese Strafe gemäß der Menschenrechte nicht zu hart?
Liebe Leserin, lieber Leser
Diebstal was wir mit "Das Hab und Gut einer Person von ihrem eigentlich beschützen Platz heimlich ohne das Wissen des Besitzers zu entnehmen" benennen, ist eine der grundlegenden Verbrechen gegen das Eigentumsrecht. Der Schutz des Reichtums welches aus Eifer, harter Arbeit und legitimen/erlaubten Wegen entsteht, bildet einen der Grundsätze des Islams aus. Der Islam nimmt die Mühe und das Eigentum als heilig wahr und bestraft den außerrechtlichen Übergriff darauf. Unter diesem Aspekt ist Diebstahl wie es bei allen göttlichen Religionen so ist, auch im Islam, sowohl aus dem Blick der Rechtsordnung eine Straftat als auch aus religiöser sowie ethischer Sicht eine große Sünde und wird als schändlich angesehen.
Der Diebstahl eines Eigentums welches mit Eifer und Fleiß einer Person erworben wurde ist ein Betrug der das Herz verletzt und ein vom Gewissen nicht mehr tragbares Kapitalverbrechen. Dieses Kapitalverbrechen gab es zu jeder Epoche und so gibt es sie auch weiterhin. Daher führt der Islam eine Ahndung/Sanktion die der Straftat entspricht ein und gebietet das Abschlagen der Hand solch eines gewissenslosen Täters. Wäre die Ahndung angewandt, so wären diese Straftaten auf ein Minimum herabgefallen.
Diebstahl wird in Buch, Sunna und Konsens der Gelehrten verboten. Siehe dazu exemplarisch folgenden Vers;
Der Dieb und die Diebin: trennt ihnen ihre Hände ab als Lohn für das, was sie begangen haben, und als ein warnendes Beispiel von Allah. Allah ist Allmächtig und Allweise. (Sura al-Māʾida 38)
Eine Überlieferung des Propheten (S.A.S.) hierzu sieht folgendermaßen aus;
Die euch Vorherigen sind aus diesem Grund zu Grunde gegangen; sie haben, wenn jemand ehrenvolles Diebstahl begangen hat, den Dieb frei gelassen. Und wenn jemand schwaches Diebstahl beging, so haben sie ihn bestraft. (Eş-Şevkânî, Neylü'l-Evtâr, VII,131,136).
Wenn der Diebstahl eindeutig wird, wird die Hand abgeschlagen als Strafe. Das hier angewandte Strafmaß wird im Islam als "Ḥadd-Strafe" bezeichnet. Dies bezeichnet im Islam eine Art Kategorie im Strafmaß. "Ḥadd" wird mit "Grenze" übersetzt und beschreibt in diesem Kontext dass das Strafmaß, die Art, die Menge etc. von Gott deutlich bestimmt ist. Ferner muss auch die Straftat deutlich gekennzeichnet sein, selbst geringste Zweifel müssen beseitigt werden, ehe man das Strafmaß hier anwendet.
Die islamischen Juristen/Rechtsgelehrten haben mit der Bemühung Gerechtigkeit und das Recht sowie das Strafmaß und das Strafrecht gesetzlich zu verfassen, tiefgehend über die Bedingungen der Bestimmung von Verbrechen, die Bedingungen des einzusetzenden Strafmaßes, Wiederholungen, Zwänge und Begnadigungen diskutiert und haben so eine reichhaltige Gesetzgebung ausformuliert. Zusammenfassend wurden so für das Delikt des Diebstahls Bedingungen erörtert, wie etwa dass zur genauen Bennenung/Entstehung des Verbrechens Zwänge wie etwa Hungersnot oder Nötigung, also Begründungen die das Verbrechen teilweise oder gänzlich entschuldigen nicht bestehen dürfen und dass das Verbrechen bewusst und gewollt verübt werden muss sowie dass der Verbrecher strafmündig ist, das gestohlene Gut unter gesetzlichem Schutz gestellt ist und eine gewisse Menge überschreiten muss.
Im islamischen Recht haben die Strafen die Beschaffenheit eines zwangsmäßigen und schlussendlichen Eingriffs die man anwenden kann, nachdem die nötigen Vorkehrungen zur Verhinderung von Verbrechen getroffen wurden. Dementsprechend ist das grundlegende Ziel der islamischen Rechtsgebung nicht etwa jemanden zu bestrafen sondern im Gegenteil Vorkehrungen zu treffen, die die Möglichkeit zum Verbrechen eliminieren, man muss daran erinnern dass es hierbei nämlich primär um die Wahrung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung sowie um die gesellschaftliche Balance, die Rechtleitung und Bildung des Menschen geht. Damit all diese Bemühungen in der Gesellschaft erfolgreich sind trägt es eine unausweichliche Relevanz, dass die religiöse Ausbildung, gesellschaftliche Ausbildungen das gesamtgesellschaftliche Verständnis von Ethik und Moral und dazu auch die rechtliche Bestimmung und die offizielle Politik aufeinander abgestimmt sind.
Gott hat das Bestrafen des Diebstahls befohlen. Unter diesen allgemeinen Bedingungen wird eine Hand die trotz allem den Diebstahl wagt, in einer islamischen Sozialanstalt änlich wie eine Hand die aus medizinischen Gründen amputiert werden muss, abgeschlagen.
So gilt für die Gläubigen, dass man dem Dieb oder der Dieben, sofern ihr Verbrechen durch keinerlei Entschuldigen entlastet und begnadigt werden kann und somit eindeutig wurde, die Hände abschlägt, als ein Fessel, eine Bindung, (dafür dass sie es nie wieder tun) ein Exempel und eine Strafe Gottes. Denn Gott ist erhaben und weise. Das Recht erwächst aus der erhabenen Obhut Gottes und die Strafe aus seiner Weisheit. Gott ist der Tyrannei und der Anarchie nicht wohlgesonnen. Er spendet Kraft um für das Gute und das Recht zu arbeiten. Er gebietet dass man ggbf. Ehrfurcht zeigt, nach Wegen sucht und sich bemüht. So viele Zeichen, Verse und Beschlüsse hat er herabgesandt um die Bedrückten zu bewachen und den Bedürftigen zu helfen. Mit Spendengaben, Almosen und Beschlüssung zur gegenseitigen Hilfe hat er die, die dazu fähig sind mit Aufgaben befehligt, den Reichen befohlen einen gewissen Anteil den Armen und Mittellosen einzuräumen, da Gott ihnen dieses Recht zugesprochen hat. In einer muslimischen sozialen Gesellschaft, die diese Beschlüsse ausübt, ist es eindeutig ein Übergriff auf die Würde Gottes und ein insgeheimer Feldzug gegen Gott, wenn man ohne Furcht vor Gott, ohne das Aufsuchen anderer von Gott gebilligter Wege, ohne sich Gottes Anweisungen entsprechend anzustrengen und geduldig zu sein das rechtmäige Hab und Gut des anderen worauf man kein Recht hat und auch kein Verdacht darauf liegt, dass er ein Recht darauf hätte, geheim ausraubt. Die Strafe einer Hand die so etwas tut ist es abgeschlagen zu werden. Denn diese Hand kennt einfach keine Grenzen mehr und schreckt auch vor nichts mehr zurück.
Unter diesem Umstand sollte man nicht denken, dass es ein Ungleichgewicht zwischen Verbrechen und Strafe gibt. Denn diese Strafe ist nicht einzig das Gegenstück des gestohlenen Guts (bzw. dessen Werts) sondern eine Strafe gegenüber den Übergriff auf die Würde Gottes, welche der Tat des Diebstahls innewohnt. Diese Hand hat sich selbst ins Feuer gelegt. Dies ist für die Person und andere Personen die ihr folgen und somit aufsässig werden eine beständige Fessel Gottes. Somit wird sowohl der Täter als auch die anderen von seiner/ihrer Anarchie bereinigt. Weiter ist das göttliche Bemessen solch einer Strafe für diese Tat, die auf diese Art einen Übergriff auf die Würde Gottes dartstellt, eine Fessel die den Menschen ihre Grenzen aufzeigt, aber dies nicht aufgrund Zorn sondern gänzlich aufgrund der Weisheit. In einer sozialen Gesellschaft wo dieses Strafmaß ausgeführt wird, würde man die Wurzel des Diebstahls beseitigen. Man würde kaum noch eine Hand finden die man abschlagen könnte. Dies geschieht aber unter der Prämisse, dass das Strafmaß rechtmäßig ausgeführt wird, dem Prozess keinerlei Zweifel noch innewohnen und man dem Unrecht keinerlei Entfaltung (bzw. Entfaltungsmöglichkeiten) bietet. Denn anderenfalls würde sich die Würde und die Weisheit Gottes auch nicht wie ursprünglich intendiert manifestieren. Wenn die Strafe eines unrechtmäßigen Diebstahls es ist, die Hand abgeschlagen zu bekommen, dann ist die Strafe für das unrechtmäßige vllt. willkürliche Verurteilen von Menschen wahrhscheinlich härter.
Wenn ein Mann oder eine Frau sich durch den Diebstahl der dazu führte, dass die Hand abgeschlagen wird, selber peinigt und dann tiefgehend Reue zeigt und sich im Verhalten bessert, so ist es zu erwarten, dass der barmherzige und verzeihende Gott dies akzeptiert. Im Jenseits hält Er für ihn keine weitere Pein bereit sondern behandelt in mit Barmerzigkeit und Verzeihung. Insofern dürfte man eine Person deren Hand aufgrund eines vergangenen Verbrechens abgeschlagen wurde aber Buße getan hat, nicht mit einem herablassendem Auge betrachten, man sollte ihn gegenüber Mitleid zeigen und ihr helfen.
Soweit sieht die theoretische Grundlage bzw. das Verständnis zu dieser Frage und dieser Thematik aus. Da dies aber ein heikles Thema ist und vom Kontext losgelöst auf viele befremdlich wirken kann wollen wir noch auf einige wichtige Punkte hinweisen;
Zunächst wollen wir darauf hinweisen, dass der entsprechende Vers (Sura al-Māʾida 38) ein Paradebeispiel für die koranische Exegese ist. Hier haben wichtige Gelehrte und Exegeten seit jeher tiefgehend diskutiert wie man dies zu verstehen hat und wie man dies auslegen darf. So entwickeln sich auch verschiedene Begrifflichkeiten, Methoden und Auslegungen anhand der koranischen Grammatik und den ggbf. relevanten Überlieferungen zur jeweiligen Sachlage. Hieraus wiederrum bilden sich ganze Subdisziplinen innerhalb der Islamwissenschaft wie etwa "ʿĀm wa Ḫāṣ" oder "Muḥkam wa Mutašābih". Es ist wichtig dies zu wissen, damit man versteht welche tiefgründigen Denkprozesse diesen Auslegungen vorhergehen und wie sehr sie ausdiskutiert und auf ihre Stichhaltigkeit überprüft werden. Desweiteren wurden bereits einige Elemente im Sinne von Bedingungen erwähnt. Mann kann nämlich das Strafmaß nicht losgelöst von seinem Kontext betrachten und es so bewerten. Das islamische Strafmaß stellt an dieser Stelle ein Teil eines in sich geschlossenen Wertesystems dar und dieses System wird von der Gesellschaft vernommen und akzeptiert. Somit würde es wenig Sinn machen ein spezifisches Glied aus diesem System zu isolieren um es in einem anderen System anzuwenden. Daher ist es verständlich wenn man von einem anderen Kulturkeis und einer anderen Wertevorstellung geprägt und ausgehend diese Sachlage und dieses Strafmaß befremdlich findet. Dieses Strafmaß erwächst nämlich vordergründig aus der recht stark ausgeprägten Frömmigkeit der Gesellschaft und der Prävention des sozialen Verfalls. Weiter ist ein fehlerfreies Rechtssystem und ein Prozess auch elementar, es muss nachweislich und unverfälschlicherweise erkennbar sein, dass der Täter bewusst ein Verbrechen begangen hat für dessen es keinerlei Entschuldigung gibt. So ist es auch wahrscheinlich dass dies den Kreis des Täterprofils relativ einengt, jemanden der aus Hungersnot stiehlt oder mit Druckmitteln dazu gezwungen wird könnte man somit z.B. nicht verurteilen. Wir würden hier also von einem perfektem und intaktem Rechtssystem sprechen. Außerdem erwachsen die Bestimmungen dieses Rechtssystem aus der Frömmigkeit, dem Verbrechen gegenüber Gott und der Prävention dieser. Es geht bei der Strafe also nicht immer nur um den mathematisch berechenbaren Ausgleich des Bestohlenen. Es geht eher darum den Menschen als Gattung rechtzuleiten und ihm von jeglichen schlechten Einflüssen fernzuhalten oder anders ausgedrückt die Möglichkeiten für unsittliches und verderbliches Verhalten so gut wie möglich zu unterbinden, so dass der Mensch nur noch klar erkennbar aus eigenem Willen heraus so handelt und dementsprechend nur sich selbst für seine Strafe verantworlich machen kann. In diesem idealisierten System würden solche Strafen überhaupt relativ selten vorkommen und solche Verbrechen würden eine viel stärkere Resonanz aufrufen bzw. würden viel stärker auffallen und schlimmer wirken. Sie würden als ein Akt der Extremität wahrgenommen werden. Dies ist also eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und sollte allen Instanzen (der sozialen, der politischen der legislativen etc.) der Gesellschaft beiwohnen. Da unsere heutige Welt und unsere heutigen Systeme dies nicht leisten bzw. es evtl. auch nicht leisten könnten kommen diese Verbrechen viel öfter oder gar regelmäßig vor und werden daher anders wahrgenommen. Wir sprechen hier also von einer gänzlich anders geprägten und strukturierten Gesellschaft. In dieser Gesellschaft ahndet man die Verbrechen nicht mehr so streng und daher kann das islamische Strafmaß hier überzogen wirken. Denn das islamische Strafmaß ist nicht auf diese Gesellschaft zugeschnitten und eigentlich wichtiger, diese Gesellschaft ist nicht bereit für das islamische Strafmaß
Unter diesem Verständnis und diesen Bedingungen gewinnt der Befehl in dem Vers der Sura al-Māʾida eine ganz andere Konotation und eine in sich geschlossene und in sich mündige Rationalität. Daher ist es obsolet danach zu fragen, ob das islamische Strafmaß veraltet wäre oder in der heutigen Zeit anwendbar wäre. Erst wenn die Gesellschaft die angesprochenen Punkte erreicht, könnte es sinnvoll erscheinen über solche gesamtgesellschaftliche Maßnahmen zu reden. Der Islam verfestigt sich nämlich von innen nach außen und nicht umgekehrt. Die Reform des Herzens fängt also zunächst im Herzen des Einzelnen an und erreicht danach die Außenwelt und wenn diese dafür bereit ist, nimmt sie sich dieser an. Das System erwächst somit vom unterem Fundament nach oben heraus. Umgekehrt würde dies stark einer Diktatur ähneln.
Selam & Dua
Fragenandenislam - Team
6
Ist der Inhalt der Sharia Gottes Wort (aus dem Koran) ?
während manche Menschen meinen, die Islamischen Verordnungen wären heutzutage unvereinbar in unserer Gesellschaft, verurteilen andere wiederum diejenigen des Unglaubens, welche von dem Islamischen Richtlinien Abstand nehmen, ohne die Absichten dahinter zu kennen. Die erste Gruppe ist übertrieben, wohingegen die andere Gruppe nachlässig in Ihren Vorstellungen ist. Beide sind extremistisch veranlagt und vom rechten Pfade abgeirrt.
Als erstes, möchte ich erwähnen, dass die erste Gruppe sich irrt. Es gibt eine gute Regel. „Wenn etwas existiert, so existiert es mit einem Grund.“ Wenn man Hände einsetzt, sind die Finger Ihr Werkzeug. Man kann nicht an Hände denken, ohne dabei die Finger mit zu berücksichtigen. Solche Art von Händen wären wirkungslos. Wenn man an ein Gesicht denkt, sieht man nicht nur die Augen. Ein Gesicht, ohne Augen ist nicht vorstellbar. Das weiße und das schwarze des Auges ist genauso unzertrennbar vorstellbar. Die Islamischen Verordnungen sind ähnlich. Sie müssen als Ganzes betrachtet werden. Nur so kann der individuelle und soziale Fortschritt vorangetrieben werden und dies so zu Wohlergehen und Heil führen.
In einer Gesellschaft, in der die Säulen des Islams vernachlässigt und die individuellen und familiären Voraussetzungen auf falschen Grundlagen aufgebaut werden, kann nicht nur die Forderung nach Verordnungen und Bestrafungen richtig sein. In solch einer Gesellschaft würden diese Verordnungen nicht funktionieren. Die meisten Menschen wären diesem System unfreiwillig untergeordnet und gezwungen dies anzunehmen, ohne wirklich daran zu glauben. Die Muslime wären nur oberflächlich gläubig, aber innerlich dem Islam feindlich gesinnt.
In diesem Fall, können die Islamischen Verordnungen nicht unterstützend dabei helfen, das menschliche Dasein zu verbessern. Dies liegt nicht an den Islamischen Verordnungen, sondern an dem System dieser Gesellschaft.
Zu der zweiten Forderung, die die Grenzen des rechten Pfad zu weit überschreiten. Man darf Menschen nicht des Unglaubens bezichtigen, die nicht den Islam praktizieren oder sich nicht völlig damit identifizieren können oder wollen. Zum Glauben gehört auch das Gegenteil, der Unglaube. Wenn jemand gegen den Islam ist und sich dementsprechend äußert, so kann man davon ausgehen, das dieser Mensch ein Ungläubiger ist. Falls nicht, so sündigt dieser lediglich und ist nicht ungläubig. So hat der Unglaube diesen Zustand nur durch die Absicht zum Unglauben. Nur wenn jemand also mit voller Absicht und überzeugtem Willen sagt; „Islam ist so und schreibt diesen Weg vor, Ich aber widersetze mich dem“, ist ungläubig. Jemand der nicht mit dieser Absicht sich falsch verhält und weiß dass diese Handlung falsch ist, aber gegen die eigene Ignoranz und Schwäche ankämpft, darf nicht von einem gläubigen Sunniten, als Ungläubiger bezeichnet werden. Nur Kharidjiten, die die große Sünden als Blasphemie verurteilen oder die Mu`tazila, die der Ansicht sind ein sündiger Muslim befände sich in einem Zwischenstadium des Glaubens und Unglaubens, beanspruchen den Richtspruch für sich allein. Alle Sunnitischen Gelehrten stimmen überein, dass das Ketzerei sei und diese Menschen irregeleitet sind.
