aus religiöser Sicht sollte man nach diesem Prinzip Ausschau halten:
Man sollte sich auf die Seite derjenigen schlagen, die zu den „Leuten der Schrift“ (Ahl al-Kitab) gehören sofern die andere Seite den Unglauben vertritt. Man könnte die Zugehörigkeit zu den „Leuten der Schrift“ daran festmachen, dass die Staatspolitik sowie die Mehrheit des Volkes sich so identifiziert.
Eine genauere Definition und Auseinandersetzung mit dem Begriff „Leute der Schrift“ bräuchte einen eigenen Text. In ganz knappen Wörtern könnte man aber sagen, dass hierzu alle Völker und Gemeinden zählen, die eine göttliche Botschaft erhalten haben. Es geht dabei theoretisch nicht nur um Juden und Christen aber diese beiden Gruppen sind natürlich die größte Gruppe an den „Leuten der Schrift“.
Eine Analogie könnte man aus der Sunna entnehmen. Der ehrenwerte Prophet (s.a.s.) hatte sich im Krieg zwischen den damaligen Byzantinern und den Persern, auf die Seite der Byzantiner gestellt, da sie zu den „Leuten der Schrift“ gehörten. Die Sure „Rum“ deutet auch darauf hin.
Wenn beide Seiten gleichermaßen gläubig sind, dann sollte man sich auf die Seite der Unschuldigen und Leidtragenden stellen. Das würde sicherlich einer islamischen Ethik auch gerecht werden.
Es kommt noch eine andere Dimension hinzu, wenn wir über Muslime sprechen, die in den jeweiligen Ländern leben.
Ein muslimischer Soldat in einem nichtmuslimischen Land müsste sich irgendwie von seinem Dienst befreien oder den Dienst niederlegen, wenn das Militär dieses Landes in einem nicht gerechtfertigten Krieg zieht und unaufhörlich für Ungerechtigkeit und Gräueltaten sorgt. Ein Muslim kann aus religiöser Sicht nicht Teil so einer militärischen Bewegung sein.
Ein schönes Beispiel für diese Haltung kann man aus dem Leben des legendären Boxers Muhammad Ali entnehmen, der es nicht mit sich vereinbaren konnte, in den Vietnamkrieg zu ziehen. In der Konsequenz hatte er entsprechende Strafen per Gericht erhalten, aber er ist schließlich nicht in den Krieg eingetreten.
Es verhält sich anders, wenn direkte Lebensgefahr besteht, also wenn man als muslimischer Soldat ernsthaft mit dem Leben bedroht wird, sollte man nicht bereit sein zu kämpfen. In diesem Fall muss man den Weg des geringsten Übels gehen und zwangsweise zum Dienst antreten unter der Prämisse, dass man so gut es geht, fern vom Kampfgeschehen bleibt. Wenn aber dieses ungerechte Militär auch noch Krieg gegen ein muslimisches Land führen will, dann überwiegt dieser Umstand und man kann auch nicht mehr wirklich von einem geringeren Übel sprechen. Ein Muslim kann also nicht für ein grausames Militär in Krieg ziehen und auch noch andere unschuldige Muslime angreifen.
Wenn Muslime – auch als Minderheit – in einem nichtmuslimischen Land angegriffen werden, so ist es im Grunde genommen ihre Pflicht, sich und das Land in dem sie leben zu verteidigen.
Wer (im Kampf gegen einen ungerechtfertigten Angriff) stirbt um sein Hab und Gut oder sein Leben oder das Leben und die Blutlinie bzw. Ehre der Familie zu schützen, der ist ein Märtyrer. (Tirmizi, Diyat, 21; Müsned, 2/221)
Zuletzt soll gesagt sein, dass aus einer islamischen Ethik heraus, man ohnehin nicht egoistisch auf das Weltgeschehen schauen sollte. In der modernen Welt, die voller internationaler Vernetzungen steckt, beeinträchtigt ein Krieg fast die gesamte Welt da gesellschaftliche und auch wirtschaftliche sowie ökologische Gleichgewichte gestört werden. Wir denken, dass wir als Muslime hier eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe haben und in dieser Hinsicht eine Vorbildfunktion erfüllen sollten. Unsere Religion ist voll von Geboten bezüglich der Nächstenliebe, Barmherzigkeit und dem gegenseitigen Helfen.
Denn die Menschen sind auf einander angewiesen. Diese Bedürfnisse müssen nicht immer materialistischer Natur sein. Die spirituelle Hilfe ist mindestens genauso viel Wert wie die materielle Hilfe. Das Versprechen Gottes, denen zu helfen die auch anderen helfen zeigt eindeutig welch edle Beschaffenheit diesem Verhalten innewohnt.
Solange ein Diener seinen Bruder hilft, so hilft auch Gott seinen Diener. (Müslim, Zikr 37-38)
Wer das was er für sich selbst erwünscht nicht auch für seinen Glaubensbruder erwünscht, der kann kein wahrhaftiger Gläubiger sein. (Buhârî, Îmân 7)
Man sieht den Gläubigen in Sachen Barmherzigkeit, Liebenswürdigkeit und Unterstützung wie ein Körper. Wenn ein Organ des Körpers schmerzt so ruft der Körper in Schlaflosigkeit und Fieber (alle Organe) zum Dienst auf für dieses Organ. (vgl. Buhârî, salat, 88, Mezalim, 5; Müslim, birr, 65; Tirmizî, birr, 18; Nesâî, zekat, 67)
Jetzt ist die Zeit zur Aufopferung um die Menschenwürde zu wahren, den um Hilfe ringenden zu antworten und der Unterdrückung entgegenzuwirken. Dies ist auch keine Frage der Hautfarbe oder der Nationalität mehr. Dies ist eine Frage der Menschheit. Wenn wir diesen Geist aufleben lassen können wir auch in den Fußstapfen der von unserem ehrenwerten Propheten (s.a.s.) gelobten Helfern Medinas wandern und ihnen ähneln. Amin.