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Können Engel und Dschinn in ihrer wahren Gestalt von normalen Menschen gesehen werden?
Engel und Dschinn erscheinen normalen Menschen in der Regel nicht in ihrer eigentlichen, ursprünglichen Gestalt (also ohne Verkleidung oder Erscheinung).
„…Denn der Satan und seine Nachkommenschaft schauen euch von einem Ort aus zu, den ihr nicht sehen könnt.“ (7:27)
Das bedeutet, dass normale Menschen die Dschinnwelt und deren Wesen normalerweise nicht wahrnehmen können.
Es gibt überlieferte Ausnahmen, in denen sich Engel den Menschen offenbart haben, allerdings in vermenschlichter Gestalt.
Sie nahm sich einen Vorhang vor ihnen. Da sandten Wir Unseren Geist zu ihr. Er stellte sich ihr als wohlgestaltetes menschliches Wesen dar. Sie sagte: „Ich suche beim Allerbarmer Schutz vor dir, wenn du gottesfürchtig bist.“ Er sagte: „Ich bin nur der Gesandte deines Herrn, um dir einen lauteren Jungen zu schenken.“ (17/17-19)
Engel und Dschinn werden ohne eine solche „Verkleidung“ oder Erscheinungsform (Tamssul) normalerweise von Menschen nicht gesehen.
2
Im Marifetname von Erzurumlu İbrahim Hakkı wird von einem Dschinn namens Mearic und dessen Nachkommen berichtet, die vor den Menschen lebten und viele Stämme bildeten. Ist diese Überlieferung glaubwürdig?
im Koran und in authentischen Hadithen gibt es keinen Hinweis auf einen Dschinn mit dem Namen „Mearic“ oder auf dessen Nachkommen. Die im Koran erwähnte Sure „AlMa’aridsch“ (Sure 70) hat nichts mit einem Dschinn zu tun. Das arabische Wort „Ma’aridsch“ bedeutet vielmehr: Aufstiege, Ränge oder Stufen, Wege zum Himmel, oder auch spirituelle Entwicklungsstufen.
In Vers 4 dieser Sure heißt es:
Es steigen die Engel und der Geist zu Ihm auf an einem Tag, dessen (Aus)maß fünfzigtausend Jahre ist. (70/4)
Dies zeigt, dass es in dieser Sure um die himmlischen Ebenen und nicht um ein Wesen namens „Ma’aridsch“ geht.
İbrahim Hakkı war zweifellos ein großer Gelehrter. Doch sein Werk "Marifetname" enthält neben religiösem Wissen auch viele Informationen aus der damaligen Astronomie, Philosophie und Naturlehre. Die Geschichte über den „Mearic-Dschinn“ ist nicht durch Koran oder gesicherte Hadithe belegt. Sie könnte symbolisch oder aus älteren mystischen oder kulturellen Überlieferungen stammen. Deshalb sind solche Aussagen nicht als gesicherte islamische Lehre zu verstehen.
Haben Dschinn vor den Menschen auf der Erde gelebt?
Darauf gibt es Hinweise;
Und Er hat die Jinn aus einer unruhigen Feuerflamme erschaffen. (55/15)
„Und als Wir zu den Engeln sprachen: ‚Werft euch vor Adam nieder!‘ da warfen sie sich nieder – außer Iblis. Er war von den Dschinn …“ (18/50)
Es ist also möglich, dass Zeugnisse darüber mit der Zeit in die Folklore und das traditionelle Gedächtnis der Menschen eingegangen ist. darauf bezieht sich der Gelehrte Ibrahim Hakki möglicherweise. Nur kann man das nicht als gesicherte islamische Lehre ansehen.
3
Man sagt, dass Khalid ibn al-Walid, nachdem er das Götzenbild „al-Uzza“ zerstört hatte, einen weiblichen Dschinn tötete, der sich darin befand. Was ist die Geschichte dahinter?
als Khalid ibn al-Walid den Götzen „al-Uzza“ zerstörte, erschien daraus eine weibliche Gestalt mit offenem, zerzaustem Haar. Sie schrie laut, schlug sich an den Kopf und fluchte. Khalid ibn al-Walid tötete diese Erscheinung. Der Prophet Muhammad (Friede sei mit ihm) sagte daraufhin: „Dieser weibliche Dämon war es, dem im Inneren des Götzenbildes al-Uzza gedient wurde. Nun wird ihr nicht mehr gedient.“
Quellen: - Vakıdi, Meğazi, 3/873-74. - Kadı Iyâz, eş-Şifâ, 1/362. - Hafâcî, Şerhu’ş-Şifâ, 3/287. - Ali el-Kari, Şerhu’ş-Şifâ, 1/738. - İbni Kesîr, el-Bidâye ve’n-Nihâye, 4/316. - Heysemî, Mecmeu’z-Zevâid, 6/176.
4
Beten Dschinn und Engel mit uns zusammen?
ja, laut einigen Überlieferungen können sowohl gläubige Dschinn als auch Engel mit uns beten – sowohl in Gemeinschaft als auch wenn wir alleine beten.
1. Engel beim Gebet: Laut einer Überlieferung von Tirmidhi (Hadith-Nr. 429) pflegte der Prophet Muhammad (Friede sei mit Ihm), vor dem Nachmittagsgebet (ʿAsr) vier zusätzliche Gebetseinheiten (Sunnah) zu beten und gab in den Pausen durch den Taslim (den Friedensgruß) seinen Gruß an „die nahen Engel (Muqarrabīn), die ihm folgenden Gläubigen und Muslime“.
Dies zeigt, dass Engel bei der Anbetung anwesend sein können. Auch Fiqh-Quellen (islamrechtliche Werke) bestätigen, dass man beim Friedensgruß am Ende des Gebets sowohl die Menschen, Engel als auch gläubige Dschinn zur Rechten und Linken mit einbeziehen kann – unabhängig davon, ob man allein oder in Gemeinschaft betet. Einige Gelehrte betonen hierbei besonders die „Hafaza-Engel“ oder „Kirāman Kātibīn“ – also die Engel, die unsere Taten aufzeichnen.
2. Dschinn beim Gebet: Auch Dschinn, vor allem gläubige, können mit Menschen beten. Abdullah ibn Masʿūd (ra) berichtet, dass der Prophet (Friede sei mit Ihm) (einmal beim Gebet im Gebirge von Mekka von einer Gruppe schwarzer Männer (Dschinn) besucht wurde. Zwei von ihnen sagten: „Oh Gesandter Allahs, wir lieben es, hinter dir im Gebet zu stehen.“ Der Prophet ließ sie hinter sich in einer Gebetsreihe stehen und leitete das Gebet. Nach dem Gebet erklärte er, dass es sich um gläubige Dschinn aus Nusaybin handelte, die wegen einer Angelegenheit zu ihm gekommen waren. (al-Hākim, al-Mustadrak, 2/547)
3. Auch beim Einzelgebet möglich: Eine Überlieferung vom Tabiʿī (Nachfolger) Saʿīd ibn al-Musayyab besagt: „Wer allein in der Wüste das Gebet mit Iqāma verrichtet, mit Adhān (Gebetsruf) und Iqāma, dem beten Engel von der Größe der Berge hinterher.“ (Musannaf ʿAbd al-Razzāq, Nr. 1954, 1955) Eine ähnliche Überlieferung von Salman al-Farisī zeigt, dass sogar himmlische Heerscharen sich hinter einem einzelnen Beter aufstellen können, wenn dieser mit Adhān und Iqāma betet – selbst wenn er ganz allein ist.