So sollte man vorsichtig sein, wenn man den Islam verteidigen will, denn man kann schnell unbewusste abirren.
7
Wie sehen die Grenzen und Maßstäbe der Pflichten und Aufgaben in familiären Kreisen z.B. beim Besuch aus?
der Islam misst der Familie als begründendes Kernelement der Gesellschaft einen besonderen Wert bei. Denn eine Gesellschaft in der der Islam gelebt werden kann ist mit der Familie als Institution möglich. Daher werden in den Primärquellen Qurʾān und Sunna gewisse Beschlüsse und Ratschläge erteilt, um den gesunden Werdegang der Familienstruktur zu gewährleisten. Das Familienrecht, das auf diesem Fundament begründet ist, hat einen bestimmende Eigenschaft auf Sitte und Norm.
Aus soziologischer Sicht wird die Familie als eine biologische und gesellschaftliche Gruppe, hervorgehend aus mindestens zwei Erwachsenen und Kindern bestimmt, dies wird dann als Kernfamilie benannt. Nach islamischer Tradition ist es möglich die Familie als eine Gruppe bestehend aus den Eltern, der Kinder und den Großeltern zu bestimmen. Man beachte dass bei solch einer Bestimmung der Familie zwei oder auch drei Generationen zusammen leben können. Seit jeher verfügt der Islam nicht über ein Verständnis von Familie im Sinne einer Großfamilie und nicht als Kernfamilie. Der Qurʾān schildert die Familienstruktur und unsere Verantwortung gegenüber unserer Etern, die mitunter Grund für unsere Existenz sind folgendermaßen:
Und dein Herr hat bestimmt, daß ihr nur Ihm dienen sollt, und daß man die Eltern gut behandeln soll. Wenn eines von ihnen oder beide bei dir ein hohes Alter erreichen, so sag nicht zu ihnen: »Pfui!«, und fahre sie nicht an, sondern sprich zu ihnen ehrerbietige Worte. (17/23)
Diesem Vers entsprechend leben unsere Eltern mit uns und scheiden zuletzt in der Familie lebend vom Leben dahin. (Doç. Dr. Ramazan Altıntaş/Modernitenin İslam Ailesi Üzerine Etkisi, Mehir, 1997)
Dass die Frau und der Mann allem voran den Eltern der Gatten, sowie den Verwandten der Gatten Respekt zollt, ist eine religiöse und humanitäre Pflicht. Denn der Qurʾān gebietet;
Kann einer, der Gutes tut, anders entlohnt werden als dadurch, daß ihm Gutes getan wird? (55/60)
Und auch der Prophet (s.a.s.) gebietet;
Von den segensreichen Menschen ist der, der anderen Gutes tut. (Feyzu'l-Kadir, III/480)
Ausgehend von diesen grundlegenden Erklärungen nehmen wir Bezug auf die gestellten Teilfragen.
Die Gattin hat den Status eines Gastes, wenn sie zum Besuch bei der Familie des Gatten ist. Daher hat sie wie auch die anderen Gäste das Recht, dass man sie bedient und sie bewirtet, es wird jedoch als Anstandslosigkeit betrachtet, wenn die Frau im Haus der Schwiegereltern sitzt und darauf wartet, von ihren Schwiegereltern bedient zu werden.
Das Versorgen der Eltern liegt im Verantwortungsbereich des Sohnes, da dieser allerdings auch gleichzeitg arbeiten muss um auch die Versorgung des Haushaltes zu gewährleisten, kann sich dies als schwierig erweisen. Um für seine Eltern zu sorgen, müsste er evtl. seine Arbeit niederlegen. Dies würde dann dazu führen, dass er nicht mehr den Haushalt versorgen kann. Daher sollte um Gottes Wohlgefallen willen die Frau diese Aufgabe übernehmen. Die Frau sollte dies auch berücksichtigen während sie zur Ehe schreitet.
Man soll Gäste die einen besuchen, im Rahmen seiner Möglichkeit bewirten. Über Hz. ʿĀʾiša erreicht uns eine Überlieferung des Propheten (s.a.s.), diese lautet folgendermaßen;
Die Hausfrau wird bei der Darbietung der Speisen des Haushaltes, gegenüber der Familie und den Gästen (gemäß der Sitten und der Bräuche) ohne dass sie dabei verschwenderisch wird, mit Segnungen entlohnt. Der Mann wird durch das Erarbeiten dieser dargebotenen Güter und die Bediensteten werden durch das Wahren dieser Güter gleichermaßen entlohnt. Die Entlohnung der Einen, vermindern keinesfalls die Entlohnung der Anderen. (Buhari, Buyu', 12)
Wir sehen also dass je nach Brauch und Millieu die Darbietung ("Ikrām) elementar ist. Wir können jegliche zu erbingenden Aufwände mit diesem Maßstab vergleichen. Nun gilt es auch zu sagen, dass dies keiner der Fragen ist, die man im absolutem Sinne mit "ja" oder "nein" beantworten kann. Vieles hängt auch von den Empfindungen der jeweiligen Leute und von ihrem Dialog untereinander ab. Jedenfalls ist es für uns Muslime immer oberstes Ziel und Maxime nach dem Gefallen Gottes zu streben und danach zu leben sowie auf unsere Mitmenschen mit Barmherzigkeit zu schauen.
8
Kann man heiraten, wenn die Eltern dagegen protestieren, aber für den Protest keine legitimen Gründe haben?
Liebe Leserin, lieber Leser
Wenn Mann und Frau religiös sittlich und anständig sind und die Eltern für ihren Protest kein gültigen Grund haben, so können sie diese Ehe auch nicht verhindern. Von jeweils verschiedenen ethnischen/kulturellen Hintergründen zu stammen, ist kein Hindernis für die Ehe. Die Schließung solch einer Ehe ist unbedenklich.
Man sollte aber so gut es geht, versuchen die Familien wohl zu stimmen. Auch gilt es zu beachten und gut abzuwiegen, wie intensiv und schwierig sich eine interkulturelle Ehe gestalten kann und welchen Problemen man dabei begegnen kann.
Es ist seitens der Familie falsch, solch eine Ehe, ohnen gültigen Grund verhindern zu wollen. Nach hanafitischer Rechtsschule, können zwei Menschen die zueinander passen, auch ohne das Einverständnis der Eltern heiraten. Neben dieser Bestimmung gilt es zu beachten, dass das Beschwichtigen der Eltern, viele Probleme, die man im Eheleben mit den Eltern haben würde, vorbeugen würde.
Ohne das Einverständnis der Eltern zu heiraten, sollte somit allenfalls als letzte Notlösung angesehen werden.
Selam & Dua
Fragenandenislam - Team
9
Die Vermächtnisse der Buchreligionen
Die Offenbarungsschriften bzw. Buchreligionen haben 5 gemeinsame universale Werte und Vermächtnisse.
Diese Vermächtnisse, welche Teil jeder Buchreligion sind, sind folgende Werte:
Schutz der Religion, des Lebens, der Nachkommen, des Verstandes sowie der Schutz des Eigentums.
Der Schutz dieser fünf Vermächtnisse folgt aus dem, ihnen innewohnendem Nutzen oder Zweckmäßigkeiten. Diese teilen sich in drei Ebenen auf:
1. Ebene, Notwendigkeit:
Die Nutzen oder Zweckmäßigkeit an die, die Religion und das weltliche Leben des Menschen gebunden ist. Die Notwendigkeit ist stärkste dieser Ebenen. Die Nichterhaltung der Vermächtnisse würde zum gesellschaftlichen Verfall und Zerfall führen. Die Religion des Islam misst daher dem Erhalt jener Vermächtnisse große Wichtigkeit bei. Es ist verpflichtend zum Erhalt von Religion, Leben, Verstand, Nachkommen sowie Eigentum, jenen Dingen Einhalt zu gebieten, welche Sie gefährden. Zum Erhalt der Religion wurde der Ǧihād verordnet; zum Schutz des Lebens wurde das Töten von Menschen sowie Selbstmord; zum Schutz des Verstandes wurde der Konsum von Alkohol und Drogen; zum Schutz der Nachkommen wurden Unzucht sowie die Verleumdung der Keuschheit und zum Schutz des Eigentums wurden Diebstahl und Betrug verboten (Ḥarām).
2. Ebene, Bedürfnisse:
Dies sind jene Nutzen oder Zweckmäßigkeiten, auf die der Mensch angewiesen ist hinsichtlich der Vorkehrungen zum Schutze der Religion, des Lebens, des Verstandes, der Nachkommen und dem Eigentum, der Überwindung von Bedürfnissen und das Sichern einer gewissen Freiheit/Breite. Falls diese Zweckmäßigkeiten außer Acht gelassen werden, würde man in Schwierigkeiten geraten bzw. man würde die 1. Ebene der Notwendigkeit gefährden. Beispielsweise, die im Straßenverkehr notwendigen Dokumente; die Zulässigkeit von Lizenzen in Geschäftsbeziehungen. Das Verbot der Produktion und des Verkauf von alkoholischen Getränken, sowie das Verbot der Anhäufung von Beständen zwecks eines Monopols sind eine Art Bestandteil dieser Ebene.
3. Ebene, Vervollkommnung:
Diese realisieren nicht direkt den Kern der 5 Vermächtnisse und sind auch nicht in der Beschaffenheit zum direkten Schutz dieser gedacht. Allerdings dienen Sie als weitere Vorkehrungen zum Schutze der Vermächtnisse. Beispielsweise gehören eine schöne bzw. angemessene Kleidung sowie das sittliche Verhalten zu dieser Ebene.
Die Notwendigkeit bildet die erste, die Hindernisse die zweite und die Vervollkommnung die dritte Stufe. Falls es unter diesen Ebenen zu Konflikten kommen sollte, werden Sie in folgender Reihenfolge gemäß ihrer Stufe bevorzugt. 1. Notwendigkeit 2. Bedürfnis 3. Vervollkommnung
Selam & Dua
Fragenandenislam Team
10
Darf man im Islam Tiere umbringen?
Liebe Leserin, lieber Leser
Die Handhabung variiert von Situation zu Situation, die Art des Tieres ist dabei auch ein wichtiger Faktor, da manche Tiere als Schädlinge eingestuft werden, während manch andere Tiere unter normalen Umständen uns Menschen in keiner Weise schaden würden. Es gibt aber grundlegende Werte an denen man sich richtet und aus denen man die bestmögliche Handlungsweise für seine Situation entnehmen könnte;
1. Wir sind bemüht jedes tierische Leben zu erhalten. Sofern Tiere unser Haus besiedeln, versuchen wir sie zunächst nach draußen zu führen, wir töten sie nicht auf Anhieb.
2. Falls wir das Tier nicht anders loswerden und zu Hause Schaden aufkommt, ist es erlaubt das Tier zu töten.
3. Tiere die draußen in ihrer Wildbahn leben und uns somit nicht betreffen dürfen nicht getötet werden.
Die Kernaussage hier ist, dass wir Tiere nicht aus eigennützigen und willkürlichen Motiven töten dürfen. Erst wenn wirklicher Schaden aufkommt unternehmen wir gewisse Schritte, wobei das Töten des Tieres der letzte noch verbleibende Schritt ist. Das Töten ist also als eine Art Notlösung zu verstehen.
Selam & Dua
Fragenandenislam - Team
11
Zwischen Freiheit und Demut - Ein Blick aus dem Islam
Oftmals hat die Religion etwas mit Regeln, Verboten und Unterwerfung zu tun. Man ist irgendwie klein und Gott ist groß. Man ist Diener und Gott ist Herr. Was man begehrt soll man nicht machen und wenn es nicht mehr geht, soll man eben die andere Wange hinhalten. Für jene, die nicht fest in ihrem Glauben sind, sind es diese Aspekte der Religion, die wohl am meisten auffallen. Denn das Konzept von Freiheit, Individualität und Entfaltung wird heutzutage groß geschrieben. Wir leben in einer ausdifferenzierten Gesellschaft, wo die absoluten Ansprüche eines Bereichs, wie z.B. Religion nicht mehr gesamtgesellschaftlich geltend sind. Wir leben in einer Zeit wo der Mensch an sich keine Grenzen kennt und prinzipiell alles darf. Es gibt kaum irgendwelche Zwänge und solange der Mensch sich an die Gesetze seines Landes hält, darf er sich frei bewegen. So wandelt sich mit der Zeit auch das Menschenbild. Wo der Mensch früher demütiger war und sich der Ordnung unterwarf, kann er heute alles hinterfragen und auch ablehnen. Er darf frei konsumieren und was er will, das kriegt er auch, wenn die Mittel dafür da sind. Der Mensch ist sich selbst also Quelle für Moral, Ethik und Recht geworden. Er regiert sich selbst und seine Meinung ist die zentrale Meinung. Das wirft in religiöser Perspektive neue Fragen auf. Wie lässt sich dieses neuzeitliche Bild von Freiheit und Individualität mit einer alten, fast schon „verstaubten“ Religion, die ihre Gebote und Verbote vor 1400 Jahren aufgestellt hat, vereinbaren? Wie können wir von Freiheit sprechen wenn die Religion uns gleichzeitig sehr genau sagt was wir machen sollen und was nicht? Könnten wir denn nicht auch individuell die Religion etwas an uns selbst anpassen?
Um solchen Fragen nachzugehen müssen wir erstmal verstehen, was denn Freiheit bedeutet. Im Grunde genommen bedeutet Freiheit, dass man sich in seiner Entscheidungsfindung, ohne Zwänge von außen bewegt. Häufig beschreiben wir auch Freiheit damit, dass wir sagen, der Mensch darf alles tun, solange er keinen anderen dabei schadet. Freiheit kennt also auch Grenzen. Sie scheint da aufzuhören, wo sie den anderen oder sich selbst Leid zufügt und destruktiv wird. So kann man auch beobachten, wie demokratische und hoch entwickelte Länder zu Gunsten der Sicherheit zeitweilig auch die Freiheit aufheben und den Ausnahmezustand ausrufen können, in Angesicht einer ernsthaften Bedrohung. Die Polizei oder das Militär ergreift dann die Kontrolle über den Alltag bis wieder für Sicherheit, Stabilität und Ordnung gesorgt wird. Freiheit ist also nicht absolut. Freiheit ist eher ein Konzept, das in Verbindung mit anderen Aspekten des Lebens auftritt und im Zusammenspiel koexistiert. Freiheit ist nicht etwas faktisch Vorhandenes in der Welt der Objekte, sondern ein Gedanke oder eine Wertvorstellung. Freiheit auf individueller Basis ist anders als Freiheit auf gesamtgesellschaftlicher Basis und Freiheit in einer stabilen Gesellschaft weicht von ihrem Platz für Kontrolle in einer instabilen und gefährdeten Gesellschaft. Daher wird in den verschiedenen Orten der Welt auch verschieden über Freiheit gedacht. Wie man mancherorts auf den Begriff von Freiheit kommt ist zunächst eine andere Frage, es wird aber klar, dass wir nicht einfach oberflächlich über den Begriff der Freiheit reden können und fragen müssen, wie der Islam das Thema aufgreift.
Der Islam zeichnet dabei größere Kreise ab und behandelt die Freiheit auch auf individueller Ebene. Neben der Tatsache dass man anderen nicht schaden darf, kann man im Islam auch sich selbst keinen Schaden zufügen und sozusagen nicht gegen sich selbst handeln. Denn sämtliche Anlagen des Menschen, wie etwa sein Körper, sein Verstand, seine Seele etc. sind Leihgaben Gottes und sind daher nicht Besitz des Menschen. Entsprechend ist es den Menschen auch nicht erlaubt, Sachen zu tun, die jenen Leihgaben Gottes, also dem eigentlichen Besitzer, schaden. Rauschmittel schaden z.B. dem Körper und dem Gehirn, daher sind sie verboten. Wir haben gerade über Freiheit vor allem als ein zusammenhängendes Konstrukt gesprochen und dabei gab es nur den Menschen als relevante Instanz. Der Mensch ist frei, solange der Mensch geschützt ist. Hier wird aber von einer Beziehung zwischen Gott und den Menschen gesprochen und Freiheit ist im Rahmen dieser Beziehung zu verstehen. Gott ist Besitzer, Herrscher und Verwalter und der Mensch ist sein Besitz, Geschöpf und sein Diener. Daher hört die Freiheit des Menschen da auf, wo sie sozusagen den Besitz Gottes missbrauchen will und dem Vertrauen Gottes nicht würdig wird. Deswegen hat der Mensch auch nicht die Freiheit, gegen Gott zu rebellieren und andere in Versuchung und Sünde zu führen. Daher ist es im Islam z.B. nicht denkbar, dass eine Frau sich im öffentlichen Raum freizügig zeigt und andere Männer in Versuchung bringt. So hätte sie nämlich auch der Seele anderer Menschen Schaden zugefügt und dazu hat sie kein Recht. Den Begriff der Freiheit müsste also im religiösen Verständnis erweitert werden. Der Mensch ist in seiner Entscheidung frei, solange er als Geschöpf Gottes das „göttliche Eigentumsrecht“ beachtet, und anderen Menschen nicht schadet, weder hinsichtlich des Diesseits als auch des Jenseits. Die Freiheit hat demnach jenseitige Aspekte. Dass der Mensch gemäß seinen Willen im Diesseits Gutes wie auch Schlechtes bewirken kann, ist Teil seiner göttlichen Prüfung. Es gäbe keine Prüfung, wenn der Mensch gar nicht die Möglichkeit hätte, Fehler zu begehen und zu lernen. In diesem Sinne verfügt der Mensch über die Freiheit sich nach seinem Ermessen zu entscheiden. In der Religion gibt es keinen direkten Zwang sondern die bewusste Entscheidung. Das ist der Rahmen in dem sich der Mensch bewegt. So gibt es eine immense Vielfalt innerhalb einer Gesellschaft, etliche Berufsgruppen und unzählige religiöse Strömungen. Es gibt sehr fromme wie auch sehr sündhafte Menschen, Menschen die Gutes bewirken, wie auch Menschen die anderen sehr zu Last fallen und ihnen Leid zufügen. In dem Punkt ist der Mensch komplett frei. Wenn er sich aber Gott verschreibt, dann verändert sich die Form dieser Freiheit. So wie es allgemeine Geschäftsbedingungen zwischen zwei Vertragsparteien gibt und man sich für dessen Klauseln verantwortlich macht, sobald man ihnen einwilligt, gibt es auch sozusagen Bedingungen zwischen Gott und Mensch. Man kann sich demnach also nicht einfach Gott widmen und gleichzeitig tun und lassen was man will. Gewisse Regeln und Sensibilitäten muss man dann auch beachten, wenn man ihnen denn einwilligt. Wie auch immer der Mensch sich aber entscheidet, er hat mit den Konsequenzen zu leben, ob genehm oder unangenehm.
Regulierungen und Grenzen die aus der Religion erwachsen, sind aber nicht als unangenehme Einschränkungen zu verstehen. Eher sind sie als Schutz zu denken. Ein Fisch kann sich im Wasser frei bewegen aber seine Grenzen sind klar durch das Wasser abgesteckt. An Land wird er nicht überleben, dort sind ohnehin auch Tiere anzutreffen, die ihn auffressen würden. Dass der Fisch also im Wasser bleiben muss, dient eher seinem Schutz und ist für ihn besser so. Der Ozean des Menschen ist der Bereich des Erlaubten, denn der Bereich des Erlaubten ist weit genug gespannt, jeglichem menschlichen Wohlbefinden zu entsprechen. In diesem Bereich kann der Mensch sich frei entfalten und bewegen. Ein Austritt aus diesem Bereich wird ihn nur schaden und er wird an der Pforte der Hölle anklopfen. Aus diesem Blickwinkel könnte man auch sagen, Freiheit ist die Erlaubnis zwischen dem Bereich des Erlaubten und dem Bereich des Unerlaubten frei zu wählen und in Folge dessen in der Lage zu sein, sich freiwillig auf den Pfad des Himmels oder den Pfad der Hölle zu begeben.
Im Endeffekt ist der Diener bzw. der Untertan nicht „frei“, denn er hat eine sehr enge Anbindung und Abhängigkeit an seinen Herrn. Als solcher kann er logischerweise nicht einfach alles nach Lust und Laune tun. Wo doch der Mensch im Alltag von seinem Arbeitgeber, seinem Lehrer, seinem Arbeitskollegen oder seinen Eltern abhängig ist, scheint es regelrecht unlogisch, warum er gerade gegen Gott unbedingt seine Freiheit verfechten will. Dies müssen wir bestens internalisieren. Der Mensch kann mit seiner Hand nicht hören, mit seinen Augen nicht riechen und mit seinen Ohren nicht sehen. Der Mensch muss nämlich seine Anlagen, Organe und Gefühle an richtiger Stelle verwenden. Gott hat in seiner unendlichen Barmherzigkeit und Weisheit die richtige und falsche Nutzung uns offenbart, durch den Bereich des Erlaubten und den Bereich des Unerlaubten. Nicht zuletzt muss man erwähnen, dass ein Jener, der auf die zügellose und uneingeschränkte Befriedigung seiner Gelüste aus ist, nichts weiter ist, als der Sklave seiner primitiven Triebe. Man sollte bedenken, ob das wirklich Freiheit ist. Wenn man so einen Menschen mit einem religiös frommen Menschen vergleicht, kann man zunächst eine Gemeinsamkeit erkennen. Sie sind beide Diener und stehen unter Befehl. Der kriminelle Dieb, der aus Geldgier andere Menschen überfällt und sie beraubt, fällt in höchste Ungnade in den Augen der Menschen und er wird bei erster Gelegenheit bestraft. Der Schüler, der aus wissenschaftlicher Neugier allerdings stets seinem Lehrmeister folgt um von ihm zu lernen, gewinnt Lob und Anerkennung. Seine Haltung wird Früchte tragen. Zeit und Ort spielen für diese Haltung und der Freiheit aus religiöser Sicht keine große Rolle.
Die Verse und Bestimmungen des Qurʾān sind ewig gültig. Demnach gelten sie auch für unsere Zeit und werden für die Zeit danach auch geltend sein. Gegenüber dem, was sich im Qurʾān offenbart, verstummt der Mensch mit seinen beschränkten Kapazitäten. Vieles übersteigt nämlich seinen Verstand. Die Eigenschaften und das Wesen Gottes stehen nämlich über der Zeit und werden sich niemals verändern. Der Wille Gottes und das Modell von einem Menschen, der das Wohlwollen Gottes erreicht, wird sich auch nicht verändern. Es wäre aber unangebracht zu sagen, die Zeit und die historischen Entwicklungen spielten gar keine Rolle. In der Ausübung, also der Praxis der Religion gab es zu verschiedenen Zeiten verschieden ausgeprägte Offenbarungen und Gebote bzw. Verbote. Dies hat mit dem Entwicklungsstand der Menschen zu tun. Je entwickelter der Mensch wurde, desto filigraner und detaillierter oder ausgereifter wurde die religiöse Praxis im Rahmen der Gebote und Verbote behandelt. Der Mensch wurde aber zu jedem Moment seiner Geschichte mit rechtleitenden Offenbarungen und Maximen ausgestattet, damit er gemäß seiner Kapazitäten Gott dienen kann und nicht überfordert wird. Je weiter seine Kapazitäten also reichen, desto mehr wird von ihm erwartet. So sieht man beim näheren Blick auch, dass es in innerislamischen Kreisen bei solchen Debatten auch eher um die Praxis geht. Die wesentlichen Aspekte werden kaum Streitthemen. Wer aber eine gänzlich andere und degenerierte Wertvorstellung und Auffassung hat, wird folglich das Ganze kritisieren und ablehnen. Die Wirklichkeit des Rechts ist aber unabhängig von der Meinung von vielen. Sie können sich ihr anpassen aber sie können nicht einfach aus Unrecht Recht und aus Recht Unrecht machen. Beispielhaft können wir von dem Verbot von Alkohol und dem Zinshandel sprechen. Nur diejenigen, die dieser Sucht verfallen sind würden sich eventuell diesbezüglich verteidigen, ansonsten liegt aber ihre Schädlichkeit klar auf der Hand. Wenn es nun ein Land gäbe, wo die Mehrheit der Bevölkerung alkoholsüchtig wäre, könnte man deswegen noch lange nicht behaupten, der Qurʾān enstpräche nicht dem Zeitgeist. Eher würde man davon sprechen, dass diese Gesellschaft zerrüttelt und zerrissen ist und weit entfernt von der Moral und der Ethik des Qurʾāns.
Der Islam trifft mit seinen Geboten und Verboten immer Vorkehrungen und schließt alle Wege zum Unheil. Dabei bezieht sich der Islam auf die gesamte Menschheit und nicht auf Einzelne. Was für den einen harmlos erscheint, ist für den anderen kritisch. Daher muss man den Islam als ein Ganzes akzeptieren auch wenn wir gewisse Aspekte erstmal nicht ganz nachvollziehen können. So gilt zu sagen, die Gebote und Verbote im Islam sind nicht einfach Meinungssache des Einzelnen. Es wäre falsch wenn wir eine Sache einfach als veraltet, verfehlt oder sinnlos beschreiben, nur weil wir sie selbst im ersten Moment nicht begreifen. Wir würden damit einem Kind ähneln, das denkt es kann die Sonne mit seinem Daumen zum Erlöschen bringen, indem es den Daumen eng an den Augen und vor der Sonne platziert. Der Mensch ist somit im Rahmen der Gebote und Verbote des Islams frei, aber es sind nicht sie, die von seinem Ermessen abhängig sind, sondern er, der von ihren Grenzziehungen abhängig ist. Wie bewusst ihm das ist und wie gut er dies nachvollziehen kann, kommt auf seine Kapazitäten, sein Wissen und seinen Glauben an. Zum Schluss bleibt zu sagen, der Mensch ist frei in seinen Entscheidungen. Sobald er sich aber entschieden hat und dies bewusst bestätigt ist er nicht mehr frei. Er ist dann gemäß seinen Präferenzen eingebunden und dient dem, wofür er sich frei entschieden hat.
Selam & Dua
Fragenandenislam - Team
12
Und wenn man noch nie vom Islam gehört hat? Kommt dann etwa auch in die Hölle?
*Wir wollen in einigen kurzen Sätzen erläutern was der Begriff „Ehli fetret“ bedeutet: Unter Ehli fetret versteht man meist die Gruppe von Menschen, die in der Zeit zwischen zwei Propheten lebten. Dies könnte man als eine Art Pause oder Unterbrechung (der Offenbarung) sehen. Somit lebten diese Menschen zu einer Zeit wo die göttliche Offenbarung nicht offenkundig und eindeutig fixiert wurde. Wir werden im Text fortwährend den Begriff „Zwischenzeit“ hierfür verwenden.
Diese Information finden sie in dem Buch „Faysalü’t-Tefrika Beyne’l-İslâm ve’z-Zendeka“ unter dem Abschnitt „Toleranz im Islam“ übersetzt von Süleyman Uludağ, auf den Seiten 60 und 61.
Was geschieht mit denen die den Islam nicht kennen bzw. noch nie etwas darüber gehört haben? Was genau versteht man unter „den Islam nicht kennen“?
Bevor wir mit dem eigentlichen Thema beginnen, halten wir es für sinnvoll an folgende Wahrheit zu erinnern. Jemanden zur Rechenschaft zu ziehen ist ganz allein Gott vorbehalten. Die Schöpfung hat kein Recht Ihn Fragen zu stellen oder Ihn zu Rechenschaft zu ziehen.
Der einzige Eigentümer und Richter des ganzen Besitzes ist Gott der Allmächtige. Der König von Ewigkeit zu Ewigkeit kann sein Reich so verwalten wie er es vorsieht. Doch da Er ja der Allweise, Gerechte und der Allbarmherzige ist, verwaltet er sein Reich mit Weisheit, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit. Niemand außer Ihm selbst ist zu seinen Geschöpfen Barmherziger. Die Person die von den Fragestellern oben bemitleidet, aber in Wirklichkeit als Entschuldigung für ihre eigenen Sünden vorgeführt wird, ist ein Diener Gottes. Wir beziehen uns hier nur auf den Menschen. Derjenige, der ihn in der Gebärmutter als er noch ein Tropfen war, mit seiner Barmherzigkeit und seiner Gnade zum Menschen formte, der ihm ein Verstand gab und die nötigen Utensilien um in dieser Welt seinen Nutzen zu ziehen, ist einzig und allein Gott der Allmächtige. Wenn das aber so ist, dann ist niemand gütiger zu ihm als sein barmherziger Schöpfer.
Wenn man sich mit Themen wie dem Schicksal und der Gerechtigkeit befasst, darf man diese Wahrheit nicht außer Acht lassen. Jeder Mensch auf diesem Planeten, hat seine eigene kleine Welt, in Bezug auf seine Lebensbedingungen, seinem familiären Umfeld, den Herausforderungen bei der Sicherstellung seines Lebensunterhaltes und der Gesellschaft in der er sich befindet. Die vollkommene Weisheit die da hinter steckt wissen wir nicht, doch haben wir keinerlei Zweifel dass unser Schöpfer der „Gerechte“ ist und dass die Resultate aus diesem Leben uns im Jenseits zur Schau gestellt werden. Der folgende Vers gibt uns kund davon.
Wer nun im Gewicht eines Stäubchens Gutes tut, wird es sehen. Und wer im Gewicht eines Stäubchens Böses tut, wird es sehen. (Sura az-Zilzāl 8)
Viele Umstände (Reichtum, Macht, Gesundheit usw...) die wir hier auf der Erde für nützlich halten, werden für viele, auf der anderen Seite zu Last, denn sie tragen eine große Bürde. Und viele Umstände (Armut, Krankheit usw...) die wir hier für eine Last und Bürde halten, werden ein Grund „unter der Bedingung das wir Geduldig sind“ zur Vergebung unserer Sünden.
Am Auferstehungsplatz werden alle ihr zustehendes Recht bekommen. Sogar zwischen Tier und Mensch oder aber auch die Tiere untereinander. Selbst ein Ungläubiger wird, falls ihn ein Muslim sein Recht beraubt hat, sein Recht bekommen. So ein oberster Gerichtshof wartet auf uns. Der absolut Gerechte der selbst die kleinsten Rechte zwischen den Tieren mit einer empfindlichen Waage, deren Art wir nicht kennen, wiegt, wird selbstverständlich auch über den Menschen mit seiner absoluten Gerechtigkeit urteilen.
Die Einflüsterungen in Hinsicht auf das Schicksal und die göttliche Gerechtigkeit, die einige Menschen plagen, entsteht aus der Außerachtlassung jenes Tages des Obersten Gerichtes.
Ohne Berücksichtigung dieses Tages ist es sicherlich unmöglich zu begreifen wie sich die göttliche Gerechtigkeit in dieser irdischen Prüfung offenbart.
Man sollte nicht vergessen dass an jenem Tag an dem selbst das geringste Übel berücksichtigt werden wird, auch jene die Gottes Gerechtigkeit verleugnet haben, zur Rechenschaft gezogen werden. Die Weisheit erfordert es, die Themen die man nicht versteht zu lernen und zu erforschen, anstatt gegen sie Einwände zu erheben. Außerdem sind sie eine Form des Gottesdienstes. Ein Beispiel: Das Medizinische Niveau auf dem wir uns heute befinden ist eine Folge dessen, das wir wissen, dass der ewige Verwalter den Menschen und all seine Körperteile mit vollkommener Weisheit erschaffen hat. Jedes einzelne Körperteil hat seine Funktion. Ein Arzt der behaupten würde, dass ein Körperteil bei dem er nicht weiß was für einen Zweck er erfüllt, wäre sinnlos, würde somit lediglich seine eigene Unwissenheit zur Schau stellen. Seine Unwissenheit ist kein Beweis dafür, dass der Körperteil unnütz ist. Genauso ist derjenige der Zeugnis für die absolute Gerechtigkeit Gottes abgegeben hat, zum Glauben verpflichtet, dass sich in allen Geschehnissen die göttliche Gerechtigkeit vollzieht. Man sollte die Antworten auf die sich ergebenden Fragen unter diesem Verständnis suchen. Gott der Allmächtige sagt im heiligen Qurʾān:
Gott erlegt keiner Seele mehr auf, als sie zu leisten vermag. (Sura al-Baqara 286)
Somit mach Gott deutlich, dass Er seinen Dienern keine Lasten auferlegen wird, die sie nicht tragen können. Sowie es Lasten gibt die der Körper nicht tragen kann, so gibt es auch Wahrheiten die der Verstand alleine nicht erreichen kann. [….]
Lassen sie uns das Thema mit einigen Beispielen erklären:
– Einer der so Krank ist, das er nicht mehr auf den Beinen stehen kann, verrichtet das Gebet sitzend.
– Jemand der nicht sitzen kann oder nicht in der Lage ist sich zu bewegen kann sein Gebet zu einem späteren Zeitpunkt nachholen.
– Jemand der während der Fastenzeit versehentlich was isst, muss nicht erneut fasten.
– Jemand dem man unter Zwang etwas verbotenes zu Essen gegeben hat, wird dafür nicht haftbar gemacht.
– Ein armer Muslim muss weder die Pilgerfahrt vollziehen, noch die Almosensteuer entrichten.
Es gibt noch viele weitere Beispiele die man hier aufführen könnte.
Dies sind alles Beweise dafür, dass Gott der absolut Gerechte ist und seinen Dienern keine Lasten aufträgt die sie nicht tragen können. Gott hat mit seiner absoluten Gerechtigkeit die Verantwortung des Menschen sowohl durch seine körperlichen und materiellen Gegebenheiten als auch durch seinen Grad an Verständnis der Glaubenswahrheiten und der islamischen Bestimmungen eingeschränkt. Das heißt, auch dem Verstand trägt Gott keine Lasten auf die er nicht tragen kann. Auch ist es erforderlich diese Wahrheit zu kennen:
Da des Menschen eigentliche Aufgabe in dieser Welt der Glaube an Gott und der Gehorsam ihm gegenüber ist, hat der freigiebige Schöpfer auch dem am niedrigsten entwickelten Verstand die Fähigkeit gegeben seine Existenz zu erkennen. Obwohl man mit wenig Verstand zwar die weltlichen Angelegenheiten nur schwerlich zu tun vermag, kann man trotzdem erkennen dass dieses Universum einen Schöpfer haben muss. Andererseits, wenn jemand der nur eine Hand hat und damit seine weltlichen Angelegenheiten nur zum Teil bewerkstelligen kann, auch noch die andere Hand und seine beiden Beine verliert, schränkt ihn das nicht im geringsten darin ein Gott zu erkennen und sich seiner Existenz bewusst zu sein. Nachdem sein Verstand realisiert hat, dass es einen Schöpfer für dieses Universum gibt, verrichtet er seine Gottesdienste in dem Grade in dem es sein Körper zulässt.
Gott der absolut Gerechte hat jedem genug Verstand verliehen um diese Prüfung auf der Erde zu bestehen. Psychisch Kranke oder diejenigen die die Pubertät nicht erreicht haben sind von der Prüfung befreit.
Nach diesen Erläuterungen kommen wir zu den vorhandenen Deklarationen zum Thema Zwischenzeit
Die Frage lautet: Wie wird die Gerechtigkeit bei der Prüfung zweier Personen gewahrt, wenn der eine an irgendeinem abgelegenen Ort der Welt oder in Gefangenschaft auf die Welt kommt und der andere in einem islamischen Land geboren wird und dort lebt? Dazu müssen wir erst einmal folgendes sagen: Gemäß Maturidi, einem Gelehrten der hanafitischen Rechtschule, ist eine wie oben beschriebene Person lediglich damit betraut zu erkennen und zu wissen das er selbst und diese Welt einen Erschaffer hat. Da er die anderen Glaubenswahrheiten und islamischen Bestimmungen mit seinem Verstand nicht zu erreichen vermag, ist er für diese nicht haftbar. Nach der Anschauung des Gelehrten Eschari, dem auch die meisten Anhänger der schafiitischen Rechtschule folgen, gehört so eine Person selbst wenn sie nicht an Gott glaubt zu den Erretteten. Doch folgen die meisten Gelehrten der Ansicht von Maturidi.
Der verstorbene Gelehrte Ömer Nasuhi Bilmen sagte zu diesen Thema folgendes:
Diejenigen die in der Zwischenzeit Zeit leben und die auch von Propheten nichts gehört haben, sind dennoch verpflichtet Zeugnis für Gottes Existenz abzulegen. Denn die Fähigkeit des Denkens und die Natur des Menschen führt ihn zu Gott und zur Einheit Gottes.
Jedoch sind sie befreit von anderen religiösen Verpflichtungen. Denn wenn diese nicht von einem Propheten verkündet wurden, vermag man diese nicht mit seinem Verstand zu ergründen.“
Zwischenzeit bedeutet so was wie Unterbrechung, eine Zeit zu der keine Propheten gesandt wurden und es eine Unterbrechung der göttlichen Offenbarung gab. Insbesondere wird der Ausdruck für die Zeit zwischen den Propheten Isa (as) und dem Propheten Muhammed (s.a.s.) verwendet. Zu diesen Menschen sagt man das sie in der Epoche der Zwischenzeit gelebt haben. Diejenigen die nach unseren Propheten zur Welt kamen, auf einem Berg lebend oder an einem abgelegenen Teil der Erde und die auch nichts vom Islam gehört haben, gelten ebenfalls als Personen der Zwischenzeit.“
„Da sie in dieser Hinsicht als entschuldigt gelten sind sie nicht mit den göttlichen Geboten bzw. Beschlüssen wie das Fasten oder das rituelle Gebet verpflichtet. Lediglich in Bezug auf die Verpflichtung an die Existenz Gottes zu glauben, gibt es Meinungsverschiedenheiten. Nach der Ansicht von dem Gelehrten Aschari reicht es nicht aus Gottes Existenz nur mit den Verstand wahrzunehmen. Er ist der Meinung, die Verpflichtung an Gott zu glauben muss mit der Religion gefestigt werden. Ungläubige aus der Zeit der Zwischenregierung würden daher nicht mit dem Feuer der Hölle bestraft werden. Folgender Vers bestätigt das:
„Wir strafen nicht eher, bis Wir einen Gesandten geschickt haben.“ (Sura al-Isrāʾ 15)
Jedoch sagen die meisten Gelehrten und Anhänger von Maturidi, an Gott dem Allmächtigen zu glauben ist eine Notwendigkeit. Jeder kann die Einheit Gottes mit seinen Verstand begreifen…
Egal wo auf der Welt und in was für einer Zeit sich ein Mensch befindet, es kann nicht zulässig sein, dass er gemäß seiner Vernunft die Existenz Gottes nicht schlussfolgern kann, wo doch fortwährend zu tausenden immer wieder die Pracht des Erschaffenen bzw. der Geschöpfe dem Menschen ins Auge stoßen und Zeugnis ablegen für den der alles aus dem Nichts erschafft.… Die in dem obigen Vers erwähnte Strafe, die nicht verhängt wird, bezieht sich auf das Diesseits nicht auf das Jenseits. Oder aber die in dem Vers nicht verhangene Strafe bezieht sich auf religiöse Handlungen und Verpflichtungen die nicht ausgeführt wurden, weil deren Verständnis für den Verstand unmöglich war. Wissen über unseren Schöpfer welches man mit seinem Verstand hätte erwerben können, aber nicht getan hat, umfasst es jedoch nicht.“
„Deswegen ist niemand mit einen Gesunden Verstand entschuldigt Gott nicht zu finden. Einigen Gelehrten zufolge gibt es drei Arten von Menschen die in dieser Zwischenregierung gelebt haben.
1. Diejenigen die obwohl sie in der Zwischenregierung gelebt haben, Gott und seine Einheit mit ihren Verstand gefunden haben. Diese Menschen werden ins Paradies eingeladen.
2. Menschen die Gott jemand (im Sinne eines Götzen) beigesellen. Sie werden in die Hölle verbannt.
3. Diejenigen die ihr ganzes Leben in Achtlosigkeit gelebt haben und ihren Geist und Verstand nicht beschäftigt haben Gott zu finden. Bzgl. dieser Gruppe gibt es unterschiedliche Auffassungen.
„Bediüzzaman“ Said Nursi sagt über die Menschen in der Zwischenregierung folgendes:
Doch nach dem Geheimnis der Ayah sind die Menschen, die in einer Zeit zwischen den Propheten (saman-i fetret) leben, gerettet. Und es wird allgemein bestätigt, dass sie für ihre kleineren Fehler nicht bestraft werden. Nach Imam Schafi und Imam Asch’ari sind sie selbst wenn sie dem Unglauben verfallen sind und sich nicht an die Grundlagen des Glaubens halten, dennoch gerettet. Denn die Verantwortung vor Gott erfolgt aus der Sendung (eines Propheten). Aus der Sendung erfolgt die Verantwortung durch die Erkenntnis. Da Gottvergessenheit und der Ablauf der Zeit den Glauben der vorhergegangenen Propheten verdunkelt hatte, war er für diese Menschen der Zwischenzeit nicht mehr beweiskräftig genug. Wenn sie dennoch gehorchen, empfangen sie ihren Lohn, falls nicht, werden sie doch nicht bestraft. Denn da (ihnen ihr Glaube) verborgen blieb, konnte er ihnen auch nicht als Beweis dienen. (28.Brief)
Hier könnte eine Frage in denn Sinn kommen.
„Was passiert mit den Menschen die den Namen unseren Propheten (s.a.s.) zwar gehört haben, aber jedoch immer mit negativer Propaganda?“
Diese Frage beantworten wir, indem wir aufzeigen wie der Gelehrte al-Ghazālī die Menschen klassifiziert. In dieser Klassifizierung nimmt der Gelehrte die Situation der in jener Zeit lebenden Christen und zu dem Zeitpunkt noch Nichtmuslimischen Türken zu Hand. Er sagt folgendes:
Nach meiner Überzeugung, wird Gott der Allmächtige insallah viele der zu unserer Zeit lebenden Griechen, Christen und Türken seine Barmherzigkeit zuteil werden lassen. Gemeint sind hierbei die in fernen Ländern lebenden Griechen und Türken, die noch nicht zum Islam eingeladen wurden. Wir unterteilen sie in drei Gruppen:
a. Die die noch nie den Namen unseres Propheten (s.a.s.) gehört haben.
b. Die Menschen die unseren Propheten (s.a.s.) sowie von seinen Eigenschaften und Wundern gehört haben. Dies sind Menschen aus benachbarten Regionen eines islamischen Landes, oder unter Muslimen lebende Menschen. Dies waren Ungläubige.
c. Die Menschen die sich zwischen diesen zwei Gruppen befinden. Auch wenn sie von unseren Propheten (s.a.s.) gehört haben, so haben sie nichts über seine Eigenschaften und Besonderheiten gehört. Genauer gesagt haben sie von Kindheit an nur schlechtes über unseren Propheten (s.a.s.) gehört wie z.B.: „Es ist >>Gott bewahre<< nur ein Lügner namens Muhammed der ein Anspruch auf ein Prophetentum will.“ Ganz wie in unserer Kinderzeit „el-Mukaffa“ der sich als Prophet ausgegeben hat. Nach meinen Befinden. Denn sie haben den Namen des Propheten (s.a.s.) stets im Zusammenhang mit dem Gegenteil seiner tatsächlichen Eigenschaften gehört. Dies wiederum verleitet den Menschen nicht dazu darüber nachzudenken und nach der Wahrheit zu forschen Toleranz im Islam, [übersetzt von Süleyman Uludag]
Heutzutage ist es möglich sowohl in christlichen wie auch in kommunistischen Ländern, auf Leute, wie sie der Gelehrte al-Ghazālī in der dritten Gruppe klassifiziert hat, anzutreffen. So wie es Menschen gibt, die in christlichen Ländern fern abgelegen von jeglicher Zivilisation und Möglichkeit die Wahrheit über die Religion zu finden, leben, so findet man auch Menschen die in kommunistischen Ländern in Gefangenschaft leben und fern davon sind je zu wissen was eine freie Welt bedeutet. Es ist offenkundig wie schwer es unter solchen Voraussetzungen ist den Islam, welcher die Religion der Wahrhaftigkeit ist, zu finden. Der Allweise Schöpfer in seiner endlosen Weisheit und mit seiner allumfassenden Barmherzigkeit wird diese Menschen natürlich den Bedingungen entsprechend behandeln.
Und es ist offensichtlich, dass die Verantwortung eines Komitees der Aufruhr und Defätismus, welches hinter dem Vorhang eines Regimes mit den Zweck des absoluten Unglaubens gegen die Religion, den Glauben und speziell den Islam Intrigen/Komplotte plant, nicht gleich zu setzen ist mit den vergessenden/unachtsamen und unterdrückten/leidtragenden.
In diesem Zusammenhang möchten wir „Bediüzzaman“ Said Nursi nochmal zitieren, der folgendes über unschuldige bzw. unter Tyrannei leidende Christen sagt.
Denn in dieser Endzeit hat sich ja zudem auch noch ein Vorhang der Gleichgültigkeit, eine Art Zwischenzustand (fetret) über die Religion (din) im allgemeinen und die Religion des Propheten (Din-i Mohammedi), über dem Friede und Gottes Segen sei, herabgesenkt. Doch wird in dieser Endzeit der wahre Glaube Jesu, mit dem Friede sei, wiederhergestellt werden, sodass sich mit Sicherheit sagen lässt, dass die z.Zt. noch im Dunkel dieses Zwischenzustandes (fetret) verharrenden Christen, welche unschuldig mit ins Unglück hineingezogen worden sind, Schulter an Schulter mit den Muslimen auch eine Art von Märtyrern genannt werden können. Besonders die Alten, vom Unglück geplagten, die Armen und Schwachen litten unter der Macht und Gewalt der großen Diktatoren und ihrer Grausamkeit. Sowie deren erlittenes Leid eine Sühne sein wird für die Sünden die herrühren aus ihrer der Kultur entsprungenen Wollust und dem Unglauben der fehlgeleiteten Philosophie, so wird es für sie ein hundertfacher Gewinn sein. Wenn nun aber diejenigen, welche unter dieser Katastrophe leiden, den Unterdrückten zu Hilfe eilen und sich für den Frieden der Menschheit, die Erhaltung der Grundlagen des Glaubens und all dessen, was dem Menschen hoch und heilig ist, und die Achtung der Menschenrechte einsetzen, dann ist das Ergebnis eines solchen opferbereiten Einsatzes für das innerliche Leben und im Jenseits umso größer. Das hat zur Folge, dass diese Katastrophe (musibet) für sie zu einem Grund wird, auf den sie stolz sein können (medar-ı şeref) und worüber sie sich freuen dürfen. (Bediüzzaman Said Nursi, Briefe aus Kastamonu, S.103)
Die obigen Aussagen sind eine kurze Zusammenfassung über die Ansichten der Gelehrten, der sunnitischen Gemeinde. Wir fanden die obigen Erläuterungen für ausreichend und haben nicht auf weitere Quellen zurückgegriffen. Wer zu diesen Thema mehr wissen will kann andere theologischen Bücher, insbesondere das Werk von Abdurrahman Cezerî "Mezâhib-i Erbaa" sowie das Werk von Aliyyü'l-Karî "Şerhu'l-Emâli und Şerh alel-Fıkhi'l-Ekber, lesen.
Nun möchten wir uns einen weiteren Aspekt der gestellten Frage ansehen:
Wenn jemand in einem islamischen Land zur Welt kommt, bedeutet es nicht zwangsläufig, dass er auch ins Paradies eingeladen wird. Diejenigen die sich ein wenig mit der islamischen Geschichte auseinandergesetzt haben wissen, dass unser Prophet (s.a.s.) jüdische Nachbarn hatte, die den Islam nicht angenommen und ihr ganzes Leben den jüdischen Glauben ausgelebt haben. Obwohl der Islam zu Zeit unseres Propheten (s.a.s.) seine lebendigste Zeit hatte, gab es in Mekka immer noch Götzenanbeter und Heiden. Wenn jeder Mensch der in Mekka zur Welt kommt Muslim werden müsse, dann müsste es erfordern, dass sowohl Ebu Cehil als auch Ebu Leheb, der Onkel unseres Propheten (s.a.s.) Muslim werden.
Wie bekannt ist, war selbst der Vater des Propheten Abraham ein Götzenanbeter. Auch die Frau des Propheten Lot oder aber Frau und Sohn des Propheten Noah gehörten zu den Ungläubigen. Auf der anderen Seite jedoch, haben wir den Propheten Moses, der im Palast ja auf dem Schoße eines gottesleugnerischen Pharao aufgewachsen ist. Und auch die Frau vom Pharao zählte zu den Gläubigen.
Das heißt, ein jeder der seinen Schöpfer sucht und sich ihm zuwendet, der wird rechtgeleitet. Selbst wenn er auf dem Schoße eines Pharao aufwächst. Wenn ein jener aber Blind gegenüber der Wahrheit ist, wird ihn sein Vater oder Sohn nicht retten können, selbst wenn dieser ein Prophet ist. Obwohl es in den Islamischen Ländern überall Moscheen, Minaretten, Gebetsrufe, islamische Bräuche ja sogar Grabsteine gibt, die auf den Islam aufmerksam machen, gibt es nicht dennoch eine Vielzahl von Menschen die fern vom Islam und fern von Gottes Geboten leben?
13
Geflüchtete - Eine Frage der Menschlichkeit
Was hat die Menschheit und speziell die Muslime zu tun bezüglich der Geflüchteten?
In letzter Zeit legt die Welt quasi eine Prüfung in Sachen Menschlichkeit ab, was die Geflüchteten angeht. In dieser Prüfung schneiden viele Länder und vor allem europäische Länder recht schlecht, ja geradezu beschämend ab.
Das gesunkene Schiff mit Hunderten von Geflüchteten oder dass das Haus für die Geflüchteten Opfer von Brandstiftern wurde, Stunden bevor die Geflüchteten dort platziert werden sollten sind schreckliche Momente. Mindestens genauso schrecklich ist aber die Ignoranz und in manchen Fällen sogar der Jubel einiger Bevölkerungsgruppen gegenüber diesen Tragödien.
In einem Umfeld wo Menschen hilflos und panisch um Hilfe flehen ist es alarmierend zu sehen wie sehr die Bevölkerung oder einige Gruppen zumindest dies ignorieren und die Stimme von Hass, Zorn und Verachtung so laut zu hören ist.
Wir denken dass wir als Muslime hier eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe haben und in dieser Hinsicht eine Vorbildfunktion erfüllen sollten. Unsere Religion ist voll von Geboten bezüglich der Nächstenliebe, Barmherzigkeit und dem gegenseitigen Helfen. Denn es ist ganz eindeutig dass diese Tragödie eine Prüfung für unsere Menschlichkeit ist und das Versagen kann tiefe Wunden in unsere Gesellschaft reißen. Doch was sollen wir tun? Wie soll unsere Haltung aussehen?
Wir wollen diese Thematik anhand verschiedener Blickwinkel betrachten: Gott ruft die Menschheit zur Pilgerfahrt auf. Um diese Thematik zu erörtern sollten wir nochmal über den im Vers (3/97) geschriebenen Befehl zur Pilgerfahrt reflektieren. Es wird dort die Menschheit adressiert und wie es im Vers heißt ist dies etwas was Gott von der Menschheit rechtmäßig verlangen kann. Man muss betonen, die Gottesdienste und insbesondere die verpflichtenden Gottesdienste adressieren nicht die Menschen sondern die Gläubigen, die Muslime also. Wenn das Fakt ist stellt sich die Frage warum dann beim Aufruf zur Pilgerfahrt die Menschheit allgemein adressiert wird und die Antwort hat mit unserer Thematik zu tun.
Die Pilgerfahrt ruft die Menschen zur Menschlichkeit auf. Eingeladen sind nicht etwa die Menschen sondern die Menschlichkeit an sich. Mit der Pilgerfahrt lädt Gott uns zur Rückbesinnung auf unsere menschlichen Werte ein und zur Einstellung unserer Werkseinstellungen wenn man so will. Man kann nämlich deutlich beobachten wie ganz elementare Werte der Moral wie etwa Respekt, Führsorge, Barmherzigkeit, Brüderlichkeit und Solidarität dahin schwinden und kaum noch ausgeprägt sind als Zahnräder der Gesellschaft. Das Herz ist zwar noch vorhanden aber es spürt nicht, es hat seine Fähigkeit zur Empfindung von Leid und Erschütterung verloren. Es funktioniert eindeutig nicht mehr. Die mit Demut und aus dem Herzen getätigten Gottesdienste stellen uns und unser nicht mehr funktionierendes Herz auf ihre Werkseinstellungen zurück, da wo sie am besten funktionieren und die Pilgerfahrt lässt uns zur unserer eigentlichen Beschaffenheit zurückkehren.
Die getätigten Sünden sind es aber die wie eine Art Virus unsere Werkseinstellungen beschädigen. Der größte Schaden der durch die Sünden auf dieser Welt verursacht wird ist das Verletzen der menschlichen Werte. Der Gläubige ist der, der seine menschlichen Werte wahrt und entwickelt, dies erreicht er mit dem Islam.
Die zu Anfang des Textes geschilderten Punkte sind leider Teil unserer Realität und wir müssen beobachten und analysieren wie wir zu diesem Punkt kommen. Dazu schauen wir auf einen Ausschnitt aus dem Werk „Strahlen“ von „Bediüzzaman“ Said Nursi;
In dieser stürmischen Zeit verleiten die Strömungen die das Empfinden ausschalten und die Wahrnehmung der Menschen in unzählige Horizonte ertränken den Menschen in eine Art Rauschzustand der Unempfindlichkeit.
Das was hier mit Empfinden beschrieben wird können wir mit dem modernen Wort „Empathie“ oder „Sensibilisierung“ gleichsetzen. Dementsprechend funktioniert das sensible und empathische Mitgefühl der Menschen nicht mehr. Der Grund dafür sind die Viren denen wir uns aussetzen in Form von Sünden und dem Ignorieren der göttlichen Gebote und darüber hinaus unterlassen wir es mit dem richtigen Antivirus in Form von Gottesdiensten dem entgegenzuwirken.
Aus dieser Perspektive muss es die grundlegende Aufgabe der Menschen sein, das Gute zu verrichten und zu idealisieren während man von den schlechten und verwerflichen Dingen flüchtet, sich distanziert und andere davon hütet. Denn ein Mensch der über ein intaktes Gewissen verfügt ist auch in seinem Denken und in seiner Gefühlswelt sensibel, sein Gewissen lässt ihn im Angesicht eines Problems und eines Leids nicht einfach so schlafen und es drängt ihn dazu etwas zu unternehmen.
Zusammenfassend liegt die Lösung des Problems darin zum Glauben zu finden, denn ein Muslim schubst seinen Bruder nicht in die Arme des Feindes.
Wir sehen wie sehr wir doch diesen Ratschlag unseres ehrenvollen und weisen Propheten (s.a.s.) benötigen:
Die Muslime sind sich Brüder. Ein Muslim tyrannisiert seinen Bruder nicht, er tut ihm kein Unrecht an, er händigt ihn nicht dem Feind aus. Wer seinen muslimischen und bedürftigen Bruder zur Hilfe eilt und seine Bedürfnisse deckt, dem wird auch Gott helfen und seine Bedürfnisse decken. Wer ein Problem eines Muslims löst dem wird auch Gott helfen und am Tage des jüngsten Gerichts wird Gott eins seiner Probleme lösen. Wer die Fehler und Missgeschicke eines Muslims verbirgt und bedeckt, dem wird auch Gott helfen und seine Fehler und Missgeschicke verbergen und bedecken. (Buhârî, Mezâlim 3; Müslim, Birr 58)
Dass ein Muslim einen anderen Muslim nicht tyrannisiert ist kein Wunsch sondern ein Befehl. Denn Quälerei und Unrecht ist von Gott verboten. Jedes Unrecht ist auch eine Form der Quälerei. Dies gilt auch für sämtliche Nichtmuslime die in der Obhut eines islamischen Staats leben.
Im Grunde genommen werden seitens des Islams das Unrecht und die Tyrannei in jeglicher Form absolut verboten. Hier wird insbesondere in Form eines Befehls die Beziehung zwischen Muslime als Brüder im Glauben betont um das Recht was zwischen ihnen aus dieser besonderen Beziehung entsteht bestens zu ehren und zu beachten und so sowohl die rechtlichen als auch die ethischen Gepflogenheiten und Aufgaben lückenlos zu erfüllen.
Ein Muslim händigt seinen Bruder im Glauben nicht den Feind aus, verlässt ihn nicht und stürzt ihn nicht in Gefahr. Nach dem Erläuterer von Überlieferungen, Ibn Battal ist es für die Muslime allgemein und gesellschaftlich verpflichtend den Unterdrückten zu helfen und für den Oberhaupt des Staats ist es eine absolute Pflicht die er nicht abtreten kann.
Ein Muslim ist eine vertrauenswürdige und vertrauenserweckende Person. Es ist untersagt dass er für seinen eigenen Vorteil oder seine Gelüste und sein Vergnügen seinen Glaubensbruder opfert und zu seinem Nachteil handelt. Diese beiden Überlieferungen unterstreichen dies;
Ein Muslim ist der von dessen Hand und Zunge die anderen Muslime keinen Schaden tragen. (Buhârî, Îmân 4,5)
Wer das was er für sich selbst erwünscht nicht auch für seinen Glaubensbruder erwünscht, der kann kein wahrhaftiger Gläubiger sein. (Buhârî, Îmân 7)
Die Muslime sollen sich gegenseitig bei ihren Bedürfnissen unterstützen und in Brüderlichkeit leben. Denn die Menschen sind auf einander angewiesen. Diese Bedürfnisse müssen nicht immer materialistischer Natur sein. Die spirituelle Hilfe ist mindestens genauso viel Wert wie die materielle Hilfe. Das Versprechen Gottes, denen zu helfen die auch anderen helfen zeigt eindeutig welch edle Beschaffenheit diesem Verhalten innewohnt.
Solange ein Diener seinen Bruder hilft, so hilft auch Gott seinen Diener. (Müslim, Zikr 37-38)
Ein Mensch kann in seinem Leben kleinen wie auch großen Problemen begegnen. Alles was den Menschen kränkt und traurig stimmt ist ein Problem. Bei der Beseitigung solcher Probleme reichen sich die Muslime gegenseitig helfend die Hände. Auch hier liegt das Lob Gottes des Barmherzigen auf ihnen.
Dieses Lob drückt sich darin aus dass der Gläubige die Hilfe Gottes am Tage des jüngsten Gerichts verdient hat, wo ihm keiner sonst mehr helfen könnte. Für einen Gläubigen könnte es keine größere Vergütung und kein größeres Wohl als das geben. Denn zu dem Moment wird jeder aufs Äußerste die Hilfe der unendlichen Barmherzigkeit Gottes benötigen. Wer auf dieser Welt Gutes vollbringt der wird das Gegenstück dieser Taten zum Tage des jüngsten Gerichts ohne Zweifel erhalten.
Der Islam nimmt den Schutz des Lebens und des Vermögens sowie der Genealogie und der Sittlichkeit unter Garantie. Dieser Schutz wird zunächst zwischen den Muslimen aufgebaut. Im Endeffekt werden diese Werte aber universell für alle Menschen angesehen.
Zweifelsohne ist das Band was die Gläubigen am stärksten zusammenbindet das Band der Brüderlichkeit welches vom Glauben und Frömmigkeit durchtränkt ist. Dies ist einer der schönsten Gaben Gottes für seine Diener. Im Vers taucht dies folgendermaßen auf;
Und haltet allesamt am Seil Gottes fest und spaltet euch nicht. Und gedenket der Gnade Gottes zu euch, als ihr Feinde waret und Er Vertrautheit zwischen euren Herzen stiftete, so daß ihr durch seine Gnade Brüder wurdet; und als ihr euch am Rande einer Feuergrube befandet und Er euch davor rettete. So macht euch Gott seine Zeichen deutlich, auf daß ihr der Rechtleitung folgt. (Sura al-Āl-i ʿImrān 103)
Weil im Islam die Brüderlichkeit als ein Grundelement des Glaubens implementiert ist werden sämtliche Verhaltensweisen die zur Zerrüttung der brüderlichen Bände und zum Egoismus führen verboten. Statt die Rasse, die Genealogie oder andere Kriterien als Basis zu nehmen, so wie es früher zur Zeit des Unwissens gemacht wurde, wird durch die Frömmigkeit als das einzige Kriterium das gesellschaftliche Miteinander und die Brüderlichkeit gewahrt. Dieser Vers macht dies deutlich und beendet damit jegliche Diskussionen:
Der Angesehenste von euch bei Gott, das ist der Gottesfürchtigste von euch. Gott weiß Bescheid und hat Kenntnis von allem. (Sura al-Ḥuǧurāt 13)
Es wird erwähnt dass gläubige Männer und gläubige Frauen sich in den Stützpfeilern des Glaubens und der Brüderlichkeit gegenseitig unterstützen. Diese Unterstützung wird als Notwendigkeit angesehen um die Frömmigkeit und den Glauben im individuellen und gesellschaftlichen Leben aufleben zu lassen. Wir sehen auch am Vers dass Menschen die unter diesem Motiv zusammenkommen die Barmherzigkeit Gottes genießen werden:
Die gläubigen Männer und Frauen sind untereinander Freunde. Sie gebieten das Rechte und verbieten das Verwerfliche, verrichten das Gebet und entrichten die Abgabe und gehorchen Gott und seinem Gesandten. Siehe, Gott wird sich ihrer erbarmen. Gott ist mächtig und weise. (Sura at-Tawba 71)
Die gläubigen Muslime sind in Sachen Brüderlichkeit und Solidarität wie zwei an einander angelehnte Gebäude oder ein Körper wo jeder Organ, jede Zelle und jedes Atom sich gegenseitig stützt. Wie auch der ganze Körper darunter leidet wenn auch nur ein Organ leidet, so leiden auch alle Muslime wenn auch nur ein Muslim – selbst am anderen Ende der Welt – leiden muss und unterdrückt wird:
Man sieht den Gläubigen in Sachen Barmherzigkeit, Liebenswürdigkeit und Unterstützung wie ein Körper. Wenn ein Organ des Körpers schmerzt so ruft der Körper in Schlaflosigkeit und Fieber (alle Organe) zum Dienst auf für dieses Organ. (vgl. Buhârî, salat, 88, Mezalim, 5; Müslim, birr, 65; Tirmizî, birr, 18; Nesâî, zekat, 67)
Ein Gläubiger muss seinen Glaubensbruder in jedem Fall unterstützen. Ob schlecht oder gut er muss ihm beistehen:
Ob er Unterdrückter oder Unterdrücker ist, der Gläubige muss seinen Bruder helfen! Wie man jemanden hilft der etwas Schlechtes tut erklärt der Prophet (s.a.s) folgendermaßen: Du bringst ihn dazu dass er keine schlechten Taten mehr vollbringt. Das ist die Unterstützung die du ihm leistest. (Buhârî, Mezalim, 4; Müslim, birr, 62)
Der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) und seine Gefährten waren auch Auswanderer. Die ersten Geflüchteten haben Obhut im damaligen äthiopischen Königreich gefunden. Der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) hat den unterdrückten Muslimen in Mekka geraten:
Dort ist ein Herrscher im Amt unter dem niemand unterdrückt wird. Geht dorthin und sucht in diesem Land der Rechtschaffenheit Obhut bis ihr einen Ausweg aus eurer Lage findet. (İbn Hişâm, I, 321-322)
Auf diesen Ratschlag hin sind 615 insgesamt 15 Menschen, davon 4 Frauen nach Äthiopien ausgewandert und wurden dort gut empfangen. Ein Jahr darauf wanderte eine größere Gruppe nach Äthiopien aus.
Das damalige äthiopische Königreich verfügte über die entsprechenden Charakteristika. Dort herrschte Gerechtigkeit. Dort wurde niemand unterdrückt und man händigte niemanden dem Feind aus. Man fand dort Ruhe und Sicherheit. Die Geflüchteten haben dort 13 Jahre in Sicherheit ihre Religion ausüben können. Die Muslime haben in dieser Zeitspanne in Äthiopien ein Heim gefunden.
Unser ehrenwerter Prophet (s.a.s.) war auch ein Flüchtling. Er musste nach Medina auswandern. Es ist somit die Aufgabe jedes Muslims Geflüchteten aufzunehmen und ihnen zu helfen. Unser ehrenwerter Prophet hat aus den Auswanderern und dem Volk von Medina eine Art große Familie gemacht und dort den Islam aufleben lassen. Das Volk von Medina hat diese Brüderlichkeit so sehr beherzigt dass sie ihr Hab und Gut mit den Auswanderern teilen wollten. Sie haben prinzipiell alle lebensnotwendigen Bedürfnisse der Auswanderer gedeckt und ihnen ihr Heim und ihr Brot angeboten. Die Auswanderer haben die Gaben aber würdevoll abgelehnt und suchten oder fragten nach Wegen wie sie sich durch eine Arbeit einbringen können und so für sich sorgen können. Wenn man all dies bedenkt sind die Geflüchteten zugleich auch das Gewahrsam des ehrenwerten Propheten (s.a.s.).
Wenn dem so ist, wie kann ein Muslim seinen Bruder ins Feuer stoßen und sagen dass er sich gefälligst selbst helfen soll und sich um sich selbst kümmern soll? Die Geflüchteten sind eine Prüfung unserer Menschlichkeit und Frömmigkeit.
Sie sind für uns als Helfer eine Prüfung. So wie sie im Angesicht von Krieg und Unterdrückung alles zurück lassen müssen und somit eine große Prüfung antreten, so treten wir auch eine Prüfung der Frömmigkeit an um uns als die würdevollen Helfer zu beweisen, die wir gemäß unserer Religion sein sollten. Den Geflüchteten zu helfen, die ihr Land, ihren Staat, ihre Arbeit und ihr Hab und Gut verloren haben ist also zunächst eine Aufgabe der Menschlichkeit und dann insbesondere eine Aufgabe der Muslime. Es ist eine Unmenschlichkeit diesen Menschen die von der Tyrannei mitsamt Frau und Kind geflohen sind den Rücken zu zukehren. Jedes dieser Kinder ist in unserem Gewahrsam und unsere Aufgabe als Menschen und als Muslime ist es sensibel zu sein und ihr Leid zumindest ein Stück weit zu lindern.
Jetzt ist die Zeit zur Aufopferung um die Menschenwürde zu wahren, den um Hilfe ringenden zu antworten und der Unterdrückung entgegenzuwirken. Die Geflüchteten dürfen dabei ihre Hoffnung, ihre Geduld und ihren Glauben verlieren. Wir müssen da sein und helfen damit sie nicht etwa anderweitig ausgebeutet werden und das Opfer krimineller Machenschaften werden. Dies ist auch keine Frage der Hautfarbe oder der Nationalität mehr. Dies ist eine Frage der Menschheit. Wenn wir diesen Geist aufleben lassen können wir auch in den Fußstapfen der von unserem ehrenwerten Propheten (s.a.s.) gelobten Helfern Medinas wandern und ihnen ähneln. Amin.
14
Was passiert mit unseren Verwandten die ein sündiges Leben geführt haben im Jenseits?
zunächst gilt es zu sagen, dass keiner das Unbekannte wissen kann, außer Gott. (vgl. Sura al-Anʿām 59 und Sura an-Naml 65). Es wäre also für uns Menschen anmaßend ein finales Urteil darüber zu fällen, wer wie zu beurteilen ist. Wir können aber gemäß den Richtlinien die Gott uns im Qurʾān mitteilt gewisse Tendenzen und Schlüsse ziehen, dafür muss man aber auch manche Eigenschaften Gottes besser kennenlernen.
Wir glauben an ein Gott dessen Barmherzigkeit größer als alles andere ist. Dies geht so weit dass Gott uns befehlt, nicht in Hoffnungslosigkeit zu verfallen, da er der Vergeber aller Sünden ist.
Sag: O Meine Diener, die ihr gegen euch selbst maßlos gewesen seid, verliert nicht die Hoffnung auf Gottes Barmherzigkeit. Gewiß, Gott vergibt die Sünden alle. Er ist ja der Allvergebende und Barmherzige (Sura az-Zumar 53).
Wir unterstreichen dabei den Begriff "Befehl" denn das Gebet stellt eine Säule des Islam dar und stellt daher ein Befehl für alle Gläubigen dar. Technisch gesehen gibt es keinen Unterschied zwischen den Charakter diesem Befehls und den Befehl, Hoffnung im Herzen zu tragen. Einzig der Mensch der Gott mit vollem Bewusstsein ablehnt ist nicht verzeihbar aber jeder Gläubige, hat die Aussicht auf Vergebung, da Gott dieses Versprechen deklariert. Dazu sehen wir uns einige Überlieferung an die die Reue ("Tawba") thematisieren.
"Der der Buße tut, ist so als ob er nicht gesündigt hat" (Ibni Mace)
"Wo doch die Barmherzigkeit Gottes so weit ist, wie kann man da die Hoffnung an seine Barmherzigkeit verlieren?"
Man sieht also dass die Hoffnung nicht nur ein Geschenk Gottes ist, sondern auch ein integraler und unabstreitbarer Bestandteil der Religion ist. Es ist uns fern zu glauben dass Gott seine Schöpfüng erschaffen hat um mit ihr die Hölle zu füllen. Dafür braucht Gott nicht erst das Leben zu schenken, zumal die Erschaffung des Lebens als Ganzes schon ein unglaublicher und mit Worten kaum beschreibbarer Ausdruck der Barmherzigkeit ist. Nichts was wir tun oder leisten könnte Gott von Nutzen sein, Gott hat keinen Nutzen an uns. Das einzige was uns Aufrecht erhält ist die Barmherzigkeit Gottes.
Gott hat nicht gewisse Menschen für die Hölle erschaffen sondern die Hölle für gewisse Menschen erschaffen. Ein Staat baut auch kein Gefägnis auf, um es anschließend willkürlich mit passend erscheinenden Menschen zu füllen. Für den Eintritt in dieses Gefängnis muss man sich erstmal qualifizieren, indem man eine entsprechende Straftat begeht. So ähnlich hat Gott auch die Hölle erschaffen, eben für solche Menschen, die sich dafür qualifizieren. Den Himmel erlangt man nicht durch die reine Summe guter Taten. In Den Himmel findet man erst Einlass, wenn man sich dafür mit seiner Glaubenshaltung qualifiziert. Die tugendhafte Arbeit bestimmt dann Weiteres wie etwa den Rang im Himmel und den Grad oder Form an Genuss. Ein sehr gut ausgebildeter Muslim würde im Himmel z.B. die Lesezirkel der Propheten intensiver genießen als ein weniger gebildeter Muslim. Als Muslim finden aber beide Einlass in den Himmel, daraus bildet sich folgender wichtiger Grundsatz;
"Die Ideologie bestimmt den Raum, die Taten bestimmen den Rang."
Zu denken dass, eine Sünde so groß ist, dass sie die Barmherzigkeit Gottes überschreitet wäre daher sehr gefährlich und nicht zuletzt ein Fehltritt im Glauben.
15
Darf man zur Vergangenheit eines Menschen den man heiraten will Fragen stellen?
Liebe Leserin, lieber Leser,
zunächst muss man betonen, dass es sich hierbei um ein sensibles Thema handelt, denn das ausgesprochene Wort kann der Mensch nicht mehr zurück nehmen. Wenn man was Falsches sagt oder sogar jemanden mit seiner Aussage in ein schlechtes Licht rückt, kann man diesen Schaden kaum wieder gut machen. Daher ermahnt der Islam uns auch davor unüberlegt zu reden und lose Behauptungen anzustellen.
Die Fehler, Missetaten und Sünden einer Person, die Vergebung ersucht hat darf man nicht aufdecken. Falls jemand ein Amt im öffentlichen Leben bekleiden will oder in den Bund der Ehe eintreten will und Fehler oder Sünden weiterhin begeht, so muss dies den entsprechenden bzw. betroffenen Personen erläutert werden.
Es ist nicht angebracht die Person die man vielleicht heiraten will, ähnlich wie in einem Verhör auszufragen.
Es ist sicher verständlich, dass der Mensch seine Vorkehrungen treffen will und sicher sein will. Man darf allerdings niemals vergessen, dass die Religion – anders als der Mensch – vergebend ist. Während der Mensch möglicherweise auch geleitet von seinem gesteigerten Ego, es nicht akzeptieren kann, dass sein Gegenüber in der Vergangenheit Fehler beging, vergibt der barmherzige Schöpfer dies und schließt damit auch dieses Kapitel des Menschen.
Wir haben demnach nicht das Recht über Menschen zu richten. Falls es zu der Zeit der Entscheidungsfindung relevante Faktoren gibt, so kann man über diese diskret reden, so dass die Person nicht bloßgestellt wird, insbesondere vor anderen Menschen. Ob man dann damit einverstanden ist, ist jedem sicherlich selbst überlassen. Wo Gott vergibt, hat der Mensch jedoch zu schweigen. Falls es also Fehler in der Vergangenheit gab und diese durch die Buße des Menschen auch in der Vergangenheit geblieben sind, dürfen sie für uns kein Gesprächsthema mehr sein. Wenn wir diesen Menschen dann als unwürdig für uns betrachten, kann man das nicht mehr mit der Religion erklären. Das ist eine Empfindung, die von unserem übersteigerten Ego kommt und die nicht dem Wohlwollen Gottes nah ist.
Selam & Dua
Fragenandenislam - Team
16
Gibt es ein Verbot bezüglich der Verwandtenehe?
Liebe Leserin lieber Leser,
im gnadenreichen Qurʾān werden jene Frauen erwähnt, mit denen eine Ehe untersagt ist:
„Verboten (zu heiraten) sind euch eure Mütter, eure Töchter, eure Schwestern, eure Tanten väterlicherseits, eure Tanten mütterlicherseits, die Töchter des Bruders und die Töchter der Schwester (die Nichten), eure Nährmütter, die euch gestillt haben, eure Milchschwestern, die Mütter eurer Frauen, eure Stieftöchter, die sich in eurem Schutz befinden und von euren Frauen stammen, zu denen ihr eingegangen seid - wenn ihr zu ihnen noch nicht eingegangen seid, dann ist es für euch kein Vergehen -, und die Ehefrauen eurer Söhne, die aus euren Lenden stammen, und (verboten ist es euch,) dass ihr zwei Schwestern zusammen (zur Frau) nehmt“ (an-Nisāʾ 4:23)
Offensichtlich gibt es hier keine Erwähnung bezüglich eines Verbots der Verwandtenehe. Die Frauen welche einem Mann dem Koran nach zu heiraten verboten sind können folgendermaßen kategorisiert werden:
Frauen, mit denen eine Ehe für eine Person auf ewig untersagt ist:
a) enge Blutsverwandtschaft durch Abstammung
1. Mütter und Großmütter
2. Töchter
3. Schwestern und Halbschwestern
4. Tanten (väterlicherseits und mütterlicherseits): unabhängig davon ob Schwester oder Halbschwester des Vaters oder der Mutter
5. Nichten (Töchter der Schwester oder des Bruders): unabhängig davon ob Schwester oder Halbschwester, Bruder oder Halbbruder
b) Verwandtschaft durch Ehe
(auf ewig untersagt):
1. Schwiegermütter
2. Schwiegertöchter
3. Stiefmütter
4. Stieftöchter
Frauen, mit denen eine Ehe zeitweilig, nicht auf ewig untersagt ist:
(durch bestehende, momentane Ehe gültiges Verbot)
1. Schwestern der Ehefrau (Schwägerin)
2. Tanten (väterlicherseits und mütterlicherseits) der Ehefrau
Dieses Verbot verliert seine Gültigkeit sobald es zu einer Scheidung oder dem Tod der Ehefrau kommt. Es ist selbstverständlich, dass die oben genannten Personen in keiner Weise mit dem Ausdruck „Verwandtschaftsehe“ assoziiert werden oder darunter verstanden werden, da die menschliche Vernunft eine solche Ehe niemals in Betracht ziehen könnte und dies somit für einen Muslim nicht in Frage käme.
Von der „Verwandtschaftsehe“ spricht man also bei anderen Verwandten als die oben erwähnten. Dies wären beispielsweise Cousinen, also die Töchter von Tanten und Onkel (väterlicherseits und mütterlicherseits). Eine Angabe, dass eine derartige Ehe „nur bedingt erlaubt sei“, wird unmöglich zu finden sein, da es eine solche Restriktion nicht gibt. Andernfalls wäre während 1500 Jahren islamischer Geschichte ein solcher Usus nicht geduldet worden, vor allem nicht zu Lebzeiten des Propheten (s.a.s.) und seiner Gefährten.
In der islamischen Normenlehre gilt das grundlegende Prinzip: „Solange es keinen (widersprechenden) Beweis beziehungsweise keine Hinweisquelle gibt, gilt all das, was dem Propheten (s.a.s.) erlaubt wurde auch für alle anderen Gläubigen als erlaubt. (Vgl. al-Mausūʿa al-fiqhiyya, Bd. 36, S.212)
Die Behauptung, dass die in der Sure al-Aḥzāb 33:50 erwähnte Ehe mit Cousinen lediglich dem Propheten (s.a.s.) vorenthalten sei, stützt sich auf keinen Beweis. Die im längeren Vers vorkommende Phrase „ … diese Regelung ist dir vorenthalten …“ bezieht sich auf die kurz davor innerhalb einer Aussage erwähnten Erlaubnis, nach der dem Propheten (s.a.s.) gestattet wird, auch ohne Brautgabe (mahr) und Walī mit einer Frau zu heiraten und mehr als vier Ehefrauen zu haben. Folglich ist dies keine Spezifizierung mit Blick auf die Frauen selbst. (Vgl. al-Qurṭubī, al-Ǧāmiʿ li-aḥkām al-Qurʾān wa ’l-mubayyin li-mā taḍammana min al-sunna wa-āyāt al-furqān, Tafsīr von Vers 33:50)
Selam & Dua
Fragenandenislam - Team
17
Politik und Islam - Als Muslim angesichts heutiger Wahlperioden

Stehen wir in der Verantwortung als Muslime die Politik zu formen? Tragen wir Verantwortung für die Politiker?
Unsere Aufgabe ist es, für Menschen zu stimmen, von denen wir glauben, dass sie gute Absichten haben, Menschen, von denen wir glauben, dass sie nützlich sind für unsere Heimat. Bis hierhin und nicht weiter reicht unsere Verantwortung. Danach sind die gewählten Personen verantwortlich für ihr Tun und dessen Wirkung.
In der Wahlperiode erhält das Volk, die die Regierung stets kontrollieren und kritisieren muss, die Möglichkeit, ihre Regierung zu wählen. Die Menschen gehen also zu den Wahlen. Bei der Wahl versuchen wir, die besten Kandidaten auszuwählen. Unsere Absicht ist, dass sie unserem Staat mehr Nutzen bringen. Selbstverständlich tragen wir Verantwortung dafür, wenn wir bewusst ungeeignete, korrupte oder sonstig schlechte Kandidaten wählen. Für alles Weitere liegt beim Wähler keine Verantwortung.
Wir sehen, dass die islamische Religion keine bestimmte Regierungsform aufzwingt. Sie hat lediglich grundlegende Regeln und Prinzipien eingeführt. Das sind Werte wie Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit und das Beachten von Verboten in der Religon. Aus diesem Grund wird unsere Religion, die sogar anhält, während einer Reise einen Präsidenten zu wählen, sicherlich nicht gegen die Wahl der Menschen sein, die in die die Verwaltung der Nation übergehen.
Auf der anderen Seite wurden die ersten Kalifen immer gewählt. Es ist rechtmäßig für einen Muslim, für jemanden zu stimmen, von dem er glaubt, dass er seinem Land, seiner Nation und dem Sakrament seiner Wähler dienen wird. In der Tat ist es nicht richtig, vor solch einer Aufgabe davonzulaufen oder die Augen davon zu verschließen.
Ist es heute angemessen ist, Politik zu betreiben? Wenn ja, unter welchen Bedingungen?
Wenn wir in solch einem Verständnis sein vorangehen würden, wonach oberste Maxime es wäre der Religion und dem Volk zu dienen, wird der Eintritt in die Politik kein Problem sein. Ein Verbot ist für sich was anderes, als etwas in verbotener Weise zu benutzen. Die Werkzeuge wie Computer und Fernseher sind selbst Werkzeuge und dürfen nicht verboten werden. Man kann jedoch diese Werkzeuge für Gutes nutzen wie eben auch für Schlechtes missbrauchen.
Politik ist vergleichbar mit einem Werkzeug in diesem Beispiel. Wichtig ist also nicht das Werkzeug selbst, sondern wie man es benutzt.
Es gibt einige Vor- und Nachteile, wenn man mit einigen Bedingungen in die Politik einsteigt. Wir versuchen diese zu sortieren:
1. Die Dienstpflicht an der Religion und dem Volk sollte stets oberste Priorität haben.
2. Man sollte sich niemals bereit erklären zu lügen, egal welche Konsequenzen dies haben mag.
3. Im Namen einer Gemeinde zu stehen und dann zu versuchen, nicht mit seiner eigenen Gemeinde brüchig zu werden. Mit anderen Worten, man sollte als Individuum und nicht im Namen der Gemeinde In die Politik gehen. Anhänger sollen den Kandidaten als Individuum bevorzugen und wählen. Andernfalls wird er die Sympathie und Verbundenheit der Gemeindeangehörigen zur Gemeinde für sich ausnutzen. Das kann schnell zu Vorwürfen und Kritiken führen, daher ist davon abzuraten.
4. Immer denjenigen zur Seite stehen, die im Recht sind.
5. Man soll nicht Anhängern und Mitgliedern anderer Parteien übel nachreden, sie ungerechtfertigt kritisieren oder gehaltlose Vorwürfe formulieren.
Wenn man ein Umfeld aufbauen kann, welches nach diesen Prinzipien sowie nach den Geboten und Verboten der Religion funktioniert, kann man in die Politik einsteigen.
Wenn man jedoch durch den Eintritt in die Politik seine Gottesdienste signifikant vernachlässigt und in einem Umfeld fungiert, welches voller Sünde regelrecht aufquillt, sollte man sein Vorhaben zumindest ernsthaft in Frage stellen.
Selam & Dua
Fragenandenislam - Team
18
Welche Weisheit kann hinter dem Unglück eines Kindes stecken?
das Unglück von Kindern ist für das Gewissen besonders verstörend, da doch Kinder die reinste Unschuld darstellen und die Barmherzigkeit eines jeden Menschen in der Regel erregen. Doch gibt es überall viele leidende Kinder und die Frage lautet nun; wie kann man das erklären?
Zunächst müssen wir das Problem lösen, indem wir es in zwei Teile aufteilen. Das Prinzip der Schöpfung wonach das Schicksal diejenigen peinigt, die dem Erbarmen der Natur der Schöpfung zuwider handeln: Dies gilt für die erste Frage und Vergleichbares. Die Bewertung des Kindes von alkoholabhängigen Eltern, welches regelmäßig körperlicher Gewalt ausgesetzt ist kann auch mit diesem Prinzip zusammen hängen, hängt aber tendenziell mit anderen Prinzipien der göttlichen Gerechtigkeit zusammen.
Nun wollen wir zuerst den ersten Teil des Problems erklären, das Prinzip der "Bestrafung durch Zuwiderhandeln gegenüber der Barmherzigkeit innerhalb der göttlichen Schöpfung", die auch Erwähnung findet im Werk „Harmonie des Lichts“ von „Bediüzzaman“ Said Nursi.
Die Aufmüpfigkeit des Kindes kann als ein Verhalten betrachtet werden, welches die Grenzen des natürlichen Fehlverhaltens und die Grenzen des elterlichen Mitgefühls überschreitet. In diesem Fall kann eine gemäßigte Reaktion sogar dazu beitragen, dass sich die innere Lebenswelt des Kindes entwickelt. Wichtig ist nur, dass die Reaktion der Eltern angemessen bleibt. Es gilt dabei auch zu erwähnen, dass das Kind letztendlich sich trotzdem nach der barmherzigen Umarmung seiner Eltern sehnt, obwohl es gerade von diesen bestraft wurde. Das Wichtigste für das Kind ist es nach der Strafe wieder auf den geborgenen Schoß der Eltern springen zu dürfen.
Andererseits sehen wir an anderen Beispielen der Schöpfung wie sich dieses universale Prinzip durchgehend manifestiert. Ein Tier, das sich seinem eigenen Kind erbarmt, attackiert die Nachkommen eines anderen Tieres um sich zu
ernähren. Diese Verletzung des Prinzips des Mitgefühls; die angegriffenen Tiere werden sich zu Wehr setzen. Natürlich gilt dieses Prinzip für Tiere, obwohl sie sich nach ihren instinktiven Codes verhalten; Damit das ökologische System bestehen kann muss es also immer eine entsprechende und angemessene Reaktion auf eine Aktion geben.
Da der Mensch gegenüber den Tieren vernunftbegabt ist, hat er auch eine etwas andere Beziehung zu diesem universalem Prinzip.
z.B. Das Kind, das seine Mutter übermäßig reizt, kann vielleicht auf einen kleinen Klaps des Mitgefühls stoßen. Oder; ein menschliches Wesen, das die Reinheit eines Kindes in seinem Herzen gefangen hat; kann von Gott aus vielleicht mit einer Sanktion rechnen aus Barmherzigkeit damit er gewarnt ist, wenn er eine Haltung hat, die andere lebende Kreaturen peinigt. Aber das sind nicht die ewigen und unumstößlichen Gesetze der Umsetzung dieses Prinzips für den Menschen.
der Schöpfer, der das irdische Leben der Menschen mit Weisheit und inbrünstigem Willen ausgestattet hat und sie so mit der Neigung zum Guten wie zum Schlechten ausstattet um die göttliche Prüfung zu erfüllen; entsprechend dieser Prüfungssituation wird nicht jeder Fehler sofort und offenkundig korrigiert und nicht jede Strafe wird sofort und offenkundig bestraft.
auf der Erde sind daher mörderische und grausame Menschen manchmal in der Lage, unschuldige Menschen zu quälen, sogar unschuldige Kinder und sie können äußerst Boshaftes tun.
In diesem Fall verletzen diejenigen, die dieses Böse begehen, nicht nur das Mitgefühlsprinzip des Schöpfers; eine sehr große Grausamkeit wird auch begangen. Aber manchmal können sie der Strafe im weltlichen Leben scheinbar entfliehen und der Gerechtigkeit der irdischen Gerichte entkommen.
Warum erteilt Gott dann nicht die Strafe für dieses Böse und was für Sünden haben die Unschuldigen, die verfolgt und getötet wird?
Hier ist die Antwort auf diese Frage; während wir versuchen, göttliche Gerechtigkeit zu verstehen; das Konzept von Zeit, Endlichkeit und Ewigkeit und inwiefern es uns gelingt diese zu verstehen. Weil eine Person, die glaubt, weiß; ein Prozent der Gerechtigkeit Gottes regiert im Irdischen und neunundneunzig Prozent Gerechtigkeit wartet darauf, im Jenseits veräußert zu werden. Die schlimmen und grausamen Verbrechen der Menschen werden ihre angemessene Sanktion im jenseitigen Gericht erhalten. viele Berichte im islamischen Kulturraum vermitteln; äußerst grausame Menschen kriegen ihre Strafe nicht im Diesseits weil Gott sich von ihnen abwendet. Eine kurze diesseitige Strafe wäre milde im Vergleich zu einer unendlichen Strafe im Jenseits. Daher wird ihr Urteil im Jenseits ausgesprochen mit viel größerem Ausmaß.
Es ist für den Menschen befriedigender eine kurzfristige Reaktion auszuschlagen wenn man dafür die Gelegenheit hat auf eine spätere jedoch viel länger wirkende Reaktion.
Angesichts der Verfolgung und des Leidens dieses kurzen, sterblichen weltlichen Lebens zum Beispiel wird Gott das unschuldige Kind im Jenseits begrüßen und entlohnen. Mutmaßlich wird das Kind welches solch ein schweres irdisches Leben hatte die Barmherzigkeit und Gnade Gottes im Jenseits so erregen, dass es unermessliche Gnadengaben erhält, die es sonst niemals durch Gottesdienste und Darbietungen des Glaubens hätte erreichen können.
Die Wahrheit ist, dass Gott keine von seinen Kreaturen vergisst oder vernachlässigt, die Er erschaffen hat. Gott verkündigt dass er als Hüter seiner Schöpfung auftreten wird und jede Gerechtigkeit wie auch Ungerechtigkeit, sei sie noch so klein wird im Jenseits entsprechend bewertet.
Wenn wir zusammenfassen; Folgende Situationen können wir im Fall eines Kindes erkennen, das von einem betrunkenen Vater willkürlich geschlagen wird:
Weil die Welt das Feld der Prüfungen ist; Gott erlaubt Menschen, im Unrecht zu sein und Unrecht zu tun. Kriege, Übergriffe, Morde etc. Dies sind Situationen in denen der Mensch zunächst frei handelt. Selbst die Propheten Gottes waren davor nicht gehütet und begegneten Übergriffen seitens boshafter Menschen. Es wäre ein Leichtes für Gott hier unmittelbar zu intervenieren, dann würde auch jeder, ob gläubig oder ungläubig sich aus Angst in die Huldigung flüchten. Das kann kein wahrer Glauben sein. Die Taten des Menschen werden daher ihre gebührende Sanktion im Jenseits erhalten und dann auch nicht mehr die Gelegenheit haben Einsicht zu heucheln.
Der Vater, der diese Übeltat begangen hat; entweder im irdischen Leben; wenn er die Strafe in der Welt nicht bezahlt hat und nicht würdig genug ist, im Jenseits errettet zu werden; im Jenseits wird er in einer gewaltigen Weise bezahlen und diejenigen die unter ihm gelitten haben werden sich nun im Jenseits unter der Gnade Gottes sonnen dürfen.
Die erlebten Übeltaten eines Menschen oder eines Kindes könnten die Bußen für spätere Übergriffe und Fehler sein. Während der kurzsichtige Mensch sich denkt warum er so sehr leiden musste wird er späte dafür so sehr entlohnt, dass er sich nun denkt womit er solch große Gnade von Gott verdient haben könnte. Vielleicht hätte dieser Mensch in einem anderen Szenario ein Leben voller Sünde gelebt und hätte Gott den Rücken zugekehrt. Somit ist er durch eine Art invasiven Eingriff vor größeren Schäden bewahrt worden und wird dabei gleichzeitig auch vielfach im Jenseits entschädigt.
Es ist wichtig sich stets daran zu erinnern dass die göttlichen und universalen Prinzipien nicht wie eine unumstößliche mathematische Formel funktionieren, nach der A und B immer C ergeben. So wie in einem juristischen Gericht jeder Fall für sich individuell wahrgenommen und bewertet wird, so geschieht dies auch in der Verwirklichung dieser göttlichen Prinzipien. Das Gesetz eines Staates ist auch in einem Buch abgebildet und eigentlich müsste auf dieser einheitlichen Basis doch jedes Gericht jedem Straftäter gegenüber das selbe Urteil aussprechen. Tatsächlich kriegen jedoch diverse Straftäter für die selbe Straftat unterschiedliche Sanktionen basierend auf z.B. diversen Faktoren die das Urteil in einem Fall beeinflussen. So wird auch Gottes Urteil in jedem Fall individuell ausgesprochen. Wir können also nicht für jeden Fall ein und die selbe Reaktion erwarten.
Das Ergebnis ist: Gott verwaltet mit unendlicher Gerechtigkeit. Dieses Wirken kann der kurzsichtige Mensch nicht vollends verstehen, da er kein Einblick in das Verborgene hat. Am Ende wird jedoch jede Tat, sei sie noch so klein im Jenseits geprüft und mit entsprechenden Konsequenzen versehen.
19
Dürfen in einem muslimischen Land Atheisten leben? Zahlen sie dann cizye?
wir wollen die Frage in zwei Bereiche aufteilen und in diesem Kontext beantworten. Einerseits hat die Frage einen rechtlichen Aspekt. Den beantworten wir zuerst. Danach wollen wir auch einen sozialen Aspekt der Fragestellung betrachten.
Wir nehmen Bezug auf ein Werk namens „Mukayeseli Islam Hukuk“ (übersetzt in etwa: „vergleichende Rechtsprechung im Islam“).
Die Inhaber der Schriften also die „ʾAhlu al-Kitāb“ sind zu respektieren und das bezieht sich auf auch Rechtsprechungen. Unter diesen Gruppen besteht also ein Vertrag. Es geht also um jene Gruppen, die außerhalb dieser Klassifizierung bleiben, dazu würden dann auch die Atheisten in der Fragestellung zählen. Dazu gibt es mitunter Meinungsverschiedenheiten.
Nach der hanbalitischen, shafiitischen, zahiriitischen und den imamiitischen Gelehrten dürfte man mit solchen Leuten keinen Schutzvertrag machen. Die Begründung sieht wie gefolgt aus: „Nach dem die Schutzmonate abgelaufen sind, tötet die Götzendiener, wo immer ihr sie findet…“ (9/4). Basierend auf den Vers ist man befehligt die Gottesgegner zu bekämpfen, bis sie den einzigen Gott akzeptieren. Sobald sie dies aussprechen kommen damit Verpflichtungen für einen einher und sie sind fortan schutzbefohlen und haben Sicherheit für ihr Hab und Gut sowie ihr Leben (Buhârî, İman, 17).
Nach den Hanafiten; Man kann mit allen Nichtmuslimen außer den altarabischen Götzendienern einen Schutzvertrag machen. Denn der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) hatte mit den Anhängern des Zoroastrismus solch einen Vertrag geschlossen. Dementsprechend kann man also gemäß der Sunna ebenso handeln.
Dass die altarabischen Götzendiener davon ausgenommen sind, geht ebenso auf eine Sunna zurück. Der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) hatte die Kopfsteuer („ǧizya„“ von ihnen nicht angenommen. Dabei muss allerdings der Kontext beachtet werden, denn die Gruppe von Menschen die als „altarabische Götzendiener“ beschrieben werden, waren damalige und erklärte Feinde des Propheten (s.a.s.). Diese Gruppe existiert in dieser Form nicht mehr.
Nach anderen Gelehrten, darunter auch malikiitischen Gelehrten ist es möglich mit allen Nichtmuslimen – darunter auch die altarabischen Götzendiener – einen Schutzvertrag abzuschließen. Dafür gibt es folgende Indizien.
Der Vers mit Bezug auf die Tötung der Polytheisten kam vor dem Vers bezogen auf die Kopfsteuer. Der spätere Vers vervollständigt den früheren Vers. Demnach kommt man zum Urteil, dass es um jene Menschen geht, die den Islam oder die Kopfsteuer ablehnen.
Der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) bekämpfte die damaligen Gottesfeinde und akzeptierte ihre Kopfsteuer nicht bis der entsprechende Vers herabgesandt wurde. Danach wurde die Kopfsteuer dieser Leute akzeptiert. Also lässt sich das unterschiedliche Handeln des Propheten (s.a.s.) in dieser Sache mit der Verkündung der Verse zu verschiedenen Zeitpunkten erklären. Als ein weiteres Indiz wird angebracht, dass der Unglaube der „Maǧūs“ intensiver war, als der der altarabischen Götzendiener. Sie haben neben ihrem Unglauben z.B. auch die Ehe von engen Verwandten akzeptiert. Wenn man also mit ihnen einen Schutzvertrag eingehen konnte, kann man als Schlussfolgerung auch mit den altarabischen Götzendienern einen Schutzvertrag abschließen, wenn es sie noch weiter gegeben hätte.
Der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) ermahnte seine Generäle dazu, dass sie bei Sichtung eines Feindes, ihn zunächst zum Islam einladen und später zur Abgabe der Kopfsteuer einladen, wenn sie den Islam ablehnen sollten. Diese Handhabung kam nach der Verkündung des Verses mit der Kopfsteuer zustande und galt dann für alle Nichtmuslime.
Eine andere Sichtweise: Wenn man die Möglichkeit des Schutzvertrages für eine Gruppe gänzlich ausschließt, zwingt man sie auch automatisch zwischen zwei Optionen (den Islam anzunehmen oder in den Krieg zu gehen) auszuwählen. Der Islam sieht aber keinen Zwang vor (2/256). Daher würde die kategorische Ablehnung eines Schutzvertrages nicht in den Islam passen.
Zum Schluss bleibt noch zu sagen: Man baut kein Rechtswesen auf eine Rechtsschule auf. Die Gelehrten setzten sich zusammen und entwickeln gemeinsam eine angemessene Lösung für eine Frage, die so umfassend ist und so viele Menschen betrifft.
Nun steckt in der Frage auch eine soziale Komponente. Als Muslime in Deutschland hat für uns die Frage nach der Behandlung der Atheisten einen anderen Stellenwert. Deutschland ist kein muslimisches Land, daher besteht hier auch keine islamische Grundordnung. Dass in Deutschland viele Muslime leben, ändert an dieser Tatsache nichts. Häufig nutzt man gerade passend erscheinende Quellen und Indizien, um Feindschaft und sogar Gewalt zu legitimieren, dabei wird allerdings der Kontext gerne außer Acht gelassen. Wie man im ersten Teil der Antwort bereits sieht, gab es für die damaligen Praktiken klare Bedingungen und auch Grenzen. Der Prophet (s.a.s.) behandelte die Götzendiener stets fair und gemäß seiner Pflichten. Es ging also nie um die „Ausrottung“ von Menschengruppen, um Feindschaft oder um die Freude an Gewalt. Gewalt und Sanktionen waren für den Propheten (s.a.s.) stets letzte und nie erste Option. In einem Land wie Deutschland, wo es eine bestehende Ordnung gibt und die Muslime unter dieser Ordnung mit anderen Menschengruppen Schulter an Schulter leben, kann man nicht einfach alte Praktiken basierend auf einer dünnen Quellenlage auslegen und ausüben. Damit gerät man nur in Konflikt mit der bestehenden Ordnung und hat eher noch den Islam in ein schlechtes Licht gerückt. Wie geht man also mit Götzendienern in Deutschland als Muslim um? Der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) ist da wieder das beste Beispiel. Denn er behandelte die Menschen stets mit Respekt und Würde unabhängig von seinen konkreten Pflichten, die er ausüben und darlegen würde. Als Muslim haben wir also kein Recht mit Hass und Gewalt den Menschen zu begegnen. Ein Muslim in Deutschland sollte daher einen Atheisten wie jeden anderen Menschen behandeln, also mit Respekt. Er sollte versuchen, ihn von seinen Irrweg abzubringen indem er ihn die Schönheiten der Religion in Wort und Tat näher bringt, so wie es auch der Prophet (s.a.s.) getan hat.
20
Werden die Wohltaten oder guten Taten der Kinder gutgeschrieben?
gemäß des Islam ist eine der Bedingungen für die Übernahme der Verantwortung über seine jeweiligen Taten, das Erreichen der Pubertät.
Unser geliebter Prophet (s.a.s.) sagte einmal:
“Drei Personen wurden von der Verantwortung entbunden: vom Kind bis zur Pubertät, vom Schlafenden bis zum Aufwachen und von den psychisch Kranken bis zur Heilung.” (Buhari, Hudud 22)
Eine Person die als Kind Fehler begangen hat, wie z.B Diebstahl oder Beschädigung von Eigentums einer anderen Person, ist aus religiöser Sicht kein Sünder. Das heißt, er wird aus diesem Grund im Jenseits nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Jedoch muss der vom Kind verursachte Sachschaden seitens der Eltern beglichen werden. Anderenfalls würde man den Geschädigten in seinem Recht verletzten. Die Verpflichtung zu religiösen Praktiken wie dem Gebet beginnt mit dem Erreichen der Pubertät.
Jedoch beginnen die guten Taten des Kindes schon vor der Pubertät.
Wie bei allen anderen schönen Gewohnheiten empfiehlt es sich auch beim Gebet, Kinder bereits in jungen Jahren dahingehend zu unterrichten und sie an dieses heranzuführen. Dadurch kann gewährleistet werden dass diese zu einer positiven Gewohnheit gedeiht und fest verwurzelt.
Im Koran wird darauf hingewiesen, dass Kinder an das Gebet gewöhnt werden sollten und dass das Familienoberhaupt in dieser Hinsicht als ein Vorbild dienen muss. (20/132)
Da das Erlernen des Gebetes sich nicht in kurzer Zeit realisieren lässt und um es zur Gewohnheit werden zu lassen es wichtig ist, sich von klein an daran zu gewöhnen, empfahl der Prophet (s.a.s.), dass man Kindern im Alter von sieben Jahren, das Gebet beibringt. (Ebu Davud, Salat 26)
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Kinder, die die Pubertät noch nicht erreicht haben, an den Gottesdienst gewöhnt werden sollten. Diejenigen, die diesen Gottesdienst nicht nachgehen, werden dafür jedoch nicht zur Rechenschaft gezogen, weil es für sie noch nicht verpflichtend ist. Aber diejenigen, die dem Dienst nachgehen werden dafür auch den Lohn erhalten. Die Belohnungen werden sowohl in ihrem eigenen Buch der Taten als auch in dem ihrer Eltern niedergeschrieben.
21
Es gibt keinen Zwang in der Religion - Wie hat man das zu verstehen?
es geht um folgenden Vers
Es gibt keinen Zwang im Glauben. Der richtige Weg ist nun klar erkennbar geworden gegenüber dem unrichtigen. Wer nun an die Götzen nicht glaubt, an Allah aber glaubt, der hat gewiß den sichersten Halt ergriffen, bei dem es kein Zerreißen gibt. Und Allah ist Allhörend, Allwissend. (2/256)
Aber es gibt keinen Zwang in der Religion. Gott gibt sie niemandem mit Gewalt. Ein Mensch muss die Religion aus eigener Entscheidung wählen. Es gibt kein Gesetz des Zwangs in der Religion. So sollte es verstanden werden. Denn der Ausdruck "fi'd-dîn" (in der Religion) hat nichts mit "ikrah" (Zwang) zu tun, sondern ist eine Nachricht. Die eigentliche Bedeutung ist "Zwang gibt es in der Religion nicht". Mit anderen Worten, nicht nur in der Religion, sondern auch im Islam, der die wahre Religion ist, gibt es keine Form von Zwang, egal was es ist.
Der Zwang ist im Rahmen der Religion abgeschafft worden. Der Gegenstand der Religion sind nicht verpflichtende Handlungen und Verhaltensweisen, sondern freiwillige Handlungen und Verhaltensweisen. Daher ist der Zwang, der zu den optionalen Verhaltensweisen gehört, in der Religion verboten. Daher gibt es dort, wo die Religion des Islam wirklich vorherrscht, keinen Zwang oder sollte es keinen Zwang geben.
Die von der Religion versprochene Belohnung ist nicht in einer erzwungenen Handlung zu finden, und keine Handlung kann ohne Zustimmung und gute Absichten angebetet werden. "Die Handlungen entsprechen nur den Absichten." Alle Forderungen der Religion müssen ohne Zwang, mit guter Absicht und Zustimmung erfüllt werden. Glaube ist mit Zwang nicht möglich. Der unter Zwang gezeigte Glaube ist kein wahrer Glaube, und das unter Zwang verrichtete Gebet ist kein Gebet.
Außerdem ist es nicht zulässig, dass eine Person eine andere angreift und sie zu etwas zwingt. Kurz gesagt, unter der Herrschaft des Islam muss jeder seine Pflicht freiwillig und ohne Zwang erfüllen. Wenn die Bedeutung von (fî) als kausativ und nicht als adverbial betrachtet wird, ergibt sich folgende Bedeutung: Zwang gibt es nicht um der Religion willen, oder Zwang wird nicht um der Religion willen ausgeübt, oder um zur Religion zu bringen. Das liegt daran, dass Zwang bedeutet, jemanden mit einer konkreten Drohung zu etwas zu zwingen, das er nicht will. Religion ist jedoch nicht etwas, das man ablehnen sollte. Die Wurzel des Glaubens, die das Wesen der Religion ausmacht, ist die Bejahung und der Glaube des Herzens. Dies ist eine Frage der Zustimmung und der Entscheidung.
Niemand kann sie zur Pflicht machen außer Allah, der "tut, was Er will" (Al-Baqarah, 2/253; Al-Hajj, 22/14). Da der Glaube nach dem Willen Allahs und auch der Glaube und die rechtschaffenen Taten nicht von einem Zwang abhängen, sondern von einer guten Wahl und der Zustimmung des Herzens, kann es in der Religion keinen Zwang geben. Sie kann nur mitgeteilt und angeboten werden. "Wenn dein Herr gewollt hätte, hätten alle Menschen auf der Erde geglaubt. Zwingt ihr also die Menschen zum Glauben?" (Yunus, 10/99) Daher sollte niemand gezwungen werden, der Religion beizutreten. Denn der Glaube, den derjenige offenbart, der gezwungen wird, ist in den Augen Allahs kein wahrer Glaube. Ein wahrer Gläubiger kann nicht durch Zwang gewonnen werden.
Es ist bekannt, dass der Zwang der Handlung vorausgeht und den Willen zu dieser Handlung aufhebt oder bricht, und das Ergebnis der Handlung, ob gut oder böse, ist kein verbrieftes Recht desjenigen, der es tut, weil es ohne Zustimmung geschieht. Die Verantwortung liegt beim Nötiger, und in den Händen des Nötigers wird der Genötigte zu einem Werkzeug. Nun ist der Gewinn nicht die Absicht des Gezwungenen, sondern die des Nötigers. Aber es besteht kein Zweifel, dass Unglaube und Unrecht, Ungehorsam und Rebellion, die ohne Zwang begangen werden, freiwillige Handlungen sind. Und die Bestrafung und Züchtigung, die eine notwendige Folge davon ist, nachdem es getan wurde, ist sein eigener Gewinn und sein eigenes Recht, und es kann keinen Sinn für Zwang darin geben, und er hat sich selbst Unrecht getan.
Nach dieser Erklärung bleibt jedoch eine Frage offen. Wie aus dem obigen Vers "Bekämpft sie, bis die Fitnah beseitigt ist und die Religion die Religion Allahs allein ist" (Al-Baqarah, 2/193) hervorgeht, wurde den Polytheisten von Mekka und sogar der arabischen Halbinsel nicht wie den Leuten der Schrift Religionsfreiheit gewährt, sondern es wurde ihnen befohlen, gegen die Menschen zu kämpfen, bis sie sagen: "Mir ist befohlen worden, gegen die Menschen zu kämpfen, bis sie sagen: 'Es gibt keinen Gott außer Allah' (Lailahe illallah). Wenn sie dies sagen, werden ihr Leben und ihr Eigentum vor mir geschützt sein" - mit diesem Hadith wurde der Islam oder der Tod erklärt. Steht dies nicht im Widerspruch zu der Vorschrift: "Es gibt keinen Zwang in der Religion"? Steht dies nicht im Widerspruch zu der Vorschrift? Die Antwort hierauf lautet wie folgt: Wenn sie im Widerspruch zueinander stehen, dann heben sich die beiden Verse gegenseitig auf, und es ist klar, dass dies hier nicht der Fall ist. Es ist jedoch wichtig zu erkennen, dass die Tatsache, dass ihnen keine Religionsfreiheit gewährt wird, im Einklang mit Umsetzung der Vorschrift "Es gibt keinen Zwang in der Religion" ist.
Diesbezüglich gibt es mehrere Meinungen von Kommentatoren:
Von Zayd b. Aslam wurde überliefert, daß dieser Vers "Laa ikraha" zunächst in allgemeiner Form offenbart wurde und dann durch die Verse über den Dschihad und den Krieg aufgehoben wurde. Diese Ansicht wird jedoch nicht allgemein akzeptiert. Tatsächlich deutet der Vers "Die Wahrheit ist vom Irrtum unterschieden" darauf hin, dass er offenbart wurde, nachdem die Religion vollständig unterschieden worden war, was eine solche Sichtweise auszuschließen scheint. Außerdem ist, wie wir gesehen haben, die Frage des Dschihad hier nicht wirklich enthalten, so dass sie als eine Frage der Nichtigkeit betrachtet werden kann. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass jede Annullierung dem Grad desjenigen entspricht, der annulliert. Zu sagen, dass es durch den Dschihad aufgehoben wurde, bedeutet daher, dass es in anderen Fällen muhkam (nicht aufgehoben, sein Urteil ist klar) ist. Daher ist diese Überlieferung wichtig für diejenigen, die die Ansicht vertreten, dass Zwang den Dschihad einschließt. Das heißt, wenn es eine solche Möglichkeit in diesem Vers gibt, ist er aufgehoben worden. Und die Überlieferung der Aufhebung ist auf diesen Aspekt beschränkt. Andernfalls gibt es keine Möglichkeit, dass die übrigen Verse über den Dschihad außer Kraft gesetzt wurden. Das allgemeine Urteil ist für die restlichen Verse nach der Annullierung immer noch definitiv. Kurz gesagt, die Aufhebung ist partiell und bezieht sich nicht auf den gesamten Vers.
Dieser Vers wurde über das Volk der Schrift offenbart. Daher sind die Polytheisten von seinem allgemeinen Urteil ausgeschlossen. Dies wird durch die Worte, die mit "jene Propheten..." beginnen, bestätigt, und auch die Überlieferungen über den Grund für seine Herabkunft stützen dies. Es wird berichtet, dass vor dem Prophetentum des Propheten Muhammad (Friede sei mit ihm) einige der Ansar ihre Kinder zum Judentum oder Christentum bekehrt hatten. Als der Islam kam, wollten sie mit Gewalt gegen sie vorgehen. Wenn eine Frau von den Ansar vor dem Islam ein Kind bekam, das nicht überlebte, legte sie ein Gelübde ab, dass sie ihr Kind, falls es überlebte, bei den Leuten des Buches behalten und ihrer Religion folgen würde. Aus diesem Grund waren einige der Kinder der Ansar in der Religion des Volkes der Schrift. Als sie dann zum Islam kamen, sagten sie: "Früher hielten wir ihre Religion für besser als unsere Religion, und wir haben unsere Kinder gezwungen, ihr zu folgen, aber jetzt, da der Islam gekommen ist, werden wir sie zwingen, ihm zu folgen."
Einer der Söhne von Salim b. Awf, Husayn, einer der Ansar, hatte zwei Söhne. Zunächst waren sie durch die Indoktrination von Kaufleuten aus Damaskus zu Christen geworden. Als sie nach der Prophetenschaft des Propheten Muhammad (Friede sei mit ihm) nach Medina kamen, neckte ihr Vater sie: "Bei Allah, ich werde euch nicht gehen lassen, ihr müsst Muslime werden." Sie zögerten, und die drei appellierten gemeinsam an den Gesandten Allahs (Friede sei mit ihm). Daraufhin kam dieser Vers herab, und ihr Vater ließ sie gehen. Ob diese Ereignisse nun vor oder nach der Erlaubnis, in den Dschihad zu ziehen, stattfanden, in beiden Fällen schließt der Grund für ihr Auftreten die Polytheisten nicht ein.
Daher gehört die Allgemeingültigkeit seines Urteils auch dem Volk der Schrift, und es ist nicht aufgehoben, sondern muhkam (sein Urteil ist klar und gültig). Aber die Besonderheit des Grundes schließt die Allgemeinheit des Urteils nicht aus. "Es gibt keinen Zwang in der Religion." ist allgemeiner. Wenn dieses Urteil nur für das Volk des Buches gegolten hätte, wäre niemandem außer dem Volk des Buches ein Versprechen und eine Zusicherung (emân) im Land des Islam gegeben worden. Doch niemandem außer den Polytheisten der arabischen Halbinsel wurde diese Behandlung zuteil. Daher ist dieser Vers weder absolut außer Kraft gesetzt worden, noch sollte seine allgemeine Regelung ausschließlich für das Volk der Schrift gelten. In der Tat sagte der Prophet Anas: "Der Grund für seine Herkunft ist, dass der Gesandte Allahs (Friede sei mit ihm) zu jemandem sagte: 'Werde ein Muslim'. Er sagte: 'Ich finde mich unliebsam'. Dieser Vers wurde über ihn herabgesandt." Dieser Grund ist absoluter und klarer in der Allgemeinheit des Urteils.
Es ist bekannt, dass die Behandlung der arabischen Polytheisten auf dem Gebot beruht: "Bekämpft sie, bis die Fitnah beseitigt ist und die Religion die Religion Allahs allein ist" (Al-Baqarah, 2/193). "Es gibt keinen Zwang in der Religion." Das Urteil wird im Tafsir al-Kabīr so erklärt, dass es bedeutet: "Nachdem die Araber Muslime geworden sind, gibt es keinen Zwang in der Religion, die Besteuerung ist ausreichend."
Das heißt, das ist die Zeit, in der die Rechtschaffenheit vom Irrtum unterschieden wird. In diesem Sinne bedeutet es, dass dieser Vers nach dem Vers "Bekämpft sie, bis die Fitnah aufhört..." offenbart wurde. Da das, was zuerst herabgesandt wurde, das, was später herabgesandt wurde, nicht aufheben oder zuordnen kann, bleibt das Urteil "Lâ ikrâha = es gibt keinen Zwang" in seiner Allgemeinheit bestehen. In diesem Fall, wenn es in irgendeiner Weise einen Widerspruch zwischen ihnen gibt, hätte das spätere das frühere aufgehoben. Es gibt jedoch keine Meinung, die besagt, dass dieses das frühere außer Kraft gesetzt hat, und das kann auch nicht sein. Denn es ist nicht klar, dass er zu einem späteren Zeitpunkt offenbart wurde. Wie oben gesehen, gibt es sogar gegenteilige Überlieferungen. In dieser Hinsicht sollten sie methodisch nahe beieinander interpretiert werden. Als solche können sie sich gegenseitig interpretieren (erklären) und zuordnen.
Erstens ist bekannt, dass es zu Beginn des Islams keinen Zwang gab, nicht einmal Vergeltung. Es ist heute anerkannt, dass es keinen Zwang gab, nachdem die Araber Muslime wurden, und es ist auch bekannt, dass die arabischen Polytheisten unter den Muslimen bis zu diesem Ereignis keinem Zwang unterworfen waren. Daher lautet die Bedeutung des Verses in vollem Umfang: "Es gibt keinen Zwang in der Religion des Islam." Die Frage des Krieges und der Kriegsgegner ist von dieser Regelung ausgenommen, ebenso wie die Frage der Beantwortung von Zwang und der Bestrafung von Vergehen.
Dies sollte jedoch in Verbindung mit dem Vers "Bekämpft sie, bis die Fitna beseitigt ist und die Religion die Religion Allahs allein ist" (al-Baqarah, 2/193) betrachtet werden. Dementsprechend ist, wie das Ende des Verses zeigt, die Abwesenheit von Zwang in der Herrschaft des Islam durch Zuweisung an zwei Bedingungen gebunden: die eine ist die Abwesenheit von Fitna, und die andere ist, dass die Untertanenschaft (Nationalität) derjenigen, die anderen Religionen angehören, im Land des Islam nicht gestört werden darf. Das allgemeine Urteil hingegen drückt eine theoriegeleitete Ansicht oder Reflektion erst nach der Zuweisung aus. Was hier mit fitnah gemeint war, war shirk. Aber es ist auch zulässig, ihn in seiner allgemeinen Bedeutung zu verstehen. Auf diese Weise, da es den zweiten Satz einschließt, wird dieser eine Satz unabhängig vom anderen sein (ohne ihn zu brauchen). Kurz gesagt, die Bedeutung ist wie folgt: "Wenn es keine fitna gibt, gibt es keinen Zwang in der Religion, denn die Wahrheit ist klar vom Irrtum getrennt.
Wer also die Götzen, die Übertreter oder Übertretungen, verleugnet und an Allah glaubt, das heißt, wer mit aufrichtigem Herzen sagt: "Es gibt keinen Gott außer Allah", zuerst die Götzen ausrottet und dann mit seinem ganzen Wesen an Allah glaubt und damit die von Allah gesandten Propheten und das, was die Wahrheit offenbart hat, bestätigt, der hat sich an das stärkste Seil geklammert, und es sollte nicht zerreißen.
Er ist der, der von Ewigkeit zu Ewigkeit lebt, der Herrscher über alle Dinge, unfehlbar, untrüglich, schlaflos, der Besitzer der Souveränität über Himmel und Erde, der, dem man sich ohne seine Erlaubnis nicht nähern kann, der, der alles weiß, das Geheime und das Offene, und Himmel und Erde sind nichts in Seiner Macht, und die Größe Seiner Macht ist unzerbrechlich.
Denn Allah ist allhörend und allwissend. Er hört die Worte und kennt die Absichten. Allah kennt die Taten der Heuchler, die mit ihrem Mund die Wahrheit sagen und in ihrem Herzen die Leugnung verbergen, und der Ungläubigen, die in ihrem Herzen die Wahrheit kennen und aus ihrem Mund Unglauben und Leugnung ausstoßen.
Es ist daher nicht notwendig, im Namen der Religion Dinge zu tun, wie z.B. Menschen zur Ausübung ihres Glaubens zu zwingen. Alles geschieht aus einem Grund, nämlich weil Allah es geschehen lässt. Dahinter steckt eine Weisheit, die wir mit unserem begrenzten Blick nicht wahrnehmen können. Deshalb sollten wir uns immer um unsere eigenen Angelegenheiten kümmern und uns nicht in die Angelegenheiten des Schöpfers einmischen. Denn genau das würden wir tun, wenn wir im Namen der Religion Zwang anwenden würden. Wir würden quasi sagen: "Ich weiß es besser als Allah, ich nehme das jetzt in die Hand".
22
Wenn der Prophet ohne Sünde ist, warum tötet er dann?
der Prophet Muhammad (Friede sei mit ihm) erfüllte die Gerechtigkeit nicht dadurch, dass er den Mörder einer Frau tötete. Er handelte auch nicht aus Rache und eigenen Emotionen heraus. Er erfüllte vielmehr damit sowohl das Recht Allahs als auch das Recht der Betroffenen. Es ist möglich, dass man der Meinung war, er habe die Frau nur wegen des Diebstahls ihres Schmucks als Akt der Rache getötet, und dass so ein Urteil deshalb falsch oder moralisch verwerflich war.
Der Vorfall ereignete sich wie folgt:
Nach dem Hadith, der hauptsächlich von Anas überliefert wurde: Eine Frau (eine Konkubine), die Silberschmuck trug, ging aus der Stadt hinaus, und ein Jude, der ihr folgte, schlug ihr mit einem Stein den Kopf ein und verwundete sie schwer, worauf sie mit ihrem Schmuck floh. Der Prophet kam zu der Frau, nachdem er von diesem abscheulichen Angriff gehört hatte. (1) Einem anderen Bericht zufolge wurde die Frau in einem verwundeten Zustand zum Gesandten Allahs gebracht und hatte ihre Seele noch nicht aufgegeben. (2)
Der Prophet stellte ihr eine Frage und sagte: „Wer hat dir das angetan?“ (3) „Ist es jemand anderes?“ (4) Der Prophet stellte ihr eine Frage. Die Frau winkte mit dem Kopf ab. Als der Prophet die gleiche Frage ein zweites Mal stellte, antwortete die Frau wieder mit Nein. Da sagte der Gesandte Allahs: „Als er den Namen des Juden nannte, nickte die Konkubine mit dem Kopf und sagte: ‚Ja!‘ (5)
Daraufhin wurde der Jude bald gefangen genommen und gestand seine Schuld. Daraufhin befahl der Prophet, seinen Kopf zwischen zwei Steinen zu zerquetschen, wie er es getan hatte. (6)
Nach einer anderen Überlieferung schickte der Gesandte Allahs nach dem Juden. Der Gesandte Allahs (Friede und Segen Allahs seien auf ihm) tötete ihn zwischen zwei Steinen - indem er seinen Kopf zertrümmerte oder zertrümmern ließ -, als der Jude nach einer kurzen Untersuchung seine Schuld zugab.
Nach einem anderen Bericht von Muslim war diese Konkubine eine Frau aus Ansar, die von einem Juden getötet wurde, der sie wegen ihres Schmucks tötete und sie dann in einen Brunnen warf. Danach wurde der Jude gefasst und zum Propheten gebracht. Auf Befehl des Gesandten Allahs wurde er gesteinigt. (8)
Tirmidhi sagt, dass dieser Hadith hasan-sahih ist. (9)
Qisas ist ein göttliches Gesetz zum Schutz des Lebens vor möglichen Angriffen. Es ist eine Tatsache, dass der Mörder, der versucht, jemandem das Leben zu nehmen, in dem Wissen, dass auch sein Leben beendet werden wird, seine schlechten Neigungen zügeln wird.
Wie man sieht, hat der Gesandte Allahs als Oberhaupt des Staates und als Oberhaupt des Rechtsorgans diesen Befehl als erster Verantwortlicher für die Anwendung des Hadd gegeben. Mit anderen Worten, indem er die Täter von Vorfällen wie Anarchie, Erpressung, Taschendiebstahl, die den Frieden und die Sicherheit des Lebens in der Gesellschaft bedrohen, bestrafte, ließ er sie nicht mit dem, was sie taten, davonkommen. Auch diese Bestrafung ist auf Vergeltung zurückzuführen, und es gibt kein Eingreifen des Propheten. Nur als Staatsoberhaupt und Prophet setzte er das bestehende Recht in die Praxis um.
Unter den Imamen der Sekten gibt es in dieser Frage - der Anwendung der Strafe - unterschiedliche Meinungen. Genauer gesagt, gibt es unter den Gelehrten eine Meinungsverschiedenheit darüber, ob der Schuldige in einem solchen Fall mit dem Instrument, mit dem er getötet hat, oder mit dem Schwert hingerichtet werden soll.
Imam Malik, Imam Shafi'i, Imam Ahmad und Imam al-Shafi'i sagten in Anlehnung an diesen Hadith: „Der Mörder soll mit dem getötet werden, womit er das Opfer getötet hat.“
Auf der anderen Seite sagten einige islamische Gelehrte wie Abu Hanifa, Abu Yusuf, Imam Muhammad, Hasan Basrî, Sufyan al-Sawri, Shabî und Ibrahîm Nehaî: „Qisas darf nur mit dem Schwert ausgeführt werden“, und sie widersprachen dieser Ansicht.
Die Hanafis erklärten ihre Weigerung, wie die anderen Rechtschulen zu handeln, wie folgt:
In der Frühzeit des Islams war es üblich, die kurze Strafe mit dem Tatwerkzeug des Mörders zu vollstrecken, während es zulässig war, den Totschlag zu vollstrecken. Sie rechtfertigen ihre Argumentation jedoch damit, dass die Muesla später abgeschafft wurde. (10)
Wie aus diesen Erzählungen hervorgeht, handelte es sich bei der jüdischen Person, die auf Befehl des Propheten (Friede sei mit ihm) aus dem Prinzip des Qisas getötet wurde, um eine Person, die eine wehrlose, unschuldige Frau brutal verletzte und ihren Tod verursachte, indem sie ihr den Kopf zertrümmerte, um ihr den Schmuck zu nehmen. Daher ist die Bestrafung eines solchen Täters eine notwendige rechtliche Entscheidung, um solche negativen Vorfälle in Zukunft zu verhindern. Das ist also staatliches Handeln und keine persönliche Rache. Genauso funktionieren auch heutige Gerichte, wo ein Richter und ein juristisches System über den Fall auf Basis der Gesetze entscheidet und nicht auf Basis der Gefühle des Betroffenen.
Diese Entscheidung ist eher im Interesse der Gesellschaft. Denn aufgrund dieses Vorfalls ist es eine Tatsache, dass viele wehrlose Menschen in Zukunft verletzt werden. Kurzum, die Tatsache, dass die heutigen Morde nicht verhindert werden können, zeigt, wie richtig der Prophet mit dieser Entscheidung lag. Auf der Grundlage dieser Erzählung können wir Folgendes sagen:
Es ist also religiös zulässig, die Todesstrafe gegen Personen zu verhängen, die wehrlose Frauen töten, um ihren Schmuck zu stehlen. (11)
Quellen:
1) Tirmizî, Diyet, 6.
2) Buhârî, Diyet 3, 4, 6, 11; Müslim Kasame, 1672. Muslim überliefert diese Erzählung im Detail wie folgt: Ein Jude hatte eine Konkubine schwer verletzt, indem er sie mit einem Stein schlug, um ihr den Silberschmuck zu nehmen. Diese Konkubine wurde zum Propheten gebracht, als sie im Sterben lag. Der Prophet fragte sie: „Hat dich dieser und jener umgebracht?“ Die Frau winkte mit dem Kopf ab. Dann fragte der Prophet ein zweites Mal. Wiederum verneinte die Frau mit dem Kopf. Dann fragte der Gesandte Allahs ein drittes Mal nach dem Namen. Diesmal sagte die Frau: „Ja“, und sie deutete mit ihrem Kopf. Daraufhin übte der Prophet Vergeltung an dem Juden, den die Frau angezeigt hatte, und ließ seinen Kopf zwischen zwei Steinen zerquetschen und tötete ihn. Vgl. Müslim, Kasâme,1672.
3) Buhârî, Diyet 3; Müslim Kasame, 1672.
4) Müslim Kasame, 1672; Tirmizî, Diyet, 6.
5) Buhârî, Diyet, 3, 4; Tirmizî, Diyet, 6.
6) Trmizî, Diyet, 6. Den Kopf des Mörders mit einem Stein zu zertrümmern, mag manchen Menschen unangenehm erscheinen. Aus der Sicht der Angehörigen des Opfers wird man jedoch feststellen, dass dies ganz und gar nicht der Fall ist. Das heißt, wenn man die Täter den Müttern ausliefern würde, die ihr Leben dem Terrorismus und den Erpressern geopfert haben, was glauben Sie, wie diese sie bestrafen würden? Wir glauben, dass das Problem besser verstanden wird, wenn jeder diesen Vorfall nach seinem eigenen Gewissen betrachtet. Wer kann garantieren, dass die Terroristen, die ihre Kinder in jungen Jahren mit einer unehrenhaften Kugel getötet haben, sie nicht lynchen würden, wenn man sie den Müttern der Märtyrer übergibt? Wie würden sie wohl den Schmerz eines Sohnes lindern, der in ihnen brennt? Die Tatsache, dass ähnliche abscheuliche Vorfälle heute nicht verhindert werden konnten, zeigt, dass die verhängten Strafen alles andere als abschreckend sind. Daher können die Rechte der Unterdrückten nicht vollständig verwirklicht werden. Wären abschreckende Strafen wie die des Propheten im heutigen Recht vorgesehen, wären diese unerwünschten Vorfälle in der Gesellschaft höchstwahrscheinlich ausgerottet worden.
7) Buharî, Diyet 3, 4; Müslim Kasame, 1672.
8) Müslim Kasâme, 1672.
9) Osman Zeki Mollamehmetoğlu, Tirmizî, Sünen-i Tirmizî Tercemesi, III, s, 10-11.
10) Ahmed Davutoğlu, Sahîh-i Müslim Tercüme ve Şerhi, VIII, s, 300-301.
11) Vgl. Veysel Aktürk, Hz. Peygamber Döneminde Öldürülmeleri Emredilenler ve Öldürülme Nedenleri, Selçuk Üniversitesi, Yüksek Lisans, 2009.